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TEILDOKUMENT:

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2. Länderberichte Europa: Der Anstoß hat gewirkt


Im Folgenden werden zunächst die neueren Aktionspläne zur Informationsgesellschaft in europäischen Staaten sowie Aktualisierungen der bisherigen aufgeführt. Waren die achtziger Jahre noch von den großen Programmen zum Ausbau der Telekommunikations- und Mediennetze bestimmt, die sich – oft öffentlich unbeachtet – als vergebliche Versuche erwiesen, den „alten„ Staat als Infrastrukturlokomotive einzusetzen, wurde zu Beginn der neunziger Jahre der Inhalt der bisherigen Programmpräambeln zur Hauptsache: Wenn es denn in liberalisierten Märkten nicht mehr die bisherigen monopolistischen Fernmeldebetreiber und in deregulierten Ordnungsrahmen nicht mehr die Fernmeldepolitiker sein konnten, lag der Gedanke nahe, die Aufgabe auf viele Schultern zu verteilen. Und dass eine „neue„ Gesellschaft nicht von Ingenieuren und Informatikern alleine und schon gar nicht von technischen Artefakten und Gebührenordnungen zustande gebracht werden kann, hat eine gewisse Plausibilität. Der Begriff der Informationsgesellschaft – bis dahin vornehmlich eine virtuelle Baustelle von akademischen Visionären – konnte so zum Schibboleth einer breiten Zahl von Akteuren in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur werden, das zum Sturm auf das 21. Jahrhundert im Wind der Globalisierung flattert.

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2.1 Finnland: Freudiger Frühstart

Finnland hat als eines der ersten europäischen Länder 1994 ein geschlossenes und breit akzeptiertes Strategiekonzept für die Informationsgesellschaft erarbeitet. In einem sehr langen Diskussionsprozess [Vergleichbar den deutschen Diskussionen von der KtK (1976) bis zu IT 2000 (1989) .]
eines „Information Technology Advisory Board„ von 1976 bis 1991 wurde zunächst nicht viel mehr erreicht als ein gemeinsamer Wissensstand über die technischen Entwicklungslinien. In die europäische Diskussion um IT gelangte Finnland ganz wesentlich durch die Firma Nokia über das zu entwickelnde digitale Mobilfunksystem GSM [Die finnischen Partner bei GSM (überwiegend Vertreter von Nokia) hatten zu Beginn der Verhandlungen noch nicht einmal eine Vorstellung, was das seltsame Wort „Datenschutz„ bedeuten könnte. Heute – nach nur 15 Jahren – sind in Finnland mit die modernsten Datenschutz - , Datensicherheits - und Informationszugangsgesetze implementiert – und finnische Unternehmen haben auf diesen Gebieten bereits hohe Marktanteile.] .
Finnland als typischer Großflächenstaat wie Schweden hatte bereits jahrzehntelange Erfahrungen auf dem Mobilfunksektor. Anders als in den übrigen Ländern Europas spielte keine Fernsprechverwaltung eine dominierende Rolle, vielmehr war die Infrastrukturversorgung Aufgabe jeder einzelnen Kommune. Dieser Umstand brachte mit sich, dass die kommunalen Betreiber von Anfang an gelernt hatten, wie man trotz unterschiedlichster Lieferanten einheitliche Funktionalitäten etwa beim Telefonsystem implementieren kann. Sehr verkürzt gesagt, verlangte eine Kommune für

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die Installation einer einzigen kleinen Vermittlungsstelle vom Lieferanten lediglich, dass die Telefondiensttechnik mit der aller anderen Kommunen sowie international voll kompatibel sein müsse. Damit wurde ein nicht unerheblicher Aufwand (für den vergleichsweise die damaligen europäischen Monopolbetreiber Ämter mit je Tausenden von Mitarbeitern aufgebaut hatten) auf die Lieferanten der Herstellerindustrie verlagert, einschließlich der nicht technischen Aspekte. Einige von diesen gaben angesichts der pro Kommune zu leistenden Marketingkosten verzweifelt auf. Es ist ganz wichtig, diese völlig andere Organisation des Fernmeldemarkts zu kennen, um nicht zu vorschnellen Schlüssen hinsichtlich der vorfindlichen kompletten Liberalisierung und deren Rolle auf dem Weg in die Informationsgesellschaft zu kommen. Auch darf nicht übersehen werden, dass die in Europa und in der Welt in Jahrzehnten vorgeleisteten Standardisierungen und Normierungen für das „liberalisierte„ Finnland einen nicht unerheblichen „windfall profit„ darstellten.

1994 ging der Auftrag an den Finanzminister, die in Finnland aufgebaute Expertise und das auch hinsichtlich der Geräteausstattung Erreichte in eine Strategieempfehlung (clear statement of strategy in these areas) umzusetzen. Die Wahl des Finanzministers für diese Aufgabe war zeitsparend, denn dadurch war von vornherein abzusehen, dass die staatlichen Budgets bei den 0,2% des GNP (rund 170 Mio. ECU p.a.) erfordernden Investitionen kaum eine Rolle spielen konnten. Das finnische Beispiel zeigt, dass staatliche Förderung von IT-Projekten allein wegen des Zeitverlusts beim Gerangel um die Budgets nicht unbedingt ein Wettbewerbsvorteil ist, es zeigt eher, dass es des „aktivierenden Staates[Die finnische Regierung scheute sich nicht, „Hunde zum Jagen zu tragen„ und die Wirtschaft auf die Fördertöpfe der EU hinzuweisen.] bedarf.

Das Leitbild des Reports war klar formuliert. Es sollte drei Herausforderungen von vitaler Bedeutung begegnet werden:

  1. dem von außen kommenden Druck, sich in die Weltwirtschaft zu integrieren;

  2. dem internen Druck, mit den sozialen Problemen in einer „ökonomischen Depression nie gesehenen Ausmaßes„ samt der Massenarbeitslosigkeit und der öffentlichen Verschuldung fertig zu werden;

  3. den Änderungsdruck durch die neuen Technologien positiv aufzunehmen.

Daraus abgeleitet wurden die strategischen Eckpunkte:

  • erfolgreiche Anpassung an die globalisierte Ökonomie

  • Anstreben eines hohen Beschäftigungsniveaus

  • Betonung der Unternehmerrolle

  • wettbewerbsfähiger öffentlicher Sektor

Gekoppelt daran wurden zunächst die sozialen Ziele „ausgeglichene soziale Entwicklung„, „bessere Lebenschancen für den Einzelnen„, eine „Bürgergesellschaft„ (civil society) und eine „auf Wissen basierende Kultur„. Das Wohlergehen der Bürger sei gleichermaßen Aufgabe von Staat und Wirtschaft.

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Der Report schlug fünf Aktionslinien mit insgesamt 46 Empfehlungen vor:

  1. IT als Werkzeug der Erneuerung im öffentlichen und privaten Sektor;

  2. IT-Industrie soll wichtiger (mit explizitem Bezug auf Nokia auch exportorientierter) Sektor der Wirtschaft werden;

  3. professionelles Know-how und Expertise sollen auf hohem Niveau mit einigen Spitzenleistungen gehalten werden;

  4. jeder soll die Möglichkeiten und die Basiskompetenz zur Nutzung der IT-Dienste bekommen;

  5. die finnische Infrastruktur (Infrastruktur wird in Finnland als Technik plus Organisation plus Umgangskompetenz definiert) soll höchst qualitative Dienste und Dienstleistungen ermöglichen.

Diese Punkte des Reports wurden von der finnischen Regierung schon Anfang 1995 aufgenommen, ihre Umsetzung den beiden Ministerien für Bildung sowie für Transport und Kommunikation übertragen. Die anderen Ministerien zogen rasch nach, unter der Leitung des Ministers für Verwaltung bildete sich zur Ergänzung ein „Nationales Forum„ sowie ein „Regierungskomitee für die Informationsgesellschaft„.

In der Aktionslinie 4 übernahm das TIEKE (Zentrum für IT-Entwicklung) die Entwicklung eines „Computerführerscheins„, der inzwischen als „Europäischer Computerführerschein„ von der irischen Stiftung ECDL höchst erfolgreich in Europa und bereits einigen außereuropäischen Ländern verbreitet wird. Das TIEKE ist eine eigens geschaffene Agentur, in der die wesentlichen Papiere erarbeitet und Aktionen koordiniert werden.

Der finnische Aktionsplan umfasst einige Ziele, die in den letzten Jahren in der einen oder anderen Form auch in den übrigen Aktionsplänen weltweit auftauchen. Es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der finnische Beitrag als Muster gedient haben könnte. Vielmehr scheinen die jeweiligen Expertenkommissionen in allen Ländern zunächst auf die Ergebnisse eigener Diskussionen und Analysen zu setzen. Die Frage: „Wie machen es die anderen?„ wird selten offen gestellt.

Dennoch kann das Zielbündel Finnlands als relativ vollständige Aufzählung von wichtigen Einzelaktionslinien dienen:

  • Industrieorientierung einschließlich Exportfähigkeit

  • Unternehmerorientierung

  • Bürgernetzzugang ermöglichen

  • Medienkompetenz der Bürger erhöhen

  • Geschäfts- und Verwaltungsprozesse vereinfachen

  • IT-Qualifikation auf Weltniveau

  • Wettbewerbsfähige Netzinfrastrukturen

  • Gesetze und Normen für Informationsgesellschaft

  • Bürgerrecht auf Information

  • Verfügbarkeit öffentlicher Information

  • Aufrechterhaltung der Chancengleichheit

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  • Erhaltung der kulturellen und sprachlichen Identität

  • Aktive Rolle für mehr Wettbewerb in der Telekommunikation

Der Aktionsplan sagt deutlich, dass es „Aufgabe einer Myriade von Firmen, privaten und öffentlichen Organisationen„ sein wird, die Informationsgesellschaft aufzubauen. Die Finanzierung kommt von der Wirtschaft und den Privathaushalten. Die Rolle des Staates ist es, für günstige Rahmenbedingungen zu sorgen. Eine klare Prioritätenliste bis zum Jahr 2000 enthält die typischen und mittlerweile allgemein verbreiteten Elemente:

  • Starker Impetus auf die Entwicklung der öffentlichen Informationsnetze („Finnlands Informations-Highway„);

  • Unterstützung der innovativen Anwendung der IuK-Techniken in allen privaten und öffentlichen Sektoren;

  • Entwicklung moderner Netzdienste zur Unterstützung der KMU, die Anwendung dieser Dienste soll eine große Unternehmerkampagne unterstützen;

  • Verbesserung der Wachstumsbedingungen der Informationsindustrie (Informationstechnik, Telekommunikationsindustrie und Content-Industrie), von der IT-Industrie wird erwartet, dass sie sich zu einem großen neuen Exportsektor entwickelt;

  • aktive Teilnahme bei der Implementierung des EU-Informationsgesellschaftsprogramms (einschließlich Datenschutz und Copyright-Bestimmungen) sowie an anderen Projekten der IT-Industrie;

  • Sicherstellung der Zugangschancen und Kompetenzen zur Nutzung der von der IT-Industrie bereitgestellten Dienste für alle;

  • für alle Bürger sollen die Informationsressourcen und öffentlichen Dokumente leicht zugänglich gemacht werden, dies insbesondere durch die Schaffung eines einheitlichen Informationskanals sowie die Zurverfügungstellung entsprechender Implementierungsressourcen;

  • Sicherstellung einer angemessenen IT-Forschungs- und –Erziehungsbasis, dabei besonderes Augenmerk auf die Schaffung einer kleinen Anzahl von Weltklasse-Forschungseinrichtungen;

  • Unterstützung der Interoperabilität der finnischen Informationsinfrastruktur und des Exports von Netzdiensten.

Nach über fünf Jahren erfolgreicher Arbeit wurde die in Public-Private-Partnership geschaffene Agentur TIEKE erweitert. Am 1. Mai 1998 wurden sowohl Funktionen als auch das Personal von zwei weiteren Verbänden integriert: die FDCA (Finnish Data Communication Association) und der TELMO (Finnischer Verband für Interaktive Netzdienste). Die drei Institutionen hatten schon seit 1991 in enger Kooperation gearbeitet. Der Generaldirektor der TIEKE, Aatto J. Repo, sagte anlässlich des Zusammenschlusses: „Die erneuerte TIEKE ist jetzt mit höherer Effizienz in der Lage, ihre Ziele und Schritte zu definieren. TIEKE kann jetzt viel koordinierter an nationalen und internationalen Projekten teilnehmen„. TIEKE sieht sich als ein „neutrales und nonprofitorientiertes Forum„, das für seine Mitglieder und Partner an der Verwirklichung der

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finnischen Informationsgesellschaft arbeitet. Die Hauptfunktionen sind nach eigener Aussage die

  • Initiierung und Koordinierung ausgewählter Entwicklungsprojekte der IuK-Industrie;

  • Schaffung eines IT-Clusters zusammen mit nationalen und internationalen Partnern mit Finnland als einem bedeutsamen Player auf diesem Gebiet;

  • Beteiligung bei der Entwicklung des elektronischen Datenaustauschs (u.a. EDIFACT) und des e-commerce, Unterstützung der IT-Anwendungen zwischen Organisationen und öffentlichen Netzdiensten;

  • Beteiligung bei der Standardisierung der IuK-Technik auf nationaler, europäischer und weltweiter Ebene (delegiert an die finnische Vereinigung für Standardisierung).

Die Agentur TIEKE versteht sich vor allem als „Netzknoten„ der Dienstleistung für seine Mitglieder und Partner. Sie arbeitet sehr eng mit Herstellern und Diensteanbietern der Telekommunikation zusammen, sie kooperiert mit der Wirtschaft, der Verwaltung, öffentlichen Agenturen und Kommunen, FuE-Einrichtungen sowie weiteren nationalen und internationalen Partnern. Zum großen Teil verwirklicht ist bereits die Vision von 1993, in Tampere (übrigens dem Standort von Nokia) einen Wissenschaftscluster von Weltgeltung zu schaffen. Das Forschungszentrum Hermia bearbeitet die Felder Automatisierung, IuK-Technik, Medizintechnik und generell der wissensbasierten kommerziellen Dienste.

Ein spezieller Schwerpunkt von TIEKE gilt der Weiterentwicklung des Computerführerscheins, der – wie erwähnt – 1993 hier erfunden bzw. entwickelt wurde. In Finnland kann der Computerführerschein in

  • Zentren der Erwachsenenbildung,

  • Sommeruniversitäten,

  • Offenen Kollegs für Jugendliche und Erwachsene,

  • Berufskollegs,

  • Studienzentren und

  • Ausbildungsfirmen

sowie – auch hier eine Spitzenstellung in Europa – in über 300 Schulen und Colleges abgelegt werden.

Finnland hat mit seinem Weg in die Informationsgesellschaft die alte Pionierregel widerlegt, derzufolge „dem ersten der Tod, dem zweiten die Not und erst dem dritten das Brot„ ins Haus steht. Aus der sehr schlechten wirtschaftlichen Situation Anfang der neunziger Jahre hat sich das Land entlang dieses Leitbilds geradezu herauskatapultiert. Gewiss kamen einige günstige Umstände hinzu, wie etwa der einsetzende Mobilfunkboom und die Erholung der europäischen Automobilmärkte, der Gesamterfolg einer ersten wichtigen Etappe ist jedoch unabweisbar. Finnland kann somit die umfassendste aller „best practices„ vorweisen, derzufolge ein Aktionsplan geeignet ist, in einer Zeit des Leidensdrucks alle wichtigen Akteure (und in der Informationsgesellschaft ist auch der letzte Bürger ein wichtiger Akteur) gleichsam mit einem „Ruck„ auf gemeinsame Wege zu bringen. Ein Aktionsplan ohne Leidensdruck läuft aber Gefahr, Papier zu

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bleiben. Dies sollten sich Regierungen anderer Länder vor Augen halten, die es nicht verstehen, ihren Akteuren klarzumachen, dass das Verharren in alten Strukturen Wohlstand und Existenzen kostet.

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2.2 Island: Vernetzung statt Inseldasein

Im Oktober 1996 veröffentlichte die isländische Regierung ein Papier mit dem Titel „Die Vision der isländischen Regierung für die Informationsgesellschaft„. Es stellt die komplette Regierungsstrategie als Ergebnis der Berichte der mehr als 100 Personen umfassenden Expertengruppen dar und kann sich auf breiten Konsens stützen. In die Formulierung waren Vertreter der Ministerien, Arbeitgeber, Gewerkschaften und „andere Interessierte„ einbezogen. Im Mai 1997 etablierte das Kabinett ein über fünf Jahre laufendes Entwicklungsprojekt für die Implementierung dieser Strategie bis September 2002. Ein Steering Committee unter den „auspices„ [Es ist nicht von Koordinierung oder Leitung die Rede, im Deutschen bietet sich der Ausdruck „kümmern um …„ an.] des Büros des Premierministers steuert das Projekt.

Im Vorwort für die „Vision der isländischen Regierung für die Informationsgesellschaft„, die unter Verantwortung des Industrie- und Handelsministers Ingólfsson entstand, schreibt Premierminister Oddsson, dass „es sicher ist, dass in Island, genau wie in den anderen Ländern, die Informationstechnik den Schlüssel für eine gesellschaftliche Metamorphose hin zu einer Wissensgesellschaft darstellt„. Natürlich habe die Technik als solche keinen intrinsischen Wert, kein unabhängiges Existenzrecht. Der Vorteil liege in der Nutzung, die in der Abkürzung zum Ziel liege. Nicht die Technologie selbst, sondern ihre Beherrschung sei das Ziel. Auch in Island gebe es unterschiedliche Meinungen über die Rolle der Regierung in diesem Prozess: Die einen setzten auf eine gleichsam naturwüchsige Entwicklung, die von keiner Regierung kontrolliert werden könne, die anderen seien überzeugt, dass die Regierung die Eckpunkte der Entwicklung in Einklang mit der übrigen Politik voranbringen könne, ja müsse. Beide Standpunkte seien der Regierung zu weitgehend: „Es ist ein internationaler, die einzelnen Staaten transzendierender Informationsfluss, der nicht mehr in der Kontrolle des einzelnen Staates liegen könne.„ „Der chinesische Reisbauer, der immer an seinen Pflanzen zupfte, damit sie schneller wüchsen, riss irgendwann die Wurzeln heraus„, es gelte, das vernünftige Mittelmaß zu finden. Den Isländern würde immer eine Mischung aus „nordischer Störrigkeit und keltischer Mystik, aus Minderwertigkeitskomplex und Großmannssucht„ nachgesagt. Island habe sich jedoch ohne Schwärmerei der Innovation geöffnet und man dürfe es als sehr realistisch annehmen, dass Island an der vorderen Front der Nationen in der Welt in diesem neuen Technologiegebiet sein werde.

Die Hauptziele der Entwicklung in Island sind:

  • Island soll an der vordersten Front der Nationen der Welt bei der Nutzung der Informationstechnik im Dienste eines besseren Lebens und größerer Prosperität stehen.

  • Die Isländer sollen ungehinderten Zugang zur Informationsgesellschaft haben und deren Chancen nutzen, die Demokratie zu stärken,

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    die Lebensqualität zu erhöhen und den Nutzen für die Öffentlichkeit und die isländische Wirtschaft zu mehren. IT soll in allen Feldern eingesetzt werden, von der Innovation über das Gesundheitswesen und die Wissenschaft bis hin zur Kunst und anderen Gebieten des täglichen Lebens.

  • Zwischen den öffentlichen und privaten Sektoren soll vollständige Ausgeglichenheit im Hinblick auf die Informationstechnik und die informationstechnische Industrie herrschen. Aufgabe der Regierung ist es, mit Hilfe der Informationstechnik den Zugang zu Regierungsinformationen zu erleichtern. Alle Dienste sollen gleichermaßen die einzelnen Bürger und die Unternehmen erreichen, ungeachtet des Wohnorts und der ökonomischen Ressourcen.

  • Die IuK-Techniken sollen dazu eingesetzt werden, die Wettbewerbsfähigkeit der isländischen Wirtschaft zu stärken, die Produktivität zu erhöhen und dafür sorgen, dass der isländische Erfindungsreichtum exportiert werden kann.

  • Das Erziehungssystem soll an die geänderte gesellschaftliche Dynamik angepasst werden, allgemeine Grundbildung und lebenslanges Lernen sollen in der Informationsgesellschaft genauso gesichert werden wie der Erhalt der finnischen Kultur und Sprache.

  • Gesetzgebung, Regeln und Arbeitsmethoden sollen im Hinblick auf die Informationstechnik gründlich überprüft werden, um den technologischen Fortschritt zu stimulieren, aber auch, um die Rechte der Bürger und der Unternehmen zu schützen.

Die Steuerungsgruppe legte 1998 einen Interimsbericht [Implementation of the Government of Iceland's Information Society Strategy – Interim Report 1998, (http://stjr.is/for).] nach zwei Jahren Laufzeit des Programms vor. Der zugehörige statistische Bericht über die Internetausstattung und PC-Durchdringung wurde im April 1999 nachgeliefert. Der Interimsbericht stellt die bisher laufenden rund 300 Millionen Islandkronen umfassenden Projektverläufe vor, an denen Staat und staatliche Agenturen mit der Hälfte beteiligt waren. 1999 wurde ein zusätzliches Programm für Telelernen (rund 60 Millionen ISK) hinzugefügt. Die neue Zielplanung für die anstehende Fünfjahresperiode umfasst über 350 Mio. ISK für IT-Projekte.

Der Zwischenbericht hebt hervor, dass insbesondere auf dem Gebiet der öffentlichen Verwaltung (Formulare im Netz, Zollerklärungen, elektronische Anträge und Steuererklärungen) große Fortschritte erzielt wurden. Ein starker Aufbau sei im Sektor der IT-Spezialisten erfolgt, es wurden spezielle IT-Schulen eingerichtet, Telemedizin und Telelernen seien auf gutem Weg. Zwischen den isländischen Regionen wurde eine Telekonferenzeinrichtung installiert, die Parlamentsdebatten werden im Internet übertragen. Projekte zum e-commerce (insbesondere zur Anpassung des isländischen Rechts), der Zugang zu einem Rechtsserver, eine IT-Einkaufsfibel für den elektronischen Handel wurden realisiert. Eingerichtet wurde eine ständige Konsultation zwischen den Ministerien, dem Parlament (Althingi), den Arbeitgebern und den Gewerkschaften. Die Informationsindustrie wachse rasch, es dürfe erwartet werden, dass

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eine bedeutsame Zahl von neuen hochqualifizierten Jobs entsteht. Ein wichtiges Ziel wurde in der Regulierung der Telekommunikation erreicht: In ganz Island wurde ein einheitlicher Telefontarif eingeführt.

Im Frühjahr 1999 hatten bereits 82% der Isländer zwischen 16 und 75 Jahren zu Hause, bei der Arbeit oder in der Schule Zugang zum Internet. Die Zuwachszahlen im Verlauf des Regierungsprogramms waren beeindruckend (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Internetzugang in Island

February 1998

September 1998

March/April 1999

Home

28.1%

37.5%

58.7%

Workplace

24.4%

25.9%

41.9%

School/college

11.4%

12.3%

14.0%

Elsewhere

0.5%



No access to the Internet

27.2%

21.1%

17.7%

Die aus anderen Ländern bekannten Unterschiedlichkeiten finden sich auch in Island: 49% der Männer, aber nur 34% der Frauen haben am Arbeitsplatz Zugang zum Internet. Männer nutzen das Internet zu Hause im Durchschnitt 4,7 Stunden pro Woche, Frauen hingegen nur 2,5 Stunden. Wie zu erwarten, konnte das große Ziel des wohnortunabhängigen Zugangs technisch nicht realisiert werden: Im Großraum Reykjavík haben lediglich 15% der Einwohner keinen Internetzugang, in den Regionen der Insel sind es über 23%. Zwei von drei Haushalten Islands verfügen über einen Computer, die Nutzung des Internet ist bereits so hoch wie die Nutzung von Textverarbeitungssystemen. Auch der aus den USA bestens bekannte „Digital Divide„ bei den unterschiedlichen Einkommensklassen ist in Island zu erkennen: Geringer verdienende Haushalte haben weniger PC und planen auch nicht eine baldige Beschaffung.

Das Beispiel Island ist wohl im Guten wie im Schlechten die idealtypische Karriere eines Aktionsplans, der von den EU-Aktivitäten angestoßen wurde. Einerseits wurde offensichtlich eine erfolgreiche Sensibilisierung von Akteuren und Bürgern erreicht, jedoch zeigen sich andererseits die finanziellen und organisatorischen Grenzen eines kleinen Landes. Mit der Schaffung eines einheitlichen Telefontarifs wird (wie zum Beispiel die Italiener schnell festgestellt haben) noch lange keine flächendeckende Infrastruktur geschaffen. Wichtig scheint zu sein, dass Island mit Hilfe der Strategie für eine Informationsgesellschaft eindeutig näher an die wachsenden Märkte Europas heranrücken will. Zu einem solchen „nationalen Aktivziel„ einer Netz-„anbindung„ statt des bisherigen Inseldaseins taugt ein ausgewogenes Aktionsprogramm noch allemal.

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2.3 Irland: Standortpolitik für die globale Informationswirtschaft

Seit Mitte der neunziger Jahre – beginnend mit der Einsetzung eines „Information Society Steering Committees„ im März 1996 – arbeitet

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die Regierung Irlands kontinuierlich und koordiniert an einer spezifisch irischen Strategie für die Informationsgesellschaft, die seither in einer Reihe von Reports und Zwischenbilanzen und in einem regierungsamtlichen Aktionsplan vom Januar 1999
[Die wichtigsten Dokumente in zeitlicher Reihenfolge:
Information Society Ireland – Strategy for Action. Report of Ireland’s Information Society Steering Committee (12/1996)
Information Society Ireland. First Report of Ireland’s Information Society Commission (12/1997)
Implementing the Information Society: A Framework for Action. First Report of the Inter-Departmental Implementation Group on the Information Society (12/1998)
Implementing the Information Society in Ireland: An Action Plan (01/1999)
Information Society Ireland. Second Report of Ireland’s Information Society Commission (04/1999)
Progress Implementing the Information Society. Second Report of the Inter-Departmental Implementation Group on the Information Society (07/1999).]

präzisiert, evaluiert und aktualisiert worden ist. Die vielfältigen Aktivitäten der Regierung und der von ihr eingesetzten Beratungsgremien orientieren sich an der „Vision für Irland als voll entwickelte Informationsgesellschaft„, die das „Steering Committee„ in seinem im Dezember 1996 präsentierten Bericht formuliert hatte: „Irland ist eine einzigartige Gemeinschaft, reich an Kultur, Lernfähigkeit und Kreativität, wo die Informationsgesellschaft bereitwillig angenommen wird, um die Talente unserer Bevölkerung zu fördern, um Beschäftigung, Wohlstand und vitale, alle Menschen einbeziehende Gemeinden zu schaffen und in der die Bürger sich wesentlich aktiver am politischen Geschehen beteiligen können.„

Das ausgeprägte Engagement von Politik und Gesellschaft in Irland für die Informationsgesellschaft ist erkennbar vor allem von der Hoffnung getrieben, auf diesem Weg die historische Benachteiligung der rohstoffarmen und schwach industrialisierten Insel auszugleichen und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der irischen Wirtschaft deutlich zu erhöhen. Von herausragender Bedeutung war dabei von Beginn an das Ziel, „Irland als ‘knowledge hub’ in Europa zu etablieren, von dem aus die globalen Märkte für technologieintensive Güter und Dienstleistungen bedient werden können, und das Land zum führenden Standort für die weltweite Lieferung von informations- und kommunikationsbasierten Services zu machen„ (Steering Committee 1996). Politik für die Informationsgesellschaft ist im Verständnis der irischen Akteure – nicht nur, aber wohl doch in erster Linie – moderne Industrieansiedlungspolitik, orientiert an den Bedürfnissen der globalen Informationswirtschaft. Mit dieser Ausrichtung korrespondiert auch die Einsicht in die hohe zeitliche Dringlichkeit politischen Handelns im internationalen „Wettlauf„ („time is of the essence„): „Andere Länder haben bereits damit begonnen, ihre Strategien zu implementieren. Das Tempo des Wandels ist so hoch, dass es unerlässlich geworden ist, Irlands Strategie rasch umzusetzen …„ (Steering Committee 1996).

Institutionell stehen zwei miteinander kooperierende Instanzen im Zentrum der irischen Aktivitäten: zum einen die im Mai 1997 von der Regierung berufene und mit einem Auftrag bis zum Ende des Jahres 2000 ausgestattete „Information Society Commission„ (ISC), der zehn Expertinnen und Experten aus Beratungsunternehmen, Gewerkschaften, der Informations- und Kommunikationsindustrie, der Wissenschaft sowie ein Vertreter des „Department of the

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Taoiseach„ – im deutschen Verständnis: des Kanzleramtes – angehören. Die ISC verfügt über ein ständiges hauptamtliches Sekretariat unter der Leitung eines Kommissionsdirektors und hat sich zu den inhaltlichen Schwerpunkten ihrer Arbeit einen „Kranz„ von sechs Beratergruppen zugelegt. Bemerkenswert ist, dass die ISC nicht im politisch luftleeren Raum angesiedelt ist, sondern unter der unmittelbaren Ägide des irischen Regierungschefs („Taoiseach„) – z.Zt. Bertie Ahern – arbeitet und diesem direkt berichtet. Politische Umsetzung garantiert auch ein zweites Gremium, die „Inter-Departmental Implementation Group on the Information Society„, eine interministerielle Arbeitsgruppe, die gleichfalls unter der Leitung des irischen „Kanzleramts„ steht und in ihrer Arbeit von einem „Information Society Policy Development Team„ unterstützt wird.

Die ISC hat die Aufgabe, den irischen Weg in die Informationsgesellschaft zu konzipieren, die entscheidenden Herausforderungen zu analysieren und Politikempfehlungen zu den folgenden fünf als prioritär erachteten Handlungsfeldern zu erarbeiten. Von essentieller Bedeutung ist es nach Auffassung der Kommission (ISC 1997),

  • eine breite öffentliche Unterstützung für die Informationsgesellschaft und intensive Beteiligung der Bürger an ihrer Gestaltung zu sichern („awareness„);

  • eine hochmoderne Telekommunikationsinfrastruktur für die Bedürfnisse der Unternehmen und der Bürger zu schaffen („infrastructure„);

  • besondere Anstrengungen im Bildungssektor zu unternehmen, um die Menschen für den Umgang mit den Informations- und Kommunikationstechnologien zu qualifizieren („learning„);

  • die zügige Ausbreitung dieser Technologien in den irischen Unternehmen zu forcieren und deren Wettbewerbsfähigkeit auf den Schlüsselmärkten der Informationsökonomie zu erhöhen („enterprise„);

  • die Informations- und Kommunikationstechnologien im Staatsapparat intensiv zu nutzen, um dessen Effektivität zu erhöhen und bürgerfreundliche Dienste anbieten zu können („government„).

In ihren zwei mittlerweile vorgelegten Berichten vom Dezember 1997 bzw. vom April 1999 hat die ISC die in diesen fünf Schlüsselbereichen erreichten Fortschritte bewertet, auf die noch unerledigten Aufgaben aufmerksam gemacht und neue Vorschläge unterbreitet. Der erste ISC-Report identifizierte drei für einen erfolgreichen Weg in die Informationsgesellschaft besonders kritische Problemfelder (ISC 1997): Irland müsse

  • zum einen die Verfügbarkeit preisgünstiger breitbandiger Telekommunikation erhöhen und die internationale „connectivity„ des Landes verbessern;

  • zum zweiten der sich abzeichnenden Knappheit an adäquat qualifizierten Arbeitskräften entgegenwirken;

  • zum dritten einen effektiven Schutz geistiger Eigentumsrechte gewährleisten, um seine Attraktivität als Standort informationsintensiver Industrien weiter zu erhöhen.

Der zweite Kommissionsbericht (ISC 1999) konstatierte ermutigende Fortschritte in diesen

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drei Feldern und gab – nach der Maxime „Zugang ist der Schlüssel zum Erfolg, e-commerce ist das Geschäft der Zukunft!„ – zwei Ziele für die künftige Entwicklung vor: Es komme einmal darauf an, nun den Schritt vom mittlerweile breit vorhandenen gesellschaftlichen Bewusstsein und der Begeisterung für die Technologien der Informationsgesellschaft zu deren intensiver Nutzung zu gehen. Und es müssten die Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, dass der elektronische Handel tatsächlich zur Haupt-Antriebsmaschine des wirtschaftlichen Wachstums werden könne.

Die strategischen Leitlinien der ISC wurden von der Regierung in einer Vielzahl von Einzelaktivitäten umgesetzt. Der im Januar 1999 präsentierte Aktionsplan „Implementing the Information Society in Ireland„ versteht sich als thematisch umfassender Katalog von Maßnahmen mit hohem Konkretisierungsgrad, vergleichsweise knappen Zeitzielen und klaren Verantwortungszuweisungen an die staatlichen Akteure. Wenn Irland seine wirtschaftlichen Erfolge der letzten Jahre aufrechterhalten und ausbauen und zudem die Beteiligung aller Bürger an der Informationsgesellschaft sicherstellen wolle, dann sei es von zentraler Bedeutung für das Land, im internationalen Kontext ein „early mover„ und ein „global player„ zu bleiben bzw. zu werden. Von dieser Leitlinie ausgehend, beschreibt der Aktionsplan insgesamt 66 Maßnahmen in sechs Feldern:

  • Verbesserung der Telekommunikationsinfrastruktur, u.a. mit Einzelmaßnahmen

    • zur Optimierung der internationalen Telekommunikationsverbindungen Irlands,

    • zum Aufbau eines nationalen breitbandigen Netzes,

    • zur Einrichtung eines „digitalen Korridors„ zwischen der Irischen Republik und Nordirland,

    • zur Privatisierung des staatlichen Telekommunikationsunternehmens Telecom Eireann,

    • zur Anpassung der Regulierungsinstitutionen an das durch Liberalisierung und Konvergenz veränderte Wettbewerbsumfeld.

  • Entwicklung des elektronischen Business, u.a. mit Einzelmaßnahmen

    • zur Inbetriebnahme eines großen Zentrums für Unternehmen mit Schwerpunkten im elektronischen Business in Dublin („Digital Park„),

    • zur Ausarbeitung eines spezifischen Förderprogramms und einer Gesetzesvorlage für den elektronischen Handel.

  • Allgemeine Fördermaßnahmen, u.a.

    • zur Installierung von Internetanschlüssen in allen öffentlichen Bibliotheken,

    • zur Erarbeitung eines spezifischen Konzepts „IT für alle„ und „E-mail für alle„,

    • zur Absenkung der Internetgebühren,

    • zur Etablierung von Zertifizierungsinstanzen für digitale Signaturen,

    • zur Entwicklung standardisierter Schnittstellen für den Zugang zu elektronischen öffentlichen Dienstleistungen und Informationen.

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  • Gesetzgeberische und regulatorische Maßnahmen, u.a. Gesetzentwürfe

    • zur digitalen Signatur und zur Verschlüsselung,

    • zum Urheberrecht,

    • zur Regulierung der Telekommunikation,

    • zur Regulierung des digitalen Fernsehens.

  • Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie im öffentlichen Dienst, u.a.

    • die Verpflichtung für alle staatlichen Instanzen, eine Internetpräsenz mit aktuellen Informationen und Dienstleistungen aufzubauen,

    • die Festlegung einheitlicher Qualitätsstandards für staatliche Websites – auch unter Berücksichtigung der Bedürfnisse behinderter Menschen,

    • die Einrichtung öffentlich zugänglicher Datenbanken für Bürger und Unternehmen,

    • Trainingsprogramme für öffentlich Bedienstete,

    • eine Reihe von „Flaggschiff-Projekten„ unter der Generalüberschrift „e-government„ (z.B. zur elektronischen Steuererklärung, zur elektronischen Ausstellung von Führerscheinen),

    • die Maßgabe an alle staatlichen Instanzen, in ihren Jahresberichten detailliert über ihre Fortschritte bei der Nutzung von IuK-Technologie und beim elektronischen Angebot ihrer Dienstleistungen sowie die Ergebnisse entsprechender interner Audits zu berichten.

  • Unterstützungsmaßnahmen, u.a.

    • eine spezielle „awareness„-Kampagne für KMU,

    • die rasche Fortführung der „IT 2000„-Initiative an den Schulen des Landes (Ausstattung mit PC und Netzzugängen, Lehrerfortbildung),

    • ein Programm zur Bereitstellung von 5.400 High-Tech-Ausbildungsplätzen.

Die bereits erwähnte „Inter-Departmental Implementation Group„ überwacht die Aktivitäten der einzelnen öffentlichen Instanzen kontinuierlich und berichtet in regelmäßigen Abständen über die Fortschritte wie auch über Schwierigkeiten bei der Umsetzung. So konstatierte sie in ihrem zweiten Bericht vom Juli 1999 – neben einer Vielzahl positiver Entwicklungen – ein grundsätzliches, kaum „typisch irisch„ zu nennendes Problem: „Es müssen kurzfristig zusätzliche Personalkapazitäten und finanzielle Ressourcen mobilisiert werden, wenn wir rasch vorankommen und die Ziele des Aktionsplans rechtzeitig erreichen wollen.„

Gleichwohl darf Irlands Strategie für die Informationsgesellschaft bis dato als überaus erfolgreich gelten. Sie ist – zusammen mit der konsequent verfolgten EU-Förderpolitik – ein zentrales Element der irischen „success story„ der letzten Jahre, die das Land „vom Sorgenkind Europas zum keltischen Tiger„ [So der Titel eines IAB-Kurzberichts (Nr. 16 vom 18.11.1999) von Heinz Werner über die Entwicklung von Wirtschaft und Arbeitsmarkt in Irland.] gewandelt hat.

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Dies gilt zumal für die Industrieansiedlungspolitik: Der Run internationaler Call-Center nach Irland ist schon legendär, und der Taoiseach eröffnet nahezu im Wochentakt neue Standorte großer IuK-Konzerne und renommierter Forschungseinrichtungen auf der grünen Insel [Eine zufällige Auswahl aus den Wochen vor Abfassung die ses Kapitels: Am 3.12.1999 kündigte Bertie Ahern zusam men mit Nicholas Negroponte den Aufbau eines MediaLabs Europe in Kooperation mit dem MIT MediaLab an – der ersten Partnerschaft dieser Art des MIT MediaLabs. Am 16.12.1999 eröffnete der Premier das neue europäische Data Centre von Hewlett & Packard, in dem 540 neue Arbeitsplätze entstehen sollen. Und am 24.01.2000 hielt er die Eröffnungsrede zum Start des internationalen Software entwicklungszentrums von AOL, das erste seiner Art außer halb der USA, in dem 200 Arbeitsplätze geschaffen werden.] .
Nicht zu Unrecht sieht der Premier in dieser Entwicklung einen Beleg für die Fähigkeit seines Landes, den globalen Akteuren der Informationswirtschaft erstklassige Umfeldbedingungen bei der Qualität der Infrastruktur und der Qualifikation der Arbeitskräfte zu bieten. Auf diesem Weg werde sich Irland weiter zu einer führenden Nation im Zeitalter der Informationsgesellschaft und des elektronischen Business entwickeln [Rede von Bertie Ahern bei der Eröffnung des HP-Data Centre am 16.12.1999.] .
Der Optimismus scheint gerechtfertigt zu sein.

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2.4 Großbritannien: „e-commerce@its.best.uk„

„Die Informations- und Kommunikationstechnologien eröffnen uns die Möglichkeit, unsere Lebensqualität und unser wirtschaftliches Wohlergehen in revolutionärer Weise zu verbessern. Die Regierung möchte Großbritannien in das Informationszeitalter führen – und dies in einer Art und Weise, dass alle davon profitieren, die Bürger und die Unternehmen.„ Unter dieser Maxime publizierte die Regierung Blair im April 1998 ihre Strategie für den britischen Weg in die Informationsgesellschaft [Our Information Age. The Government’s Vision (04/1998); siehe auch: Mosdorf, Siegmar (1998), S. 12f.] .
Staat und Politik hätten, so die damalige Schwerpunktsetzung, in fünf Schlüsselbereichen eine entscheidende Rolle zu spielen. Es gelte,

  • das Bildungswesen unter Nutzung der neuen Technologien so zu verändern, dass alle das Wissen und die Fähigkeiten erwerben können, die im Informationszeitalter gebraucht werden;

  • die Zugangsmöglichkeiten zu erweitern, um sicherzustellen, dass die Chancen der neuen Ära von allen genutzt werden können und die Gesellschaft nicht in „information haves„ und „have nots„ gespalten wird;

  • Wettbewerb und Wettbewerbsfähigkeit voranzubringen, um den Unternehmen zu helfen, mit dem Wandel zurechtzukommen und zu florieren – zum Nutzen der Verbraucher, der Beschäftigung und der gesamten Volkswirtschaft;

  • Qualität mit dem Ziel zu fördern, dass die neuen Dienstleistungen den besten heute verfügbaren Angeboten gleichkommen und diese noch übertreffen;

  • den Staat zu modernisieren – gerade dieser müsse die neuen Technologien nutzen, um bessere, das Leben seiner Bürger erleichternde Dienste anzubieten.

Ausgerichtet an diesen fünf Leitlinien, die in einer Fülle mittelfristiger Aktionsziele konkreti-

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siert wurden [Vgl. die Auswahl in Mosdorf, Siegmar (1998), S. 13.] , hat die britische Regierung seit April 1998 geradezu fieberhafte Aktivitäten entfaltet, um das Vereinigte Königreich zum „europäischen Pionier„ auf dem Weg in die Informationsgesellschaft zu machen. So wurde in knapp zwei Jahren zum Beispiel

  • die vom Ministerium für Handel und Industrie ins Leben gerufene und gemeinsam mit der privaten Wirtschaft getragene „Information Society Initiative„ (ISI) forciert, die das Ziel verfolgt, Unternehmen – vor allem KMU – über die Potentiale und Anwendungsmöglichkeiten der IuK-Technologien zu informieren und praktische Hilfestellung bei deren Nutzung zu geben – u.a. in 100 landesweiten ISI-Beratungszentren;

  • die „Information Age Partnership„ (IAP) etabliert – ein hochrangiges Forum der Zusammenarbeit zwischen der Regierung und 36 Schlüsselpersönlichkeiten aus der IuK-, der Elektronik- und Medienindustrie des Landes;

  • das nationale Lernnetzwerk („National Grid for Learning„) ausgebaut, das sich als Architektur für die Verbreitung hochwertiger Lehrinhalte über das Internet versteht – mittlerweile werden über 50.000 Webseiten angeboten und zugleich ein Programm für die Installierung von Netzzugängen z.B. in Schulen, Bibliotheken, Universitäten – im Januar 2000 waren 62% der „primary schools„ (für Schüler im Alter von fünf bis elf Jahren) und 93% der „secondary schools„ (für Schüler im Alter von 12 bis 18 Jahren) „am Netz„ [Angaben aus „Report from the e-Minister and e-Envoy to the Prime Minister„ vom 14.01.2000.] ;

  • mit der Umsetzung des Programms „IT for All„ begonnen, in dessen Rahmen zwischenzeitlich u.a. 3000 Zentren geschaffen wurden – viele in öffentlichen Bibliotheken –, in denen ein breites Spektrum von Zugangsmöglichkeiten zum Netz, Informations- und Erstqualifizierungsangeboten offeriert wird;

  • die virtuelle „University for Industry„ begründet – eine Initiative, die netzbasiertes „lebenslanges Lernen„ am Arbeitsplatz, zu Hause und in öffentlichen Zentren ermöglichen will und hierfür – mittels des dazu gegründeten Unternehmens UFI Ltd – Online-Unterstützung anbietet und die Entwicklung geeigneter Lernsoftware vorantreibt;

  • zur Finanzierung eines Teils dieser Projekte im Haushalt 1999 eine Summe von 1,7 Mrd. £ budgetiert.

Trotz dieser raschen und respektablen Fortschritte bei der Umsetzung des Konzepts von 1998 hat die britische Regierung im Jahr 1999 das Tempo noch einmal deutlich verschärft, ihre Strategie fokussiert und sich in diesem Politikfeld auch institutionell neu aufgestellt – getreu der Botschaft: „Wir müssen noch schneller handeln und noch besser koordinieren„, wie sie Tony Blair in einer programmatischen Rede zur „knowledge economy„ am 13. September 1999 in Cambridge verkündete. Zwei Handlungsfelder sind im Jahr 1999 deutlich ins Zentrum der britischen Politik für die Informationsgesellschaft gerückt: zum einen die forcierte Modernisierung der öffentlichen Verwaltung durch intensive Nutzung der neuen Techniken. In diesem Feld – so die selbstkritischen Töne in einem vom Premierminister im März 1999 präsentier-

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ten Weißbuch „Modernising Government„ – habe man „als Regierung bis dato nicht in ausreichendem Maße mit der Entwicklung der IuK-Technologien Schritt gehalten. Wir waren zwar in einer Reihe von Feldern sehr aktiv. … Aber wir müssen noch wesentlich weiter gehen.„ Bis März 2001 sollen nun beispielsweise 90% der Gesamtsumme des öffentlichen Beschaffungswesens elektronisch abgewickelt werden, bis 2002 mindestens 25% aller Verwaltungsvorgänge von den Bürgern „online„ erledigt werden können, bis 2005 sollen es 50% und bis 2008 100% sein – wobei über die Zielerreichung („milestones„) halbjährlich kontinuierlich berichtet wird.

Die unangefochtene Spitzenposition auf der politischen Agenda der Labour-Administration hat jedoch das Thema „e-commerce„ erklommen. Hier ist die Zielsetzung der Regierung ebenso klar wie ehrgeizig: Das Vereinigte Königreich soll bis zum Jahr 2002 zum weltweit besten Standort für den elektronischen Handel werden. Analytisch fundiert und praktisch operationalisiert ist dieses Ziel in einem Report der von Tony Blair eingesetzten und in seinem Kabinettsbüro angesiedelten Denkfabrik „Performance and Innovation Unit„ (PIU), der den bezeichnenden Titel „e-commerce@its.best.uk„ trägt und vom Premierminister in seiner Cambridge-Rede im September 1999 vorgestellt wurde. Vor allem in drei Feldern seien die Entwicklungen nach Einschätzung des Berichts voranzutreiben und zu beschleunigen:

  • Der Zugang zu den IuK-Techniken und zum Internet müsse wesentlich erleichtert werden;

  • das Verständnis für die Potentiale des elektronischen Handels müsse noch mehr geweckt und verbreitet werden – noch immer habe, so ein kritischer Befund des Reports, der Großteil der Unternehmensvorstände von den Chancen, aber auch von den Gefahren des Netzes für ihr spezielles Business keine Ahnung – und

  • es müsse ein Umfeld geschaffen werden, in dem die Menschen Vertrauen in die neuen Medien fassen könnten.

Das letzte Kapitel des – mit Anhängen – knapp 300 Seiten starken PIU-Berichtes ist mit „Aktionsplan„ überschrieben und umfasst 60 konkrete Politikempfehlungen zu den Kapiteln „Fundamente„, „Verständnis„, „Zugang„, „Vertrauen„, „Vorreiter Staat„, „Monitoring„ und „Koordination„. Von Tony Blair offiziell mit den höheren Weihen ausgestattet, jeweils mit einer Benennung der verantwortlichen Instanzen versehen und präzisen Zeitzielen und Meilensteinen ergänzt, beschreiben diese 60 Maßnahmen das wohl ambitionierteste Konzept einer Regierung für den Einstieg in die „new economy„. Im Kapitel „Koordination„ wird beispielsweise vorgeschlagen,

  • einen „e-minister„ mit zentraler Zuständigkeit für alle mit dem Thema „Informationsgesellschaft„ verbundenen Angelegenheiten zu ernennen, der namentlich die Regierungspolitik in den Feldern „e-commerce„ und „e-government„ und die Aktivitäten der einzelnen Ministerien und ihrer Abteilungen zu steuern habe;

  • einen „e-envoy„ (Gesandten) zu bestellen, der, mit direktem Draht zum Premier ausgestattet, „an der Spitze der Bewegung„ stehen, die Zusammenarbeit und den Informations-

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    austausch zwischen Staat und Gesellschaft forcieren und eine PR-Offensive für „e-commerce„ und „e-government„ starten müsse.

Beide Positionen wurden im Spätsommer 1999 auch besetzt: Zur „e-ministerin„ ist die Labour-Abgeordnete Patricia Hewitt ernannt worden, zum „e-envoy„ Alex Allan, der – als ehemaliger Sekretär des konservativen Premiers John Major personifizierter Beweis für die überparteiliche Ausrichtung und Konsensorientierung der Regierungspolitik in diesem Feld – in Whitehall einem zehnköpfigen Spezialistenteam vorsteht. Beide zusammen berichten Tony Blair in monatlichem Turnus [Vgl. z.B. den im Netz veröffentlichten „Report from the e - Minister and e-Envoy to the Prime Minister„ vom 14.01. 2000.] über die erreichten Fortschritte, aber auch über Hemmnisse und Rückschläge bei der Umsetzung der erwähnten 60 Empfehlungen und weiterer Regierungsvorhaben [Nicht selten findet sich die Anmerkung „behind schedule„ hinter einzelnen Zielsetzungen.] .

Nicht nur institutionell und personell hat sich die britische Regierung in Sachen Informationsgesellschaft „neu sortiert„; auch die Gesetzgebungsmaschinerie arbeitet mittlerweile auf Höchstgeschwindigkeit. Mit der vom Unterhaus bereits verabschiedeten und im Januar 2000 dem Oberhaus vorgelegten „Electronic Communications Bill„ (u.a. zum Thema „digitale Signatur„ und zum elektronischen Handel), der im Februar 2000 ins Parlament eingebrachten – und wegen der darin enthaltenen Abschnitte über die Möglichkeit zwangsweiser Entschlüsselung – äußerst umstrittenen „Regulation of Investigatory Powers Bill„ und der im November 1999 ins Gesetzgebungsverfahren eingespeisten „Freedom of Information Bill„ (zu den Zugangsrechten der Öffentlichkeit zu staatlichen Informationen) stehen drei wichtige Projekte derzeit vor der Realisierung. Zudem haben die für Handel und Industrie bzw. für Kultur und Medien zuständigen Minister für die Jahresmitte 2000 ein gemeinsames Weißbuch angekündigt, das eine neue Gesetzgebung mit dem Ziel einer „kohärenten und konsistenten Regulierung„ von Telekommunikation und Medien im Zeichen der Konvergenz zum Gegenstand haben soll.

Die britische Regierung sieht sich wohl nicht zuletzt auch wegen regionalpolitischer Erwägungen unter Zeitdruck. Von Dezember 1996 bis August 1998 hatte die Entwicklungsgesellschaft von Wales mit Unterstützung der EU ein großes „Wales Information Society Project„ aufgebaut. Dieses fokussierte den öffentlichen Sektor, die Ausbildung, Training und Skills sowie die Telekommunikationsinfrastruktur und nicht zuletzt „Social exclusion and Employment„. Aber das Projekt setzt auch ehrgeizige industriepolitische Ziele für die Region, die zusammen mit Yorkshire, Humberside und Nordwestengland zu den 22 ausgewählten Regionen des EU-Programms gehört. Wie in anderen europäischen Ländern ist ein Spannungsverhältnis der „Vorreiter„ zur Zentralregierung unausbleiblich, weil sich die regionalen Aktionsprogramme durchweg nicht als subsidiär verstehen, sondern harte Forderungen stellen. Wales hatte deutlich gemacht, dass es von einem größeren Engagement Londons insbesondere bei den „Arbeitsplätzen der Informationsgesellschaft„ seinen Anteil erwartet.

Die Strategie der britischen Regierung mag „hyperaktiv„, ja hektisch wirken, und natürlich lässt sich auch füglich über „langatmige Berich-

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te und phantasievolle E-Titel„ [Armin Medosch: Internet oder Bankrott! Widersprüchliche Signale der Regierung Blair; www.telepolis.de (15.09.1999).] spötteln. Ohne Zweifel sind die Briten im Internet mit seiner Dominanz des Englischen automatisch „Sprachgewinnler„ und von daher bevorteilt. Gleichwohl dürfte das britische Vorgehen im internationalen Vergleich seinesgleichen suchen, was Problembewusstsein, Entschlossenheit, Ungeduld [Blair in Cambridge: „I’m determined that we need to act faster – not in Parliamentary years, but Internet years„.] , Ehrgeiz und nicht zuletzt das „commitment„ der politischen Spitze anbetrifft. Und sympathischerweise lässt es gerade der Regierungschef ungeachtet seines Engagements in diesem Politikfeld nicht an Selbstkritik und Besserungsbereitschaft mangeln: „Eigentlich bin ich ja in vielerlei Hinsicht der letzte, der diesen Appell an Sie richten dürfte„, räumte Tony Blair in Cambridge ein. Er sei „weiß Gott kein Experte.„ Er beobachte seine Kinder und seine Frau Cherie, wie sie im Netz surften, und empfinde ein sanftes – manchmal auch weniger sanftes – Gefühl der Erniedrigung dabei. Wie viele Menschen seiner Generation in Führungspositionen nutze er sehr selten einen Computer und wenn, dann brauche er üblicherweise Unterstützung dabei. „Aber ich weiß, dass das nicht ausreicht, und wenn ich anderen ‘lebenslanges Lernen’ empfehle, dann sollte ich selbst wieder in die Schule gehen. Ich habe jetzt damit angefangen und bei Cherie eine erste Lektion genommen. Ich werde nun einen Schritt weiter gehen und einen Kurs besuchen. Und ich will andere aus meiner Generation ermutigen, dies auch zu tun – es ist nämlich keine Schande, zuzugeben, dass man noch einmal lernen muss,

und zudem haben mir meine Kinder versichert, dass es längst nicht so schwierig ist!„

Solche Aussagen paaren sich mit dem gesunden Selbstbewusstsein von „cool Britannia„: „Die gute Nachricht ist, dass wir nicht dazu verdammt sind, hinterherzuhinken. Wir machen das richtig. Unser e-commerce-Gesetz wird schon als Modell für den Rest von Europa gepriesen„, stellt Tony Blair fest. Und dann nennt er einen Bundesgenossen, der wohl eben doch irgendwie zum englischen (oder wenigstens englischsprachigen) Dominion gehört: „Microsoft hat Cambridge für sein einziges Forschungszentrum außerhalb der Staaten ausgewählt. Und heute hat die Bill-Gates-Stiftung angekündigt, 4 Millionen Dollar für IT-Lernzentren in schlecht versorgten Gebieten zu spenden„. Mit diesen beiden – von kontinentalen Beobachtern vielleicht vorschnell den Amerikanern zugerechneten – Beispielen belegt Blair spielend Britanniens Ruhm: „Das ist ein weiterer Weg, dafür zu sorgen, dass der Computer und das Internet in die Reichweite von jedermann gebracht werden. Wenn wir das gemeinsam schaffen, kann Britannien diese industrielle Revolution genau so anführen wie es dies bei der ersten tat.„

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2.5 Frankreich: Enkulturation nach Maß

Frankreich hat 1999 bereits nach einem Jahr Laufzeit einen Fortschrittsbericht des PAGSI (Programme d'action gouvernemental pour l'entrée de la France dans la société de l'information) vorgelegt. Entlang der von Jospin in seiner programmatischen Rede auf der Sommeruniversität von Hourtin im August 1997 vorge-

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zeichneten Leitbilder und Aktionslinien [Vgl. Mosdorf, Siegmar, (1998) a.a.O.] wurden die sechs „Prioritäts-Achsen„ in Maßnahmen umgesetzt.

Das Regierungsprogramm PAGSI hatte für die Umsetzung eine bestimmte Reihenfolge vorgesehen. Daher wurde zunächst der „juristische und technische Dienst (SJTI) um eine Zwischenbilanz des interministeriellen Aktionsprogramms (PAMSI)„ gebeten. Das Aktionsprogramm war in den beiden ersten Jahren mit einem Budget von FF 5,7 Mrd. ausgestattet, wovon FF 2,1 Mrd. auf 1998 und FF 3,6 Mrd. auf 1999 entfielen. In diesen Zahlen sind die Ausgaben der lokalen Aktivitäten und der anderen öffentlichen Institutionen nicht enthalten. Anfang 1999 wurde der erste Etappenbericht veröffentlicht.

Von den 218 Zielen des Aktionsplans wurden weniger als zehn nicht erreicht, 153 Ziele (70%) wurden voll erreicht bzw. befanden sich unmittelbar vor der Realisierung, der Rest sei „auf höchst zufriedenstellendem Weg„. Für 1998 wurden folgende Umsetzungen gemeldet:

  • Schulen: Steigerung der angeschlossenen Gymnasien von 40% auf 85%, von 20% auf 55% bei den Kollegs und von 1% auf 10% der allgemeinbildenden Schulen [Die deutsche Vergleichszahl liegt bei 15.000 von 44.000 Schulen.] .
    Finanziert wurde dies vor allem durch einen Unterstützungsfonds, zu dem France Télécom und andere Betreiber sowie Herstellerfirmen beigetragen hatten. Entsprechend verbesserte sich das Verhältnis Schüler pro PC, mit einem leichten Rückstand der Berufsschulen. In den Gymnasien konnte das Verhältnis Schüler/PC von 30:1 innerhalb eines Jahres auf 17:1 verbessert werden. Für die Ausbildung der Lehrer wurde für die pädagogischen Hochschulen (in Frankreich sind dies die „Instituts universitaires de formation des maîtres„) ein Dringlichkeitsprogramm („plan d’urgence„) aufgestellt, das mit 40 Millionen Francs ausgestattet war.

  • Die „Kultur und die Inhalte„ [In Frankreich wird anders als im deutschsprachigen Raum, der den englischen Ausdruck bevorzugt, für das englische „content„ das französische Wort „contenu„ verwendet. Der deutsche Ausdruck „Inhalteanbieter„ ist nicht nur ungeläufig, sondern auch in semantischer Hinsicht nicht differenziert: „Content„ (engl.), „contenido„ (span.) oder „contenu„ (frz.) ist nicht nur ein „Programm, das gesendet wird„, sondern auch zum Beispiel die „Buchhaltungskommunikation„ oder ein „interaktives Netzspiel„.] , werden mit wichtigen Projekten adressiert. Sie reichen von neuen Hilfsmitteln (neudeutsch: „tools„) für das Multimedia-Editing über die Ausstattung der Bibliotheken im ländlichen Raum bis hin zu einem mit 41 Mio. Francs ausgestatteten „Fonds francophone des inforoutes„ der frankophonen Länder, um Frankreichs Präsenz im internationalen Raum zu betonen.

  • Bei der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung wurden auf der Basis der im PAGSI festgeschriebenen Orientierungslinien innerhalb eines Jahres sehr viele Ankündigungen konkret umgesetzt. Von den rund 600 wichtigen Formularen des französischen Verwaltungslebens sind über 300 bereits über das Netz abrufbar, vielerorts ist die Steuererklärung sowie vor allem das Steuerzahlen per Internet möglich. Noch vor Ende 1999 konnten die staatlichen Minitel-Dienste über das Internetprotokoll zur Verfügung gestellt werden. Wo immer möglich, wurde der

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    Internetstandard implementiert, erste Intranets in Behörden entstanden. Als bedeutendstes Einzelprojekt wurde im Großraum Paris ein Sozialmedizinisches Netz (réseau santé social) in Betrieb genommen.

  • Für die Unternehmen und den e-commerce wurden breit angelegte Sensibilisierungsprogramme durchgeführt, besonderer Augenmerk galt den KMU. Sowohl das Y2K-Problem als auch die Euro-Umstellung wurden zum Anlass genommen, die Unternehmen auch in Richtung Exportorientierung zu motivieren. Neben technischen Ausstattungen der für die Wirtschaft zuständigen Behörden sowie dem Kompetenzaufbau der dort Beschäftigten wurden vor allem auch der elektronische Zahlungsverkehr sowie die Ausdünnung der Verwaltungsvorschriften vorangetrieben.

  • Die allgemeine Innovationsfähigkeit des Landes wird durch einen mit rund einer Milliarde Francs ausgestatteten Fonds unterstützt. Ein vom Industriestaatssekretariat gestartetes Programm „Informationsgesellschaft„ umfasst 300 Millionen Francs, 260 Millionen werden in das nationale Forschungsnetzwerk für die Telekommunikation gesteckt. Forschungsprojekte unter anderem für das digitale Fernsehen sowie der Aufbau von Telekommunikationsinfrastrukturen (das Netz RENATER ist ein nationales Netz für Forschung und Lehre) wurden verstärkt, um dem wachsenden Nachfragedruck gerecht zu werden.

  • Der wichtigste Schritt auf dem Gebiet der Regulierung war in Frankreich die Liberalisierung der Verschlüsselungstechnik. Das Konzept einer interministeriellen Arbeitsgruppe hierzu konnte dem Ministerrat für die Informationsgesellschaft am 19. Januar 1999 vorgelegt werden.

In Frankreich wie auch in den meisten anderen untersuchten Ländern werden in Sachen Informationsgesellschaft mit großer Ernsthaftigkeit auch die nicht erreichten Ziele [Hier wird eine zum Beispiel in Deutschland kaum denkbare Offenheit der gesellschaftlichen Diskussion deutlich.] dargestellt. So schreibt sich die Regierung gerade bei der Modernisierung des öffentlichen Dienstes selbst ein „mangelhaft„ ins Zeugnis: Nur 50% der Formulare des öffentlichen Dienstes seien per AdmiFrance [www.admifrance.fr] im Netz. Einiges sei zwar auf mangelnden Willen einiger Administrationen zurückzuführen, die im Aktionsprogramm fixierten Zeitpunkte zu erreichen, dies werde bis Ende 1999 jedoch überwunden sein. Dafür hat der Ministerrat für die Informationsgesellschaft (CISI) ein Maßnahmenbündel zur Korrektur vorgelegt. Es sei deutlich geworden, dass Erfolge bei der Modernisierung nur dann zustande kämen, wenn es gelingt, auch diejenigen Verwaltungsleute zu mobilisieren, die keine Experten für neue Technologien sind. Die Experten hätten es aber geschafft, sich mit ihren Kollegen sowie den entsprechenden Stellen in den Unternehmen, den Verbänden und lokalen Gruppen zu verbünden. Auch in Frankreich bleibt der Multimediagemeinde offensichtlich eine Phase der Missionsarbeit beim eher zurückhaltenden Teil der Akteure nicht erspart.

Die verschiedenen Akteure in der Regierung samt deren Apparate haben sich zur Umsetzung

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des PAGSI eng vernetzt. Begünstigt durch die traditionell zentralistisch angelegte Verwaltungsstruktur konnte mit der Aufstellung des MTIC (Mission interministérielle de soutien technique pour le développement des technologies de l'information et de la communication dans l'administration) im August 1998 ein erheblicher Fortschritt im ganzen Land angestoßen werden. Die weiteren Vorhaben werden „nach Maß„ bis zum Ende des Jahres 2000 vorangetrieben.

Die französische Regierung stellt fest, dass das Aktionsprogramm das breite Spektrum von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren in einem Bündnis zusammengebracht hat: lokale Organisationen, Sozialpartner, Verbände, Unternehmen, den Forschungsbereich und selbst „einzelne Privatleute„ (simples particuliers). Diese „Konzertierung„ (Concertation) werde mit einer Reihe von vorgelegten Berichten unterstrichen. Mehrere Parteikongresse zur Innovation hätten auf regionalem wie nationalem Niveau gezeigt, wie wichtig das Thema sei. Im Futuroskop von Poitiers (eine Art Tempel der „Internauten„, wie die Franzosen die Internetgemeinde vorzugsweise nennen) trafen sich über 600 Verantwortliche – unter anderen die Nationalen Bildungsinspektoren – zum Meinungsaustausch und zur Schaffung neuer Arbeitsgruppen. Eine Unzahl „Runder Tische„ – etwa zur Konvergenz und zu den neuen Multimediaindustrien – tauscht sich regelmäßig mit den öffentlichen Internetforen aus, die in diesen Zusammenhängen besonders aktiv sind. Regelmäßige Internettage tragen erheblich zur „Sensibilisierung der Bevölkerung„ bei. Mit deutlicher Unterstützung durch ein Förderprogramm unternahm Frankreich innerhalb von zwei Jahren die komplette Umstellung des seit 1983 in Frankreich eingeführten Minitel auf den Internetstandard; der Gewöhnungsvorsprung, den die französischen Haushaltungen durch Minitel haben, ist ein unbestreitbares Asset der Franzosen: Der Computerbildschirm und das Netz müssen nicht erst mühsam die privaten Haushalte erobern, sondern sie sind schon lange da.

Ganz besondere Aufmerksamkeit legt Frankreich auf die internationalen Aspekte der Informationsgesellschaft. In enger Zusammenarbeit mit der EU schaltete sich Frankreich aktiv in die Reformvorhaben für die Vergabe von Internet-Domainnamen ein. Die Internationale Telekommunikations-Union (ITU, eine UN-Organisation in Genf) hat den französischen Vorschlag für ihre Stellungnahme dazu übernommen. Frankreich legte ein Memorandum zum e-commerce vor und nahm zum Grünbuch der EU zur Konvergenz Stellung. Die Rolle des Premierministers, „der auf Auslandsreisen das Engagement Frankreichs in der Informationsgesellschaft stets hervorhebt„, habe inzwischen schon gemeinsame Erklärungen Frankreichs mit den USA, Finnland, Kanada sowie mit China hervorgebracht. Während für Kanada wohl der naheliegende Grund der Frankophonie die Initiative erklärt, darf für die anderen Länder getrost auch ein besonderer Außenhandelseffekt unterstellt werden.

Im Oktober 1999 fand ein auch in Frankreich weithin beachtetes deutsch-französisches Treffen zur Informationsgesellschaft statt, das die beiden Stiftungen Robert Schuman und Jean Jaurès zusammen mit der Friedrich-Ebert-

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Stiftung in Paris organisierten. Die Beteiligung der beiden Außenminister beim Empfang im Quai d‘Orsay unterstrich die Bedeutung der Konferenz, aus der heraus sich die ersten Schritte zur Bildung von Arbeitszusammenhängen über den Rhein hinweg entwickeln [In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass in den französischen Portalen zur Informationsgesellschaft sowohl im Hinblick auf die internationalen Links als auch bei den „Referenztexten„ die deutschen Beiträge nicht aktuell sind: Im Februar 2000 war das neueste Papier, das in englischer Sprache vorliegt, das IuKDG. Bei den anderen europäischen Ländern hingegen sind die französischen Seiten sogar aktueller als die des UN-Observatoriums für die Informationsgesellschaft.].

Schon in der zweiten Phase des PAGSI, die bis Ende 2000 angesetzt ist, wird Frankreich nach den vorliegenden Zwischenberichten die Anfang 1999 vom CISI gesetzten Meilensteine erreichen. Man muss kein Prognostiker sein, um von der auch für den August 2000 stattfindenden Sommeruniversität in Hourtin angekündigten Grundsatzrede von Lionel Jospin neue ehrgeizige Ziele zu erwarten. Dafür wird schon die putzmuntere (zum Teil internationale) Truppe rund um Jean-Noël Tronc (primärer Berater des Premierministers) sorgen, die Jospin unter der Leitung von Bernard Candiard (Le Service d'Information du Gouvernement – S.I.G.) im Elyseepalast eingerichtet hat.

Die „Enkulturation nach Maß„ seitens einer nicht nur aktivierenden, sondern eindeutig aktiven Politik ist im WWW unter den Portalen AdmiFrance.fr sowie unter Internet.Gouv.fr zu verfolgen. Die aktivierende Politik ist wahrscheinlich der einzig gangbare Weg in einer modernen Marktwirtschaft für die privatwirtschaftliche Seite. Die Verwaltungen sowie die Internetpolitik brauchen immer noch und auf lange Zeit den aktiven Staat. Frankreich gibt hier ein für unser Nachbarland vielleicht maßgeschneidertes Muster vor. Die Verwaltungen werden im ganzen Land eher „zwangsmissioniert„ denn nur „sensibilisiert„. Verwaltungen überall auf der Welt haben jahrhundertelang in Strukturen operiert, wo die Vorschrift und nicht die Eigeninitiative den Handlungsrahmen absteckte. Es ist zweifelhaft, ob man auch in einer „Informationsgesellschaft„ jemals einen Staatsbeamten dazu auffordern kann, er möge doch höhere persönliche Risiken eingehen und auch mal „fünfe grade sein lassen„, eine Verhaltensweise, die man mit gutem Grund jungen Startupunternehmern predigt. Hier ist angesagt, die Verwaltungsmaschinerie mit massiven Zielen (und nicht zuletzt: massiven Mitteln bis hin zu Experimentierklauseln) auf den Weg in die Informationsgesellschaft in Marsch zu setzen.

Schwieriger ist es, der im freien Wildwuchs entstandenen Internetgemeinde die Notwendigkeit einer aktiven Internetpolitik beizubringen. Aber auch hier leistet der französische Staat in seiner ganzen institutionellen Pracht Vorbildliches. Ein gutes Dutzend von Abgeordneten der Nationalversammlung (gewiss mit einem Schwerpunkt bei den Sozialisten) bringt nahezu im Wochentakt Initiativen und Gesetzesvorlagen ein. Die staatlich ernannten „Berichterstatter„ (Missionschefs) legen feinziselierte Umsetzungspapiere vor. Und einige Senatoren gehören geradezu der Vorkämpferschar für eine Informationsgesellschaft an, darunter der „Vater„ der Technologiestadt Sofia-Antipolis, der hochangesehene Senator Pierre Lafitte. Diese Aktivitäten werden über das Web unter

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„internet.gouv„ unmittelbar kommuniziert, und es wird aktuell über den jeweiligen Vorstoß informiert. Zu nahezu jedem Text sind Aufforderungen zur spontanen Mitwirkung (oder wenigstens Meinungsäußerung) per E-mail beigefügt. Auf diese Weise entsteht – nachvollziehbar – ein Diskurs mit der Fachöffentlichkeit und den ganzen „Internauten„, der gewiss nicht zu einer unmittelbaren „Kollektivredaktion„ für Regierungspläne führt, aber eben auch nicht eine reine „Abnickerversammlung„ ist.

Gesetz zur Informationsgesellschaft

Augenscheinlicher Beweis dafür ist, wie die französische Regierung die neueste Etappe ihres ehrgeizigen Programms angeht. Als erstes Land der Welt packt Frankreich die Aufgabe an, ein „Gesetz zur Informationsgesellschaft„ voranzubringen. Der im August angekündigte Entwurf wurde in den beiden letzten Monaten des Jahres 1999 ins Netz gestellt, um Kommentierungen von jedermann zu ermöglichen. Das Gesetz versucht, einen umfassenden Rechtsrahmen zu schaffen, die einzelnen Abschnitte sind in der Diktion einer veritablen Verfassung formuliert.

Vornan steht im Gesetzentwurf „die Sicherung der freien Online-Kommunikation, verbunden mit den Rechten und Pflichten des Einzelnen„:

  • Online-Kommunikation ist frei;

  • Klärung der Verantwortlichkeiten aller Akteure (Verleger, technische Intermediäre);

  • Sicherung einer Regulierung von Inhalten (freiwillige Selbstverantwortung der Akteure, Schutz der Öffentlichkeit);

  • Anpassung der intellektuellen Eigentumsrechte an die Erfordernisse der Online-Kommunikation;

  • Klärung der Domain-Namensvergaben im Internet;

  • Beachtung des Persönlichkeitsdatenschutzes.

Der zweite Abschnitt behandelt den „Zugang der größtmöglichen Nutzerzahl für die Netze der Informationsgesellschaft„:

  • Unterstützung des Internet-Zugangs;

  • Entwicklung des Zugangs zum Hochleistungs-Internet;

  • Anpassung des Regulierungsrahmens für Telekommunikationsdienste;

  • Garantierter Zugang zu Decodern unter fairen, nichtdiskriminatorischen Bedingungen;

  • Vorbereitung des terrestrischen Digitalfernsehens;

  • Unterstützung der Entwicklung von Satellitensystemen.

Die Sorge um „Datensicherheit und die Zuverlässigkeit von Online-Transaktionen„ nimmt der dritte Abschnitt auf:

  • Schutz der Verbraucherrechte bei elektronischen Transaktionen;

  • Sicherstellung der Transparenz über die Netze;

  • Identifizierung und obligatorische Meldungen;

  • Speicherung von Verbindungsdaten;

  • Kenntlichmachung von Werbeinhalten;

  • Behandlung von unerwünschter kommerzieller Kommunikation (u.a. spam mails);

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  • Sicherstellung der Referenztransparenz: Jahresberichte und Untersuchungen;

  • Widerspruchsrecht;

  • Anerkennung von elektronischen Dokumenten und Signaturen;

  • Kampf gegen die Kriminalität (u.a. Schaffung einer Zentralinstitution gegen Computerkriminalität);

  • Kampf gegen Daten-Piraterie;

  • Schutz der vitalen Netze (Infrastrukturen) des Landes.

Ein eigener Abschnitt ist der „öffentlichen Konsultation„ über das Gesetz gewidmet. Hunderte von Stellungnahmen und Änderungsvorschlägen werden ausgewertet – alles im Netzforum nachlesbar. In Sachen „öffentlicher Diskurs„ zeigt Frankreich eine „best practice„, die in den Nachbarländern nicht nur aufmerksamer beachtet, sondern schlicht kopiert werden sollte.

Die Initiativen und die Diskussionen, die Programme und Projekte in Frankreich haben sich wie in einem Schneeballsystem zu einer veritablen Lawine vergrößert, die nur noch andeutungsweise in dieser kurzen Übersicht geschildert werden kann. So ist es kaum noch möglich, allein die aktuellen Budgets zu erfassen, denn bei jeder passenden Gelegenheit werden neue Füllhörner ausgegossen. Die Kulturministerin gab auf der Milia in Cannes [Auf dieser Weltmesse des Contents ist zum Beispiel Deutschland ausschließlich durch die Medien - und Filmgesellschaft Baden-Württemberg vertreten; dies interessiert aber mehr die Kostenkommissare als die Feuilletons.] im Februar 2000 ein zusätzliches Förderprogramm [Der Vergleich mit den Budgets des deutschen Beauftragten für Kultur und Medien (rund 10 Mio. DM) ist schwierig, weil hier der größte Budgetanteil in den Bundesländern liegt.] für die Contentproduzenten in Höhe von 50 Millionen Francs bekannt, das Wirtschaftsministerium schrieb eine Woche später einen Gründerwettbewerb für Multimediaunternehmen aus, der mit der dreifachen Summe dotiert ist.

Frankreich hat bei seinem Weg in die Informationsgesellschaft gerade für die wichtigen ersten Schritte als Verbündeten seinen spezifischen Mix aus progressiver Experimentierfreude und konservativem Funktionalismus: Es hat vermieden, den ganzen schweren Weg der Liberalisierung und Privatisierung zu gehen, es hat mit den großen Metropolen (insbesondere Paris) hervorragende Innovationscluster, und es kann (insbesondere bei den Verwaltungen, aber auch zum Teil in der Wirtschaft) den „Ruck„ verordnen und den „aktiven Staat„ als Player einbringen. Für die nächste Etappe des Weges – der Verbreiterung der technischen und kompetenzmäßigen Basis – wird allerdings noch viel zu tun sein. Die Infrastrukturen der Technik, der Organisation und vor allem der Umgangsgewöhnung werden in Paris, Lyon und Marseille schon hundertprozentig sein, wenn im Massiv Central oder der Gascogne die ersten überlegen, ob dies auch für sie relevant sein könnte. Aber jede schriftliche Prognose fällt schwer, weil Frankreich ein solch ungeheures Tempo vorlegt. Wahrscheinlich steht schon in der nächsten Mailingliste von Laurence de Susanne schon all das als beschlossene Aktion, was man aufgrund einer Analyse gerne vorschlagen wollte.

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2.6 Spanien: Der Plan XXI

Im April 1999 beschloss das spanische Kabinett, die diversen Aktionen, Initiativen und Programme des Landes auf dem Gebiet der Informationsgesellschaft zu „integrieren„. Mit dem Königlichen Dekret vom 23. Juli wurde eine „Interministerielle Kommission der Informationsgesellschaft und der Neuen Technologien„ (CISI) [Die „Comisión Interministerial„ arbeitet unter dem Vorsitz des Ministers für Industrie und Energie, Mitglieder sind 12 Ministerien: „Ministerios de Fomento, Presidencia, Administraciones Públicas, Economía y Hacienda, Educación y Cultura, Justicia, Trabajo y Asuntos Sociales, Asuntos Exteriores, Defensa, Agricultura, Pesca y Alimentación (Land wirtschaft, Fischerei und Ernährung) y Medio Ambiente (Umwelt)„.] eingesetzt. Diese erarbeitete binnen eines halben Jahres einen umfassenden Aktionsplan mit dem Titel „INFO XXI – Die Informationsgesellschaft für alle„, der ausdrücklich als „Regierungsinitiative„ bezeichnet ist. Der Aktionsplan wurde noch rechtzeitig vor dem Jahr 2000 am 28.12.1999 ins Parlament eingebracht und mit dem Datum Januar 2000 veröffentlicht. Unter Bezug [Keinen Bezug nimmt der Aktionsplan auf den bereits am 14. April 1999 von Katalonien vorgelegten Aktionsplan, mit dem die prosperierendste Region Spaniens ihrer Vorreiterrolle gerecht wurde.] auf die EU 1994 als „Anfangspromotor mit dem Bangemann-Bericht„ sowie dem Dezembergipfel 1999 in Helsinki mit „e-Europe„ stellt der über 100 Seiten umfassende Aktionsplan zunächst die Notwendigkeit des gemeinsamen Vorgehens aller Akteure dar. Die IuK-basierten Industrien hätten ein überproportionales Marktwachstum, was zunächst mindestens 5% des Bruttoinlandsprodukts betreffe. Die öffentliche Hand habe die Verpflichtung, regulierend einzugreifen, um zu verhindern, dass die Marktkräfte zu ungleichen sozialen oder territorialen Verteilungen führen.

Die Regierungsaktionen entwickeln sich nach den sieben Prinzipien:

  • Schaffung eines geeigneten regulatorischen Rahmens;

  • Stimulierung der notwendigen Infrastrukturen;

  • Verbreitung der IuK-Technik in der öffentlichen Verwaltung zum Wohle der Bürger und der Unternehmen;

  • Unterstützung der Schaffung und Entwicklung der Technik durch die IuK-Unternehmen;

  • Förderung der allgemeinen Nutzung der IuK-Techniken speziell durch KMU;

  • Sensibilisierung der Bürger über die Vorteile des allgemeinen Gebrauchs von IuK;

  • Sicherstellung der gleichmäßigen Verbreitung der Chancen durch die Informationsgesellschaft;

Das Königliche Dekret verlangte zunächst einen Maßnahmenkatalog, der dann vom Wirtschafts- und Energieminister zusammen mit dem Obersten Rat für Informatik (Ministerium für öffentliche Verwaltung) und dem Beirat für Telekommunikation im „Ministerio de Fomento„ (etwa: Mittelstands- oder Strukturministerium) aufgestellt wurde.

Aus diesen Prinzipien leiten die spanische Regierung und speziell der Wirtschaftsminister folgende Primärmaßnahmen ab:

  • Marktliberalisierung in der Telekommunikation und die Entwicklung der IT-Infrastruktur. Vom Strukturministerium kamen 14 Gesetzesvorlagen und 102 Ausführungs-

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  • bestimmungen, unter anderem für den e-commerce und die Netzsicherheit.

  • Modernisierung der allgemeinen Staatsverwaltung. Diese diene vor allem der Effizienzsteigerung in allen Bereichen, auch wenn nicht alle Maßnahmen allen Bürgern gefielen.

  • Forschung, Entwicklung und Technologieinnovation. Hier wird vor allem die Koordination mit dem Nationalen Plan für FuE angestrebt, auch der neue Forschungsplan 2000–2003 enthalte einen bedeutsamen Anteil an Forschungen für die Informationsgesellschaft.

  • Entwicklung der IuK-Anwendung in der Erziehung. Seit 1996 intensiviert das Ministerium für Erziehung und Kultur seine Aktivitäten in diesem Bereich in breiter Form, unter anderem sind bereits 100.000 Lehrer ausgebildet und eine Reihe von Bildungsservern in Betrieb.

  • Schaffung von Arbeitsgruppen. Seit 1983 habe sich gerade für den Obersten Informatikrat die Informationslage so verändert, dass eine hohe Zahl von spezialisierten Arbeitsgruppen eingerichtet worden sind. Diesem Informatikrat wird nunmehr auch ein „Forum Informationsgesellschaft„ zur Seite gestellt, das 1998 vom Wirtschaftsminister ins Leben gerufen worden war.

  • Koordinierung der Aktionen der Ministerien. Die interministerielle Kommission übernimmt es, die gemeinsamen Aktionen der Initiative vorzuschlagen, um alle Ministerien einzubinden.

Die Initiative des Plan XXI wird in ihrer weiteren Entwicklung zehn zentrale strategische Ziele berücksichtigen:

  1. Informationsgesellschaft für alle. Jegliche Diskriminierung muss ausgeschlossen werden, jeder Bürger muss sich ohne Ausnahme beteiligen können, um die Vorteile für sich zu nutzen.

  2. Eine Gesellschaft mit dem Ziel von „Bildung„ und „Arbeitsplätzen„. Hier gelte es vor allem, die „Infomarginalisierung„ (infomarginalidad) zu vermeiden [Die „infomarginalidad„ ist praktisch gleichbedeutend mit dem „digital divide„ der USA, wobei in Spanien die Ethnien eine noch untergeordnete Rolle spielen Wie würde ein Ausdruck wie „Infomarginalität„ wohl in Deutschland wirken?] .
    Mit höherer Qualifikation eröffnen sich neue Arbeitschancen, daher sollten Schüler und Studenten frühzeitig mit den neuen Techniken vertraut gemacht werden.

  3. Eine Gesellschaft mit der angemessenen Infrastruktur und dem Rechtsrahmen für die digitale Ökonomie. Infrastrukturen sind „unverzichtbare Vorbedingung des Erfolgs der Initiative„, der Rechtsrahmen müsse sehr flexibel sein, um kein Hemmnis darzustellen. Jedoch sollen sowohl das Urheberrecht als auch der Daten- und Persönlichkeitsschutz garantiert werden können.

  4. Eine Gesellschaft, die ihre Kultur voranbringt. Unter anderem bringe die Integration des Internet mit dem Fernsehen die neuen Möglichkeiten des interaktiven Fernsehens und damit die Entwicklung kreativer Inhalte. Hier sei im spanischsprachigen Raum mit großem Wirtschaftswachstum zu rechnen.

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  5. Eine Gesellschaft mit mehr Lebensqualität und mehr Solidarität. Hier seien von der Telemedizin bis zur Verkehrstelematik, von der Fernbibliothek per Internet bis zu „virtuellen Städten„ und nicht zuletzt im Umweltschutz große Entwicklungspotentiale vorhanden.

  6. Eine Innovationsgesellschaft für neue Handelsformen und neue Industrien. Neben den eher kurzfristigen Projekten soll auch die Grundlagenforschung in den Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen gesichert werden.

  7. Eine Gesellschaft mit mehr Präsenz auf dem Weltmarkt. Der e-commerce habe die Arbeitsstrukturen völlig verändert. Über das Internet haben jetzt auch kleine Firmen ihren Zugang zum Weltmarkt. Bei aller Unterstützung des e-commerce ist es aber auch wichtig, Vertrauen zwischen Unternehmen und Kunden zu schaffen, speziell bei den Zahlungssystemen und im Verbraucherschutz.

  8. Eine transparente und bürgerorientierte Verwaltung. Mit dem Internet könne der Bürger sich direkt, sogar von zu Hause, an seine Verwaltung wenden, die mit dem Einsatz der Technik eine hohe Effizienzsteigerung erfahre. Neben der Verwaltungstransparenz werden jetzt auch Bürgerbeteiligungen in anderen politischen Angelegenheiten möglich, die öffentlichen Stellen bekämen direktere Rückkopplung von Meinungen und Kommentaren.

  9. Eine Gesellschaft mit einem starken Unternehmensnetzwerk. Beim Übergang in die Wissenswirtschaft müssen die Unternehmen hinsichtlich neuer Technologien und Märkte ihre Chancen nutzen, um die Wettbewerbsfähigkeit auszubauen.

  10. Eine Gesellschaft des Ausgleichs. Gerade in einem liberalisierten Markt kann es zu einem Ungleichgewicht von Infrastrukturen kommen, die sich dann einseitig bei den wirtschaftskräftigsten Zonen konzentrieren. Es muss sichergestellt werden, dass mit dem Zugang einer wachsenden Zahl von Bürgern zu den Hochleistungsnetzen die Implementierung der Informationsgesellschaft erfolgen kann.

Ein Hauptaugenmerk legt der Plan XXI auf die Koordinierung mit vorhandenen Plänen, vor allem mit dem nationalen Plan für wissenschaftliche Forschung, Entwicklung und technologische Innovation. Dieser Plan wurde 1986 aufgestellt und jeweils jährlich fortgeschrieben und wies die klassische Dreiteilung von unspezifischer und spezifischer Grundlagenforschung sowie von sektoralen Projektforschungen auf. Es „erscheine jetzt die Notwendigkeit evident, die künftigen Vorhaben der Ministerien zu koordinieren, wobei noch über den besten Weg zur Erreichung der Synergie entschieden werden muss„. Die beiden Programme sollten durch wechselseitigen konstanten Dialog notfalls mit „neuen Transparenzschaffungsinstrumenten„ schließlich zu einer „sehr engen Koordinierung„ führen.

Koordiniert werden soll der Plan XXI auch mit dem Nationalen Beschäftigungsplan, denn auf mehreren Gebieten der Initiative erschienen neue Jobchancen:

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  • Erziehung, Aus- und Fortbildung für neue Technologien

  • Nutzung der IuK-Technik in der Aus- und Fortbildung

  • Schaffung neuer Unternehmen und Dienstleistungen

  • Modernisierung der Arbeitsorganisation

  • Telearbeit

Spanien betont hier die Leitlinien der EU sowie insbesondere die Beschlüsse des Gipfels von Helsinki, auf deren Basis „das maximale Potential der Beschäftigung der Informationsgesellschaft„ erreicht werden könne. Entlang der vier Hauptachsen

  • Infrastrukturen

  • Rechtsrahmen

  • Verpflichtung des Wirtschaftssektors

  • Sensibilisierung der öffentlichen Meinung

werden sieben Aktionslinien verfolgt: Betonung von Erziehung und Ausbildung, Arbeitsplatzschaffung, Zuwachs an Innovationen, Effizienzsteigerung, soziale Kohäsion, Lebensqualität (hier insbesondere der Kultur) und Außenbild Spaniens (mit deutlicher Hinwendung zur spanischsprachigen Welt).

Hauptmotor der Initiative ist eindeutig das Wirtschaftsministerium, das auch von den innerhalb von drei Jahren vorgesehenen ministeriellen Budgets von insgesamt 420 Milliarden Peseten [Rund 2,8 Mrd. Euro.] mit fast 200 Milliarden die Hälfte der kurzfristig verfügbaren Gelder ausgibt. Nach 2004 soll das Programm auch längerfristig fortgesetzt werden.

In keinem Land platziert sich ein Aktionsprogramm der Regierung derart deutlich mit einer Koordinatorenrolle. Neben den erwähnten Programmen ist auch die Koordination der Aktionen der Verwaltungsorgane, speziell auch mit dem Rat für Informatik, dem Beirat für Telekommunikation und dem Rat für Wissenschaft und Technologie vorgesehen. Mit den autonomen Regionen (s.u. den Abschnitt über Katalonien) soll immerhin eine Zusammenarbeit („colaboración„) angestrebt werden.

In der Aktionslinie 4 ist das herausragende Ziel die Schaffung eines integrierten Verwaltungsnetzes („Intranet Administrativa„) für öffentliche Dienstleistungen. Noch liege Spanien mit seinen rund 200.000 PC in der Verwaltung (1998) zurück, jedoch werde die Beschaffung jetzt forciert. Unter Bezugnahme auf das französische Aktionsprogramm stellt der Plan XXI ausführlich dar, dass die „elektronische Verwaltung„ hohe Effizienzsteigerungen bringen kann. Diese Rationalisierung sei durchaus im Sinne des Bürgers, der weniger zu bezahlen habe. Eines der wichtigsten Projekte sei die Schaffung des „Einheitlichen Fensters 2„ (Ventanilla Única 2), also eines allgemeinen Verwaltungsportals.

Die Aktionslinie 7 (Außenbild Spaniens) strebt ab 2003 eine verstärkte Kulturarbeit an. Angekündigt wird dies ohne Umschweife mit dem Aktionsziel „spanische Kultur bis in den letzten Winkel der Welt„. Dafür werde dann auch das weltweit tätige Institut Cervantes [Vergleichbar dem Goethe-Institut.] verstärkt eingesetzt. Ein vordringliches Ziel sei die Erhöhung der spanischen Webseiten, aber auch der Kulturtourismus und nicht zuletzt die Unter-

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stützung der spanischen „Zweitsprachler in Ländern wie Brasilien und einigen Staaten der USA„. In der heutigen Welt gebe es 21 voll spanischsprachige Länder, die ihre Alltagssprache „verteidigen und entwickeln„. Konkret gehe es um die Normierung [Man muss hier die starke Stellung der Königlichen Akade mie für die spanische Sprache berücksichtigen; diese operiert mit Normierungen wie die Akademie Française, nicht populistisch wie zum Beispiel das Institut der Deutschen Sprache.] der Sprache, der Lexika, der Grammatik und der Orthografie. Online-Dienste sollen eingerichtet werden für Fragen der Normierung der wissenschaftlichen Terminologie, der Computerlinguistik sowie der Sprachforschung. Eine Koordinierung der (ausdrücklich auch industriellen) Forschungsprojekte etwa zur Sprach- und Stimmenverarbeitung wird angestrebt.

Man kann ohne Abstriche sagen, dass Spanien mit dem Plan XXI eine „Großoffensive zur Verbreitung der Informationstechnologie„ eingeleitet hat und diese mit weit ausgreifenden Schritten in Richtung einer europäischen Informationsgesellschaft mit deutlichen hispano-kulturellen Aktivzielen umsetzt.

Katalonien am Netz

Die Region Katalonien hatte schon im Frühjahr 1999 ihre – vom Regionalparlament verabschiedete – Strategie in einem 100 Seiten umfassenden Aktionsplan vorgelegt (Plan Estratégico para la Sociedad de la Informacíon), der in den letzten Monaten des Vorjahres vom Comisionado (Kommissionsbüro) für die Informationsgesellschaft sowie von LOCALRET (Lokales Konsortium für die Entwicklung der Telekommunikationsnetze und der neuen Technologien) erarbeitet worden war. Das Comisionado wurde als Agentur von der katalonischen Regionalregierung eingesetzt, die Initiative LOCALRET repräsentiert die Mehrheit der Kommunen. Unter Hinzuziehung von rund 250 Experten aus allen Sektoren Kataloniens sowie Vertretern aus den umliegenden Regionen (z.B. Valencia) wurde dieser Strategieplan als eine „koordinierte Aktion auf nationalem und internationalen Niveau„ positioniert.

Die sieben Themenkreise („ambitos„) zu

  • Gesellschaftsrahmen (als Querschnittsthema mit den Schwerpunkten Fiskalpolitik und Katalanisch);

  • Infrastrukturen und Basisdienste (Schwerpunkt Netzzugänglichkeit);

  • Industrie, Handel und Content (Schwerpunkt Wirtschaftsaktivität);

  • Erziehung und Ausbildung (Schwerpunkt Interaktivität);

  • Administration und Bürgerdienste (Schwerpunkt Integration von Netzen und Diensten);

  • Gesundheit und Lebensqualität (Schwerpunkt Qualität von Diensten);

  • Gesellschaft und kultureller Wandel (Schwerpunkt „Participación„ – Mitbeteiligung)

stellen eine durchaus ambitionierte Vision für diese prosperierendste Region Spaniens dar, die sich in ihrer Vorreiterrolle gegenüber dem zentralen Madrid, vor allem aber durch ihre eigenständige Kultur und Sprache in einem größer werdenden Europa erkennbar wohl fühlt. Man braucht denn auch nicht lange zu lesen, um schon in der dritten erwähnten Einzelinitiative

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auf die „Förderung der Präsenz der katalanischen Sprache in der Informationsgesellschaft„ zu stoßen, wobei es gelte, dem Katalanischen im Internet eine „gleiche Vorbedingung wie für die anderen Weltsprachen„ zu schaffen [An dieser Stelle sei die Entschuldigung an die Katalanen angebracht, dass hier die Version in der Weltsprache Spanisch und nicht in der Weltsprache Català zugrunde gelegen hat: perdó si us plau!] .
Auch die katalanischen Spitzenforschungsinstitute, deren Budgets in den nächsten drei Jahren verdreifacht werden sollen, orientieren sich in der ersten Einzelaktion vor allem an der „Zusammenarbeit mit allen internationalen Weltzentren„ und weniger am nationalen Rahmen. Die Identifikation aller Akteure einer scharf profilierten Region – Katalonien gehört ja seit den achtziger Jahren zu den „vier Motoren„ der europäischen Regionen – machte es möglich, dass sich die Arbeitsgruppen der sieben Themenkreise mit je drei Sitzungen innerhalb von drei Monaten hinter dem Konsenspapier versammeln konnten. Der Unterschied zum „gouvernementalen„ Aktionsplan Spaniens, der noch viel „Koordinierungsarbeit„ vor sich hat, wird deutlich.

Ohne Zweifel hat der katalonische Strategieplan den spanischen Aktionsplan beflügelt (auch wenn im Aktionsplan kein Bezug darauf genommen wird): In fast allen Vergleichsgrafiken wird nicht etwa nur Katalonien, sondern eben auch Spanien mit den anderen Ländern verglichen, wo das Mutterland praktisch auf allen Gebieten (Internetdichte, Relation Student pro PC [Spanien 41,2; Katalonien 30; Deutschland 20,3.] , IT-Umsätze etc.) eher als Schlusslicht im Vergleich zu den großen EU-Ländern dargestellt wird. Katalonien weist auf Nachholbedarf hin, und es will bei dem weiteren Infrastrukturausbau auf Weltniveau mithalten: Schon in zwei Jahren sollen unter anderem die Kapazitäten der Einwahlknoten („Giga-PoP„) sowie die oberen Telekommunikationsnetzebenen („red troncal de banda ancha„, also die „Datenautobahnen„) der angewachsenen Internetkommunikation angepasst sein. Eine Vielzahl konkreter Vorhaben zeigt, dass Katalonien seine Vorreiterrolle weiter spielen will, das Spektrum reicht von der Einrichtung digitaler Bibliotheken (wie zu vermuten für das katalanische Kulturerbe) bis hin zur Breiteneinführung einer Gesundheits-Chipkarte, für die eigens eine neue „Agentur für gesundheitliche Information„ aufgebaut wird. Im Bereich der Bildung und Ausbildung wird wie in ganz Spanien der wichtigste Ansatzpunkt gesehen; eine „virtuelle Börse für Unterrichtsmaterialien„ wird eingerichtet. Es erübrigt sich fast zu sagen, dass Katalonien längst den Digital Divide erkannt hat und in den schlecht versorgten Gebieten und Sektoren mit erheblichen Investitionen für Abhilfe sorgen wird.

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2.7 Italien: Masterplan und Forum

Italien reagierte regierungsoffiziell erst spät auf die Impulse der EU. Einige Arbeitsgruppen – vornehmlich aus der Wissenschaft sowie rund um die Elektronikfirmen des Raums Mailand/ Bologna – nahmen selbstverständlich an einschlägigen EU-Projekten teil. Ob es die regelmäßigen Regierungskrisen waren, oder ob andere inneritalienische Gründe dafür verantwortlich sind, bleibt im Bereich der Spekulation. Eher untergeordnet sind etwaige Probleme, die aus der langen Parteienkrise in Italien stammen könnten: Nirgends in Europa ist die „Informationsgesellschaft„ ein heftiges Parteienthema, zum

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einen, weil es kaum Polarisierungsmöglichkeiten gibt, zum anderen, weil das Thema außerhalb des Kreises der Fachleute zum Leidwesen der Gewählten praktisch nicht interessiert – weder die Stammtische noch den berühmten Mann auf der Straße.

Nach einer zweijährigen Vorarbeit einer im Kabinettsauftrag arbeitenden gemischten Kommission (die in allen Ländern Europas identifizierten „Fachleute aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft„) wurde im Herbst 1998 eine Kabinettsvorlage erstellt. Am 5. Februar 1999 gab der Ministerpräsident per Regierungsdekret die Struktur bekannt, in der sich der italienische Aktionsplan für die Entwicklung der Informationsgesellschaft organisiert:

  • Regierungskomitee unter Vorsitz des Präsidenten des Ministerrats

  • Interministerielle Studien- und Arbeitsgruppe

  • Forum für die Informationsgesellschaft

Die Regierung betonte dabei, dass „die Entwicklung der Informationsgesellschaft das zentrale Ziel des Aktionsplans sein solle„. Das Forum stellt mit seinem „flexiblen Charakter„ die zentrale Neuerung in der Informationsgesellschaftspolitik dar und umfasst unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten (damals Massimo D’Alema) sowie unter Koordination von Giuseppe Rao als Arbeitsorganisation:

  • Öffentliche Institutionen

  • Gebietskörperschaften (Regionen, Provinzen und Kommunen)

  • Sozialpartner

  • Universitäten

  • Forschungseinrichtungen

  • Bürgerschaft (das Forum ist für jedermann offen, der einen Beitrag leisten will).

Die Arbeitsgruppen des Forums kooperieren auch untereinander und definieren sich in „voller Übereinstimmung mit dem 5. Rahmenprogramm der EU sowie den Strukturfonds der EU 2000–2006„. Unter dem Vorsitz von jeweils einem Wissenschaftler bzw. hohen Staatsbeamten arbeiten fünf Gruppen:

  1. Netzinfrastrukturen und Technologie: Für den Aufbau der Informationsgesellschaft sei die Existenz von Festnetzen und Funknetzen, über die schnelle und qualitativ hochstehende Dienste abgewickelt (auf italienisch: „veicolare„, also „gefahren„) werden können, von fundamentaler Bedeutung. Neben den weiteren Entwicklungen der IP-Netze vor dem Hintergrund der Konvergenz von Sprache, Video und Daten wird besonderes Augenmerk auf Strategien gelegt, wie die Breitbandnetze für neue Dienste ausgebaut werden können. In diesem Zusammenhang weist die Arbeitsgruppe nachdrücklich darauf hin, dass die Prozesse der Liberalisierung die Investitionen in die Netze verlangsamen können. Grund seien die erheblichen Kosten der notwendigen Erdarbeiten, die sich nur schwer wieder hereinspielen lassen.

  2. Beschäftigung, Industrieorganisation, Arbeitsformen und Berufsbilder: Die breiteste Debatte im Zusammenhang mit neuen IuK-Techniken sowie der Informationsgesellschaft generell gelte den Arbeitsplätzen, die einerseits geschaffen und andererseits zerstört würden. Schon jetzt sei evident, dass die Wis-

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    sensgesellschaft nicht nur den Arbeitsmarkt neu definiert habe, sondern auch das Entstehen neuer Berufsbilder [E' evidente tuttavia che la knowledge-based economy ha ridefinito non solo la struttura del mercato del lavoro, ma anche la qualità delle attività e quindi la varietà delle figure professionali.] .
    Dies komme in Italien mit großer Verzögerung, vor allem im Sektor der KMU, für die am meisten Nutzen der neuen Techniken möglich sei. Außerdem sei der mögliche Nutzen von Online-Diensten – u.a. für die Firmenorganisation – weitgehend noch unverstanden. Daher empfiehlt die Arbeitsgruppe eine eingehendere Arbeitsplatzwirkungsstudie, die auch zu untersuchen habe, welche öffentlichen Interventionen geeignet seien, nicht nur die Schaffung von Arbeitsplätzen, sondern auch die Entwicklung neuer Industriemodelle zu stimulieren.

  3. Medienkompetenz, Fortbildung, Didaktik und Forschung: Die Arbeitsgruppe befasst sich mit dem „Aufbau einer Informatikkultur der Bürger„. Die Informationsgesellschaft habe die Mitbeteiligung der Bürgerschaft („cittadinanza„) neu definiert, es sei eine der großen Herausforderungen der gegenwärtigen Gesellschaft, allen das Recht auf den Zugang zu einem Universaldienst zu verschaffen. Dieser Universaldienst sei auf jeden Fall „nicht auf den einfachen Telefondienst beschränkt„, vielmehr müsse der Zugang zu schnellen und sicheren Netzen sichergestellt werden. In Sachen Fortbildung bei neuen Medien überschneide sich die Gruppe direkt mit der AG Beschäftigung, wo man gemeinsame strategische Ansätze (auch zusammen mit der Wirtschaft) suchen müsse. Eine der ganz entscheidenden Problematiken liege in der Forschung, wo es zwar zahlreiche unbestrittene Fälle von Exzellenz gebe, aber in der Breite noch großer Nachholbedarf vorliege. Priorität habe in der Konvergenzdiskussion die Beschäftigung mit den Punkten Medienkompetenz („alfabetizzazione informatica„), Ausbildung in allen Schultypen, Fortbildung, Forschung, Freeware und Verbreitung der Dienste.

  4. Services und Inhalte: Die Entwicklung des Internet und der Diensteanbieter [Die Betonung der volkswirtschaftlichen Bedeutung von Diensteanbietern mit technischer Infrastruktur erklärt ein Stück weit auch das Scheitern des Übernahmeversuchs der Telecom Italia durch die Deutsche Telekom nach einer politischen Protestwelle im Jahr 1999.] werden als „fundamentale Elemente„ des Wachstums für ganz Italien angesehen. Es gelte, so die Arbeitsgruppe, den „circulus vitiosus„ von Netz- und Diensteentwicklung zu überwinden. Es werden mögliche staatliche Impulsgebungen untersucht, um nicht nur die ökonomischen Online-Dienste, sondern eben auch soziale und kulturelle Dienste voran zu bringen. Mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt man die Möglichkeiten von Diensten im Rahmen der heutigen Infrastruktur sowie Initiativen für die KMU und die SOHO (Small Office Home Office), um diese auf die Zukunft in den „sicheren und leicht zugänglichen Breitbanddiensten„ vorzubereiten. Gegenwärtig gebe es in Italien noch enge Grenzen bei der Entwicklung innovativer Dienste. Als zweites großes Thema wird die Entwicklung der Contentindustrie gesehen. Das gesamte kulturelle Erbe Italiens – und nicht nur das historische – stelle einen Reichtum dar, der so

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    breit wie möglich durch multimediale Produktionen valorisiert werden müsse.

  5. Öffentliche Verwaltung und Dienste im Netz: Die öffentliche Verwaltung von Grund auf zu reformieren (im Italienischen nach anglophonem Muster „neu erfinden„ – reinventare), um eine „bessere Verwaltung mit geringeren Kosten für die Gemeinschaft„ zu bekommen, sei eine der großen Notwendigkeiten zu Beginn des dritten Jahrtausends. Gerade hierfür böten die Techniken der Informationsgesellschaft eine außerordentliche Chance. Daher unterstütze die Arbeitsgruppe „alle nützlichen Aktionen in Richtung auf dieses Ziel„ sowohl im Hinblick auf technische Implementierung als auch auf kulturelle Verbreitung. Der Prozess solle alle Verwaltungen erfassen, von der Zentralregierung bis zu den lokalen Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen.

Alle diese Erkenntnisse und Ziele wurden von Koordinatoren der Arbeitsgruppen für die nationale Konferenz über den „Aktionsplan Italiens für die Entwicklung der Informationsgesellschaft(Piano di Azione dell'Italia per lo Sviluppo della Società dell'Informazione) eingebracht. In weiteren Initiativen des Forum Informationsgesellschaft werden einzelne Arbeitsgruppen unterstützt sowie deren Veranstaltungen, die Organisation von Konferenzen und Arbeitstreffen. Regelmäßig sollen Zusammenkünfte stattfinden, auf denen dem Präsidenten des Ministerrats berichtet wird. Eine italienische Besonderheit ist ein internationales Verbindungsbüro als Funktion des Außenministeriums, das seit März 1999 die Einbindung in die internationalen Organisationen sicherstellen soll.

Zur Koordinierung der Aktivitäten der Gebietskörperschaften wurde am 22. April 1999 auf der großen Regierungskonferenz mit den Regionen, Provinzen und Kommunen beschlossen, gemeinsam aktiv bei der Initiative für die Informationsgesellschaft mitzuwirken. Übereinkunft wurde erzielt, dass sich die Informationsgesellschaft vor allem auf lokalem Niveau entwickeln müsse. Die Präsidenten der Regionen, der Union der Provinzen und des nationalen Verbandes der italienischen Kommunen drückten ihre Befriedigung darüber aus, dass der Regierungschef diese „maximale Beteiligung„ ermöglicht habe. Die Konferenz beschloss auch, das Turiner Modell – erarbeitet von der Region Piemont, der Provinz und der Stadt von Turin – im Hinblick auf „best practices„ zu evaluieren, sowie die Koordination aller Gebietskörperschaften bei der Mitarbeit im Forum.

„Il Masterplan rappresenta un valido strumento di gestione da implementare e utilizzare per rendere più incisiva l'azione integrata delle Amministrazioni„ ist die regierungsoffizielle Meinung, die also den „Masterplan für einen validen Implementierungsansatz (…) für eine integrierte Aktion der Verwaltung„ hält. Jedoch schreibt der Rapporteur der Regierungskonferenz etwas bitter, dass es eine „unlösbare Aufgabe sei, die italienische Verwaltung zu reformieren„. Und dies erscheint als eine ehrliche Aussage, die sich auch in anderen Ländern gut treffen ließe, wo auch der breiteste Computereinsatz eine Verwaltungsreform an Haupt und Gliedern nicht ersetzt.

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2.8 Portugal: Demokratiestärkung

Das portugiesische „Grünbuch zur Informationsgesellschaft„ vom Mai 1997 unterscheidet sich von anderen untersuchten Aktionsprogrammen insbesondere durch den Grundtenor, der vor allem die Chancen einer demokratiestabilisierenden Informationsgesellschaft hervorhebt: „Es geht um die Erfüllung demokratischer Prinzipien und um den Kampf gegen diskriminierenden Ausschluss (exclusion). Technologie bestimmt keine Werte oder Aktionen, unsere unverminderte Verantwortung bleibt in jedem Fall des technischen Wandels erhalten„, schreibt José Mariano Gago (Ministro da Ciência e da Tecnologia). Wie kein anderes Land betont Portugal die Janusköpfigkeit der Technik [Keine technische, sondern eine politisch -soziale Herausfor derung: „Não se trata de um desafio técnico, mas eminentemente político e social„.]. Die Informationstechnologie sollte vor allem dafür benutzt werden, die Kräfte der Bürger freizusetzen und Freundschaft wie Kameradschaft „in planetarischem Maßstab blühen zu lassen„. Aber die neuen Technologien könnten auch benutzt werden, um die Menschen leichter zu kontrollieren und zu registrieren, die freie Meinung zu überwachen und zu bestrafen, Personen zu belästigen und wissenschaftlich zu foltern. „Wir sind keine Technologen. Indem wir das generelle, verführerische und scheinbar neutrale Motto der „Informationsgesellschaft„ übernehmen, nehmen wir ihm seine falsche Neutralität und stellen uns auf die Seite der Bürger gegen den Ausschluss, auf die Seite der Freiheit gegen die Unterdrückung (speziell der Unterdrückung mit technischer Hilfe) und auf die Seite der Innovation gegen das Monopol„, schreibt der Technologieminister in der Präambel.

  • Konsequent zur Präambel ist das erste Kapitel des Grünbuchs dem „demokratischen Charakter der Informationsgesellschaft„ gewidmet, insbesondere dem nichtdiskriminatorischen Zugang, dem Kampf gegen die Ungleichheit und der sozialen Verantwortung für alle „die spezieller Betrachtung [Sammelbegriff für alle Minderheiten sowie Behinderte, Se nioren, Kinder und Frauen, eigentlich für alle außer einem 35-jährigen Mann, der in Gesundheit und Wohlstand lebt.] bedürfen„.

  • Die „offene Regierung„ ist das Schlagwort, das im zweiten Kapitel zunächst die Möglichkeiten einer höheren Effizienz der öffentlichen Verwaltung auslotet. Der Zugang zu öffentlichen Informationen für die Bürger und die Industrie eröffne neue Chancen. Die elektronische Demokratie werde möglich.

  • Mit dem „verfügbaren Wissen„ beschäftigt sich das dritte Kapitel. Es wird das elektronische Netz als eine Chance für wissenschaftliche Forschung, Kultur und Erziehung dargestellt. Es gelte, das gesamte kulturelle Erbe zu digitalisieren. Die Schulen sollen vernetzt und das Lernen der Informationsgesellschaft Einzug halten. Die Ausstattung der Schulen und die Lehrerfortbildung haben in einer Informationsgesellschaft Priorität.

  • Die „Wirtschaftsunternehmen in der Informationsgesellschaft„ sind in Kapitel 4 mit den bekannten Reizwörtern adressiert. Der Business-Sektor der Informationsindustrie wird als „strategischer Entwicklungssektor„ gesehen. Den traditionellen Industrien wird geraten, sich in Bezug auf ihre Kunden, aber auch auf ihre internen Abläufe auf die Informationsgesellschaft einzustellen. In der

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    Informationsgesellschaft bestehe die Chance, die „Arbeit neu zu erfinden„. Unterstützung verdienten die neuen Startups sowie die Einführung der Telearbeit.

  • Hinsichtlich der „Beschäftigung in der Informationsgesellschaft„ zeigt das fünfte Kapitel die Vision einer „intellektuell kreativen Gesellschaft„ auf. Ein völlig neues Rahmenwerk für Beschäftigung könne entstehen.

  • Die Märkte der Informationsindustrie werden in Kapitel 6 mit der technischen Konvergenz von Information, Kommunikation und Audiovision dargestellt. Neue und verstärkte Möglichkeiten biete die Contentindustrie, wo – mit einem Seitenblick auf den Markt Brasiliens – durchaus auch Exportchancen für Portugal entstünden.

  • Im siebten Kapitel wird mit den „sozialen Implikationen der Informationsgesellschaft„ noch einmal der Eingangstenor des Grünbuchs aufgenommen. Ziel sei die Verbesserung der sozialen Wohlfahrt und der Lebensqualität. Dem Kampf gegen „Computeranalphabetentum und Informationsausschluss„ gelte es, mit allen Mitteln zu führen. Wichtig sei, den Daten- und Persönlichkeitsschutz sicherzustellen, Minderheiten zu schützen und sozial Benachteiligte zu unterstützen.

  • Die rechtlichen Implikationen behandelt der achte Abschnitt mit den Erfordernissen des Datenschutzes für den Einzelnen, die Firmen und die Institutionen. Vorbereitet wird die Einführung eines elektronischen Notariatsdienstes, die Verwendung von elektronischen Signaturen für Dokumente und Transaktionen. Die Anpassung der Gesetze für Urheberrecht und Copyright soll entsprechend den internationalen Normen erfolgen.

  • Gemäß den Stichpunkten der US-amerikanischen NII (1995) zeigt Kapitel 9 den Weg zu einer „Nationalen Informationsinfrastruktur„ auf. Ziel ist eine umfassende „effiziente und zugängliche Infrastruktur„. Vorbedingung hierfür ist die vollständige Liberalisierung des Telekommunikationssektors. Durch entsprechende Tarifgestaltung soll die Zugänglichkeit für alle möglich werden. Neue Dienste und Applikationen werden skizziert. All dies soll im Rahmen einer vertrauenswürdigen und sicheren Telekommunikation stattfinden.

  • Das letzte Kapitel ist der Forschung und Entwicklung in der Informationsgesellschaft gewidmet. Ihr komme zunehmende Bedeutung zu, weshalb ein nationales FuE-Programm zur Unterstützung der Entwicklung zur Informationsgesellschaft aufgelegt wird. Dies soll in engem Austausch mit internationalen Programmen – etwa der EU – geschehen. Ein entsprechender Maßnahmenkatalog skizziert konkrete Ansätze.

Wie andere kleinere Länder ist für Portugal die Sorge vorherrschend, das „in den Griff zu bekommen„, was andere Länder entwickeln und exportieren. Diese Länder sind nicht unbedingt mit Aktivzielen, sondern vielleicht sogar etwas unfreiwillig beim Wettrennen dabei. Es darf nirgends übersehen werden, dass die ersten Schritte in die Informationsgesellschaft ein Elitenphänomen sind. Und diese Eliten gibt es weltweit auch bei den kleinsten und ärmsten Ländern. Portugal steht wohl noch einige Zeit vor dem „Digital Divide„.

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2.9 Schweiz: Weg nach EU-Europa? [Dieses Kapitel wurde von Isolde Kießling verfasst.]

Auch ohne Mitgliedschaft in der EU ist die Schweiz allein schon durch ihre Verflechtungen mit Europa kein Sonderfall der Entwicklung. Der Schweizerische Bundesrat hat im Jahr 1998 in einem ersten Schritt die Strategie zur Förderung der Informationsgesellschaft in der Schweiz formuliert, die einzuhaltenden Grundsätze definiert und die Gebiete mit dem dringendsten Handlungsbedarf identifiziert. In einer zweiten Phase findet die Umsetzung der ermittelten Leitmaßnahmen durch die zuständigen Departemente statt. Die Verwirklichung der Strategie zur Förderung der Informationsgesellschaft genießt in der Schweiz höchste Priorität.

Der Bundesrat sieht in der Anwendung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken große Chancen. Insbesondere in der Möglichkeit zu einer Erweiterung der Handlungsfähigkeit und der Kommunikationsmöglichkeiten der einzelnen Personen, zur Knüpfung und Vertiefung von grenzüberschreitenden, multikulturellen Kontakten, aber auch zu einer positiven Entwicklung der offenen und demokratischen Gesellschaft in kultureller Eigenständigkeit und Vielfalt. In der Informationsgesellschaft wird das Potential gesehen, die Beschäftigungslage, die Lebensqualität und die Einbindung von Behinderten, Alten und Minoritäten zu verbessern. Sie könne zudem zur Attraktivitätssteigerung der Schweiz als Lebensraum und Wirtschaftsstandort beitragen.

Gleichzeitig ist sich der Bundesrat aber auch bewusst, dass die Anwendungen der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien nicht alle Probleme unserer Zeit lösen, dass sie Risiken für den Persönlichkeitsschutz und die Grundrechte der betroffenen Personen bergen und dass sie zu Ausgrenzungen und sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichheiten führen können. Der Staat hat bei der Entwicklung der Informationsgesellschaft deshalb darauf zu achten, dass diese Risiken minimiert und die Integrationskräfte gestärkt werden.

Zur Förderung einer alle Interessengruppen einbindenden und international abgestimmten Informationsgesellschaft hat der Bundesrat folgende Grundsätze festgelegt:

  • Zugang für alle, d.h. alle Einwohnerinnen und Einwohner der Schweiz sollen chancengleichen Zugang zu den neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten erhalten.

  • Befähigung aller, d.h. der technische und inhaltliche Umgang mit den neuen Informations- und Kommunikationstechniken soll zu einer Grundkompetenz des täglichen Lebens werden.

  • Freiheit der Ausgestaltung, d.h. die Informationsgesellschaft entwickelt sich durch die Initiative aller und durch den freien Wettbewerb. Dabei kommt der Privatwirtschaft eine Schlüsselfunktion zu, der Staat achtet aber auf die sozialverträgliche Ausgestaltung der Informationsgesellschaft.

  • Akzeptanz, d.h. die Schaffung eines ordnungspolitischen Rahmens, der Vertauen in die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechniken schafft.

Mit der Verabschiedung der Strategie für eine Informationsgesellschaft in der Schweiz hat der

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Bundesrat neun Maßnahmen zu deren Umsetzung beschlossen. Die zuständigen eidgenössischen Ministerien wurden beauftragt, Konzepte und Aktionspläne zu folgenden Bereichen zu erarbeiten:

  • Bildungsoffensive (Departement des Innern und Volkswirtschaftsdepartement): Sie umfasst die Ausstattung der Bildungseinrichtungen aller Stufen mit der erforderlichen Infrastruktur, die Aus-, Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte im Hinblick auf die Verwendung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken im Unterricht und auf die Entwicklung einer angemessenen neuen Didaktik.

  • Attraktivitätssteigerung des Wirtschaftsstandortes (Volkswirtschaftsdepartement): Sie beinhaltet ein technisch hochstehendes Angebot im Bereich der neuen IuK-Techniken, die Erschließung neuer Märkte sowie der aus Innovationen und Investitionen resultierenden Beschäftigungspotentiale.

  • Elektronischer Geschäftsverkehr (Volkswirtschaftsdepartement): Es gilt, die für eine verlässliche Nutzung erforderlichen international abgestimmten Rahmenbedingungen zu schaffen. Dabei soll der Grundsatz der Gleichstellung mit dem traditionellen Geschäftsverkehr gelten.

  • Elektronischer Behördenverkehr (Bundeskanzlei): Durch eine konsequente Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken sind das Vertrauen und die Akzeptanz der Bürger in die neuen Techniken zu verbessern.

  • Neue Formen der Kultur (Departement des Innern): Die multimedialen und interaktiven Möglichkeiten sind für die Kulturvermittlung zu nutzen. Dazu sollen die Bestände der Bibliotheken, Archive, Museen und Sammlungen über das Netz zugänglich gemacht werden.

  • Sicherheit und Verfügbarkeit (Departement des Innern): Beinhaltet die Schaffung eines adäquaten Informationsmanagements, Sicherheit in der Datenvermittlung und –speicherung sowie neue und verlässliche Aufbewahrungsmechanismen.

  • Wissenschaftliche Begleitung (Departement des Innern und Volkswirtschaftsdepartement): Sie sieht u.a. die Erarbeitung objektiver und umfassender statistischer Grundlagen vor, welche es erlauben, die Entwicklungen der Informationsgesellschaft darzustellen und die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen zu beurteilen.

  • Recht (Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft): Insbesondere Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, Urheberrecht und Datenschutzrecht sind rasch auf ihre Tauglichkeit für die Informationsgesellschaft zu überprüfen.

  • Koordination und Kooperation: Die nationalen und internationalen Aktivitäten der öffentlichen Verwaltungen werden durch eine breit abgestützte interdepartementale Gruppe koordiniert und begleitet (Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft).

An die „Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft„ ging zudem der Auftrag, den Infor-

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mationsfluss zwischen den öffentlichen Verwaltungen aller Stufen zu fördern, den ISPS-Server (Information Society Project Switzerland – www.isps.ch) weiterzuführen, die Arbeiten der G7-Koordinationsgruppe zu übernehmen und dem Bundesrat jährlich Bericht über ihre Arbeiten, den Stand der Informationsgesellschaft in der Schweiz, die Umsetzung der Strategie und das internationale Umfeld zu erstatten. Die „Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft„ besteht aus einem Plenum mit rund 100 Vertretern von Bundesstellen, Gemeinden und Verbänden. Ein Ausschuss, bestehend aus Vertretern aller Departemente und der Bundeskanzlei sowie des Bundesamtes für Kommunikation, fungiert als Leitungsorgan und stellt die notwendige Koordination der Arbeiten sicher.

Der erste Bericht, den die „Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft„ im April 1999 vorgelegt hat, enthält 70 Maßnahmen, die nun umgesetzt werden sollen. In jedem Fall gelte es, eine Zweiklassengesellschaft zu verhindern, die einerseits aus Menschen bestehe, die die modernen Informationsinstrumente beherrschen, und andererseits aus Menschen, die dazu nicht fähig sind. Der technische Zugang allein reicht nach Auffassung der Koordinationsgruppe nicht aus, um eine solche Entwicklung zu verhindern. Die Bevölkerung muss auch bildungsmäßig in der Lage sein, die neuen Technologien zu nutzen. Mit einer umfassenden Bildungsoffensive sollen daher die Medienkompetenz des Einzelnen gefördert, Lehrkräfte in Bezug auf neue Technologien weitergebildet, bestehende Berufsbilder im Informationssektor den veränderten Anforderungen angepasst und Informationsplattformen im Internet eingerichtet werden. Indirekt soll der Bund aber auch die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern, damit Unternehmen die neuen Techniken besser nutzen können und mit innovativen, preislich interessanten Angeboten national und international wettbewerbsfähig bleiben.

Insgesamt decken die von der „Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft„ vorgeschlagenen Maßnahmen sämtliche Bereiche der Verwaltungstätigkeit ab. Allerdings sind sie unterschiedlich weit ausgereift. Eine Abschätzung der personellen und finanziellen Auswirkungen ist deshalb schwierig. Denn anders als in anderen Ländern hat der Bundesrat zudem zur Finanzierung der multimedialen Maßnahmen kein Millionenbudget bereitgestellt, zum Teil muss das Parlament die Finanzierung der geplanten Maßnahmen noch billigen. Erschwerend kommt zudem hinzu, dass die Aktionen nicht alle das Ergebnis der Tätigkeit der Koordinationsgruppe Informationsgesellschaft sind, sondern bereits im Rahmen der ordentlichen Verwaltungstätigkeit laufen und zum Teil sogar von den Kantonen und nicht vom Bund umgesetzt werden.

Die Schweiz wird durch ihren Weg in die Informationsgesellschaft ihre mannigfaltigen Verflechtungen mit Europa noch intensivieren. Allerdings müssen sich die Banken – geprägt durch das industriegesellschaftliche Muster der Tresore unter der Bahnhofstraße in Zürich – erheblich anstrengen, ihre Stellung auch in einer Bankenwelt der gesicherten Datennetze bis hin zum einzelnen Kunden zu halten. Das sichere Geld von morgen wird nicht anhand von Stahlarmierungen bestimmt, sondern durch die Robustheit von Public Keys.


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