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[Seite der Druckausg.: 69]


II. Effizienzmodernisierung als wichtige Voraussetzung für Qualitätsmodernisierung




1. Kürzen und Sparen ist nicht genug

In der öffentlichen Debatte wird der Staat derzeit gerne als ein sachverschwenderischer Wasserkopf dargestellt, der die gesellschaftliche Entwicklung eher behindert als stützt. Konsequenterweise lautet dann auch für die Bundesministerien die Hauptforderung: Kürzen und Sparen!

Kürzen und Sparen würde umso leichter erträglich, je mehr es gelingt, durch Effizienzsteigerungen gegebene Aufgaben mit weniger Personal und Kosten zu erfüllen. Kürzen und Sparen wäre auch sinnvoll, wenn politische Aufgaben verringert werden könnten. Kürzen und Sparen kann dort keine sinnvolle Strategie sein, wo die Qualität von Leistungen verringert wird oder im privaten Sektor höhere Kosten entstehen.

Kürzen als Ergebnis von Effizienzsteigerungen oder als Ergebnis von Aufgabenabbau löst die Qualitätsprobleme nur teilweise. Eine Übersicht zu den Ursachen verdeutlicht warum. Qualitätsmängel gehen zurück:

  • auf organisatorische Starrheiten und zu geringe Anpassungsflexibilität,
  • auf schematische Arbeitsweisen, schematische Formen der Kooperation, insbesondere zwischen Ministerium und politischer Leitung,
  • auf die Art der Informationsaufbereitung und -verarbeitung,
  • auf Burning-Out-Effekte und veraltetes Wissen,
  • auf Interessenverflechtungen mit externen Gruppen,
  • auf schematische Analysetechniken und Routineverhalten in neuen Situationen,
  • auf ein Arbeiten in einem wettbewerbsfreien Raum, in dem niemand seine Ressourcen selbst erwirtschaften muß.

Dementsprechend sind verschiedene Bereiche für Modernisierungsstrategien bzw. Modernisierungsfelder zu unterscheiden:

  • Organisation, Personalrekrutierung und -management,
  • Arbeitsmethoden, insbesondere Informationsbeschaffung und -aufbereitung,
  • Rollenverständnis, Selbsteinschätzung und Methoden der Modernisierung des Wissens und der angewandten Analysetechniken.


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2. Methoden und Techniken der Effizienzmodernisierung

Bei der Effizienzmodernisierung besteht inzwischen ein weitgehender Konsens über einen Satz von Maßnahmen. Sie müssen hier nicht mehr im einzelnen dargestellt werden. Es reicht ein Hinweis auf zwei zentrale Faktoren

Bessere Informationsgrundlagen. Ministerien sind Organisationen der Informationsverarbeitung. Sie hinken in der Technik der Informationsverarbeitung weit hinter dem her, was Banken oder Versicherungen inzwischen erreicht haben. Hier kann eine Imitationsstrategie helfen. Ministerien sollten es sich zur Regel machen, den Stand der Technik, der im Privatsektor erreicht wurde, automatisch zu imitieren. Zu diesem Zwecke könnte eine eigene Kontroll- und Beratungsorganisation ins Leben gerufen werden, die ständige Anpassungen erzwingt, wenn sie nicht automatisch erfolgen. Konkrete Vorgaben

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über Standards könnten Tempo und Inhalt bestimmen.

Zu den Informationsgrundlagen gehört auch ein besseres System der amtlichen Statistik. Hier sind dringend drastische Reformen notwendig. Dazu gehört auch eine sehr viel weitergehende Auswertung von Statistiken durch private Institute.

Größere Ressourcenautonomie. Organisationsleiter in Ministerien tragen kaum eine Verantwortung für ihre Produktionskosten. Die Kapazitäten und der Personalbestand werden den einzelnen Abteilungen und Referaten in einer Zuteilungswirtschaft durch Haushaltspläne zugewiesen. Bei den Aufteilungsverhandlungen versucht jeder, den eigenen Bedarf möglichst groß darzustellen. Sind die Kapazitäten vorhanden, dann werden sie auch beschäftigt. Die wichtige Stellschraube ist die Intensität der Bearbeitung. Es besteht kein systematischer Anreiz zur ständigen Rationalisierung. Dieser Zustand wird sich erst ändern, wenn Abteilungsleiter über die Verwendung der Ressourcen eigenverantwortlich entscheiden können.

Dies würde insbesondere beinhalten, zwischen externen Beratungskosten und Festanstellung, zwischen mehr EDV und weniger Schreibdienst selbst zu entscheiden. Das Hauptziel einer solchen Veränderung wäre natürlich eine höhere Effizienz und wären Rationalisierungsgewinne. Allerdings ergäbe sich nach einer Übergangszeit eine deutlich veränderte Personalstruktur. So würden Zeit- und Werkverträge zunehmen. Zu wiederkehrenden Spezialfragen könnten Berater hinzugezogen werden. Die Personalrekrutierung wäre insgesamt offener. Es würde sich ein erweitertes Kontaktfeld ergeben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde dies auf die Inhalte der Arbeit zurückwirken. Nach einer Erprobungsphase wäre es auch denkbar, Organisationseinheiten mit konstanten Aufgaben über längere Fristen gewisse Ressourcenkürzungen anzukündigen bzw. ihnen Rationalisierungsvorgaben zu machen, wie sie in Banken ebenfalls üblich sind, um langfristige Rationalisierungsprozesse in Gang zu setzen.

Die dabei anzuwendenden Techniken wie etwa Zeitaufschreibungen, Zeitkontrollen bei bestimmten Leistungen, Rationalisierung der Informationsbeschaffung und -bearbeitung und der Aufbau flexiblerer Organisationen (mehr externe Berater für Spitzenbelastungen) würden gleichzeitig Rückwirkungen auf die Qualität der Leistungen haben, weil die Scheuklappeneffekte starrer Organisationen, die das Festhalten an schematischen Analysen und Wirkungshypothesen begünstigen, allmählich abgebaut werden. Wie bei anderen Themen auch überlappen sich in den Auswirkungen einer höheren Ressourcenverantwortung Rationalisierungs- und Qualitätseffekte.

Kunden- und Produktorientierung. Öffentliche Stellen sind input-orientiert. Sie lösen Probleme, indem für neue Aufgaben jeweils neue Mittel angefordert werden. Ständig begegnet man in der Politik dem Hinweis, wir geben für das Problem X viele Millionen aus. Demgegenüber muß man in Zukunft stärker output-orientiert agieren. Eine solche Neuorientierung findet gegenwärtig in vielen Bereichen der Kommunen statt. Die Ministerien sind von ihren Kunden sehr weit entfernt. Die ständige Rücksicht auf die Bedürfnisse der Endnachfrager ist deshalb bei den Ministerien besonders bedeutsam.

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3. Effizienzmodernisierung und Qualität der Leistungen

Wie an verschiedenen Beispielen verdeutlicht, kann man erwarten, daß Effizienzmodernisierung auch Qualitätsverbesserungen mit sich bringt, weil

  • flexiblere, anpassungsfähigere und leistungsstärkere Organisationen entstehen,
  • Hierarchiestufen entfallen, Verantwortung direkter und Kommunikation dichter wird,
  • Probleme rascher und zügiger bearbeitet werden, wobei zügige Bearbeitung per se in vielen Fällen zu einem Qualitätsmerkmal wird.

Allerdings reichen diese Verbesserungen nicht aus. Die Bemühungen um Effizienzmodernisierung der Ministerien müssen um eine gesonderte Strategie der Qualitätsmodernisierung ergänzt werden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 2000

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