Quellen zur Entwicklung der sozialistischen Internationale (1907 - 1919)


S T A R T
(dt. Version)



Wien 1914


FRAUEN
1907 - 1915


JUGEND
1907 - 1919









KONTAKT

=> Druckversion

Einführung

von Gerd Callesen


Auf Grund der politischen Verhältnisse erwachte in den 1970er Jahren ein neues akademisches Interesse an der Entwicklung der Arbeiterbewegung. Das führte zunehmend zu dem Bestreben auch in breiterem Maßstab die Quellen dieser Geschichte aufzubereiten. Vergleichsweise frühzeitig wurden in der DDR Nachdrucke zentraler Zeitungen der deutschen Arbeiterbewegung hergestellt, in Großbritannien erschienen Nachdrucke vor allem früher Arbeiterzeitungen, insbesondere jener, die in einem Zusammenhang mit der chartistischen Bewegung standen. In der Bundesrepublik Deutschland bemühte sich ein Antiquariat darum, ein umfassendes Nachdruckprogramm zu verwirklichen, scheiterte aber letztendlich an den hohen Kosten; die Restauflagen wurden später vom Verlag J.H.W. Dietz Nachf. in Bonn vertrieben. Dieser Verlag veröffentlichte auch selber verschiedene Nachdrucke zur sozialdemokratischen und zur Gewerkschaftsbewegung aber auch zur Geschichte der Internationale; z.B. wurden die Unterlagen der Berner Konferenz sozialdemokratischer Parteien im Jahr 1919 nachgedruckt bzw. veröffentlicht.

In Moskau wurden die vollständigen Protokolle und Sitzungsberichte der Internationalen Arbeiter Assoziation mit weiteren Bänden veröffentlicht, während wiederum in der DDR durch die Publikation von Dokumenten des Bundes der Kommunisten, die schließlich in drei Bänden erschienen, und eines Bandes über die I. Internationale in Deutschland die nationale und internationale Arbeiterbewegung in eine enge Verbindung mit einander gebracht wurden.

In diesem Zusammenhang erschien die Reihe des Genfer Verlages Minkoff Histoire de la Deuxième Internationale, 1889-1914. Der Verlag hatte sich bisher einen Namen durch Nachdrucke von Musikalien gemacht, er wünschte sich jedoch ein neues Standbein zu verschaffen. Die Reihe wurde durch Nachdrucke einiger als grundlegend eingeschätzter Werke(1) eingeleitet, deren Wert z.T. diskutabel erscheint. Ab Band 6 wurden dann die Materialien der Kongresse der II. Internationale veröffentlicht, und zwar einschließlich des wichtigen Vorläufers, des Londoner Kongresses vor allem gewerkschaftlicher Landesverbände 1888, der die Abhaltung des Pariser Kongresses beschloss.

Die bibliographische Grundlage der Ausgabe war durch die Vorarbeit von Georges Haupt gegeben(2) , jedoch wurden schon in dieser ersten Serie u.a. Berichte der Organisationen an die Kongresse eingearbeitet, die von den beiden Bearbeitern, Michel Winock und Georges Haupt, nicht erfasst worden waren.(3) Über das eigentliche Kongressmaterial hinaus wurden auch einzelne Berichte aus Zeitungen und Zeitschriften mit Einschätzungen der Kongresse in die Bände aufgenommen. Hier wurde in keiner Weise versucht, Vollständigkeit anzustreben, weil dies den Rahmen gesprengt hätte. Jedoch nahmen die häufig interessanten Artikel bei einigen Kongressen einen recht bedeutenden Umfang ein, für den Londoner Kongress 1896 wurde sogar ein eigener Band mit Presseveröffentlichungen herausgegeben. Bedauerlicherweise wurden die Kriterien für die Aufnahme dieser Beiträge nicht angeführt; so muss dahingestellt bleiben, warum z.B. doch wichtige Beiträge wie die Daniel De Leon über den Stuttgarter Kongress 1907 und des Austromarxisten Otto Bauer über den Kongress in Kopenhagen 1910 nicht veröffentlicht wurden.

Insgesamt wurden in der Reihe allerdings die wesentlichen Berichte der Organisationen zugänglich gemacht. Die Selbsteinschätzung der Parteien wird hier an Hand der authentischen Berichte deutlich. Dieses Material erschien in den Bänden 6 bis 22 und umfasst sämtliche Kongresse der Zeit bis 1912. Zusätzlich erschien noch der offizielle Band der Stockholmer Konferenz sozialdemokratischer Parteien 1917, jedoch ohne die Materialien dieses Kongresses.(4)

Das Periodische Bulletin des Internationalen Sozialistischen Bureaus, das in den Jahren 1909 bis 1914 mit 11 Ausgaben und einer Beilage erschien, wurde als 23. und letzter Band veröffentlicht. Dieses dreisprachige Bulletin enthält viele zentrale Dokumente des ISB. Es scheint, dass es bisher nicht in seiner ganzen Bedeutung erschlossen ist. Mitteilungen des ISB wurden vor dem Erscheinen des Bulletins in der Zeitschrift der Belgischen Arbeiterpartei, l'Avenir Social. Revue du Parti Ouvrier Belge, in den Jahren bis 1907 veröffentlicht - diese Mitteilungen sind, obgleich nur wenig umfangreich, doch von historischer Bedeutung; da die Zeitschrift jedoch kaum bekannt ist, sind sie bisher nicht oder kaum benutzt worden.

Es war die Absicht der Verlages, eine zweite - und evt. später auch weitere Serien - herauszugeben. Die grundlegenden Veröffentlichungen für den geplanten X. Kongress der Internationale in Wien, die Veröffentlichungen der Frauen-Internationale 1907-1915 und der Internationalen Verbindung Sozialistischer Jugendorganisationen 1907-1919 wurden um 1980 gesammelt und teilweise zur Veröffentlichung aufbereitet. Jedoch war der ersten Serie kein durchschlagender Erfolg beschieden und der Verlag musste das Projekt aufgeben. Die Möglichkeiten des Internets haben nun einen anderen Weg zur Veröffentlichung entstehen lassen. Es werden hier jedoch ausschließlich die Dokumente der Organisationen veröffentlicht, soweit sie überhaupt aufgefunden werden konnten. Presseberichte und Analysen in den Zeitschriften der Teilnehmer sind hier nicht einbezogen worden.

Die Materialien wurden seinerzeit nach einer intensiven Suche in einer langen Reihe vor allem - aber nicht nur - europäischer Archive und Institutionen gefunden. Ein letzter Bericht, der englischsprachige Bericht der Socialist Labor Party der USA, wurde in der neuen Vorbereitungsphase gefunden. Die politischen Umwälzungen der Jahre nach 1989 haben es mit sich gebracht, dass einige dieser Institute nicht mehr existieren oder doch nur mit einer anderen Aufgabenstellung. Die Suche nach den Quellen wird dadurch weiter erschwert, entsprechend notwendiger ist es daher, die Dokumente zugänglich zu machen. Dies sollte im Zusammenhang mit anderen Quellenveröffentlichungen, wie der angeführten von Martin Grass, und weiteren Initiativen, etwa der Konferenz des Stockholmer Archivs und der Bibliothek der Arbeiterbewegung he International Labour Movement on the Thresholds of Two Centuries (http://www.arbarkiv.nu/sem_international.htm) gesehen werden.

Diese Edition ist durch ein Link mit dem Labour History Project verbunden, dort sind weitere Links zur Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung zu finden.






Fußnoten


1 - Wie z.B. der erste in der Reihe veröffentlichte Band von Max Beer, Fifty Years of International Socialism, der zuerst 1938 in London erschienen war.

2 - Georges Haupt: La Deuxième Internationale 1889 - 1914. Etude Critique des Sources. Essai bibliographique, Paris 1964. Eine um den bibliographischen Teil gekürzte, aber im Textteil erweiterte deutsche Ausgabe erschien unter dem Titel Programm und Wirklichkeit. Die internationale Sozialdemokratie vor 1914, Neuwied 1970. Obwohl in den vergangenen 35 Jahren eine Reihe wichtiger Quellen veröffentlicht wurden, vor allem die Ausgaben der Briefe im IISG Amsterdam und die Marx-Engels-Gesamtausgabe, ist der Text weiterhin eine zentrale Analyse. Haupt veröffentlichte weiterhin den ersten Band (1900-1907) Materialien des Internationalen Sozialistischen Bureaus (ISB): Bureau socialiste international. Comptes rendus des réunions, manifestes et circulaires, Paris, Mouton, 1969, 438 S.

3 - Leider wurde auch dadurch keine Vollständigkeit erreicht. Z.B. wurde der umfangreiche Bericht von Max Schippel: Die fremden Arbeitskräfte und die Gesetzgebung der verschiedenen Länder. Materialien für den Stuttgarter Internationalen Kongreß, der als Beilage zur Zeitschrift Die neue Zeit erschien (Nr. 41, 25. Jg., Band 2, 1906/1907), nicht in den entsprechenden Band des Stuttgarter Kongresses aufgenommen.

4 - Das Material zu den Bemühungen der sozialdemokratischen Parteien der neutralen Länder zur Überwindung des Weltkrieges ist jetzt zum Teil erschlossen. Ein Buchprojekt zu dieser Frage in drei geplanten Bänden ist nicht verwirklicht worden, jedoch hat Martin Grass vom Arbetarrörelsens arkiv och bibliotek in Stockholm die von ihm gesammelten und bearbeiteten Dokumente zur Stockholmer Konferenz 1917als Veröffentlichung im Internet ediert, siehe http://labourhistory.net/stockholm1917/index.php#top

©Friedrich Ebert Stiftung | Webmaster | technical support | net edition Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung | 10.08.2006