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Lüdecke, August (1864 - 1939)

Geboren am 12. Dezember 1863 in Gröningen (Kreis Oschersleben) als Sohn eines Müllers, verheiratet, protestantisch, später Dissident. Zog in den achtziger Jahren nach Magdeburg, arbeitete als Handelshilfsarbeiter. 1894 Gründungsmitglied eines Lokalvereins für Hausdiener, Kutscher und Kontorboten, der sich zuerst "Verein sämtlicher nichtgewerblicher Arbeiter zu Magdeburg" nannte, und seit Januar 1896 den Namen "Verein der Handels-Hilfsarbeiter zu Magdeburg" führte. Am 4. Januar 1896 Wahl zum 2. Vorsitzenden der Lokalorganisation. Der Lokalverein löste sich am 1. Mai 1897 auf, von seinen Mitgliedern schlossen sich 115 der neugegründeten Zahlstelle des "Zentralverbandes der Handels-, Transport- und Verkehrsarbeiter Deutschlands" an. Im November 1897 vom Zentralvorstand zum Bevollmächtigten der Magdeburger Zahlstelle ernannt. Lüdecke gehörte künftig in einer der wichtigsten deutschen Handelszentren zum entschiedenen Fürsprecher gewerkschaftlicher Zentralisation der Handelshilfs- und Transportarbeiter. Delegierter auf der 1. Generalversammlung seiner Gewerkschaft vom 25. bis 28. Dezember 1898 in Kassel. Lüdecke nahm bis 1928 an allen Verbandstagen seiner Gewerkschaft teil und verkörperte personell die machtvolle Entwicklung aus zersplitterten Organisationsanfängen hin zu einer der stärksten deutschen Gewerkschasftsorganisationen. Mitglied der Mandatsprüfungskommission auf dem Berufskongreß zu Ostern 1899 in Leipzig, auf der die Initiative der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands zur Einigung der lokalen und zentralen Richtung letztlich an "Nebensächlichkeiten" scheiterte. Jeweils Wiederwahl zum Bevollmächtigten im Januar 1898 bis 1901. Die 2. Generalversammlung des Verbandes vom 6. bis 10. April 1901 in Nürnberg nahm den Antrag an, die Organisation in Gaue (Agitationsbezirke) einzuteilen. Die Provinz Sachsen (außer Erfurt) und Braunschweig bildeten künftig den Gau 10. Als Sitz der Gauleitung wurde Magdeburg bestimmt. Im Dezember 1902 unterbreitete die Magdeburger Ortsverwaltung den Vorschlag, ihren bisherigen Vorsitzenden bis auf weiteres als ehrenamtlichen Gauleiter abzustellen. Gleichzeitig trat August Lüdecke vom Amt des Bevollmächtigten zurück. Am 1. Oktober 1901 eröffnete die Magdeburger Zahlstelle ein eigenes Büro (672 Mitglieder) und stellte mit Ferdinand Bender einen hauptamtlichen Funktionär ein. Lüdecke behielt bis 1903 sein Mandat als Beisitzer im Magdeburger Vorstand. Spannungen zwischen dem späteren Reichstagsabgeordneten Ferdinand Bender und August Lüdecke beschäftigten in den kommenden Jahren sporadisch die Gremien.

Lüdecke gelang es, als Gauleiter bis 1903 zwei neue Verwaltungsstellen in Quedlinburg und Zerbst ins Leben zu rufen, die neben den Organisationen in Magdeburg, Halle, Merseburg, Halberstadt, Braunschweig, Stendal und Bismarck das Rückgrat der Gauorganisation bildeten. Auf der 3. Generalversammlung vom 11. bis 16. April 1903 in Hamburg kam es über den Sitz des Verbandsausschusses zu einer Kampfabstimmung. Mit 14.662 gegen 4.497 Mitgliederstimmen obsiegte Magdeburg über die Hansestadt. Gleichzeitig wurde mit August Lüdecke ein neuer Obmann des Ausschusses gewählt. Lüdecke stand dem gewerkschaftlichen Kontrollorgan über ein Vierteljahrhundert vor. Die anfängliche krisenhafte Entwicklung der Zentralorganisation, die sich im häufigen Wechsel des Sitzes des Verbandsausschusses niederschlug, war mit Lüdeckes Amtsantritt sichtbar zu einem guten Ende gekommen. Der Magdeburger suchte den Ausschuß zunächst zu einem mitwirkenden Gremium neben der Verbandsleitung auszubauen. Spätestens 1905 war der "Machtkampf" zu Gunsten des Verbandsvorstandes entschieden. Beide Gremien arbeiteten bis 1929 auf der gleichen politischen und gewerkschaftlichen Wellenlänge eng zusammen, gespeist aus den gleichen Quellen des reformerisch-sozialdemokratischen Milieus der Magdeburger und Berliner Handelshilfsarbeiter. Aktives Engagement Lüdeckes in der Magdeburger Sozialdemokratie. Von Januar 1905 bis Juli 1913 Mitglied der Preßkommission des Bezirksvereins Wilhelmsstadt. Im August 1905 zum Vorsitzenden der Magdeburger Preßkommission gewählt, - ein Amt, das er bis [1908] innehatte. Gehörte der Preßkommission bis 1913 an. Von September 1909 bis [1913] Mitglied der Preßkommission des Bezirksverbandes Magdeburg. Lüdeckes Position als Ausschußvorsitzer geriet auf dem gemeinsamen Verbandstag der freigewerkschaftlichen Hafenarbeiter, Seeleute und Transportarbeiter vom 9. bis 12. Mai 1910 in Hamburg kurzfristig in Gefahr, als die Hafenarbeiter Hamburg als neuen Sitz des Ausschusses für sich reklamierten. Es bedurfte der energischen Intervention des Verbandsvorsitzenden Oswald Schumann, um in Magdeburg auch künftig den Sitz des Kontrollgremiums der neuen Einheitsorganisation ("Deutscher Transportarbeiter-Verband") zu belassen.

Nach der Novemberrevolution stellte sich Lüdecke auf dem 10. Verbandstag vom 22. bis 27. Juni 1919 in Stuttgart im Konflikt mit der innergewerkschaftlichen USPD/KPD-Opposition auf die Seite des Verbandsvorstandes und half der gemäßigten sozialdemokratischen Linie im "Deutschen Transportarbeiter-Verband" zum Durchbruch. Auf dem 13. Bundestag vom 12. bis 17. August 1928 des "Deutschen Verkehrsbundes" (neuer Verbandsname ab 1923) erstattete August Lüdecke den letzten Ausschußbericht. Der Gründungskongreß des "Gesamtverbandes der Arbeitnehmer der öffentlichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs" vom 7. bis 10. Oktober 1929 in Berlin bestimmte Hamburg als neuen Sitz des Verbandsausschusses. Lüdecke schied damit mit einem repräsentativen Mandat aus der Arbeiterbewegung aus. Lebte ab [1930] als Rentner in Magdeburg. August Lüdecke starb am 9. Juli 1939 in seiner Heimatstadt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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