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Wirtschaft: Erfolgskurs in die „asiatische Grippe"?

Die Wirtschaft Polens zeigt weiter Dynamik. Mit demWachstum von 6,9% (1995: 7%, 1996: 6,1%) wird Polen 1997 sein sechstes Wachstumsjahr in Folge erleben. Es hat seit 1993, mit Irland, die höchste Wachstumsrate in Europa. Der Erholungsprozeß war schneller und stärker als in anderen „postkommunistischen" Ländern der Region. Vor allem die Investitionen boomen mit jährlichen Steigerungsraten von rund 20%, Lebensstandard und Produktivität sind gestiegen.

Trotz des kräftigen Wachstums, wachsender Geldmenge und boomender Binnennachfrage dürfte die Inflation 1997 (Dezember-Dezember-Vergleich) auf ca. 13,2% zurückgegangen sein und wird für 1998 auf ca. 10% prognostiziert (1996: 18,5, 1993: 37,6%). Die Arbeitslosenrate ist von 13,2% im Jahre 1996 auf 10,5% in ‘97 gesunken. Das Haushaltsdefizit betrug 4,7% und war zweimal niedriger als geplant (9,8%).

Zwar leben – je nach Berechnungsbasis – zwischen 15% und 35% der polnischen Bevölkerung in Armut, dennoch nimmt der Bevölkerungsanteil zu, der am Wirtschaftsaufschwung partizipiert. Die polnische Einkommensverteilung ist ausgeglichener als die des Durchschnitts der OECD-Länder und erheblich besser als der Durchschnittswert der Gruppe der „Länder mit mittlerem Einkommen" (z.B. Lateinamerikas) mit einem Polen vergleichbaren Pro-Kopf-Einkommen. Trotz immer noch erheblichen Abstands zum EU-Durchschnitt sank auch 1997 die Kindersterblichkeit, bei erhöhter Lebenserwartung.

Die polnische Wirtschaftsentwicklung wird von privaten Unternehmen getragen: Der private Sektor erwirtschaftet inzwischen etwa 65% des BIP (1990: 31,4%). Etwa 95% aller Wirtschaftsbetriebe sind in privater Hand. Letzteres allerdings wegen der Vielzahl von Klein- und Kleinstbetrieben. Von Januar bis September 1997 wurden 73,7% der Exporte und 81,5% der Importe von privaten Unternehmen getätigt. Ende September 1997 beschäftigte der Privatsektor 66% der Erwerbspersonen.

Die Privatisierung der Staatsunternehmen lief seit 1990 eher schleppend. Von ursprünglich etwa 8.000 staatlichen Betrieben war bis Jahresmitte 1997 die Privatisierung bei 4.052 eingeleitet, bei 2.029 Betrieben abgeschlossen worden. Im ersten Halbjahr 1997 wurden nur 115 Unternehmen neu in den Privatisierungsprozeß einbezogen, also etwa 70 weniger als noch im ersten Halbjahr 1996. Die neue Regierung beabsichtigt, das Privatisierungstempo zu beschleunigen. In seiner Regierungserklärung versprach Ministerpräsident Buzek kühn, den Privatisierungsprozeß bis zum Jahre 2001 abschließen zu wollen. Mit Ausnahme von Teilen des Managements und der Belegschaften der betroffenen Unternehmen scheint in Polen Konsens darüber zu bestehen, daß eine raschere Privatisierung notwendige Bedingung für eine Restrukturierung der polnischen Wirtschaft ist. Über 60% der Bevölkerung (1993: 36%) sympathisieren heute mit ausländischen Direktinvestitionen.

Wirtschaftsindikatoren Polens 1990-1997 (Vorjahr = 100%)

1990

1991

1992

1993

1994

1995

1996

1997

1998*
Prognose

BIP

92-93

93,0

102,6

103,8

105,2

107,0

106,0

106,9

105,7

Industriesektor

76,8

92,0

102,8

106,4

112,1

109,7

108,5

110,8

7,8

Bausektor

89,3

111,4

106,6

108,0

100,5

108,1

106,4

116,0

115

Agrarsektor

97,8

98,4

87,3

106,8

90,7

110,7

100,3

101,0

102,0

Investitionen

89,9

95,9

100,4

102,3

108,2

117,1

122,1

120,0

117,0

Inflation Dezember – Dezember

349,3

160,4

144,3

137,6

129,5

121,6

118,5

113,2

9,5–12,0

Durchschnittl. Nettomonatsgehalt (real)

75,6

99,7

97,3

97,1

100,5

103,4

103,8

105,7

103,9

Arbeitslosenrate (Ende des Jahres)

6,5

12,2

14,3

16,4

16,0

14,9

13,6

10,5

9,8

Exporte

.

104,6

88,5

107,3

124,8

133,0

106,7

110,1

112,5

Importe

.

161,1

101,0

118,4

112,0

135,0

127,8

118,3

118,0

Haushaltsdefizit in % BIP

–0,4

3,8

6,0

2,8

2,7

2,8

2,5

4,7

2,8

Öffentliche Schuld in % BIP

95,0

81,4

85,2

86,2

69,5

57,8

51,2

49,2

49,-

* Durchschnittswert aus Prognosen fünf unabhängiger Wirtschaftsinstitute, Dez. 97, Jan. 98

Quelle: Regierungszentrum für Strategische Studien, Dez. ‘97

Das polnische Modell der Privatisierung wurde mit vielfältigen Methoden umgesetzt und scheint, im Unterschied zu den meisten Transformationsländern, eine Privatisierung hoher Qualität zu garantieren. Die große Mehrheit der etwa 3000 noch zu privatisierenden Firmen sind relativ klein. Sie verfügen über 5% der gesamten Buchwerte. Andererseits gibt es eine Gruppe von etwa 300-400 Unternehmen, die etwa 70% der Aktiva halten. Deren Privatisierung würde den nötigen Durchbruch für die polnische Wirtschaft bewirken können. Aber gerade hier gibt es besondere Schwierigkeiten. Neben philosophisch-ideologischen Gründen, die die Durchsetzung einer Privatisierung öffentlicher Dienste, Müllabfuhr, Eisenbahnen, Post, Telekommunikation, Elektrizität, Energie, Gas, Wasser schwer machen, stehen bei anderen Unternehmen, vor allem des Bergbau- und Stahlsektors, sozialpolitische Folgewirkungen und die einfache Tatsache, daß keine Käufer in Sicht sind, gegen eine Privatisierung.

Anders als in den Vorjahren zeigte die Bauwirtschaft unter den Produktionssektoren 1997 mit real 20% das stärkste Wachstum. Überdurchschnittlich entwickelte sich auch die Produktion in der Industrie, während die Landwirtschaft mit 1% erneut zurückblieb. Die verarbeitende Industrie steigerte im ersten Halbjahr ihr Wachstum um 10%, Elektrizitäts-, Gas- und Wasserversorgung legte im ersten Halbjahr nur 2,3% zu, die Produktion im Bergbau schrumpfte geringfügig. Besonders hohe Zuwachsraten erzielten die Elektro- und Kfz-Branche. Nach dem Rekordergebnis von mehr als 40% im Vorjahr wird der Absatz von neuen PKW auch 1997 deutlich über 30% zunehmen.

Bei den Verwendungskomponenten des Bruttoinlandsprodukts fällt die erneute Zunahme – trotz höherer Ausgangsbasis – der Bruttoinvestitionen auf, die für 1997 auf 20% (1996: 22,1%, 1995: 17,1%) geschätzt wird. Der Investitionsanteil am BIP wird 1997 etwas geringer als im Jahre 1996 (19,6) ausfallen. Er bleibt nahe am EU-Durchschnitt, ist jedoch niedriger als in den ärmeren EU-Mitgliedsländern und erheblich geringer als in anderen dynamischen „Wirtschaften mittleren Einkommens", wie beispielsweise Chile oder den jetzt krisengeschüttelten asiatischen Tigerstaaten (25% bis 30%). Auch die Sparrate der Haushalte ist im Vergleich sehr niedrig und wird für das Jahr 1997 auf unter 10% geschätzt (1995: 13%, 1996: 10,2%).

Die Wirtschaft Polens ist überhitzt. Nach Aussage des IWF von Ende Dezember 1997 ist Polen in den nächsten 12 Monaten noch nicht durch eine Wirtschaftskrise des Typs der Tschechischen Republik bedroht. Dennoch stimmen Ökonomen darin überein, daß Anstrengungen zur Dämpfung der Wirtschaft unternommen werden müssen, um eine zukünftige Krise zu vermeiden. Zwar versuchte die polnische Nationalbank, durch die Anhebung des Discount-Satzes von 22% auf 24,5% und des Lombardsatzes von 25% auf 27% und mit mehrfachen Anhebungen der Mindestreserve-Sätze gegenzusteuern, dennoch nahm die Aufnahme von Konsumentenkrediten zu. Auch die Mitte September von der Nationalbank für Privatkunden eröffnete Möglichkeit, Gelder bei ihr zu höheren Zinssätzen anzulegen und damit die Geschäftsbanken zu einer Erhöhung ihrer Kredit- und Einlagezinsen zu veranlassen, scheint nicht allzu wirkungsvoll gewesen zu sein.

Vizepremier und Finanzminister Leszek Balcerowicz verglich Anfang Dezember ‘97 die Situation der Wirtschaft mit einem Rennwagen, der mit zu viel Gas in die Kurve getrieben werde; mit einer geringeren, aber beständigen Geschwindigkeit erreiche man das Ziel besser. Gegen den Widerstand von Teilen der AWS und des SLD wurde Anfang Dezember von der Regierung ein „Kühlungspaket" vorgestellt, das starken Kompromißcharakter zu haben scheint. Mit der Erhöhung einer Reihe von Konsumsteuern, u.a. auf Benzin, Zigaretten, Alkohol und Telekommunikationsdienste, der Mehrwertsteuer, einer Deregulierung, damit Steigerung der Heizpreise, Erhöhung der Privatisierungseinnahmen bei gleichzeitigen Ausgabensteigerungen für die Beschleunigung des Privatisierungsprozesses soll das im noch von der letzten Regierung hinterlassenen Haushalt vorgesehene Defizit von 2,8% für 1998 auf 1,5% reduziert werden. Haushalte sollen Anreize zum Sparen erhalten, die Steigerung der Reallöhne sei zu verlangsamen, Strukturreformen müßten beschleunigt werden.

Ende Dezember nannte Finanzminister Balcerowicz seine Prioritäten: Ausgleich der öffentlichen Finanzen, Reduzierung von „red tape" in der Wirtschaft, um so Korruptionsmöglichkeiten zu verringern, Privatisieren, Privatisieren und nochmals Privatisieren, Deregulierung des Arbeitsmarktes, Umbau des Steuersystems im Sinne der Reduzierung von direkten und der Erhöhung von indirekten Steuern, um so die Schattenwirtschaft zu verringern, Reformen in den sogenannten sozialen Sektoren, wie beispielsweise der Erziehung, in denen stärker private Finanzierung gefunden werden müßte, und letztlich die – auch finanzielle – Dezentralisierung des Staates.

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Außenhandel und Leistungsbilanz

Als größte Gefahr für die makroökonomische Stabilität der Wirtschaft Polens gelten die deutlich zunehmenden Defizite in der Handels- und Leistungsbilanz. Wirtschaftsinstitute und öffentliche Stellen prognostizieren unterschiedliche Zahlen und Wachstumsraten. Gemeinsam ist ihnen, daß sich der Fehlbetrag in der Handels- und Leistungsbilanz 1997 gegenüber den Vorjahren gefährlich erhöht hat.

Für das Gesamtjahr 1997 wird die Zunahme der Importe ca. 18,3%, der Anstieg der Exporte ca. 11,5% (1996: 6,7%) betragen. Das polnische Handelsbilanzdefizit würde sich dadurch im Vorjahresvergleich von 8,2 auf 11,7 bis 13 Mrd. US-$ erhöhen. Nach Daten der polnischen Zollbehörde könnte es auch zwischen US-$ 14 und 17 Mrd. im „offiziellen" Handel liegen. Dagegen werden 1997 vom „nicht klassifizierten" Handel, größtenteils Einkaufstourismus an der deutschen Grenze, der im Jahre 1996 noch über 7 Mrd. US-$ betrug und damit das Handelsbilanzdefizit auf moderate 1,1 Mrd. absinken ließ, 1997 – wegen Angleichung des Lebens in Polen an deutsche Preisstandards – lediglich 5 Mrd. US-$ erwartet, die das Defizit der offiziellen Handelsbilanz nicht annähernd ausgleichen könnten. Bezogen auf das BIP wird sich damit eine Erhöhung des Handelsbilanzdefizits von 14,3% im Jahre 1996 auf 17,2% im Jahre 1997 ergeben. Das polnische Handelsungleichgewicht ergibt sich größtenteils im Handel mit der EU, die etwa zwei Drittel der polnischen Exporte aufnimmt und aus der ca. 64% der polnischen Importe stammen.

Das Leistungsbilanzdefizit wird gegenüber dem Vorjahr von knapp 1,4 auf mindestens 5,8 Mrd. US-$ und damit von 1,0% auf ca. 3,2% des BIP wachsen. Für das Jahr ‘98 wird ein Defizit von über 6% des BIP prognostiziert. Damit wären fast Größenordnungen erreicht, die 1994 in Mexiko, im Frühjahr ‘97 in Tschechien und später im südostasiatischen Raum zu Währungskrisen führten.

Ursachen des Defizits sind technologische Rückständigkeit der polnischen Produzenten und Exporteure und lebhafte Inlandsnachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern. Experten sehen die Entwicklung der polnischen Wirtschaft auf einem Niveau, auf dem ein Prozent BIP-Wachstum in den nächsten Jahren etwa 2-3% Importwachstum bedürfen. Auch die Importabsorption von ausländischen Direktinvestitionen ist erheblich. 1996 betrug ihr Anteil am Import 48%, am Handelsbilanzdefizit etwa 66%. Dabei machen Technologietransfers lediglich 14% der Importe ausländischer Firmen, Konsumgüter etwa 22%, einfache Produktionsinputs, Rohmaterialien, Komponenten und Verpackungen dagegen 63,6% aus. Zwei Gründe werden hierfür genannt: Zunächst seien polnische Produzenten nicht in der Lage, die notwendigen Produktionsinputs in der gewünschten Qualität zu liefern, zudem seien viele Auslandsinvestitionen als reine Montagebetriebe konzipiert. Bestes Beispiel seien neue Autofirmen, wie Dewoo und andere, die mit staatlicher Erlaubnis zur Umgehung von 35% Importzoll von Mutterfirmen bezogene Teile mit wenig Lohnveredlung vor allem für den internen Markt zusammenbauen.

Notwendig sei daher eine Politik der Exportförderung. Von allen Exporten wurden 1996 in Polen lediglich jeweils 1,5% mit Exportkrediten oder Exportversicherungen abgewickelt, während der Prozentsatz in entwickelteren Exportländern bis zu 90% ausmache. Eine von den Exporteuren geforderte Abwertung des Zloty hätte zwar den Effekt einer Exportpromotion, könnte aber zugleich starke inflationäre Impulse provozieren. Zudem würden Währungsmanipulationen Symptome und nicht Ursachen der relativen Exportschwäche der polnischen Wirtschaft kurieren. Manches spricht auch dafür, daß der polnische Export nicht sehr sensibel auf kleinere Fluktuationen des realen Wechselkurses reagiert. So wuchsen Exporte 1995, im Jahr der stärksten Zloty-Aufwertung, um 32%. 1996 kam es, trotz leichter Zloty-Abwertung, zum ersten größeren Handelsbilanzdefizit. Wichtig ist, die Struktur der polnischen Exporte zu verändern. Derzeit sind nur 20% davon kapitalintensiv, 4,7% sog. „High-Tech-Produkte".

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sanken von 0,76% des BIP im Jahre 1991 auf 0,51% im Jahre 1996. Hier gilt es anzusetzen: Forschungs-, Human Capital-Investitionen, schnellere Privatisierung, höher qualifiziertes Management, Modernisierung der Berufsbildungssysteme sind die anerkannten Schlüsselworte. Finanzminister Leszek Balcerowicz ist der „umtoste Fels", auf den Investoren bauen.


Außenhandelsstruktur nach Ländern 1997
(Jan. - Sept. 97)



Quelle: Regierungszentrum für Strategische Studien (RCSS), Dez. ‘97

Die polnische Außenhandelsstruktur nach Ländern wird 1997 die Trends des Vorjahrs bestätigen. Mehr als 65% der polnischen Exporte gehen in die EU, etwa 64% der Importe kommen aus der Union. Der Handel mit Rußland und der Ukraine nimmt zu. Der Außenhandel mit Deutschland hat zwar leicht abgenommen, dennoch ist Deutschland mit ca. 34% der polnischen Exporte und 24% der polnischen Importe mit Abstand größter Handelspartner.

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Gefahr einer Währungskrise?

Pessimisten befürchten angesichts des steigenden Leistungsbilanzdefizites Annäherung an Werte, wie sie die Tschechische Republik oder Thailand vor ihrer Krise verzeichneten. „The Economist" bewertete das Risiko einer Währungskrise in Polen mit 8 von maximal 12 Punkten. Optimistischere polnische Ökonomen weisen darauf hin, daß der Zloty eine interne Währung mit noch international sehr beschränkter Konvertibilität ist. Die daraus folgende Beschränkung der Aufnahme von Zloty-Krediten durch Ausländer mache eine Spekulation gegen den Zloty schwieriger. Selbst wenn man sich den unrealistischen Fall vorstelle, daß alle im Ausland zirkulierenden Zloty-Papiere an einem Tag verkauft würden, könne der Zloty gegen den Willen der Zentralbank nicht kollabieren, weil die Währungsreserven mit ca. 20 Mrd. US-$ mehr als viermal den von Ausländern gehaltenen Wert von Zloty-Papieren übersteigen.

Die polnischen Währungsreserven stiegen 1995 von 9 Mrd. US-$ auf 15 Mrd., 1996 erneut um 3 Mrd. US-$ und 1997 schätzungsweise um den gleichen Betrag. Sie decken damit den polnischen Importwert von fünf bis sechs Monaten. 1998 rechnet man mit einer Stabilisierung bzw. mit leichtem Rückgang der Reserven. Auch die Auslandsverschuldung ist nach den Umschuldungsverhandlungen im Herbst 1994 für die wirtschaftliche Entwicklung Polens keine wesentliche Beschränkung. Mit 40 Mrd. US-$ Brutto-Auslandsverschuldung beträgt die Schuldenlastquote noch knapp 30% des BIP (1990: 79%). Daß die polnische Kreditwürdigkeit sich in den letzten Jahren verbessert hat, zeigt der Aufstieg des Landes in der Institutional Investor-Rangliste seit 1990 vom Platz 77 auf Platz 45 im Jahr 1997.

Trotz der Leistungsbilanzentwicklung bestehen derzeit noch keine Finanzierungsprobleme, da der Kapitalzufluß durch ausländische Direktinvestitionen und Portfolio-Investitionen weiter steigt. Nach Angaben der Staatlichen Agentur für Auslandsinvestitionen (PAIZ) wurden 4,8 Mrd. US-$ (1996: 5,2 Mrd.) investiert. Beobachter glauben nicht an eine Trendwende, da in den kommenden Jahren eine Reihe von Großprojekten mit ausländischem Kapital im Bereich der Infrastruktur, der Telekommunikation und der Automobilproduktion anstehen. Der große Binnenmarkt von fast 40 Mio. Einwohnern und die insgesamt günstigen Wachstumsperspektiven ergaben, daß Polen inzwischen (in absoluten Zahlen) Ungarn und Tschechien mit ihren jeweils nur etwa 10 Mio. Einwohnern als führender Investitionsstandort in Mittel- und Osteuropa überrundet hat.

Da die Direktinvestitionen über die Branchen breit gestreut sind, ist die Struktur des ausländischen Engagements in Polen gesund. Gerade die vielen kleinen und mittleren Investitionsprojekte lassen künftige Erweiterungsinvestitionen erwarten. Den Investitionswert der ausländischen Unternehmen, die in Polen jeweils weniger als eine Mio. US-$ investiert haben, schätzte PAIZ im Juli ‘97 auf 2,2 Mrd. US-$. Das Gesamtvolumen der ausländischen Direktinvestitionen dürfte somit gegen Ende 1997 17 Mrd. US-$ übersteigen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999

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