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Linke, Wilhelm (1875 - 1944)

Geboren am 11. August 1875 in Berlin-Britz, verheiratet. Erlernte nach der Volksschule einen Handwerksberuf. Diente von [1895] bis [1905] als Soldat, zuletzt beim Füsilierregiment 35. Mußte wegen einer Verletzung krankheitsbedingt ausscheiden. Ein Rentenantrag vom Juni 1905 wurde ihm abschlägig beschieden. Trat im gleichen Jahr als Militäranwärter in Berlin als Kanzlist in den "mittleren" preußischen Justizdienst ein. Mitglied des "Verbandes der preußischen Justizkanzleibeamten (Militäranwärter)", dessen Wurzeln über die Berliner Vereine "Eintracht" und "Einigkeit" bis ins Jahr 1878 reichten. In dem Beamtenverein sammelten sich ehemalige, längerdienende Mannschafts- und Unteroffiziersdienstgrade, die einen Anspruch auf Zivilversorgung erlangt hatten. Hauptanliegen des Vereins der Justizkanzleibeamten war es, durch Petitionen die Akkordarbeit im Justizkanzleidienst (Bezahlung nach abgeschriebenen Seiten) zu mildern und letztlich abzuschaffen. Am 4. Dezember 1918 trat Linke mit seiner Justizbeamtenorganisation dem "Deutschen Beamtenbund" auf "gewerkschaftlicher Grundlage" bei, nachdem das Koalitionsverbot der Beamten gefallen war. Delegierter des Vereinigungsverbandstages am 12. Oktober 1919 in Berlin, der den langersehnten Zusammenschluß des "Verbandes der preußischen Justizkanzleibeamten (Zivilanwärter) mit dem "Verband der preußischen Justizkanzleibeamten (Militäranwärter)" brachte.

Wahl zum 2. Vorsitzenden des vereinten "Verbandes der mittleren Justizbeamten im Kanzleidienst (Sitz Berlin)". 1920 Beförderung zum Kanzlei-Sekretär. Auf der 2. ordentlichen Hauptversammlung am 13. bis 15 Juni 1920 in Berlin zum Nachfolger des lebensgefährlich erkrankten Karl Schiele als neuer Vorsitzender gewählt (7.175 Mitglieder). Linke setzte sich auf dem Verbandstag vehement für eine Demokratisierung der Justizverwaltung ein. Das höchste Entscheidungsgremium beschloß ferner eine Festanstellung Linkes, der künftig vom Preußischen Justizministerium beurlaubt wurde. Durch die unzureichende Besoldungs- und Personalreform des Jahres 1920 wurden die ehemaligen Militäranwärter stark benachteiligt (Anerkennung der Dienstjahre), was innerhalb der Beamtengewerkschaft zu starken Absplitterungstendenzen führte und Linkes Position erheblich schwächte. Im Dezember 1920 Mitbegründer des "Justizbeamtenbundes", vom Anspruch her die Einheitsorganisation aller Justizbeamter im "Deutschen Beamtenbund" auf "wirklich gewerkschaftlichem" Boden. Wiederwahl auf der 3. ordentlichen Hauptversammlung vom 17. bis 19. Juni 1921, der die Organisation in "Verband der Justiz-Bürobeamten und deren Anwärter Preußens (Sitz Berlin)" umbenannte, um die Beamtengewerkschaft für Justizsekretäre offenzuhalten. Anfang 1922 Beförderung zum Registratur-Assisstenten. Ritt auf der 4. ordentlichen Hauptversammlung vom 12. bis 13. Juni 1922 in Köln energische Attacken gegen den Deutschen Beamtenbund, dem er vorwarf, die unteren und mittleren Beamtengruppen bei seiner Interessenvertretung zu vernachlässigen. Zum Deutschen Beamtenbund solle ein "Schlußstrich" gezogen werden. Als Delegierter seiner Organisation Mitinitiator des am 18. Juni 1922 in Leipzig gegründeten freigewerkschaftlichen "Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes" (ADB). Linkes Organisation war bislang auf Preußen beschränkt geblieben. Am 18. November 1922 fand in Kassel eine Konferenz von Vertretern mehrerer Bundesstaaten zur Gründung eines Reichsverbandes statt. Die Vertreter Preußens, Sachsens, Hessens, Thüringens und Anhalts hoben zum 1. Dezember 1922 den "Reichsverband der Justizbürobeamten" aus der Taufe, dessen Geschäftsführung auf den Vorstand des preußischen Verbandes überging. Der preußische Landesverband billigte im April 1923 den Zusammenschluß und den Anschluß an die freie Gewerkschaftsbewegung. Ein Versuch mit den Strafanstaltsbeamten eine Einheitsorganisation zu schaffen, scheiterte hingegen.

Wahl Linkes zum 1. Vorsitzenden auf dem 1. ordentlichen Verbandstag des "Reichsverbandes der Justizbürobeamten" am 10. April 1923 (7.678 Mitglieder in Preußen, 1.200 Mitglieder im übrigen Reich). 1924 Ernennung zum Justizbüroassistenten. Lange schwelende Konflikte brachen auf dem 2. Verbandstag vom 6. bis 8. April 1924 auf. Binnen Jahresfrist hatte die Organisation über 1.000 Mitglieder verloren. Scharfe Kritik wurde am 1. Vorsitzenden geübt. Linke habe die Herabstufung der Militäranwärter als "mittlere Beamte" zu den "gehobenen Unterbeamten" nicht energisch genug bekämpft und den Bund ohne Not in ein Bündnis mit den Arbeitern und Angestellten "getrieben". Der Angriff der ADB-Gegner konnte mit Stimmenmehrheit abgewehrt werden, Linke bekam allerdings mit Richard Bollack einen Gegenkandidaten präsentiert, den er mit 280 gegen 107 Delegiertenstimmen noch "besiegen" konnte. Im Laufe des Sommers 1924 hatte sich jedoch die Stimmung gegen Linke in Berlin so aufgeheizt ("ungeschickte Verhandlungsführung mit dem Justizministerium"), daß die Berliner Mitgliedschaft einen außerordentlichen Verbandstag durchsetzen konnte. Mit 222 gegen 129 Stimmen bekam Linke am 4. bis 5. Oktober 1924 das Mißtrauen ausgesprochen, wobei sich Enttäuschungen über unzulängliche Besoldungsreformen mit gewerkschaftsfeindlichen Stimmungen mischten. Nach seiner Abwahl trat Linke in der freigewerkschaftlichen Beamtenbewegung nicht mehr in Erscheinung. Er starb am 21. April 1944 in Berlin.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1998

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