FDGB-Lexikon, Berlin 2009


Arbeitsvertrag. Um ein Arbeitsverhältnis zwischen einem Beschäftigten und einem Betrieb zu begründen, war auch in der DDR ein schriftlicher A. vorgeschrieben. Anders als im westlichen Rechtsverständnis wurde ein solcher A. aber nicht als konstituierend sondern lediglich als konkretisierend für die Rechte und Pflichten des Beschäftigten angesehen. Diese wurden aus dem allgemeinen Arbeitsrecht abgeleitet, zu dessen Kernbeständen das so genannte sozialist. Grundrecht der Arbeit zählte. Dem zufolge hatte jeder arbeitsfähige DDR-Bürger ein Recht auf einen Arbeitsplatz (vgl. Recht auf Arbeit), ein Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit und ein Recht auf schöpfer. Mitwirkung an der Planung und Leitung der Betriebe, zugleich aber auch die moral. Pflicht zur Arbeit. In diesem staatsrechtlich geregelten Rahmen hatte sich jeder einzelne A. zu bewegen. Als Mindestangaben sollte er die Arbeitsaufgabe, die Lohn- und Gehaltsgruppe, den Anspruch auf Erholungsurlaub, den Arbeitsort und den Tag der Arbeitsaufnahme enthalten. Im Rahmen des allgemeinen Arbeitsrechts konnten weitere Vereinbarungen getroffen werden, etwa zur zeitlichen Befristung, zur Übernahme besonderer Verantwortlichkeiten, zur Bereitstellung einer Werks- oder Dienstwohnung, zur Festlegung außergewöhnlicher Kündigungsfristen oder zur Teilzeitbeschäftigung. In Hinblick auf Lohnformen, Prämien und Arbeitszeitregelungen durfte der A. von den kollektivvertraglichen Regelungen, also im Falle der volkseigenen Betriebe vom Betriebskollektivvertrag (BKV) oder von dem ihm zugrunde liegenden Rahmenkollektivvertrag (RKV), nicht abweichen, auch nicht zu Gunsten des einzelnen Werktätigen.
Die Betriebsleitung war verpflichtet, die zuständige Gewerkschaftsleitung - also entweder die Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) oder die Abteilungsgewerkschaftsleitung (AGL) - vom beabsichtigten Abschluss eines A. mit einem Werktätigen zu unterrichten, so dass diese mit einem Vertreter an dem Einstellungsgespräch teilnehmen konnte (aber nicht musste). Ebenso wie bei späteren Änderungs-, Aufhebungs- oder Überleitungsverträgen war eine ausdrückliche Zustimmung der Gewerkschaftsleitung für die Rechtswirksamkeit des A. nicht erforderlich. Das gleiche galt für Qualifizierungsverträge zur Aus- und Weiterbildung von Werktätigen.
Wollte die Betriebsleitung dagegen einen bestehenden A. lösen, also eine fristgerechte oder fristlose Kündigung aussprechen, musste sie zwingend die Zustimmung der BGL einholen. Der Beschäftigte selbst konnte Einspruch gegen seine Entlassung bei der zuständigen betrieblichen Konfliktkommission erheben und sich im Falle der Abweisung bei der Kammer für Arbeitsrecht des Kreisgerichts um eine Revision bemühen. Hatte er die Absicht, seinen A. von sich aus zu lösen, musste auch er sich zunächst um einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag mit der Betriebsleitung bemühen; nur wenn dieser nicht gewährt wurde, durfte er kündigen. Von Seiten der Beschäftigten ausgesprochene Kündigungen waren infolge der Pflicht zur Arbeit aber eher selten.
F.S.