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7. Malaysias strategische Industriepolitik: Bilanz

Insgesamt ergibt sich eine gemischte Bilanz der malaysischen Industriepolitik. Hinsichtlich des Oberzieles, technologischen Anschluß an die Industrieländer zu finden, sind manche Vorhaben zu ambitioniert und werden die angestrebten Sektorziele voraussichtlich nicht erreichen. Der Mißerfolg mag dabei durch die 1997 unvorhergesehen eingetretene Wirtschaftskrise schneller offenbar werden, aber selbst unter der Annahme anhaltenden Wachstums war der angestrebte Schnelleinstieg in Spitzentechnologien bei der gegebenen dünnen Personaldecke und schwachen Ausbildungs- und Forschungsinfrastruktur nicht realistisch. Überambitioniert sind vor allem viele jener Vorhaben, die im malaysischen Jargon „policy-driven" sind, bei denen der Staat also durch massive Marktintervention den Einstieg in ganz neue industrielle Bereiche katalysieren will. Beispiele sind die Automobilindustrie, das MEC City-Projekt zum Aufbau einer nationalen Elektrogeräte-Großproduktion sowie der Einstieg in die Satellitentechnik und den Flugzeugbau.

Erfolgversprechender sind diejenigen Projekte, die im wesentlichen von privater Initiative getragen werden und in denen der Staat mit selektiven Anreizen plus moralischem Druck technologische spill-overs zu intensivieren sucht. Das gilt für das Standortmarketing zur Förderung der Elektronikindustrie, die Unterstützung lokaler Zulieferer und die Bemühungen, International Manufacturing Centres sowie F&E-Abteilungen der TNK in Malaysia zu etablieren. Künftig gilt es, hier einen stärkeren Schwerpunkt auf Vorleistungen im Ausbildungs- und F&E-Bereich zu legen.

Besonders schwierig ist der Versuch, die Politik des ethnischen Ausgleichs zu bilanzieren. Malaysia befindet sich in dieser Hinsicht seit den Rassenunruhen von 1969 in einem Zustand der stable tension: Prinzipiell akzeptieren die Minderheiten ihre Diskriminierung als notwendigen Preis für ein Zusammenleben ohne gewalttätige Konflikte; allerdings schürt die alltägliche Bevorzugung der Bumiputras jedoch auch Frustrationen. Betrachtet man das Teilziel, malaiisches Unternehmertum zu fördern, so ist das Ergebnis äußerst mager. Zwar hat sich der Anteil der Bumiputras am Kapitalstock der Unternehmen in Malaysia von 2,7 %% (1979) auf 20,6 %% (1995) erhöht; aber dieses wurde in erster Linie dadurch erreicht, daß eine Elite mit politischen Verbindungen außerordentlich hohe Renteneinkommen bezieht. Die Schaffung eines marktwirtschaftlich orientierten, innovativen malaiischen Unternehmertums steht noch aus, wurde unter Umständen sogar durch die Schaffung perverser rent-seeking-Anreize unterminiert. Der typische Berufsweg gebildeter Malaien führt nicht in die Geschäftswelt, sondern in die staatliche Verwaltung oder allenfalls in monopolistische Wirtschaftsbereiche.

Die Konstellation, daß der Staat einerseits durch Marktinterventionen Renten erzeugt, die industriepolitisch grundsätzlich gerechtfertigt sind, um den Übergang in wissensintensivere Wirtschaftszweige zu fördern, andererseits aber die Entscheidungsprozesse intransparent sind und vor allem politisch einflußreiche Bumiputras begünstigen, hat einen hohen Preis. Unter dem Druck der Krise könnte es allerdings dazu kommen, daß die Wirtschaftspolitik liberalisiert, die ethnisch-politischen Ziele zurückgeschraubt und das Ausmaß politischer Patronage reduziert wird.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999

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