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Der X. Internationale Sozialistische Kongress in Wien(1)
von Gerd Callesen
Der Kongress war für die Tage vom 23. bis 29. August 1914 geplant, aber im Juli 1914 war es der österreichischen Sozialdemokratie klar geworden, dass der Kongress wegen der drohenden Kriegsgefahr und der damit verbundenen Gefahr für die Delegierten nicht in Wien durchgeführt werden konnte. Die Partei schlug daher vor, den Kongress in ein anderes Land zu verlegen - im Endeffekt wurde der Kongress nicht durchgeführt, der Kriegsausbruch am 4. August 1914 verhinderte dies. Nach Ende des I. Weltkrieges wurde 1920 in Genf in stark reduziertem Maßstab ein X. Kongress der Internationale durchgeführt.
Die Vorbereitungen für den Wiener Kongress waren aber schon weitgehend getroffen und ein Großteil der Kommissionsberichte an den Kongress und die Berichte der angeschlossenen Organisationen lagen gedruckt vor: einige in den drei offiziellen Sprachen der Internationale (Deutsch, Englisch und Französisch), andere in einer oder zwei der Sprachen. Das Material des Kongresses der Fraueninternationale, der im Anschluss an den X. Kongress hätte stattfinden sollen, wird erst im Zusammenhang mit der Entwicklung der Fraueninternationale 1907 - 1915 aufbereitet werden. Das gilt entsprechend für die Unterlagen der Jugendinternationale.
Auch hier war die oben angeführte bibliographische Arbeit von Georges Haupt der Ausgangspunkt. Während der Suche nach den dort genannten 47 Titeln wurde eine Reihe weiterer Texte und Berichte gefunden, so dass die jetzt vorliegende Sammlung 65 Nummern umfasst. Wir gehen davon aus, dass diese Sammlung nicht ganz vollständig ist - angeblich liegt z.B. der Bericht der Sozialdemokratischen Partei Ungarns auch auf Französisch vor, ebenso sollen kurze Berichte aus der Schweiz auf Deutsch und aus Serbien auf Englisch in einem Archiv vorliegen, die uns aber nicht zugänglich gemacht werden konnten.(2) Wir gehen aber ebenfalls davon aus, dass die jetzt vorgelegte Sammlung, den weitaus größten Teil der seinerzeit veröffentlichten, aber nicht verschickten Berichte, umfasst. Wir hoffen, dass durch diese Sammlung ein Anstoß gegeben wird womöglich weitere Drucksachen zu finden, und dass uns diese für die Internet-Ausgabe zur Verfügung gestellt werden.
Eine Reihe der Organisationen, die noch 1910 dem Internationalen Sozialistischen Kongress Berichte vorgelegt hatten, sind hier nicht vertreten. Es handelt sich z.B. um die sozialdemokratischen Parteien Norwegens und Schwedens, die verschiedenen Parteien und Organisationen aus Russland einschließlich Finnlands und der transkaukasischen sozialdemokratischen Parteien, des "Bund" und weiteren Organisationen, aber auch um Parteien außerhalb Europas. Weiterhin legten 1914 einige Parteien, wie die portugiesische Sozialdemokratie oder die Socialist Labor Party Australiens(3), die bisher nicht auf den Kongressen vertreten waren, Berichte vor. Es ist möglich, dass dies auch von anderen Parteien geplant war und in einigen Fällen auch verwirklicht wurde.
Die Texte werden soweit ermittelt jeweils in den drei Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch(4) vorgelegt.
Die Reihenfolge folgt dem von Georges Haupt hergestellten Zusammenhang:
- Rundschreiben an die angeschlossenen Organisationen bzw. deren Sekretäre;
- Berichte an die 5 Kommissionen (a. Arbeitslosigkeit, b. Die Teuerung, c. Imperialismus und Schiedsgericht, d. Der Alkoholismus und e. Die russischen Gefängnisgreuel);
- Berichte über die Aktivitäten der Parteien (folgende Reihenfolge war vorgesehen): 1. Großbritannien; 2.
Deutschland, 3. Luxemburg; 4A. Österreich; 4B. Böhmen; 5A. Ungarn-Kroatien; 5B. Bosnien-Herzegowina; 6. Frankreich; 7. Italien; 8. Spanien; 9. Portugal; 10. Russland; 10F. Finnland; 10L. Lettland; 11. Polen; 12. Norwegen; 13. Schweden; 14. Dänemark; 15. Holland; 16. Belgien; 17. Schweiz; 18. Griechenland; 19. Türkei; 20. Serbien; 21. Bulgarien; 22. Rumänien; 23. Japan; 23C. China; 24. Süd-Afrika; 25. Kanada; 26. Mexiko; 27. Kuba; 28. Vereinigte Staaten; 29. Brasilien; 30. Argentinien; 31. Chile; 32. Uruguay; 33. Australasien.
(Die Länder, aus denen Berichte vorliegen, sind kursiv geschrieben);
- Andere Texte.
Die Vorlagen stammen aus:
Arbeiderbevegelsens Arkiv og Bibliotek, Oslo,
Arbejderbevægelsens Bibliotek og Arkiv, Kopenhagen,
Arbetarrörelsens Arkiv, Stockholm,
Biblioteka Sejmowa, Wydzial Zbiorów Historii Spolecznej, Warschau,
Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn,
Fondazione Giangiacomo Feltrinelli, Mailand,
Fondazione Lelio e Lisli Basso, Rom,
Fövárosi Szabo Ervin Könyvtár, Budapest,
Gosudarstvennaia Obshchestvenno-Politicheskaia Biblioteka (Socio-Political State Social Political Library), Moskau,
Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis, Amsterdam,
Institut Emile Vandervelde, Brüssel,
New York Public Library, New York,
Rossiiskii Gosudarstvennyi Arkhiv Sotsial'no-Politicheskoi Istorii (Russian State Archive of Social and Political History), Moskau,
Socialist Labor Party USA, Mountain View/San Jose,
Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR, Berlin,
Työväen Arkisto, Helsinki.
Fußnoten
1 - Seit Georges Haupt 1965 seine Studie Le congrès manqué. L'Internationale à la veille de la première guerre mondiale vorlegte (Deutsch 1967, Englisch 1973), sind viele Arbeiten erschienen, die wir hier nicht bibliographisch erfassen wollen, zumal viele in Zeitschriften usw. veröffentlicht sind, z.B. Christl Wickert: Ein Dokument zu Clara Zetkins Vorbereitungen der 3. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz, geplant für August 1914 in Wien: IWK 1983 Nr. 3, S. 325-329. Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlicht seit 1976 laufend die Bibliographie zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, in der auch die Internationale berücksichtigt ist. Für die Zeit vorher haben Klaus Tenfelde und Gerhard A. Ritter eine umfangreiche "Bibliographie zur Geschichte der deutschen Arbeiterschaft und Arbeiterbewegung 1863-1914. Berichtszeitraum 1945-1975" 1981 als Beiheft 8 zum Archiv für Sozialgeschichte herausgegeben. Der Band enthält einen Abschnitt über "Die deutsche und internationale Arbeiterbewegung" (S. 614-643).
2 - Die Angaben stammen aus der Bibliographie von Georges Haupt. Laut Auskunft des Schweizerischen Sozialarchivs, Zürich, ist der im Archief en Museum voor het Vlaamse Cultuurleven, Antwerpen angeblich vorhandene Bericht der schweizerischen Sozialdemokratie nicht als ein offizieller Bericht der Partei einzustufen. Aus den Protokollen der Geschäftsleitung und des Parteivorstandes geht nicht hervor, dass ein solcher Bericht von einem Parteigremium abgesegnet worden wäre.
3 - Laut der Bibliographie von Georges Haupt hatte die SLP dem Organisationskomitee in Wien einen englischen und einen deutschen Bericht in 500 Exemplaren zugeschickt. Diese sind anscheinend nicht überliefert. Der englische Bericht kann jedoch in einem Auszug aus der Dokumentensammlung durch William English Walling (Hg.): The Socialism of To-Day, New York 1916, S. 335-339 wiedergegeben werden.
4 - Die Berichte sollten in jeder der drei Sprachen in jeweils 1000 Exemplaren dem Organisationskomitee übergeben werden.
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| net edition Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung | 30.08.2006
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