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TEILDOKUMENT:

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VII. Weitere Empfehlungen und nächste Schritte




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1. Politische Grundsatzentscheidung zum Projekt Kommunikationsrat

Die vorgeschlagene Einrichtung eines Kommunikationsrats läßt die Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen von Bund und Ländern grundsätzlich unberührt. Auf der Basis der bestehenden verfassungsrechtlichen Verteilung der Verantwortlichkeiten zielt der Vorschlag darauf ab, eine bessere Koordinierung und Abstimmung des Handelns der Akteure auf allen Ebenen und Sektoren zu ermöglichen. Gleichzeitig soll die Entwicklung und Regulierung des Kommunikationswesens zum Gegenstand einer öffentlichen, bereichsübergreifenden gesellschaftlichen Diskussion werden, die bisher kaum stattfindet.

Der Kommunikationsrat soll dazu beitragen, die Konvergenz auf der technisch-wirtschaftlichen Ebene mit einer Vernetzung der Steuerungs- und Regelungsinstrumente zu beantworten. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Die föderale Struktur unseres Mediensystems bleibt erhalten und wird gestärkt.

  • Erst durch zielorientiertes, abgestimmtes Handeln der verschiedenen Gesetzgebungs- und Regulierungsinstanzen wird es möglich, die Entwicklung des IuK-Systems politisch effektiv zu steuern und zu kontrollieren und den Akteuren klare, verbindliche Zielvorgaben für eigenverantwortliches Handeln zu setzen.

  • Über die Mitwirkung an einem laufenden Abstimmungs- und Koordinationsprozess innerhalb des Kommunikationsrats wird der Einfluss der Länder auf kommunikationspolitisch relevante Entscheidungen des Bundes gestärkt.

  • Eine enge, laufende Koordinierung zwischen Bund und Ländern verbessert gleichzeitig die Chancen, deutsche Interessen innerhalb der europäischen Institutionen und darüber hinaus im internationalen Bereich wirksam zu vertreten.

  • Die interdisziplinäre Einbindung wissenschaftlichen Sachverstands in den Kommunikationsrat ermöglicht eine bessere fachliche Fundierung und Absicherung politischer Entscheidungen unter Berücksichtigung sektorübergreifender Zusammenhänge.

  • Die Einbindung der relevanten gesellschaftlichen Kräfte über den Medienrat und die Organisation eines öffentlichen Dialogs stärkt die gesellschaftliche Akzeptanz zur Entwicklung des IuK-Systems.

Auf der administrativen Ebene ist die Einsicht in die Notwendigkeit einer engeren Zusammenarbeit und Koordinierung der Regulierungspraxis bereits durchaus erkennbar. So wurde von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten die Einsetzung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe von Bundeskartellamt, DLM und

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RegTP vorgeschlagen, um gemeinsame Fragen zum Thema „Digitaler Zugang„ zu erörtern [Vgl. epd medien Nr. 71 / 1999.].

Dies ist nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Solange es sich nur um einen bloßen Meinungs- und Informationsaustausch handelt, reicht dies nicht aus, um zu einer wirklich abgestimmten Regulierungspraxis zu kommen. Erforderlich ist ein fester, rechtlich normierter Rahmen, der Art und Inhalt der Kooperation näher präzisiert und die Verfahrensabläufe festlegt. Dieser rechtliche Rahmen kann nicht durch die betroffenen Behörden selbst geschaffen, sondern muss zwischen Bund und Ländern vertraglich vereinbart werden.

Korrespondierend dazu sollten die gesetzlichen Bestimmungen im Bereich der Regulierung und Aufsicht des Kommunikationswesens daraufhin überprüft werden, inwieweit es zwischen der Gesetzgebung des Bundes und der Länder, aber auch innerhalb dieser Bereiche selbst Berührungspunkte und Überschneidungen von Zuständigkeiten gibt.

Dies betrifft nicht nur das Verhältnis zwischen Landesmedienanstalten und Regulierungsbehörde, sondern auch die Bereiche Konzentrationskontrolle, Jugendschutz und Datenschutz. Innerhalb der jeweiligen Zuständigkeitsebenen von Bund und Ländern sollten die Zuständigkeiten möglichst bei einer Stelle gebündelt werden. Für das Verhältnis zwischen Bundes- und Länderbehörden erscheint die Verzahnung von Regulierungs- und Aufsichtsfunktionen an den Schnittstellenbereichen sinnvoll. Dies betrifft insbesondere den Bereich der Konzentrationskontrolle, wo das Institut der Organleihe in Betracht gezogen werden sollte.

Vorrangig kommt es darauf an, einen parteiübergreifenden politischen Konsens zwischen Bund und Ländern über die Notwendigkeit einer engeren Kooperation zu erzielen. Dies wird nur dann gelingen, wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, dass letztlich beide Seiten von einer engeren Kooperation profitieren. Die Beschränkungen der eigenen Entscheidungsautonomie, die ja nicht den Kern des eigenen Letztentscheidungsrechts berühren, werden bei weitem kompensiert durch den Zugewinn an politischer Handlungsfähigkeit nach innen und außen. Nur im Zusammenspiel der verschiedenen Zuständigkeiten und Regulierungsinstrumente lassen sich derartig komplexe, vernetzte Prozesse, mit denen wir es bei der Entwicklung des IuK-Systems zu tun haben, politisch noch mit Aussicht auf Erfolg beeinflussen. Nur bei einem einheitlichen Auftreten nach außen auf der Grundlage gemeinsamer politischer Konzeptionen wird es gelingen, effektiven Einfluss auf internationale Entwicklungen und Entscheidungen zu nehmen. Vor allem die Länder müssen angesichts von Globalisierung und Vernetzung des IuK-Systems erkennen, dass sie sich auf längere Sicht überhaupt nur auf diesem Wege Einfluss- und Gestaltungschancen sichern können.

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2. Vorbereitende Schritte

Nach erfolgter Ratifizierung des 4. Rundfunkänderungsstaatsvertrags, der die Grundlagen für die Einführung des digitalen Fernsehens schafft, sowie der erfolgten Einigung über die Neuregelung des ARD-Finanzausgleichs im 5. Rund-

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funkänderungsstaatsvertrag wird im Jahr 2000 sehr wahrscheinlich die Diskussion über Methoden und Ziele der Medienregulierung im digitalen System wieder aufgenommen und inhaltlich vertieft werden müssen. Dies wäre der gebotene Anlass, um über die Fragen der Bund-Länder-Zusammenarbeit nachzudenken.

Angesichts der enormen Dynamik der Entwicklung und der Dringlichkeit der anstehenden Entscheidungen ist die Zeit knapp. Vorrangiges Ziel muss es daher sein, zunächst eine politische Grundsatzentscheidung über die Realisierung des „Projekts Kommunikationsrat„ mit dem Ziel einer engen, institutionalisierten Kooperation zwischen Bund und Ländern herbeizuführen. Die Ausarbeitung näherer Einzelheiten kann sodann einer Expertengruppe übertragen werden, die von den Regierungen des Bundes und der Länder eingerichtet und aus möglichst hochrangigen Vertretern der beiden politischen Seiten sowie der betroffenen administrativen Stellen des Bundes und der Länder besetzt sein sollte.

Unabhängig davon können bereits im Vorgriff auf die Etablierung des Kommunikationsrats dringend anstehende Aufgaben definiert und als gemeinsame Projekte bearbeitet werden. Dabei wäre es möglich, Formen der unter dem Dach des Kommunikationsrats angestrebten Kooperation bereits im Ansatz zu erproben. Die von der Bundesregierung im August 1998 geschaffene und gemeinsam mit den Ländern getragene „Initiative Digitaler Rundfunk„ bietet hierfür ein Beispiel, das jedoch zugleich die Probleme und Schwerfälligkeiten eines solchen Verfahrens belegt, wenn es nicht institutionell geregelt und mit klaren Aufgabenstellungen und Verfahrensregeln versehen ist. Weitere vorrangig anzupackende Themen sind z.B. die Privatisierung, die künftige Nutzung und Regulierung der Breitbandkabelnetze, die Überprüfung und Fortschreibung des Mediendienstestaatsvertrags und Teledienstgesetzes oder die Neuordnung des Auslandrundfunks. Auch die Harmonisierung und Fortentwicklung des Jugendschutzes wäre ein Thema, das Bund und Länder dringend gemeinsam angehen müssten.

Begleitend hierzu müsste versucht werden, eine möglichst breite gesellschaftliche Diskussion über die mit der Entwicklung des IuK-Systems zusammenhängenden Grundsatzfragen anzustoßen. Die Initiative hierfür sollte von Bund und Ländern gemeinsam getragen und von einem Gremium angesehener Experten als Nukleus eines künftigen Medienrats organisiert werden. Unter Umständen könnte der Bundespräsident die Schirmherrschaft übernehmen. Ziel einer solchen Diskussion müsste sein, das Interesse und die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit auf die Entwicklung des IuK-Systems und die damit verbundenen weitreichenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen zu lenken und damit ein Klima der Innovationsbereitschaft, aber auch des kritischen Nachdenkens gegenüber dieser Schlüsseltechnologie der nächsten Jahrzehnte zu fördern.

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© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 2000

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