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Standortdebatte und Direktinvestitionen

Die Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands ist in den letzten zwei Jahrzehnten periodisch immer wieder aufgebrochen - insbesondere dann, wenn sich die Wirtschaft in einem konjunkturellen Abschwung befand. Über die Jahre hinweg läßt sich allerdings ein deutlicher Wandel der in der öffentlichen ebenso wie in der wissenschaftlichen Debatte verwendeten Argumentationsstrukturen feststellen.

Standen in den 70er und frühen 80er Jahren die preisliche und technologische Wettbewerbsfähigkeit der in Deutschland ansässigen Unternehmen im Vordergrund, so konzentriert sich die Debatte seit Ende der 80er Jahre auf den "Standort Deutschland". Gingen die alten Modelle der 70er Jahre davon aus, daß Länder als Volkswirtschaften mit "ihren" Industrien gegeneinander konkurrieren, so liegt der heutigen Standortdebatte die Vorstellung zugrunde, daß Länder lediglich als Standorte um die Ansiedelung von "heimatlosen" Industrien konkurrieren.

Im Zentrum der Globalisierungs- wie der Standortdebatte stehen die Multinationalen Konzerne als neue Akteure mit weitreichendem Handlungsspielraum. Die Logik der Standortdebatte beruht auf der Annahme einer weitgehenden Verlagerbarkeit von Produktion. Die Mobilität der Unternehmen soll sich - so wird häufig argumentiert - durch den technologischen Fortschritt in den Bereichen Telekommunikation und Transport drastisch erhöht haben.

Zum wichtigsten Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit eines Standortes werden die Direktinvestitionen. Für die Bundesrepublik Deutschland ist der Saldo der Direktinvestitionen seit Mitte der 70er Jahre negativ, deutsche Unternehmen tätigen also mehr Direktinvestitionen im Ausland als ausländische Unternehmen in der Bundesrepublik. Aus dieser Tatsache hat der Sachverständigenrat bereits 1988 in seinem Jahresgutachten mit dem programmatischen Titel "Arbeitsplätze im Wettbewerb" die Schlußfolgerung gezogen, "daß die Standortqualität der Bundesrepublik international nicht als sehr hoch eingeschätzt wird". Diese Interpretation hat sich heute auf breitester Ebene durchgesetzt. Glaubt man etwa dem von Bundesregierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften gemeinsam erarbeiteten Papier "Bündnis für Arbeit und Standortsicherung", so "... besteht akuter Handlungsbedarf. Dies zeigt die geringe Investitionstätigkeit ausländischer Unternehmen in Deutschland bei steigendem Auslandsengagement deutscher Unternehmen."

Mit dieser in der breiten öffentlichen Diskussion kaum noch angezweifelten Sichtweise setzen wir uns im folgenden kritisch auseinander. Zunächst wird gezeigt, was sich eigentlich hinter den Direktinvestitionszahlen verbirgt. Es folgen Ausführungen zu den beiden Seiten des Problems. Es wird belegt, daß Deutschland keineswegs ein "Weltmeister im Export von Arbeitsplätzen" ist, und der Tatbestand, daß ausländische Konzerne in Deutschland kaum expandieren, wird interpretiert. Abschließend wird der empirische Befund in einen weiteren Rahmen gestellt.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999

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