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Wir müssen kennen (-lernen), was wir schätzen!

Unter der Überschrift "Deutsche wissen wenig über ihre Menschenrechte" berichtete die ‚Süddeutsche Zeitung' am 9. 12. 2004 über zwei Studien der Universiät Marburg: Zwar sei die "Allgemeine Erklärung der Menschenrechte" nur der Hälfte der Deutschen ein Begriff. Aber dennoch werde deren Verwirklichung von 76 Prozent der Befragten als "äußerst wichtig" eingeschätzt. Wie alle Rechte, so müssen Menschenrechte gekannt werden und bekannt sein. Sie müssen immer wieder erneut verteidigt, ihre Einhaltung eingefordert und durchgesetzt werden.
Hier stehen die Menschenrechte der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" der Vereinten Nationen/UNO vom 10. 12. 1948, die Grundrechte unseres Grundgesetzes vom 23. 5. 1949 sowie die "Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten" vom 4. 11. 1950 im Vordergrund.

Viele weitere internationale Abkommen wurden beschlossen, um die Menschenrechte zu sichern und weiter zu entwickeln: Das Verbot der Sklaverei (1953), das Verbot der Zwangsarbeit (1957), die Abkommen zu Frauenrechten (1953, 1957, 1979) und Kinderrechten (1989) bis zu den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation zum Schutz der sozialen Menschenrechte und dem Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (1998).
"Die Welt" berichtete am 21. 11. 2005 anlässlich des Festaktes zum 60. Jahrestag der "Nürnberger Prozesse" die Forderung der Bundesregierung, dass endlich alle Staaten der Erde den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag anerkennen und das Statut ratifizieren. Um zu vermeiden, dass Prozesse vor dem Strafgerichtshof als "Siegerjustiz" abgewertet würden, müsse das Völkerrecht gleichmäßig auf alle Staaten angewendet werden.

In der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" finden wir die Formulierung "Jeder Mensch hat das Recht auf ...": Die Menschenrechte gelten für j e d e n Menschen, er/sie erwirbt sie mit Geburt und sie sind unveräußerlich. Sie stehen in gleicher Weise allen Menschen zu, unabhängig z.B. von Herkunft, Geschlecht oder Alter. Menschenrechte schützen in ihrer Gesamtheit die Würde des Menschen, sie sind unteilbar. Und sie gelten universell, für alle Menschen weltweit. Der Menschenrechtsgedanke und die Festlegung von Menschenrechten haben eine lange Tradition, sie wurden früh in die Verfassung einzelner Staaten aufgenommen wie in die amerikanische Bill of Rights von 1791 oder die französische Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789. Jedoch erst im 20. Jahrhundert wurden internationale Abkommen zum Schutz der Menschenrechte geschlossen.
Neben den Rechten stehen die Pflichten. Wenn auch in erster Linie staatliche Vertreter zur Einhaltung und Verteidigung der Menschenrechte verpflichtet sind, so hat auch der Einzelne die Pflicht, die Menschrechte zu achten bzw. ist es ihm verboten, sich z.B. an Kriegsverbrechen, Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu beteiligen.

Auch in unserer Verfassung steht "Die Würde des Menschen ist unantastbar. ..." Die Medienberichterstattung, z.T. auch unsere eigene Erfahrungen zeigen, dass die Würde des Menschen nicht nur in fernen Ländern angetastet wird, sondern dass sie auch in demokratischen Rechtsstaaten - bei uns - immer wieder thematisiert und verteidigt werden muss, als eine Leitorientierung für unseren Alltag: Die Würde alter Menschen, der Kinder, der Frauen, der Arbeitnehmer, der ausländischen Bürger, .... Denn Menschenrechte "regulieren", begrenzen die Durchsetzung von Interessen Einzelner und Gruppen, stehen in einer konfliktreichen Beziehung im Rahmen einer fortschreitenden und dominierenden Kommerzialisierung vieler Lebensbereiche, wo zunehmend eine "Funktion" des Menschen als Marktteilnehmer, Konsument oder Kostenfaktor in das Zentrum der Wahrnehmung rückt - nicht seine Würde.

Nicht nur eine engagierte Menschenrechtspolitik, eine konsequente nationale und internationale strafrechtliche Verfolgung von Menschenrechtsverletzungen, sondern auch und vor allem ein waches öffentliches Bewusstsein und eine Menschenrechtsbildung sind Grundlagen für die breite Anerkennung und die Bereitschaft zur Verteidigung von Menschenrechten, die auch wirtschaftliche, kulturelle und Beteiligungsrechte als Basis von demokratischen und sozialen Rechtsstaaten einschließen.
Nach der UN-Dekade für Menschenrechtsbildung (1994 - 2004) hat 2005 das UN-Weltprogramm für Menschenrechtsbildung begonnen - Anlass für Schulen und Einrichtungen der Erwachsenenbildung, das Thema Menschenrechte verstärkt in das Veranstaltungsprogramm aufzunehmen - über 2005 hinaus!
Denn: Wir müssen kennen (-lernen), was wir schätzen!

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Rainer Gries
Stellvertretender Leiter der Bibliothek
der Friedrich-Ebert-Stiftung

Menschenrechte / Menschenrechtspolitik

Schüler in Zimbabwe
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Rainer Gries