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TEILDOKUMENT:
5. Fallbeispiel 2: Von exportorientierten Montageindustrien
Die Elektro- und Elektronikindustrie ist der führende Industriesektor Malaysias. Seit Beginn der 70er Jahre lassen nahezu alle namhaften Elektronikkonzerne der Welt in Malaysia fertigen. Allein am Standort Penang sind über 150 Elektronikunternehmen vertreten, darunter praktisch alle namhaften TNK der Branche. 1996 exportierte die Branche im Wert von über 100 Mrd. Ringgit und trug damit 68 %% zu den Industriegüterexporten bei. 345.000 Arbeitskräfte wurden in der Branche beschäftigt. Die meisten Unternehmen lassen in Malaysia jedoch bislang nur zusammenbauen und testen. Forschung, Entwicklung neuer Produkte, verfahrenstechnische Erprobung in Pilotlinien sowie Vermarktung und After Sales-Dienstleistungen finden fast ausschließlich in den Stammländern der großen Elektronikunternehmen statt, ebenso die Fertigung technologisch komplexer Vorprodukte. Daher besteht das Ziel, die Wertschöpfungsintensität der Branche und die technologische Kompetenz nationaler Akteure deutlich zu erhöhen. Der Übergang zu einem integrierten, wissensbasierten Elektro- und Elektronikstandort (Cluster) ist zudem notwendig, um die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, denn Arbeitskräftemangel und steigende Lohnkosten erodieren Malaysias Kostenvorteil bei einfachen, arbeitsintensiven Montagetätigkeiten. Einige Unternehmen, wie der Festplattenproduzent Seagate, sind bereits in benachbarte Niedriglohnländer abgewandert. Die Manufacturing++"-Strategie des Zweiten Industriellen Entwicklungsplans umreißt die Entwicklungsziele für die Elektro- und Elektronikindustrie. Das erste +-Zeichen steht für Diversifizierung entlang der Wertschöpfungskette. Dieses umfaßt den Aufbau vorgelagerter Industrien und Dienstleistungen, wie die Chip-Produktion, die Stärkung der Design-Kompetenz (z.B. für anwenderspezifische Chips, ASICs) und die Förderung kompetenter Hersteller von Zulieferteilen und Werkzeugen. Es zielt außerdem darauf, nachgelagerte Geschäftsfelder, wie Marketing und Vertrieb, in Malaysia anzusiedeln. Das zweite +-Zeichen steht für Erhöhung der Produktivität auf allen Stufen der Wertschöpfungskette, um von einem faktorgetriebenen (also durch Mehreinsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital) zu einem produktivitätsgetriebenen Wachstumsmuster zu gelangen. In diesem Sinne werden insbesondere angestrebt:
In der Tat ist in den letzten Jahren eine technologische Vertiefung" der Branche festzustellen. Bereits seit Beginn der 80er Jahre wurde die Elektronikmontage und -prüfung weitgehend automatisiert, die Produktion spezifischer Fabrikate in kleinen Losgrößen gewann an Bedeutung, und die Produktlebenszyklen wurden kürzer. Unter diesen Bedingungen wurde die Fertigung komplexer und wissensintensiver. Dieser Trend beschleunigte zwei Arten des Technologietransfers:
Viele Entwicklungsländer verfügen über Freie Produktionszonen, in denen einfache Lohnveredelungsaktivitäten für TNK durchgeführt werden. Aber in kaum einem Land haben diese Investitionen zu so intensiven technologischen Lernprozessen geführt wie in Malaysia. Aufgrund der in Malaysia verfügbaren Fachkräfte und zunehmender interindustrieller Verflechtungen ist das Risiko, daß Elektronikunternehmen in größerem Stil in Niedriglohnländer abwandern, mittlerweile gering. Dieser Erfolg ist nicht allein auf kluge Industriepolitik zurückzuführen. Zu einem guten Teil beruht er auf spezifischen technischen Erfordernissen der Elektronikbranche und der Tatsache, daß die große räumliche Entfernung zu den Stammhäusern der Elektronikunternehmen lokale Bezugsquellen begünstigt. Die TNK selbst haben massiv in die Aus- und Fortbildung sowie die Entwicklung kompetenter Zulieferer investiert. Dennoch hat die malaysische Industriepolitik (und insbesondere die des Bundesstaates Penang) wichtige Beiträge geleistet. Verdienste liegen insbesondere in einem guten internationalen Standortmarketing; in der Schaffung einer investitionsfreundlichen Atmosphäre, nicht nur durch Steuererleichterungen, sondern vor allem auch durch unbürokratische Unterstützung interessierter Unternehmen; in einer vorbildlichen, wirtschaftsnahen Ausbildungsförderung; und in der Propagierung und Förderung zahlreicher Initiativen, die zu einer technologischen Aufwertung der Branche beitragen. Die Chip-Produktion ist der logische nächste Schritt zur Erhöhung der Technologieintensität der nationalen Elektronikindustrie. Angesichts der raschen technologischen Entwicklung in diesem Bereich ist es allerdings fraglich, ob es gelingen kann, sich mit massiven öffentlichen Investitionen in eigene technologische Entwicklungen einzukaufen. Ähnlich wie im Falle des nationalen Automobils" erscheint dieses Ziel zu ambitioniert. Erfolgversprechend ist die Chip-Produktion in Malaysia nur dann, wenn sie im wesentlichen von Privatunternehmen vollzogen wird.
© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999 |