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Begrüßung

Ernst Breit
Stellvertretender Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Eröffnungen und Begrüßungen auf einem Kongreß, der ein so wichtiges Thema wie das „Bündnis für Arbeit und Umwelt„ behandelt, müssen kurz sein. Denn wir wollen schnell zur Sache kommen.

Wir müssen schnell zur Sache kommen. Wir müssen vor allem auch rasch zu Entscheidungen kommen. Denn die Arbeitslosigkeit in unserer Republik, aber auch die drängenden Probleme der ökologischen Modernisierung und Umgestaltung unserer Wirtschaft, – kurz, die Themen, die uns heute beschäftigen werden – dulden keinen Aufschub mehr.

Unsere Ungeduld ist begründet. Ich habe, als ich mich auf diese Tagung vorbereitete, in meinen Archiven geblättert. Erlauben Sie mir, daraus zu zitieren: „Arbeit und Umwelt gehören zusammen. Für die Gewerkschaften gibt es keine Entscheidung zwischen Arbeit und Umwelt. Nur eine Entscheidung für mehr Arbeitsplätze und mehr Umweltschutz. Mehr Umweltschutz bedeutet sichere Arbeitsplätze. Wenn z.B. durch mehr Umweltschutz das Waldsterben gebremst wird, bleiben Hunderttausende von Arbeitsplätzen in der Forst- und Landwirtschaft, in den Fremdenverkehrsregionen erhalten.

Mehr Umweltschutz bedeutet mehr Arbeitsplätze. Die Zahl der durch Umweltschutz direkt oder indirekt beschäftigten Arbeitnehmer weist – trotz unzureichender Umweltschutzmaßnahmen – eine deutliche Steigerung auf. Ihre Zahl stieg seit 1975 von 280.000 auf 380.000 im Jahr 1980 und beträgt ca. 410.000 im Jahre 1984. Wir brauchen mehr Umweltschutz. Für unsere Zukunft. Und für die Zukunft unserer Arbeitsplätze.„ Ende des Zitats.

Dieser Text ist 15 Jahre alt. Er stammt aus der Zeit, als ich als Vorsitzender des Bundesvorstandes des Deutschen Gewerkschaftsbundes in den 80er Jahren mithelfen konnte, u.a. durch Initiativen und Kongresse unter den Titeln „Arbeit und Umwelt„ oder „Umweltschutz und qualitatives Wachstum„ unser heutiges Thema anzustoßen.

Wir haben uns 1984 bei damals etwa 2 Millionen Arbeitslosen eine Zukunft mit vier Millionen Menschen ohne Beschäftigung nicht vorstellen wollen und können. Aber wir haben damals bereits auf die Arbeitsplatzeffekte durch Umweltschutz hingewiesen. Diese Argumente gelten heute mehr denn je. Aus den erwähnten 410.000 Arbeitsplätzen von 1984 sind übrigens bis 1994 bereits 1 Million geworden.

Deshalb ist es dringend notwendig, daß die rot-grüne Bundesregierung jetzt zügig jene ökolo-

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gische Modernisierung aktiv umsetzt, die, nach ihren eigenen Worten, die große Chance darstellt, mehr Arbeit zu schaffen.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung, als deren Vertreter ich Sie hier willkommen heiße, hat seit Jahren durch Kongresse, Analysen und Gutachten praktische Wege aufgezeigt, ökologische Erneuerung als Motor der ökonomischen Modernisierung zu nutzen.

Mich freut ganz besonders, wie gerade Nikolaus Simon ausgeführt hat, daß wir uns hier in einer breiten gemeinsamen Initiative zusammengefunden haben: Der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Hans-Böckler-Stiftung, der Deutsche Naturschutzring als Dachverband der deutschen Naturschutz- und Umweltschutzverbände mit seinen rund 5,2 Millionen Mitgliedern und meine Institution, die Friedrich-Ebert-Stiftung.

Bedeutungsvoll ist auch, daß wir diese Initiative an einem Ort vorantreiben, dem Reichstagsgebäude als Sitz des Deutschen Bundestages, an dem die entscheidenden Weichenstellungen der deutschen Politik vorgenommen werden. Wir danken der SPD-Bundestagsfraktion für ihre Gastfreundschaft und begreifen diese Geste als Ausdruck der Verbundenheit mit den Zielen unserer Konferenz.

Für die Friedrich-Ebert-Stiftung, und ich bin sicher, auch für unsere Partner, sind drei einfache Sachverhalte wesentlich, um die es heute gehen wird:

Erstens: Ökonomie und Ökologie sind keine Gegensätze, sondern zwei Seiten der gleichen Medaille. Das heißt einerseits: ein Wirtschaftssystem, das keinen verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen als integrierten Teil seiner Produktion anerkennt, verliert nicht nur seine Akzeptanz in der Gesellschaft, es verliert auch seine Wettbewerbsfähigkeit. Das heißt andererseits: ökologisch verantwortliches Handeln lohnt sich, rechnet sich, auch betriebs- und volkswirtschaftlich. Wir werden das heute noch einmal ausführlich diskutieren und belegen.

Zweitens: Wirtschaftliches Wachstum und ökonomischer Fortschritt sind nur dann erstrebenswerte gesellschaftliche Ziele, wenn alle daran angemessen teilhaben. Massenhafte Arbeitslosigkeit ist eines der entscheidenden Hemmnisse für wirtschaftliches Wachstum und für diese Teilhabe. Sie zu überwinden, ist heute die zentrale gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Herausforderung.

Drittens: Ein Bündnis für Arbeit braucht konkrete Perspektiven und Instrumente. Bündnisse werden nicht aus Liebe geschlossen, sondern weil die Beteiligten Vorteile aus der Allianz haben. Das Potential der ökologischen Modernisierung bietet diese Vorteile – das ist das Thema unserer heutigen Konferenz.

Diese Tagung sollte der Ausgangspunkt sein, ein Bündnis für Arbeit und Umwelt breit zu verankern. Ein solches Bündnis braucht eine breite Basis von Personen, Institutionen und Organisationen. Und es braucht bald konkrete Entscheidungen.

Ihre Anwesenheit und die massive Resonanz auf unsere Einladung machen uns optimistisch, daß es gelingen kann, in den nächsten Wochen und Monaten dieses Thema an vielen anderen Orten mit vielen anderen Menschen weiter zu vertie-

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fen. Mit Ihrer Hilfe. Mit den Argumenten, Vorschlägen, Erfahrungen und Visionen, die wir heute gemeinsam entwickeln und austauschen wollen.

Adressaten dieser Ideen sind die Teilnehmer des Bündnisses für Arbeit, sind die Politik, die Wirtschaft und die Gewerkschaften. Ist auch und besonders die rot-grüne Bundesregierung. Und ist schließlich die Öffentlichkeit insgesamt. Denn Arbeit und Umwelt sind zwei zentrale alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes betreffende Bereiche.

Bundespräsident Johannes Rau hat in der vergangenen Woche unser heutiges Thema aufgegriffen. Seine Worte sind auch ein Leitmotiv für unsere Beratungen. Er sagte: „Arbeit und Umwelt gehören zusammen. Aber die ökologische Frage soll und darf nicht so beantwortet werden, daß sich dadurch soziale Fragen neu oder verschärft stellen. Ein Bündnis für Arbeit und Umwelt ist möglich.„

Diese Worte des Bundespräsidenten finden unsere volle Zustimmung.

Ich wünsche Ihnen und uns eine fruchtbare Debatte und bin sicher, daß wir heute nachmittag am Ende unserer Konferenz einen Schritt weiter gekommen sein werden. Lassen Sie uns ans Werk gehen!


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Oktober 2000

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