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Europapolitik: besonnener Kurs

Mit den griechisch-türkischen Spannungen muß sich die EU auch in der Zypernfage auseinandersetzen. Die jüngsten Zwischenfälle an der Demarkationslinie auf Zypern, die zum Tod von vier griechisch-zyprischen Zivilisten und zwei türkischen Soldaten geführt haben, haben auf griechischer Seite offenbar dazu geführt, noch energischer auf den Beitritt Zyperns zur EU zu drängen. Selbst wenn die Zypernfrage noch nicht gelöst ist, soll nach verbreiteter Auffassung in Griechenland die Insel in die EU aufgenommen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, stünden der griechischen Regierung durchaus einige Druckmittel zur Verfügung: Griechenland könnte z.B. die Osterweiterung der EU solange im Europäischen Rat blockieren, bis auch Zypern eine Beitrittszusage gegeben wird.

In der Europapolitik hat die Regierung Simitis bisher sehr deutlich gemacht, daß sie sich an den zentralen Zielen der EU orientieren wird. Die Wirtschafts- und Finanzpolitik wird auf die Konvergenzziele der Währungsunion ausgerichtet, und in der Außenpolitik befindet man sich mit den Partnern generell im Gleichklang - das heikle Thema Türkei freilich ausgenommen. Bei der in der Revisionskonferenz zur Debatte stehenden Weiterentwicklung der EU unterstützt Griechenland zwar die Abschaffung der Einstimmigkeit, bindet dies jedoch daran, daß die EU - wie erwähnt - die Außengrenzen garantiert und daß eine "Beistandsklausel der Solidarität und gegenseitigen Verteidigung" in den neuen Vertrag aufgenommen wird. Geschieht dies nicht, will man - zur Wahrung nationaler Interessen - weiterhin am Prinzip der Einstimmigkeit festhalten. Besonderer Wert wird auch auf die institutionelle Gleichheit der Mitgliedsländer gelegt.

Bei dem von Deutschland und Frankreich vorgelegten Vorschlag einer Flexibilitätsklausel zeigt man sich reserviert: Der engere Integrationszusammenschluß einiger Mitgliedsländer soll allenfalls als Ausnahme, unter Beteiligung von mindestens der Hälfte aller Mitglieder und Gewährleistung der Offenheit für neue Mitglieder, hingenommen werden. Außerdem soll die Flexibilitätsklausel allenfalls in der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspoltik sowie der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, nicht aber beim Binnenmarkt zur Anwendung gelangen. Bei einer Anwendung der Klausel in der "ersten Säule" der EU befürchtet man, daß sich die bisherigen Nettozahler der Verpflichtung zu Finanztransfers (Agrar- und Strukturpolitik) an alte und neue EU-Mitglieder entziehen könnten.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | April 1999

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