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TEILDOKUMENT:
Österreich im Urteil ausländischer Investoren Auslandsinvestitionen spielen in Österreich als kleinem Land eine erhebliche Rolle. Nach den letzt verfügbaren Statistiken waren im Jahr 1994 insgesamt 2.787 ausländische Unternehmen an 2.205 Töchtern in Österreich mit einem Nominalkapital von 64,5 Mrd. S beteiligt. In diesen österreichischen Unternehmen waren 205.000 Arbeitskräfte ( 6,8% der unselbständig Erwerbstätigen) beschäftigt. Von den insgesamt 2.787 ausländischen multinationalen Unternehmen mit Tochtergesellschaften in Österreich hatte fast die Hälfte (46,4%) ihren Sitz in Deutschland, fast ein Fünftel in der Schweiz und 6,5% in den USA. Auch bei der Anzahl von 2.205 österreichischen Tochtergesellschaften ergeben sich ähnliche Anteile. An 82 österreichischen Unternehmen waren Investoren aus Ost-Mitteleuropa beteiligt - fast gleich viele Unternehmen wie aus Italien oder Großbritannien. Speziell als Folge von EU-Integration und Ostöffnung haben die grenzüberschreitenden Direktinvestitionen in den letzten Jahren sowohl nach, wie auch aus Österreich deutlich zugenommen, wobei sich von Jahr zu Jahr erhebliche Schwankungen zeigen. Zu Beginn der 90er Jahre gab es einen starken Überhang österreichischer Direktinvestitionen, speziell nach Süd/Osteuropa (z.T. auch durch österreichische Tochterfirmen multinationaler Unternehmen). 1995 zeigte sich dagegen ein Rekordwert ausländischer Direktinvestitionen in Österreich, bedingt vor allem durch den Aufkauf großer österreichischer Unternehmen (speziell im Handelsbereich) durch deutsche Unternehmen. Von den 156 regionalen Headquarters in Österreich hatten mehr als die Hälfte (85 Unternehmen) Kapitalbeteiligungen in den Oststaaten. Auch von den insgesamt 320 Tochtergesellschaften der regionalen Headquarter im Ausland entfiel etwa die Hälfte (150) auf Niederlassungen im Osten: die speziellen Standortvorteile Österreichs in bezug auf Osteuropa werden also von den multinationalen Unternehmen in erheblichem Maß genutzt. Das Verhältnis der österreichischen Politik und der Bevölkerung gegenüber Auslandsinvestitionen ist ambivalent. Zum einen werden ausländische Investoren umworben. Auf Bundesebene wurde hierfür eine eigene Ansiedlungsgesellschaft (Austrian Business Agency, Wien) installiert, ebenso gibt es Ansiedlungs- und Technologiegesellschaften in allen Bundesländern. Hier besteht vor allem Interesse an der Ansiedlung von Betrieben mit eigenen Forschungs- und Marketingaktivitäten, während für Einrichtungen "verlängerter Werkbänke" keine speziellen Anstrengungen unternommen werden. Gegenüber der generell positiven Einstellung zu ausländischen Investitionen haben in jüngster Zeit eine Reihe von Verkäufen österreichischer Unternehmen speziell an deutsche Investoren zu Warnungen vor einen "Ausverkauf" der österreichischen Wirtschaft geführt. Die Position der österreichischen Bundesregierung ist die der Neutralität gegenüber allen Unternehmen, unabhängig von der Struktur der Eigentümer. Gleichzeitig gibt es aber Bemühungen, bei gesamtwirtschaftlich wichtigen Sektoren "österreichische Entscheidungskerne" zu sichern. Im Bereich der ehemals verstaatlichten Industrie kommt diese Rolle der staatlichen Industrieagentur ÖIAG als "strategischem Minderheitsaktionär" (25,1% der Aktien) zu. Im Bereich der Elektrizitätswirtschaft wird versucht, einen Zusammenschluß der zersplitterten österreichischen Unternehmensstruktur zu erreichen. Dem stehen freilich sehr hohe Angebote seitens deutscher und französischer Elektrizitätsunternehmen gegenüber, die sich den Zugang zum österreichischen Leitungsnetz sichern wollen, da Österreich aufgrund der geographischen und technischen Voraussetzungen prädestiniert ist, zur Drehscheibe für das Strom- (und auch Gas-) Geschäft mit Süd- und Osteuropa zu werden. Bezüglich der Erfahrungen ausländischer und speziell deutscher Investoren in Österreich zeigen entsprechende Befragungen (Aiginger, Peneder 1997; GWMC, 1996) ein weitgehend übereinstimmendes Bild: Bewertet auf einer Skala von 1 (sehr gut) bis 6 (sehr schlecht) ergeben sich gute Werte bei den Kriterien politische Stabilität und Rechtssicherheit (1,3), Produktqualität (2,1), Liefertreue (2,2) und bei verschiedenen Aspekten der Standortqualität wie geographische Nähe (2,4), Präsenz auf westeuropäischen (2,6) und osteuropäischen (2,1) Märkten und konsensorientierte Lösung von Arbeitskonflikten (2,1). Mittlere Bewertungen finden sich für Innovationskraft (2,7), Managementqualität (2,8), Offenheit der Finanzmärkte (2,9) und das Steuersystem (2,9). Die schlechtesten Einschätzungen zeigen sich in den Bewertungen von Angeboten an industrienahen Dienstleistungen (2,7), bezüglich eines leistungsfähigen Bankensektors (2,8), der Energie- und Telekommunikationskosten (3,8) und vor allem in bezug auf Bürokratie (3,8). © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999 |