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2. Industriepolitische Praxis

Um die beiden vorgenannten Ziele – technologischen Anschluß und ethnischen Ausgleich – zu erreichen, setzt Malaysia auf eine komplexe Mischung industriepolitischer Maßnahmen: die Entwicklungsziele werden in massiver Form von den staatstreuen Medien propagiert und die Unternehmen unter moralischen Druck gesetzt, sich mit diesen Zielen zu identifizieren. Wohlverhalten wird ggf. durch bevorzugte Behandlung (zum Beispiel bei öffentlichen Ausschreibungen) belohnt. Da intransparente Regierungsentscheidungen in Malaysia üblich sind, kommt diesen inoffiziellen Anreizen große Bedeutung zu. Auch Manager ausländischer Großunternehmen geben hinter vorgehaltener Hand zu, daß sie sich an manchen industriepolitischen Projekten der Regierung nur beteiligen, weil es ihnen zum Vorteil gereiche, sich als good corporate citizens zu profilieren. Besonders deutlich wurde die Bevorzugung der Regierung nahestehender Unternehmen bei der Privatisierung staatlicher Unternehmen und der Gewährung von Nothilfen für überschuldete Unternehmen im Zuge der jüngsten Finanzkrise (bail outs). In beiden Fällen sind fast alle begünstigten Unternehmen personell eng mit der Regierungspartei UMNO verquickt.

Neben dieser „inoffiziellen", aber sehr wirkungsvollen Industriepolitik gibt es eine Reihe klassischer industriepolitischer Steuerungsmechanismen, insbesondere die subventionierte Bereitstellung staatlicher Gewerbeflächen und Infrastrukturvorleistungen sowie Abschreibungsmöglichkeiten für F&E- und Ausbildungsaufwendungen. Außerdem gibt es eine Reihe jeweils spezifischer Maßnahmen für Exporteure bzw. binnenmarktorientierte Unternehmen. Die Bestimmungen für die Exportwirtschaft sind weitgehenden liberalisiert. Im Exportgeschäft werden Investoren für die ersten Jahre von allen Steuern befreit, wenn sie Erweiterungsinvestitionen tätigen,, können sie sich dauerhaft allen Steuerzahlungen entziehen. Überdies sind Exporteure nicht dazu verpflichtet, Bumiputras am Unternehmen zu beteiligen. Der Inlandsmarkt ist dagegen in hohem Maße reguliert. Hierzu zählen ein massiver Zollschutz für bestimmte als strategisch betrachtete Industrien, wie z.B. die Automobilindustrie. Staatliche Lizenzen und Beschaffungsaufträge werden aufgrund politischer Patronage vergeben. Mittlere und große Unternehmen sind verpflichtet, Bumiputras eine Kapitalbeteiligung abzutreten. Die Unternehmen chinesischstämmiger Malaysier wie auch Auslandsunternehmen haben daher Bumiputras als erzwungene, meist inaktive „Geschäftspartner", was de facto einer beträchtlichen Besteuerung entspricht.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 1999

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