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TEILDOKUMENT:


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Ruth Brandherm
Zusammenfassung


Gesellschaftlicher Wandel und Probleme sozialer Ausgrenzung zeigen sich als sozialräumliche Spaltung besonders in Großstädten. Mit neuen Konzepten und Handlungsansätzen sozial engagierter Quartierspolitik beschäftigen sich die folgenden Beiträge.

Die zunehmende Segregation in großen Städten ist, darauf weist Hartmut Häußermann hin, auch das Ergebnis von Entscheidungsprozessen privater Haushalte. Problembehaftete Gebiete entstehen, wenn es zu einem kollektiven Abstieg und zur Verarmung eines gesamten Viertels kommt oder wenn durch sozial selektive Umzugsbewegungen in einem Quartier eine kumulative Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird. Gebiete mit einer hohen Konzentration von Armen erzeugen benachteiligende Effekte und schränken z.B. die Entfaltungs- und Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen und die Teilhabe am wirtschaftlichen, sozialen und politischen Geschehen für die Bewohner ein. Ansätze zur politischen Intervention sollten gemeinsam mit den Bewohnern entwickelt werden und an den Bereichen Haushalt/Selbsthilfe, Markt und Staat ansetzen.

Nach Ansicht von Monika Alisch sind Ausgrenzungsprozesse eng mit der Entwicklung der ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen verknüpft. Gleichwohl bietet das Quartier als konkrete Handlungsebene Chancen zur Stärkung des sozialen Zusammenhalts und zur Vitalisierung der ökonomischen Ressourcen. Alisch zeigt, auf welchen Ebenen lokale Strategien anzusetzen haben und betont, daß ein quer zu den bestehenden Verwaltungsstrukturen zu entwickelnder Handlungsansatz entscheidend auf die Bereitstellung von personellen und sachlichen Ressourcen und auf die Unterstützung der Bewohner angewiesen ist. Quartiersbezogene Politik sollte durch Kooperation mit der Privatwirtschaft auch die ökonomische Basis stärken.

Befunde einer Studie zur Entwicklung von Wohnungsbeständen stellt Jürgen Steinert vor. Dem Rückgang an Sozialwohnungen in Westdeutschland steht in den nächsten Jahren ein wachsender Bedarf gegenüber. Ein „Milieu der

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Ärmlichkeit" überfordert die Bewohner; Wohnungsbaugesellschaften allein können die Folgen dieser Entwicklungen nicht auffangen. Notwendig ist ein anderes Selbstverständnis der Sozialpolitik sowie neue Strategien einer aktivierenden Nachbarschaft und die Veränderung der Wohngebiete zu Gebieten des Arbeitens, Wohnens und Organisierens.

Die Bedingungen für die Stadtentwicklung in Berlin haben sich aus Sicht von Peter Strieder seit der Vereinigung drastisch verändert. Eine von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie in Auftrag gegebene Studie belegt, daß Umzugsbewegungen sozial selektiv wirken: Die innerstädtischen Gebiete verlieren Erwerbstätige und Familien mit Kindern, während der Anteil an Erwerbslosen und Ausländern zunimmt. Das Konzept des Quartiersmanagements soll die Bewohner in die Gestaltung ihrer Quartiere einbeziehen, die Attraktivität der Viertel erhöhen und die Projektmittel zur Erreichung bestimmter Ziele zusammenbinden.

Das nordrhein-westfälische Programm für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf stellt Susanne Kürpick vor. Es greift die Folgeprobleme des Strukturwandels in NRW auf und zielt auf die soziale Stabilisierung und Integration in benachteiligten Stadtteilen ab. Das Land räumt der Umsetzung integrierter Handlungskonzepte förderpolitische Priorität ein. Gegenwärtig sind 28 Stadtteile aus 22 Kommunen in das Landesprogramm einbezogen. Neue Kooperations- und Organisationsformen sollen die Beteiligung unterschiedlicher Handlungsebenen und verschiedener Akteure sicherstellen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen u.a. Tendenzen einer stärkeren Identifikation mit dem Stadtteil sowie Verbesserungen in der sozialen, infrastrukturellen und ökonomischen Situation als auch Probleme und Defizite auf. Eine begleitende Qualitäts- und Erfolgskontrolle soll mehr Transparenz herstellen und Hinweise auf Lösungsansätze geben.

In den Niederlanden sind die Probleme der Städte - wie Ton van der Pennen

in seinem Beitrag zeigt - schon seit den siebziger Jahren im Blickfeld der Politik. Allerdings hat sich in der Problemsicht und in der politischen Praxis ein deutlicher Wandel von einer Stadtsanierungspolitik zu einer integrierten sozialen Erneuerungspolitik vollzogen. Die Städte spielen heute angesichts von Dezentralisierung und Deregulierung eine zentrale Rolle bei der Verbesserung der Lebensqualität der Stadtviertel und der Stärkung ihrer wirtschaftlichen Basis. Auch die Bürger werden verstärkt in die Entscheidungs- und Veränderungsprozesse einbezogen. Van der Pennen zeigt am Beispiel seiner

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Untersuchung in 30 niederländischen Gemeinden unterschiedliche Strategien und Praktiken sozialer Aktivierung auf.

Vor dem Hintergrund der Diskussion und Praxis in Nordrhein-Westfalen nimmt Ralf Zimmer-Hegmann zu Fragen von Ton van der Pennen Stellung. Er geht dabei auf die Themenkomplexe Zusammenarbeit und Vernetzung, auf die Reichweite stadtteilbezogener Ansätze und auf Fragen sozialräumlicher Diskriminierung und Stigmatisierung ein.

Klaus Werner zeigt für Frankreich die wesentlichen Einflußfaktoren der sozialräumlichen Gebietsentwicklung auf und betrachtet vor allem die Einbeziehung der Akteure in die Veränderungen. Die Entwicklung solcher Ansätze steht in Frankreich noch am Anfang und wird insbesondere durch europäische Projekte und durch Gebietsentwicklungsmaßnahmen gefördert. Werner illustriert anhand von Beispielen die praktische Umsetzung und die Wirkung dieser Bottem-up-Planungsmethode. Er vertritt die These, daß eine städtische Gesamtstrategie zu besseren Ergebnissen führt als teilgebietsbezogene Aktivitäten, die sich z.B. auf benachteiligte Gebiete konzentrieren. Die Erfahrungen legen nahe, die bestehenden demokratischen Strukturen durch Elemente direkter Bürgerbeteiligung bei der Stadt- und Gebietsentwicklung zu ergänzen.

Stadtplanerische Maßnahmen können nach Ansicht von Ulrich Hellweg die Lebensqualität der Bewohner und das Image des Standortes verbessern. Heute befinden sich viele Stadtquartiere in einem Wandlungsprozeß, der die soziale und ökonomische Stabilität in Frage stellt. Hier liegt derzeit das Hauptaktionsfeld für die Stadtplanung. Integrierte Strategien, die z.B. Maßnahmen der Stadterneuerung, der Sozialarbeit, der Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung beinhalten und eine lokal fokussierte Zusammenarbeit könnten zum Abbau sozialräumlicher Segregation beitragen.

Holger Kuhle stellt in einem zusammenfassenden Überblicksbeitrag Gemeinsamkeiten und Unterschiede der stadtentwicklungspolitischen Ansätze in den Niederlanden, Frankreich und Deutschland dar. Weitgehende Übereinstimmung sieht er in der Problemwahrnehmung und hinsichtlich der Neuausrichtung der Perspektive für die Stadtentwicklung: Stichwort „soziale Aktivierung" der Bewohner. Der wesentliche Unterschied besteht in der Konzentration auf das Quartier einerseits und in der Verfolgung quartiersübergreifender Strategien andererseits. Kuhle plädiert für eine Kombination von

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lokal eingegrenzten als auch quartiersübergreifenden Strategien zur (Wieder-)Herstellung der zwischen den einzelnen Stadtteilen und sozialen Gruppen einer Stadt unterbrochenen Zusammenhänge.

Zu den Möglichkeiten integrierter Politikansätze und von Kooperation und Vernetzung nehmen Michael Krautzberger, Hans Nisble und Wolfgang Roters Stellung: Der neue Typus von Sanierungsgebieten erfordert nach Ansicht von Michael Krautzberger eine Kombination von klassischen Sanierungsverfahren mit komplexen Strategien der sozialen und wirtschaftlichen Aufwertung. Durch neue Initiativen und politische Programme soll erreicht werden, daß staatliche Finanzierungshilfen im Rahmen eines umfassenden konzeptionellen Ansatzes besser koordiniert werden.

Die Problemstruktur des Berliner Innenstadtbezirks Wedding und neue Formen der Zusammenarbeit im Stadtteil beschreibt Hans Nisble. Am Beispiel von Initiativen im Bereich Beschäftigungsförderung, Sicherheit und Lokale Agenda 21 werden Wege aufgezeigt, wie Kooperation unterstützt wird und Kommunalpolitik neuen Herausforderungen begegnen kann.

In dem Handlungsprogramm der Landesregierung Nordrhein-Westfalen für die Entwicklung von Stadtteilen mit besonderem Erneuerungsbedarf sieht Wolfgang Roters positive Ansätze und erste Erfolge. Neben einem effektiven Mitteleinsatz gelingt es mit dem Engagement der Beteiligten und insbesondere der Bewohner, die Stadtteile zu unterstützen und zu stabilisieren.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2000

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