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TEILDOKUMENT:




6. Fallstudie Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg (MFG)

Die Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg wurde 1994 mit dem Auftrag gegründet, den Medienstandort Baden-Württemberg sowie die Filmkultur zu stärken und zu fördern. Dabei ist interessant, dass die Förderung der Wirtschaft anfänglich nicht im Zentrum der Betrachtung stand. Nachfolgend soll ausschließlich der Bereich Medienentwicklung näher betrachtet werden:

Im Gründungsauftrag wurden für die Medienentwicklung folgende Aufgabenbereiche formuliert:

  • Öffentlichkeitsarbeit und Imagepflege für Baden-Württemberg als Medienstandort

  • Sammlung, Auswertung und Zugänglichmachung von Informationen über Medienpolitik, -wirtschaft und -technik

  • Koordination medienwirtschaftlicher, medientechnischer oder medienwissenschaftlicher Projekte des Landes auf der operativen Ebene im Falle der Beauftragung durch die hierfür zuständigen Ministerien

  • Zusammenarbeit mit den bestehenden Ausbildungseinrichtungen im Medienbereich zur praxisorientierten Weiterentwicklung der Ausbildungsinhalte

  • Begleitung und Förderung regionaler und kommunaler Konzepte im Bereich der Medienwirtschaft.

Die MFG sah sich von Beginn an als Dienstleister für die Ministerien, von deren Seite sie auch durchaus positive und innovative Unterstützung erfuhr. Im Laufe der Zeit kamen verstärkt Elemente einer beratenden Funktion hinzu.

Der Grundetat der Medienentwicklung wurde im Lauf der vergangenen sieben Jahre verdoppelt, beläuft sich heute aber immer noch auf rd. 2,4 Mio. € / anno. Mit Projektmitteln ist dieser Jahresetat-Anteil mittlerweile auf rund 7,5 Mio. € angewachsen.

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6.1 Leitbilder der Arbeit

Vor dem Hintergrund eines geringen Etats wurden angepasste Maßnahmen entwickelt, um die Ressourcen äußerst effektiv und zukunftsgerichtet einzusetzen. Dazu zählen:

  • Umfassende Investition in Personalressourcen, um themenbezogen, aber auch dienstleistungsorientiert den unterschiedlichen Themen und Auftraggebern begegnen zu können;

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  • Aufbau einer umfassenden Datenbank, die Adressen und Projekte "verwaltet" und damit das wichtige Kontaktnetzwerk spiegelt;

  • Basierung der Arbeit auf vorhandenen Standortqualitäten (im Fall Baden-Württemberg war dies ein starker IT-Sektor) und davon ausgehend ein sukzessiver Ausbau auch in andere Bereiche hinein.


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6.2 Standortentwicklung

Zu Zeiten der Gründung der MFG galt Baden-Württemberg – und hier vor allem Stuttgart – als überaus starker IT-Standort. Hier galt es anzusetzen und davon ausgehend die Identität eines Standorts zu verdeutlichen und zu entwickeln. Somit wurde an die ursprünglichen Stärken des Standortes angeknüpft, um diese dann mit konkreten Medienentwicklungen zu verbinden. Leitsatz hierfür ist heute der Begriff der digitalen Wertschöpfung. Auch diese Strategie wird im nachhinein als erfolgskritisch bewertet. Dazu waren unterschiedliche Ansätze notwendig, da sich Standortpolitik per se nicht auf gesamte Bundesländer, sondern auf Städte und Regionen bezieht.

Um die Ansätze auch über die Zentren der Großstädte hinaus ins Umland und die (ländlichen) Regionen zu tragen, wurden durch gezielte Aktionen (regiomedi@) regionale Initiativen geschaffen resp. unterstützt. Somit wird vor allem eine Vernetzung von einzelnen Netzwerken angestrebt und keine explizite Führungsrolle aufoktroyiert. In dieser Strategie bewirken auch kleine Geldbeträge (z.B. für ein Veranstaltungssponsoring) bereits einen beachtlichen Effekt.

Fortlaufende Konzeptentwicklungen, die in die Politik zurückgespielt wurden, Veranstaltungen sowie der Aufbau einzelner Kompetenzzentren dienten der Verfestigung des Standortimages. Genutzt wurden dazu auch relevante Aktivitäten unterschiedlicher gesellschaftlicher, politischer oder wissenschaftlicher Gruppierungen, die aufgrund der stetigen Netzwerkarbeit auch für die genuinen MFG-Aktivitäten genutzt werden konnten. Dazu zählen beispielsweise die Arbeiten und vor allem die Mitglieder der Enquete-Kommission Multimedia des Landtags Baden-Württemberg, das Innovationsforum Multimediale Anwendungen der Landesregierung Baden-Württemberg sowie auch Initiativen der Filmakademie, der einschlägigen Hochschulen etc.

In den vergangenen Jahren unterstützte darüber hinaus die Initiative baden-württemberg:
connected (bw:connected) die standortpolitischen Aktivitäten. Bw:connected ist die führende Wirtschaftsinitiative für Informationstechnologie, Software-Anwendungen und digitale Inhalte und arbeitet aktiv an der Entwicklung Baden-Württembergs zum europäischen IT-Standort Nr. 1. Die Vernetzung von "old" und "new economy" ist ein besonderes Anliegen. In bwcon haben sich über 340 engagierte Hochtechnologie- und Industrieunternehmen sowie Dienstleister vor allem aus den Bereichen Software, IT und Multimedia, zusammengeschlossen. Das Netzwerk umfasst ca. 1500 Personen (weitere Informationen auch unter www.bwcon.de oder die Ausführungen in der tabellarischen

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Übersicht zu den Initiativen der deutschen Bundesländer). bw:connected ist für die Medien- und Filmgesellschaft ein wichtiger strategischer Partner, da hierdurch auch Unternehmen bzw. Vertreter der Unternehmen aktiv in die Arbeit eingebunden werden und zudem ein institutionalisiertes Engagement der baden-württembergischen Wirtschaft für die Standortentwicklung im Medienbereich geschaffen wurde.

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6.3 Benchmarking national / international

Die MFG hat mit ihren umfassenden und auch thematisch sehr weitreichenden Themenstellungen (dazu zählt auch die Aufnahme von Themen wie z.B. Virtualisierung und verbunden damit der Aufbau des Beratungszentrums Virtuelle Organisationen) innerhalb der einschlägigen Institutionen eine Spitzenposition erreicht. Zu den Einrichtungen, mit denen man sich am ehesten benchmarken würde (ohne dies methodisch standardisiert und regelmäßig zu tun) zählen national z.B. munich-network sowie die Ansätze der Hamburger online-Kapitäne bzw. international das software-development-forum im Silicon Valley.

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6.4 Erfolgsfaktoren

Zu den Erfolgsfaktoren der wegweisenden Arbeit der MFG zählen:

  • Die personelle und thematische Kontinuität der Arbeit, die einen Fixpunkt in der doch gleichzeitig auch stark projektorientiert geprägten Tagesarbeit bildet. Dabei wird großer Wert auf frequente und gut verteilte "Sichtbarkeit" gelegt, also auf Präsenz auf Messen, regionalen Stammtischen etc. – diese Kontinuität zeigt allmählich identitätsschaffende Wirkung bei allen Akteuren.

  • Die geschickte Anknüpfung an gegebene Standortstrukturen (große IT-Unternehmenspräsenz), die dann unter dem Stichwort der "digitalen Wertschöpfung" in die Richtung (Multi-)Media weiterentwickelt wurde. Dies ist der Garant dafür, dass "Medienentwicklung" nicht ein exotisches Thema bleibt, das vornehmlich mit innovativen Unternehmen der New Economy verknüpft ist, sondern eine Entwicklungschance auch für etablierte Unternehmen darstellt.

  • Die dadurch auch in der Außenwirkung erzielte Nachhaltigkeit der Arbeit. Diese liegt auch in einer sehr konsequenten PR-Arbeit über Print- und Online-Medien. Gerade von jungen Unternehmen, Neugründungen, kommt vermehrt die Rückmeldung, die Medien- und Filmgesellschaft sei der zentrale Anlaufpunkt, die zentrale Kontakt- und Informationsbörse, der "Hub", an den man sich wendet, wenn erste Planungen der Neugründung oder der Niederlassung bestehen.

  • Die Akzeptanz der Einrichtung und ihrer Arbeit durch die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kräfte in Baden-Württemberg. Diese basiert auch auf der Kontinuität der Arbeit und ihrer wesentlichen Akteure, die sowohl das institutionelle

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    als auch das personelle Networking überhaupt erst möglich macht. Ein äußerliches "Zeichen" dieser Kontinuität sind auch die unlängst bezogenen neuen Räumlichkeiten in einem ehemaligen Industrieareal, die in direkter Nachbarschaft zu anderen Medienunternehmen und Dienstleistern liegen und damit auch physisch die Verankerung in der Szene versinnbildlichen.

  • Die Tatsache, dass es erreicht wurde, alle politisch und wirtschaftlich relevanten Akteure zumindest so einzubinden, dass es nicht zu Konflikten kommt. Auch intra-ministerielle Konkurrenzen sind heute gut beherrschbar.

  • Das erarbeitete und überaus effizient wirkende Netzwerk. Dieses manifestiert sich auch in einer Kontaktdatenbank, die mittlerweile mehr als 55.000 aktive Einzelpersonen und Institutionen umfasst und zentraler Bestandteil der täglichen Arbeit ist.

  • Die Kooperationen mit und die Stärkungen von unterschiedlichen Medieninitiativen in den Regionen (und keine Übernahme oder Besetzung deren Aktivitäten). Damit werden politische Konkurrenzen eher in einer "Umarmungsstrategie" aufgelöst.

  • Die Integration unterschiedlicher Ansätze im Land und infolge der Bündelung die Institutionalisierung einer kompetenten Anlaufstelle für Fragen der Medienentwicklung in Baden-Württemberg

Aufgrund all dieser Aspekte kann die MFG heute selbst als Standortfaktor gesehen werden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 2002

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