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Arbeit in der Dritten Welt - Zum Thema

"100 % child labour free"

Wenn mit diesem Werbeslogan für Fußbälle, die hundertprozentig frei von Kinderarbeit hergestellt wurden, die - vor allem jugendlichen - Verbraucher seit der Fußballweltmeisterschaft 1998 angesprochen werden, wird deutlich, dass die Themen Arbeit, Arbeitsbedingungen und Kinderarbeit in der Dritten Welt auch bei uns angekommen sind.
Hoffen wir, dass auch zur Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland die Arbeitsbedingungen in der Dritten Welt ins Spiel gebracht werden und Fairness nicht nur für die Spiele auf dem grünen Rasen, sondern auch für die Arbeiterinnen und Arbeiter in der Dritten Welt gefordert werden.

Der Fußball ist ein gutes Beispiel, wie fußballbegeisterte Jugendliche für Fragen der Globalisierung, der Ausbeutung in der Dritten Welt und der Verletzung der Menschenrechte ihrer Altersgenossen in Afrika, Asien und Lateinamerika sensibilisiert werden können. Sie können erfahren, das Kinder und Jugendliche z.B. in Pakistan rund drei Stunden harte Arbeit für das Zusammennähen eines Balles leisten und dafür 40 - 80 Cent erhalten, für einen "fair" gehandelten Ball bis zu 2 Euro.
Die Internationale Arbeitsorganisation (IAO), Genf, stellt in Untersuchungen und Berichten fest, dass vielfältige Formen der Zwangsarbeit - lange international geächtet - vor allem in vielen Ländern der Dritten Welt immer noch weit verbreitet sind - und nach Europa zurückehren. Nicht nur spektakuläre Fälle von Zwangsprostitution, sondern auch ausbeuterische und erpresserische Methoden bei der Beschäftigung von illegalen Einwanderern z.B. in der Bauwirtschaft oder der Landwirtschaft werden in Europa zunehmend festgestellt.
Die IAO schätzt, dass weltweit etwa 12 Millionen Menschen unter Bedingungen arbeiten, die durch Zwang bestimmt sind: von der Androhung von Gewalt bis zur Ausnutzung einer Notlage. Opfer sind in der Dritten Welt vor allem die Armen der Städte, die Landbevölkerung - und Kinder.

Der Nachschub für die Wühltische
wird in Ländern wie Bangladesch genäht (DIE ZEIT, 2/2003): "... Die Frauen gehen zur Arbeit.
Sie gehen durch den Matsch und den Kot, hinaus aus den Slums und vorbei an den Lastwagen und Taxis und Bussen und Mopeds und an den Polizisten in Atemschutzmasken. Sie sind nicht Dutzende und nicht Hunderte, sie sind Hunderttausende. Die Straßen sind voll von ihnen, aber nur für ein paar Minuten, dann verschwinden die Frauen aus den Slums in schwarzen Treppenaufgängen hinter eisenbeschlagenen Türen und schimmelnden Wänden. Dort verbringen sie den Tag, mit rundem Rücken über Nähmaschinen gebeugt. Manchmal arbeiten sie 10 Stunden, manchmal 12, manchmal 19, manchmal werden sie geschlagen. Am Ende eines gewöhnlichen Tages haben sie 300 Ärmel oder 300 Kragen oder 300 Knopfleisten an 300 Hemden genäht und einen Dollar verdient, manchmal 1,20 Dollar und manchmal gar nichts, denn manchmal bekommen sie ihren Lohn nicht ausbezahlt.
Ein paar gewöhnliche Wochen später liegen die Hemden oder die Hosen oder die Jacken oder die T-Shirts in den Einkaufszentren von Cambridge und Chicago, von Houston und Hanau. Sie kosten so viel, wie eine Näherin in einem Monat verdient oder in zwei Monaten, und auf den Etiketten steht das Logo von Nike (jährlicher Gewinn: 590 Millionen Euro). Oder adidas (208 Millionen) oder Tommy Hilfiger (131 Millionen) oder Levi's (151 Millionen) oder wie die Konzerne alle heißen.
Damit könnte diese Geschichte schon zu Ende sein. Sie wäre eine kurze, traurige Geschichte über die Ausbeutung und darüber, wie die Globalisierung dafür sorgt, dass die einen reich werden und die anderen arm bleiben. ..."

Eine zunehmende öffentliche Debatte über die schlechten bis menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen vor allem in Ländern der Dritten Welt hat die Bemühungen der Internationale Arbeitsorganisation (IAO), der internationalen Gewerkschaftsorganisationen und vieler Nichtregierungsorganisationen und Initiativen um deren Verbesserung unterstützt. Mit der Annahme des "Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte" durch die Vereinten Nationen 1966 und der "Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit" in der Internationalen Arbeitsorganisation 1998 sind die Kernarbeitsnormen zu einem Bestandteil der universell gültigen Menschenrechte geworden: das Verbot der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, das Verbot der Zwangsarbeit, die Vereinigungsfreiheit und das Recht zur Kollektivverhandlung sowie das Gebot der Nicht-Diskriminierung am Arbeitsplatz.

"In den letzen Jahren sind die Bedingungen, unter denen Menschen in Entwicklungsländern arbeiten und produzieren, zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Heute gibt es eine weltweite Diskussion über die soziale Dimension der Globalisierung. Als Maßstab einer menschenwürdigen Gestaltung der Arbeitswelt dienen dabei die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). ...
Die Bundesregierung legt besonderen Wert auf die Umsetzung international gültiger Sozialstandards, versteht sie diese doch als wichtigen Teil der sozialen Menschenrechte, an denen sich alle Länder - und auch Unternehmen - messen lassen müssen. Unser Ziel ist es, zu globaler wirtschaftlicher Entwicklung und zugleich zu menschenwürdigen Arbeitsbedingungen in den Entwicklungsländern beizutragen. ..." (Heidemarie Wieczoreck-Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dezember 2004)

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Rainer Gries
Stellvertretender Leiter der Bibliothek
der Friedrich-Ebert-Stiftung

Arbeit in der Dritten Welt

Kitwe, Sambia: Stahlwerk
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung, Rainer Gries