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Polnisch-Deutsche (Wirtschafts-)Beziehungen

Der polnische Außenhandel mit Deutschland hat gegenüber dem Vorjahr leicht abgenommen, dennoch ist Deutschland auch 1997 mit einem Handelsvolumen von ca. 35 Mrd. DM mit Abstand Polens größter Handelspartner. Der polnisch-deutsche Handel ist seit 1990 stärker als der Gesamtwert des deutschen Außenhandels gewachsen. 1996 wurden 2,1% der deutschen Exporte nach Polen geliefert, Polen belegte damit vor Dänemark den 12. Platz der deutschen Abnehmerländer. Der Marktanteil polnischer Importe beträgt in Deutschland 1,8%, was für Polen den 16. Platz der deutschen Importländer bedeutet. Wie schon in den beiden Vorjahren ist Polen vor Rußland und Tschechien Deutschlands größter Handelspartner in Mittel- und Osteuropa.

Die deutschen Exporte betragen ca. 21 Mrd. DM, deutsche Importe ca. 14,5 Mrd. DM. Der deutsche Überschuß im Handel mit Polen wird im Jahre 1997 gegenüber dem Vorjahr um etwa 2 Mrd. auf 6,4 Mrd. DM steigen. Anders als in den Vorjahren wird 1997 der inoffizielle Grenzhandel das polnische Defizit im offiziellen bilateralen Handel nicht mehr ausgleichen können.

Die Güterstruktur des bilateralen Handels zeigt weiter die Muster von Zentrum-Peripherie. In den deutschen Exporten dominieren Maschinen, Kraftfahrzeuge, chemische Vorerzeugnisse und Gewebe (letztere zwecks Lohnveredelung in Polen), in den Importen aus Polen Kleidung sowie Holzwaren und Möbel, deren Anteil 1997 überdurchschnittlich wuchs.

Deutschland ist nach den USA der zweitgrößte Auslandsinvestor in Polen. Zwar werden deutsche Netto-Direktinvestitionen in Polen 1997 nicht den 96er Rekordwert von 1,9 Mrd. DM erreichen, das deutsche Investitionsvolumen in Polen wird jedoch höher bleiben als das in Ungarn und Tschechien. Der Großteil der deutschen Investitionen in Polen ist mittelständisch geprägt, derzeit sind etwa 6.500 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung registriert. Nach dem Investitionswert gemessen, sind die größten deutschen Unternehmen in Polen Reemstma, gefolgt von Siemens, Dyckerhof und der Passauer Neuen Presse. In Teilen der polnischen Bevölkerung besteht weiterhin die geschichtlich begründete Angst vor einem zu starkem deutschen Einfluß in der polnischen Wirtschaft und vor dem deutschen Erwerb polnischen Bodens.

Quelle: CBOS, Nov. ‘97

38% der Polen sympathisieren inzwischen mit den Deutschen (1993: 23%). Deutsche rangieren damit unmittelbar vor Litauern und nach Japanern und Slowaken an elfter Stelle des polnischen Sympathie-Rankings. Statt von 53%, wie im Jahre 1993, werden Deutsche im Jahre 1997 nur von – immerhin – einem Drittel der Polen eindeutig abgelehnt. Andererseits akzeptiert Polen Deutschland als Schlüssel auf seinem Weg nach Europa. In einer Umfrage vom Herbst ‘96 sahen 75% der Polen Deutschland (zusammen mit den USA) als ihren wichtigsten wirtschaftlichen und politischen Partner. Deutschlands Rolle als „Anwalt" Polens in der Europäischen Union wird geachtet. Die Erkenntnis von Teilen der deutschen politischen Elite, daß der NATO-Beitritt Polens nicht nur auf Skepsis gegenüber Rußland, sondern vor allem auf dem Bestreben beruht, endlich aus der prekären Zone „Zwischeneuropa" herauszugelangen und nach Kerneuropa zurückzukehren, dem man kulturell immer zugehörte, wird geschätzt.

Neben Problemenan den Grenzübergängen und der Beschränkungen der Freizügigkeit wirken vor allem deutsche Stereotypen immer wieder irritierend für Polen. Man glaubt häufig, auch bei deutschen Geschäftsleuten die Erfahrung zu machen, als „Bananen-Republik der Autodiebe und Zigarettenschmuggler" behandelt zu werden. Von deutscher und polnischer Seite wird gerne festgestellt, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern seien so gut wie noch nie zuvor. Statt Versöhnung sei nun „Normalität" das Schlüsselwort für das Verhältnis. In der Tat haben Kontakte zwischen Polen und Deutschen in Städtepartnerschaften, Freundschaftsgesellschaften, Vereinen u.a.m. in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Auch auf politischer Ebene trifft und spricht man sich häufig. Andererseits sind die Zirkel sowohl in der politischen Elite, mehr noch in der Gesellschaft, die sich mit dem jeweiligen Nachbarland beschäftigen, sehr beschränkt. Das Unwissen von Deutschen über Polen, gerade im Vergleich zu dem in Polen über Deutschland, ist beeindruckend. Weder in Polen noch in Deutschland scheinen die Konsequenzen einer Öffnung der EU nach Osten ausreichend gesellschaftlich diskutiert zu werden.

Die Unterschiedlichkeit der politischen Kulturen und Koordinaten ist vor allem der deutschen Seite nicht genügend bewußt. Die in den Wahlen nach oben gekommenen neuen politischen Eliten der Rechten zeigen noch geringes Interesse am Dialog, wurden aber auch häufig von deutscher Seite als provinziell, antieuropäisch und klerikal gemieden.

Die von deutschen und polnischen Politikern gern benutzte Formel, das deutsch-polnische Verhältnis müsse und werde sich nach dem Vorbild des deutsch-französischen gestalten, übersieht die sehr unterschiedlichen, geschichtlich bedingten Voraussetzungen. Während im deutsch-französischen Verhältnis ein etwa ausgeglichenes historisches Konto und ähnlicher Wirtschaftsstand bei gegenseitigem Respekt ein Gleichgewicht bewirken, müssen zwischen Polen und Deutschen erst die Erfahrungen langjähriger fruchtbarer Zusammenarbeit Grundlagen für gleichwertige Anerkennung legen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999

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