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TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:

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VI. Projekt Kommunikationsrat




1. Voraussetzungen und Ziele

Die bisherigen Untersuchungen haben ergeben, dass

  • einerseits die Vernetzung und Integration der Übertragungssysteme und Dienste („content„) auch eine Vernetzung der Gesetzgebung und administrativen Regulierung erfordert, wenn die weitere Entwicklung des IuK-Systems effektiv gesteuert werden soll,

  • andererseits eine wirkliche Integration der Regulierungssysteme von Bund und Ländern aufgrund der bestehenden verfassungsrechtlichen Zuständigkeitsverteilung nicht zulässig ist,

  • jedoch ein weiter verfassungsrechtlicher Spielraum für eine Koordinierung des politischen, legislativen und administrativen Handelns von Bund und Ländern besteht und im Bereich der administrativen Regulierung auch begrenzte Formen der institutionellen Kooperation, z.B. über das Institut der Organleihe, unterhalb der eigentlichen Entscheidungsebene möglich sind.

Bevor die institutionelle Ausgestaltung des Kooperationsrahmens von Bund und Ländern näher untersucht wird, muss zunächst die Frage beantwortet werden, welche Ziele damit im Einzelnen verfolgt und welche Aufgaben dabei erfüllt werden sollen. Ausgehend von den bisherigen Überlegungen stellen sich im Wesentlichen folgende Ziele:

  • Koordinierung politischer Planungs- und Gesetzgebungsprozesse,

  • Koordinierung, gegenseitige Abstimmung und – soweit es Überschneidungen gibt – Harmonisierung bzw. Verschränkung von administrativen Verfahrensabläufen und Entscheidungen,

  • Schaffung einer Plattform für einen bereichsübergreifenden, gesellschaftlichen Diskurs und eine ebensolche wissenschaftliche Politikberatung.

Im Vordergrund der inhaltlichen Aufgaben stehen die an gesellschafts- und ordnungspolitischen Zielen orientierte Planung und Steuerung des Ausbaus des IuK-Systems und seiner Nutzung, insbesondere durch das Setzen normativer Rahmenbedingungen für die Aktivierung der Marktkräfte und den Einsatz geeigneter Steuerungs- und Kontrollinstrumente. In Betracht kommen dabei hauptsächlich vier Aufgabenfelder:

  • Ausbau der technischen Infrastruktur,

  • Schaffung der ordnungspolitischen Rahmenbedingungen für die Nutzung der Infrastruktur, insbesondere die Regelung des Zugangs zu Übertragungssystemen und der Zugangs-

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    bedingungen für Programm- bzw. Inhalteanbieter,

  • Analyse der Auswirkungen der Entwicklung des IuK-Systems und die Schaffung politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen für eine Förderung der Chancen und eine Minimierung der Risiken,

  • Förderung und Steuerung bzw. Kontrolle des inhaltlichen Angebots.


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2. Der Kommunikationsrat im Modell

Mit Blick auf diese Aufgaben wird vorgeschlagen, einen Kommunikationsrat als gemeinsame Einrichtung von Bund und Ländern zu schaffen, der den institutionellen Rahmen für die Bearbeitung aller drei genannten Aufgabenfelder bilden soll. Dieser Vorschlag wurde zunächst im Beirat der Friedrich-Ebert-Stiftung zur Bundestags-Enquête-Kommission [Vgl. Mosdorf, S. 21 f.] sowie der SPD-Fraktionsvorsitzenden-Konferenz im Jahre 1998 formuliert. Sodann wurde er vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Wolfgang Clement (SPD) [U.a. in der Rede vor dem Gesprächskreis Politik und Medien der Friedrich-Ebert-Stiftung am 29. September 1999 in Bonn, in: epd medien Nr. 77 / 1999.] aufgegriffen und weiter präzisiert. Die nachfolgenden Überlegungen stützen sich auf diese Vorschläge.

Dem Vorschlag von Ministerpräsident Wolfgang Clement zufolge soll der Kommunikationsrat drei Ebenen umfassen, die den genannten Aufgabenfeldern entsprechen:

  • Politische Ebene: Gremium aus Regierungsvertretern von Bund und Ländern zur Beratung über Grundsatzfragen, die die Zuständigkeitsbereiche beider Seiten betreffen.

  • Administrative Ebene: Arbeitsgruppe zwischen Landesmedienanstalten, Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation, Bundeskartellamt und KEK zur Abstimmung übergreifender Regulierungsfragen.

  • Wissenschaftliche Ebene: Medienrat, bestehend aus sechs bis maximal zehn Sachverständigen, die die „Medienevolution„ mit Gutachten und Berichten begleiten.


2.1 Politische Ebene: Kommunikationsrat



2.1.1 Aufgaben

Die Bezeichnung „Kommunikationsrat„ wird hier für das Gremium der politischen Ebene vorgeschlagen. Er bildet das zentrale Steuerungs- und Koordinierungsorgan für die politischen Abstimmungsprozesse zwischen Bund und Ländern, insbesondere bei:

  • Planung des Ausbaus des Kommunikationssystems und seiner Nutzung,

  • Planung von Folge- und Begleitmaßnahmen in anderen Politikbereichen,

  • Erarbeitung bzw. Harmonisierung des Regulierungsrahmens und der inhaltlichen Regulierungsziele,

  • Koordinierung und Abstimmung bei Gesetzgebungsverfahren,

  • Erarbeitung gemeinsamer politischer Handlungsstrategien in Fragen der IuK-Politik,

  • Abstimmung bei der Vertretung gemeinsamer Interessen nach außen (EU, internationale Gremien).

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Grundsätzlich sollten alle unter Ziffer 1 angesprochenen Ziele und Handlungsfelder in den Aufgabenbereich des Kommunikationsrats einbezogen werden. Im Mittelpunkt stehen dabei die Telekommunikations- und die Medienpolitik, verbunden mit entsprechenden Aspekten der Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik. Ausgehend von dem Konzept der IuK-Technik als Schlüsseltechnologie für den gesellschaftlichen Modernisierungsprozess insgesamt bildet „Kommunikationspolitik„ im weiteren Sinne jedoch eine politische Querschnittsaufgabe, die zahlreiche andere Politikfelder durchdringt.

Je nach Problemstellung und Bedarf sollten an diesem politischen Abstimmungsprozess daher auch betroffene andere Politikbereiche beteiligt werden, also z.B. Arbeitsmarktpolitik, Bildungs-, Wissenschafts- und Kulturpolitik, Verkehrspolitik oder allgemeine Rechtspolitik. Der Kommunikationsrat bildet den institutionellen Rahmen für die zuständigkeits- und fachübergreifende politische Diskussion und Koordinierung sämtlicher mit der Entwicklung des Kommunikationswesens und seinen Auswirkungen zusammenhängender Fragen und Aufgaben.

Als bloßes Beratungs- und Koordinierungsgremium fasst der Kommunikationsrat keine bindenden Beschlüsse, sondern spricht im Prinzip nur Empfehlungen aus. Soweit Einstimmigkeit erzielt wird, kann jedoch vereinbart werden, dass die Empfehlungen zumindest für die unmittelbar beteiligten Stellen bindend sein sollen.

2.1.2 Zusammensetzung

Die „Kernbesetzung„ des Kommunikationsrats sollte aus je einem für Medienfragen zuständigen Vertreter der 16 Bundesländer sowie aus Vertretern der zuständigen Fachressorts des Bundes, insbesondere des Bundeswirtschaftsministerium und des Kanzleramts bestehen. Da keine bindenden Mehrheitsbeschlüsse gefasst werden, kommt es nicht auf Parität in der Vertretung von Bund und Ländern an.

Zu dieser Kernbesetzung können bei Bedarf Vertreter anderer Fachressorts hinzugezogen werden. Unter Umständen können auch fachbezogene Ausschüsse oder Projektgruppen gebildet werden.

Der Kommunikationsrat besteht grundsätzlich aus Vertretern der politischen Ebene der jeweiligen Ressorts, wie Ministern und Staatssekretären. Er sollte möglichst in regelmäßigen Abständen zusammentreten. Bei Bedarf kann es zusätzlich Ad-hoc-Sitzungen geben. Parallel sollten Treffen auf Beamtenebene stattfinden.

2.2 Administrative Ebene: Regulierungsrat



2.2.1 Aufgaben

Für das Gremium auf der administrativen Ebene wird die Bezeichnung „Regulierungsrat„ vorgeschlagen. Dieser setzt sich aus Vertretern der für Regulierung und Kontrolle des Kommunikationswesens zuständigen Verwaltungsbehörden zusammen. Seine Aufgabe sollte die Koordinierung von Entscheidungen und Verfahrensabläufen überall dort sein, wo sich die Zuständigkeiten mehrerer Stellen wesentlich berühren oder überschneiden. Inhaltlich sind hier zwei recht unterschiedliche Aufgabenbereiche betroffen.

  • Zum einen geht es um die Regulierung von Zugang und Nutzung als Programmveranstal-

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    ter bzw. als Betreiber von Übertragungsnetzen oder technischen Plattformen. Regulierung umfasst dabei sowohl das Verfahren der Zulassung (von Programmveranstaltern, Netzbetreibern etc.) bzw. der Lizenzvergabe sowie die Setzung allgemeiner Rahmenvorgaben mit dem Ziel, technisch-wirtschaftliche Prozesse bzw. Unternehmensentscheidungen (vorausschauend) zu steuern und die Eigenverantwortung der Marktteilnehmer zu aktivieren. Träger dieser Regulierungsfunktionen sind auf medienrechtlichem Gebiet die Landesmedienanstalten, auf telekommunikationsrechtlichem Gebiet die RegTP.

  • Der andere Bereich betrifft die Konzentrationskontrolle sowohl in ihrer wettbewerbsrechtlichen als auch in ihrer publizistisch-medienrechtlichen Ausprägung. Angesprochen sind dabei in erster Linie die Zuständigkeiten des Bundeskartellamts sowie der KEK, als der den Landesmedienanstalten zugeordneten Stelle zur Prüfung medienrechtlicher Konzentrationstatbestände. Aber auch im Zusammenhang mit der telekommunikationsrechtlichen Lizenzvergabe durch die RegTP spielen Fragen des Wettbewerbsrechts eine Rolle (s.o. Kap. V. 1.2).


Exkurs:
Inhaltskontrolle und Programmförderung


Ein dritter Querschnittsbereich, in dem sich Bundes- und Länderzuständigkeiten überschneiden, sind die Inhaltskontrolle sowie die Programmförderung bzw. -steuerung. Betroffen sind hier die Zuständigkeiten der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften und die Zuständigkeiten der Landesmedienanstalten. Im Bereich des Jugendschutzes bei Mediendiensten können auch andere Stellen betroffen sein, die gemäß § 18 Abs. 1 MDStV von den Ländern hiermit beauftragt werden. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk werden diese Aufgaben von den Anstaltsorganen selbst, insbesondere den pluralistisch zusammengesetzten Rundfunkräten, wahrgenommen. Auf dem Gebiet der Programmförderung bzw. -steuerung geht es einerseits um veranstalterbezogene Fördermaßnahmen durch die Landesmedienanstalten (z.B. Zuschüsse für nichtkommerzielle Veranstalter), andererseits aber um die vielfältigen und höchst umfangreichen programmbezogenen Fördermaßnahmen von Bund und Ländern, insbesondere auf dem Gebiet der Filmförderung. Neben der Gewährung von Zuschüssen und Darlehen sind dabei auch steuerliche Vergünstigungen von Interesse.

Es wäre dringend wünschenswert, auch diesen inhaltlichen Bereich der Medienpolitik nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch zwischen den verschiedenen Stellen auf der Länderebene selbst zumindest insoweit zu koordinieren, als es um ähnlich gelagerte Sachverhalte im privaten Mediensektor geht: also den Jugendschutz auf der einen Seite, die Film- bzw. Programmförderung auf der anderen Seite. Allerdings handelt es sich hierbei um einen weitgehend eigenständigen, in sich abgegrenzten Aufgabenkreis, der mit dem engeren Bereich administrativer Medienregulierung, jedenfalls im Sinne einer strukturellen Regulierung, nur wenig Berührungspunkte aufweist. Ihn in den „Regulierungsrat„ einzubeziehen, ergibt daher wenig Sinn. Zu überlegen wäre jedoch, hierfür ein eigenes Koordinierungsgremium zu schaffen, wo-

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bei allerdings gleichzeitig die Frage zu stellen wäre, ob statt bloßer Koordinierung nicht die Bündelung bzw. Zusammenführung der Kräfte, insbesondere auf der Länderebene, vorrangiges Ziel sein müsste. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der ganz anderen Anforderungen unterliegt als der private Mediensektor und über eigene, anstaltsautonome Aufsichtsorgane verfügt, sollte davon jedoch ausgenommen werden.

Die Gründe, die für eine Ausklammerung des inhaltsbezogenen Bereichs sprechen, gelten allerdings nur für die administrative Ebene. Im Hinblick auf die politische Rahmenordnung des Kommunikationssystems und seine gesellschaftlichen Aspekte spielen inhaltliche Fragen dagegen eine wichtige integrale Rolle. In den Funktionsauftrag des Kommunikationsrats und des wissenschaftlich-gesellschaftlichen Beirats sollten sie daher durchaus einbezogen werden.

2.2.2 Zuständigkeiten

Im Einzelnen könnte der Regulierungsrat folgende Zuständigkeiten wahrnehmen:

  • Erarbeitung gemeinsamer, übergreifender Leitlinien für die Regulierung des Kommunikationswesens,

  • Abstimmung von Grundsatzentscheidungen in Schnittstellenbereichen, z.B. in Fragen des Zugangs zu Netzen, digitalen Plattformen und Navigationssystemen, Frequenzbedarfsplanung, Frequenz- und Bitraten-Management bzw. Multiplexing, Abgrenzung von Medien- und Telediensten,

  • Koordinierung der Verfahrensabläufe und Klärung von Zuständigkeitsfragen.

Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung von Bund und Ländern können dem Regulierungsrat letztendlich keine verbindlichen Entscheidungskompetenzen zugewiesen werden, jedenfalls soweit es um Entscheidungen von wesentlicher materieller Bedeutung und nicht um bloße Verfahrensfragen geht. Seine Zuständigkeiten sind daher im Wesentlichen nur koordinierender und beratender Art. Es kann jedoch vereinbart werden, dass Beschlüssen immer dann verbindlicher Charakter zukommt, wenn sie einstimmig gefasst werden und die jeweiligen entsendungsberechtigten Stellen ihren Vertretern ein entsprechendes Mandat erteilt haben; alternativ könnte auch ein fristgebundenes Einspruchsrecht vorgesehen werden.

2.2.3 Zusammensetzung und Verfahren

Ausgehend von den beiden Aufgabenfeldern Regulierung und Konzentrationskontrolle sollte der Regulierungsrat in zwei Arbeitsgruppen oder Ausschüsse gegliedert werden:

  1. Ausschuss für Regulierungsfragen: Er wird gebildet aus Vertretern der RegTP und der Landesmedienanstalten. Im Interesse der Handlungsfähigkeit des Gremiums wäre es wünschenswert, die Zahl der Vertreter der Medienanstalten auf deutlich weniger als 15 Personen zu beschränken. Sie könnten von der KDLM oder der zu errichtenden gemeinsamen „Medienanstalt„ der Länder entsandt werden.

  2. Ausschuss für Konzentrationskontrolle: Er wird gebildet aus Vertretern des Bundeskartellamts, der KDLM und der KEK und bei Bedarf der RegTP.

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Soweit es um Fragen der Regulierung von übergreifender, grundsätzlicher Bedeutung geht, können auch beide Ausschüsse gemeinsam zusammentreten. Für spezifische Fragen oder Projekte können ggf. weitere Ad-hoc-Arbeitsgruppen gebildet werden.

2.3 Ebene wissenschaftlich-gesellschaftlicher Beratung: Beirat (Medienrat)



2.3.1 Aufgaben

Innerhalb des Gesamtkonzepts des „Projekts Kommunikationsrat„ hat der wissenschaftlich-gesellschaftliche Beirat eine zentrale Scharnierfunktion. Ihm fällt zum einen die Aufgabe der fachlichen Beratung zu. Zum anderen soll er einen öffentlichen Diskurs organisieren und damit Transparenz in einem Geflecht mächtiger Interessen schaffen. Dieser sollte Ziele, Chancen und Risiken des Ausbaus des IuK-Systems, Fragen der Nutzung und ihrer Wirkungen, ordnungspolitische Regulierungsziele sowie erforderliche Maßnahmen in anderen politischen und gesellschaftlichen Bereichen betreffen. Er kann die Plattform bilden, um im Dialog mit der Öffentlichkeit die divergierenden Kräfte in einem „Masterplan„ zu bündeln und die „Netzwerk-Koordinierung„ zwischen den verschiedenen Expertenkreisen und Interessengruppen zu übernehmen [Vgl. Mosdorf, S. 47 f.] .

Die Arbeit des Beirats hat damit eine doppelte Ausrichtung: In seiner fachlichen Beratungsfunktion ist er vorrangig den beiden anderen Ebenen, dem Kommunikationsrat und dem Regulierungsrat, zugeordnet. Er erhält von ihnen Aufträge und legt ihnen seine Berichte und Empfehlungen vor. Seine Arbeit wendet sich jedoch zugleich an die Öffentlichkeit, die er mit seinen Berichten ebenfalls informiert und berät und für die er ein Forum gesellschaftlicher Diskussionen schafft. In dieser Funktion sollte der Beirat unabhängig von Aufträgen sein, also innerhalb des vorgegebenen Rahmens auch selbstständige Aktivitäten entwickeln können.

Im Einzelnen ist an folgende Aufgaben zu denken:

  • Beratung des Kommunikationsrats und des Regulierungsrats,

  • Herausgabe eines regelmäßigen Berichts über Entwicklung, Nutzung und Wirkungen beim Ausbau des IuK-Systems im nationalen und internationalen Maßstab sowie ggf. ergänzender Analysen und Berichte zu einzelnen Schwerpunktthemen,

  • Erarbeitung von Vorschlägen für die Regulierung und sonstige politische Maßnahmen im Hinblick auf Ausbau und Nutzung des IuK-Systems,

  • Organisation wissenschaftlicher bzw. öffentlicher Foren und sonstige Informationsmaßnahmen für die Öffentlichkeit (unter Nutzung moderner IuK-Techniken).


2.3.2 Organisation und Zusammensetzung

Die doppelte Aufgabenstellung der wissenschaftlichen Beratung von Politik und Administration einerseits und eines Forums gesellschaftlicher Diskussion andererseits ist zu unterschiedlich und zu komplex, um in einem einzigen Gremium sinnvoll bearbeitet werden zu können. Besser erscheint es, diese beiden Aufgaben zwei

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unterschiedlichen, jedoch eng miteinander verknüpften Gremien zuzuordnen. Hierfür kommt folgendes Modell in Betracht:

Wissenschaftlicher Beirat

Der Wissenschaftliche Beirat nimmt die Aufgaben der fachlich-wissenschaftlichen Analyse und Beratung wahr. Ihm sollten ca. acht bis zwölf Wissenschaftler bzw. wissenschaftlich qualifizierte Praktiker aus den Bereichen Wirtschaft, Technik und Informatik (Hersteller- und Anwenderseite), Recht und Verwaltung, Medien und Sozialwissenschaften sowie ggf. ergänzenden Bereichen (z.B. Arbeitsmarkt, Bildung, Datenschutz) angehören, die vom Kommunikationsrat – eventuell auf der Basis von Vorschlägen des Regulierungsrats – berufen werden. Bei Bedarf sollte die Möglichkeit bestehen, zu bestimmten Aufgaben auch Fachleute aus anderen Bereichen zu kooptieren bzw. an sie Aufträge zu erteilen.

Gesellschaftlicher Beirat (Medienrat)

Der Gesellschaftliche Beirat soll die Öffentlichkeit in den kommunikationspolitischen Beratungs- und Entscheidungsprozess einbeziehen und den gesellschaftlichen Dialog über alle damit zusammenhängenden Fragen in Wechselwirkung zwischen Politik und Wissenschaft einerseits und der Öffentlichkeit andererseits organisieren. Ein besonderer Schwerpunkt sollte dabei auf der Beobachtung der Entwicklung der elektronischen Medien im weitesten Sinne, einschließlich ihres inhaltlichen Angebots, liegen. Außerdem könnten Vorschläge zur Einrichtung eines „Medienrats„ aufgegriffen werden, wie sie insbesondere aus den Reihen der SPD und der von ihr geführten Landesregierungen gemacht wurden. Die Grundlage hierfür bildete der 1994 vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker in Auftrag gegebene Bericht zur „Lage des Fernsehens„ (Weizsäcker-Kommission) [Vgl. Groebel / Hoffmann-Riem / Köcher.].

Der Medienrat sollte aus höchstens 20 Mitgliedern bestehen, die von gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen entsandt werden, einen besonderen Bezug zum Kommunikationswesen haben oder von den Auswirkungen der Entwicklung des IuK-Systems besonders betroffen sind (z.B. Wirtschaft, Gewerkschaften, Verbraucher, Kultur, Bildung, Erziehung, Medien, Sozialarbeit, Kirchen). Die Mitglieder könnten vom Kommunikationsrat als politischem Gremium – eventuell auf der Basis von Vorschlägen aus den Reihen der in Frage kommenden gesellschaftlichen Organisationen – berufen werden. Wünschenswert wäre es, vorrangig solche Personen zu berufen, die Sachwissen, Ansehen und Engagement einbringen.

Die wesentliche Grundlage für die Arbeit des Medienrats bilden die Berichte und Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beirats. Der Medienrat gibt hierzu eigene Stellungnahmen ab, die sowohl an den Kommunikationsrat bzw. den Regulierungsrat als auch an die Öffentlichkeit gerichtet sind. Er sollte aber auch selbst Berichte und Stellungnahmen des Wissenschaftlichen Beirats anfordern können. In Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftlichen Beirat veranstaltet er öffentliche Foren und gibt Materialien zur Information der Öffentlichkeit über einschlägige Themen, insbesondere zur Entwick-

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lung der Medien und ihrer Wirkungen, heraus. Dabei sollte er, soweit sinnvoll, auch zu Demonstrationszwecken moderne IuK-Techniken nutzen.

2.4 Organisation und rechtlicher Rahmen

Angesichts der Komplexität und des Umfangs der Aufgaben empfiehlt sich die Einrichtung eines ständigen Sekretariats, das die Arbeit des Kommunikationsrats und des Wissenschaftlichen Beirats bzw. Medienrats koordiniert und organisatorisch betreut. Demgegenüber sollte die Geschäftsführung des Regulierungsrats von den beteiligten Stellen selbst organisiert werden. Sie könnte einer von ihnen ständig oder im Wechsel übertragen werden.

Der rechtliche Rahmen für die gesamte Konstruktion muss durch eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern geschaffen werden. Da die zu schaffende Organisation die bestehenden Zuständigkeiten grundsätzlich unberührt lässt und keine Entscheidungskompetenzen mit unmittelbarer Außenwirkung erhält, genügt der Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung. Falls dem Ganzen jedoch ein stärkeres politisches und rechtliches Gewicht gegeben werden soll, empfiehlt sich der Abschluss eines Staatsvertrages, der von den gesetzgebenden Körperschaften des Bundes und der Länder ratifiziert werden muss.

Begleitend hierzu ist zu prüfen, inwieweit auch Änderungen bestehender Einzelgesetze erforderlich sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die in diesem Gutachten entwickelten Vorschläge für eine Verknüpfung von Zuständigkeiten verschiedener Behörden im Wege der Organleihe oder von „Benehmens„- bzw. „Einvernehmens„-Erfordernissen realisiert werden. Soweit derartige Regelungen in gesetzlich geregelte Verfahrensabläufe eingreifen, ist eine entsprechende gesetzliche Anpassung erforderlich.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 2000

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