SOZIALISTISCHE MITTEILUNGEN

News for German Socialists in England

This Newsletter is published for the information of Social Democratic
refugees from Germany who are opposing dictatorship of any kind.

Nr. 48 - 1943

April 1943

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Die nordische Rasse, deren charakterliche und geistige Vorzuege zu preisen die Nazis niemals muede geworden sind, hat ihnen trotzdem bisher keine Freude gemacht. Denn im Norden Europas, wo, wenn ueberhaupt noch irgendwo auf dieser Erde, die echten Germanen wohnen, haben Hitlers Bekehrungsversuche und Propagandafeldzuege bisher klaeglich Schiffbruch erlitten. In Norwegen wird Quisling vom ganzen Volk als Verraeter betrachtet, im neutralen Schweden, wo im Schutze demokratischer Gesetze und offizieller Freundschaft mit Deutschland die umfassendsten Versuche gemacht wurden, den Nazismus heimisch zu machen, ist der Erfolg vielleicht noch geringer als in dem westlichen Nachbarland gewesen. Und jetzt hat auch Daenemark, das Musterland einer nazideutschen Okkupation in sogenannten sanften Formen, Hitler eine neue unzweideutige Absage erteilt.

Aus verschiedenen Gruenden hatten die Nazis die Durchfuehrung von Wahlen zum Daenischen Reichstag gestattet. Erstens wollten sie der Welt ihre "Grosszuegigkeit" beweisen, zweitens dem daenischen Volk eine "Belohnung" fuer seinen seinerzeitigen Verzicht auf militaerischen Widerstand gegen den Angriff zuteil werden lassen, drittens dem neutralen Schweden zeigen, wie "wenig" es zu riskieren haette, wenn es sich gegen einen eventuell noch bevorstehenden Angriff ebenfalls nicht zur Wehr setzen wuerde, viertens - und gewiss nicht zuletzt - weil sie hofften, dass nach dreijaehriger unmittelbarer Beeinflussung das daenische Volk doch ein wenig zum Nazismus hinneigen koenne. Aber so nutzlos wie die anderen Spekulationen war auch die letzte.

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Niemals in der Geschichte der daenischen Demokratie gab es eine so starke Wahlbeteiligung wie jetzt - sie belief sich auf 90% gegenueber 79% im Jahr 1939 - und keiner Partei kam sie weniger zugute als den heimischen Nazis[1], die nur mit Muehe ihre drei Mandate unter 150 Mandaten behaupten konnten. Die Sieger der Wahlen waren die Konservativen und die Sozialdemokraten[2] als die bewaehrten Verteidiger der Unabhaengigkeit des Landes und der Demokratie, d.h. gleichzeitig auch als die unversoehnlichsten Gegner des Nazismus.

Auch in dem vierten nordischen Land, in Finnland, das an der Seite Deutschlands gegen die Sowjetunion kaempft (nicht etwa zur Erklaerung dieses Faktums, sondern der Kuriositaet halber sei daran erinnert, dass Finnland nur zu geringem Teil von einer germanisch sprechenden Nation, den finnlaendischen Schweden, bewohnt ist) hat es eine Wahl gegeben, die nicht nach Wunsch der Nazis ausfiel. Dort ist der Praesident Ryti wieder zum Staatspraesidenten gewaehlt worden, obwohl ihn die finnischen Faschisten als Liberalen und Demokraten verschrien haben.[3] Die finnische Politik seit 1941 ist schwer zu verstehen und von Gegnern des Faschismus gewiss nicht zu billigen. Es ist immerhin interessant, dass selbst die Waffenbruederschaft mit Hitler nicht vermocht hat, das finnische Volk im ganzen dem Faschismus geneigt zu machen.[4]

Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Sitz London, erhielt Anfang Maerz einen ersten Stimmungsbericht ueber die Reaktion im deutschen Volk auf die Massnahmen der Hitlerdiktatur fuer den "totalen Krieg". Der Bericht stuetzt sich auf Beobachtungen in Deutschland bis Mitte Februar 1943, er behandelt: Erbitterung im Mittelstand, wachsende Unruhe in der Armee, Meuterei in der U-Boot-Waffe, die Lage in den Betrieben, im bombardierten Koeln und "Die Hoffnung auf das Ende". Dieser Bericht ist gemeinsam mit jenem in der letzten Nummer der SM erwaehnten Bericht: "Hitler Germany, end of 1942" zusammengestellt und in englischer Sprache vervielfaeltigt und an interessierte Stellen verschickt worden. Gegen Unkostenbeitrag kann diese kleine Vervielfaeltigung angefordert werden.

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Die durch Harold Laskis in den "Left News" veroeffentlichten Artikel angeregte Diskussion, ueber die wir in den letzten beiden Nummern der SM berichteten, ist in der Maerznummer der "Left News" fortgesetzt worden.

Barbara Ayrton Gould, Mitglied der Exekutive der Labour Party, schreibt u.a. "Bei der ersten Konferenz der Internationale, der ich vor mehr als 15 Jahren beiwohnte, bemerkte ich, wieviele Delegierte von ihren nationalen Gesichtspunkten beeinflusst waren, und ich empfand, wie schaedlich das fuer die Arbeit der gesamten Internationale war. Wenn eine solche Haltung in frueheren Tagen schaedlich war, so waere sie in der Nachkriegszeit katastrophal, wenn so viele Probleme und Bitterkeiten auf Grund der schrecklichen Kriegsverhaeltnisse entstanden sein werden. Wir muessen die Tatsache erkennen, dass Einigkeit heute nicht nur noetiger als je zuvor ist, sondern dass auch die Hindernisse, die ueberwunden werden muessen, um sie zu erreichen, viel groesser sind. Dennoch muessen sie ueberwunden werden; sonst wird der Feind, wie gross auch der Sieg der Alliierten ueber die Achse sein mag, dennoch der Krieg gewonnen haben.

Es ist ganz klar, dass die ungeheuren Probleme des Wiederaufbaus nach dem Kriege nur durch die Sozialdemokraten aller Nationen in Zusammenarbeit [und] im Geiste des Internationalismus geloest werden koennen. Ob die Sozialisten ihre Differenzen beilegen oder nicht, - die Kapitalisten werden ihre Differenzen sicher beilegen. Im Augenblick, da die Feindseligkeiten aufhoeren, werden sich die Finanziers, Ruestungsproduzenten und alle anderen Industriellen einigen. Sie werden international denken und handeln. Ich bin sicher, dass die Existenz einer wirklichen Sozialistischen Internationale, die vor Kriegsende ins Leben tritt, der einzige Weg ist, um einen wirklichen Frieden zu sichern und nicht bloss eine neue Pause zwischen den Kriegen. Die sofortige Aufgabe der Labour Party, wie ich sie sehe, ist es, alle Sozialdemokraten, die jetzt in unserem Lande leben, zusammenzubringen. Es ist nicht unsere Aufgabe, die Trennungen zwischen Sozialdemokraten des einen und des anderen Landes oder zwischen den verschiedenen Gruppen ein- und derselben Landes anzuerkennen. Wir sollten wenigstens versuchen, re-

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praesentative Maenner und Frauen jeder sozialdemokratischen Organisation, die sich hier befinden, zusammenzubringen. Wir britischen Sozialisten haben eine ungeheure Moeglichkeit. Lassen wir sie nicht durch zu langes Zoegern entgleiten. Zwei Punkte sind von dringlichster Bedeutung: 1. Eine freie Diskussion der Nachkriegsprobleme aller Voelker. 2. Eine Annaeherung an die Sowjetunion sobald wie moeglich, um das erste von Laski aufgestellte Ziel (Einheit der internationalen Arbeiterklasse) sicherzustellen.

Louis de Brouckère, der fruehere Praesident der Sozialistischen Internationale, erwidert auf den Artikel von Dobbs, der die Schwierigkeiten der Einigung betonte: "Es ist durchaus richtig, dass die sozialistischen Fluechtlinge in London nicht in jedem Punkte voellig uebereinstimmen, obwohl Erfahrung gezeigt hat, dass reibungslose Zusammenarbeit zwischen den meisten von ihnen moeglich ist. Verstaendigung wird trotz Unterschieden in der Doktrin moeglich, wenn alle ein gemeinsames Ziel haben und in gleichem Masse entschlossen sind, es zu erreichen. Tatsaechlich wird Einigkeit durch Aktion gefoerdert. Und gab es jemals eine bessere Zeit zur Aktion als jetzt? Nach langjaehrigen Erfahrungen mit unserer Internationale bin ich zutiefst ueberzeugt, dass es einer der Gruende fuer unsere gegenwaertige Krise ist, dass wir zuviel Sorge trugen, den Anschein der Einigkeit zu erwecken, indem wir Diskussionen vermieden, statt unsere Differenzen auszukaempfen, wobei die Arbeiterklasse zu richten und zu entscheiden gehabt haette. Wir ersetzen oeffentliche Debatten durch Vereinbarungen, die in bedeutungslosen Resolutionen verkoerpert wurden, auf die man sich in Geheimsitzungen kleiner Ausschuesse geeinigt hatte. Mit weniger Diplomatie und mehr Massenaktionen haetten wir wahrscheinlich infolge gesunden geistigen Wettbewerbs an Kraft gewonnen und das Interesse der Arbeiter wachgehalten."

Brouckère bespricht dann die gegenwaertige Lage, die durch die Hitler-Besetzung Europas entstanden ist. "Ausserhalb Europas gibt es in der ganzen Welt maechtige Arbeiterbewegungen, von denen viele ausserhalb der Internationale blieben. Ausserhalb Grossbritanniens und der Dominions, mit ihren starken Arbeiterparteien, haben die Arbeiter auch viel Einfluss im Staate, selbst wenn sie nicht Mitglieder einer grossen politischen Partei sind.

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Maechtige Organisationen existieren in vielen sued- und mittelamerikanischen Laendern; in China und Indien gibt es wachsende und begeisterte Arbeitermassen. Alle diese Bauern und Arbeiter zusammen, einig mit Russland, koennten einen entscheidenden Einfluss auf die Schaffung einer neuen und besseren Welt ausueben. Es ist nicht klar, dass sie, wenn sie getrennt handeln, in die groesste Gefahr zu scheitern [geraten]?

Die erste Aufgabe ist, die Arbeiter in der freien Welt zu sofortiger Aktion zu sammeln. Aber soll der Kontinent ganz und gar von der Weltorganisation ausgeschlossen bleiben, bis der glueckliche Tag seiner Befreiung kommt? Es scheint ebenso unmoeglich, die kontinentalen Bewegungen ohne ihre demokratisch erteilte Zustimmung zu verpflichten, wie keine Notiz davon zu nehmen, was ueber ihren Geisteszustand bekannt ist. Aber es gibt hier und in den USA eine recht grosse Zahl von Leuten, die lange Zeit in ihren Laendern Fuehrer waren. In einer wiederhergestellten Internationale koennten sie zugelassen werden, nicht mit Stimmrecht, sondern als Berater. Und sie koennten, nicht als Repraesentanten, aber als Individuen, an manchen internationalen Aktivitaeten teilnehmen. Waere es nicht, als erster Schritt, nuetzlich, ein Komitee von solchen einzusetzen, welche die wiedergeborene Internationale unterstützen? Ich denke nicht an ein Komitee von Repraesentanten, sondern von Individuen, die fuer sich selbst sprechen, ohne den Ehrgeiz, eine anerkannte Autoritaet zu ersetzen, sondern um Vorschlaege zu machen und zu helfen. - Der Wiederaufbau der Internationale erfordert ein neues oder revidiertes Programm. Falls ich einen Entwurf zu machen haette, wuerde ich in erster Linie gemeinsame Aktion fordern, um die Einsetzung faschistischer oder halbfaschistischer Regierungen in den befreiten Laendern zu verhueten. Wir muessen verhueten, dass die alliierte Hilfe dazu benuetzt wird, als Mittel zur Foerderung der Konterrevolution gegen Volks- und Arbeiter-Regierungen zu dienen." Brouckère fordert weiter eine klare Formulierung unserer Haltung gegenueber dem Nationalitaetenproblem. Er sagt, die Nationen sollten gleiche Rechte und Pflichten haben, aber ihre alte Souveraenitaet in einem Mass aufgeben, das die Organisierung des Friedens und der Wirtschaft unter einer internationalen Autoritaet moeglich macht.

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Kleine Nationen koennen nicht ebensoviel Einfluss verlangen wie grosse, aber keine Nation darf auf den Zustand eines "Protektorates" herabgedrueckt werden. "Zuletzt moechte ich auf die Notwendigkeit internationaler Einigkeit hinweisen. Wenn ich dieses Ziel zuletzt erwaehne, dann nicht, weil ich es fuer weniger dringend halte, sondern weil ich ueberzeugt bin, dass Zusammenarbeit der beste Weg zur Verstaendigung und Freundschaft ist."

H. N. Brailsford, der bekannte sozialistische Publizist, weist auf die Schwierigkeiten hin, die sich aus der Uneinheitlichkeit der Arbeiterbewegung in den verschiedenen Erdteilen ergeben, um dann fortzufahren: "Wenn wir uns Europa zuwenden und dem europaeischen Fluechtlings-Mikrokosmos in London, dann finden wir unter uns einflussreiche Fuehrer, die sich weigern, deutsche Sozialisten als gleichberechtigte Genossen anzuerkennen; und es gibt auch eine viel groessere Gruppe, die sich der Zusammenarbeit mit Kommunisten unter allen Bedingungen widersetzt." Brailsford unterstreicht die Gefahren, die sich aus dieser Situation ergeben, und erwaehnt die politischen Vorgaenge in Nordafrika als ein Beispiel. "Es bedarf keiner lebhaften Phantasie, um sich vorzustellen, dass eine aehnliche Situation unter italienischen oder ungarischen Darlans, unter Otto von Oesterreich[5] und anderen Opportunisten ihres Typs von Rom bis Bukarest entstehen koennte. Ist von allen alliierten Regierungen, die sich jetzt in London befinden, mehr als eine, naemlich die norwegische, auch nur annaehernd die Vertreterin der Ansichten der Massen in den besetzten Laendern?

Das weitaus schwierigste aller dieser Probleme wird sich in Deutschland ergeben, und hier sind unsere eigenen Meinungsverschiedenheiten am tiefsten." Brailsford erwaehnt dann das Verhaeltnis zwischen London und Washington einerseits und Moskau andererseits und sagt: "Ich fuerchte eine Katastrophe, wenn wir nicht bald die sozialistische Einheit wiederherstellen." Auf die Nachkriegsprobleme eingehend, weist Brailsford auf die Gefahr hin, dass aus der Idee der Foederation europaeischer Kleinstaaten in regionalen Gruppen eine neue Auflage der verhaengnisvollen "Gleichgewichts"-Politik erwachsen koennte. Brailsford sagt: "Je mehr ich die anderen Vorschlaege betrachte, die uns vorliegen - Gleichgewicht der Maechte, Anschluss an [die] USA und anglo-amerikanische Fuehrerschaft - umso ent-

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schiedener schliesse ich mich der Idee der europaeischen Foederation an, innerhalb einer loseren Weltfoederation. Europa ist eine natuerlich oekonomische und politische Einheit, mit einer kontinuierlichen Kulturgeschichte, und sollte imstande sein, fuer viele gemeinsame Zwecke eine demokratische Foederation zu bilden. Muss sie solide sozialistisch sein? Das ist in naher Zukunft unwahrscheinlich. Aber sie muss einer sozialistischen Entwicklung freundlich sein und selbst bereit sein, wenigstens halbsozialistische Massnahmen in ihren Wirtschaftsplaenen anzunehmen. Die europaeische Foederation koennte nicht ins Leben treten oder lange am Leben bleiben, ohne dass Deutschland an ihr teilnimmt. Ich setze natuerlich voraus, dass alle Stuetzen der Nazimacht zerstoert und Entwaffnung durch den Waffenstillstand auferlegt ist. Aber ich setze auch voraus, dass die Schaffung einer internationalen Armee oder Armeen bedeutet, dass die uebrigen Laender nur soviel bewaffnete Macht behalten, wie zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung noetig ist. In diesem Falle sollten bald junge deutsche Rekruten mit anderen Europaeern in die internationale Armee und andere Foederal-Dienste zugelassen werden. Deutschland als blosses Objekt unserer Politik zu behandeln, das immer unserem bewaffneten Willen unterworfen bleibt, wuerde der Moral ebenso wie dem Sozialismus - und der Klugheit widersprechen. Keine wahre Gesellschaft, ob national oder international, kann ohne die Grundlage gleichen Rechts bestehen." Schliesslich geht Brailsford noch auf das Verhaeltnis zu den Kommunisten ein. Er sieht die Schwierigkeiten einer Einigung vor allem in der starren Haltung der Kommunisten hinsichtlich der Taktik des Klassenkampfes, in ihrer Ignorierung der fundamentalen Traditions-Unterschiede zwischen Westeuropa und Russland und ihrer voelligen Abhaengigkeit von den momentanen Interessen Russlands. "Der erste Schritt waere, diese Schwierigkeiten so freimuetig wie moeglich mit unseren kommunistischen Genossen zu besprechen. Der naechste Schritt waere die Entsendung einer Mission, um das ganze Thema in Moskau zu eroertern."

Am Ende wird in den "Left News" das Memorandum veroeffentlicht, das der letzte Sekretaer der Sozialistischen Arbeiter-Internationale, Friedrich Adler, zur Erklaerung seines Ruecktritts im Juni 1939 schrieb.

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Adler weist in diesem Memorandum auf die wachsende Tendenz innerhalb der Internationale hin, die aus der Zugehoerigkeit zur Internationale erwachsenden Verpflichtungen zu ignorieren. Er spricht von der Furcht der kleinen Staaten Europas, sich an internationale Beschluesse zu binden, die ihre Neutralitaet gefaehrden koennten, und von der Haltung der britischen Labour Party, die sich von allen internationalen Verpflichtungen aus Gruenden der britischen Aussenpolitik freimachen wollte.

Adler verweist auf die vier bei der Wiederherstellung der Internationale auf dem Hamburger Kongress 1923 angenommenen Grundartikel der Internationale[6], besonders die beiden letzten: "Die SAI kann nur Wirklichkeit werden, wenn ihre Beschluesse in allen internationalen Fragen fuer ihre angeschlossenen Organisationen bindend sind. Die Beschluesse der Internationale fordern daher eine freiwillige Beschraenkung der Autonomie der angeschlossenen Organisationen. Die SAI ist nicht nur im Frieden ein wirksames Instrument, sondern ebenso unbedingt im Kriege noetig. In Konflikten zwischen den Nationen soll die Internationale von den angeschlossenen Parteien als hoechste Autoritaet anerkannt werden." Adler weist auf die gefaehrliche und wachsende Tendenz hin, die diesen Grundsaetzen entgegenarbeite. "Diese Tendenz zeigte sich in schlagendster Weise, als waehrend der letzten Sitzung der SAI[7] der Vertreter der britischen Labour Party erklaerte, dass die vier Grundartikel von Hamburg nicht mehr als gueltig zu betrachten waeren. Soviel uns bekannt ist, war diese Erklaerung nicht auf einen Beschluss der Labour Party gegruendet, aber die Tatsache, dass eine solche Erklaerung bei einer Sitzung der Exekutive abgegeben wurde, charakterisiert in bezeichnendster Weise die Lage der SAI."

Adler faehrt dann fort: "Wenn gerade heute die in Hamburg festgelegten Grundsaetze fuer ungueltig erklaert werden, und der Faschismus mit einer neuen Weltkatastrophe droht, dann ist es klar, dass die Opposition hauptsaechlich gegen das Prinzip gerichtet ist, welches die Aufrechterhaltung der Internationale waehrend des Krieges vorsieht. Solch eine Opposition geht von der Absicht aus, den Weg schon jetzt fuer eine voellig autonome Politik der verschiedenen nationalen Parteien freizumachen und fuehrt zu jener Verneinung des Internationalismus, die wir mit allen ihren Folgen waehrend des Weltkrieges erlebten.

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Wir hoerten bei der letzten Sitzung der Exekutive, wie der Delegierte der britischen Labour Party erklaerte, dass seine Partei es ablehnen wuerde, Stellung zu Problemen zu nehmen, welche ein Krieg der Politik der Arbeiterklasse stellen wuerde ... Man hat auch nichts aus der Erfahrung mit den Friedensvertraegen gelernt. Wir haben immer betont, dass die Autoren des Versailler Vertrages mit Recht behaupten konnten, dass alle von ihnen begangenen Fehler dem Beispiel zuzuschreiben waren, dass die Vertreter des wilhelminischen Deutschland in Brest-Litowsk gaben. Heute ist der Versailler Vertrag zum groessten Teil vernichtet, und aus seinem Schicksal sollte man lernen. Vor allem muss man der Tatsache Rechnung tragen, dass am Ende eines Krieges die Gefahr entsteht, dass die Massen, welche unbeschreibliche Leiden durchgemacht haben, von Rachegefuehlen uebermannt werden und auf die Erfuellung von Versprechungen bauen, die von der Kriegspropaganda gemacht wurden, und unfaehig sind, bei der Errichtung eines wirklichen und dauerhaften Friedens zu helfen. Die internationale Arbeiterbewegung sollte angesichts solcher Probleme eine Stellung beziehen, bevor die Massen und ihre Fuehrer in den Maschen des Krieges gefangen sind." Am Schluss sagt Adler: "Jene Skeptiker, welche die Internationale niemals ernst nahmen, werden jetzt glauben, sie haetten recht behalten. Aber jene, fuer die der internationale Sozialismus ein integraler Bestandteil ihres Lebens war, werden durch die jetzigen Niederlagen genau so wenig entmutigt sein, wie sie es durch die Niederlage von 1914 waren. So wie waehrend des Weltkrieges und nach seinem Ende der Wille zur Wiederherstellung der Internationale maechtig wach wurde, so werden historische Ereignisse - nach ernsten Rueckschlaegen - den endgueltigen Triumph der Internationale des kaempfenden Proletariats bringen."

wurde in einer gut besuchten Versammlung der registrierten SPD-Genossen am 2. April einstimmig gewaehlt. Die Zusammensetzung ist: Vorsitzender Wilh. Sander, Beisitzer: Vict. Schiff, Herta Gotthelf, Heinrich Sorg, Kurt Weckel, Fritz Segall[8] und Gerhard Gleissberg. Ausserdem gehoeren dem Ausshuss an: Erich Ollenhauer vom Parteivorstand u[nd] Hans Gottfurcht als Vorsitzender der deutschen Gewerksch[after].

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Die Welt ist nun ueber das Schicksal der beiden Fuehrer der juedischen sozialistischen Arbeiter in Polen, die Genossen Victor Alter und Henryk Erlich, informiert worden. Die Sowjetregierung hat durch ihren Botschafter in Washington, Litwinow, dem Vorsitzenden der "American Federation of Labour", William Green, mitgeteilt, dass Alter und Erlich durch ein Kriegsgericht der Sowjetunion wegen feindseliger Propaganda unter den Sowjettruppen fuer eine Einstellung der Feindseligkeiten und fuer den Abschluss eines Friedens mit Hitlerdeutschland zum Tode verurteilt und in Ausfuehrung dieses Urteils hingerichtet worden seien. Alter und Erlich waren die hervorragendsten Fuehrer der juedischen sozialistischen Arbeiterbewegung in Polen. Ihr Leben ist eine ununterbrochene Geschichte des Kampfes gegen Unterdrueckung und Rechtlosigkeit, fuer Freiheit und Sozialismus. Dieser Kampf begann gegen die Tyrannei des russischen Zarismus, er endete in der Organisation des Widerstandes gegen die deutsche Invasion von Polen im September 1939. Die Namen beider Genossen haben in der internationalen politischen und gewerkschaftlichen Arbeiterbewegung einen hohen Klang. Erlich war Mitglied der Exekutive der SAI, Alter Mitglied der leitenden Koerperschaften des Internationalen Gewerkschaftsbundes. - Auf ihrer Flucht vor den Nazitruppen wurden sie von den Sowjetbehoerden verhaftet, im August 1941 zum ersten Mal zum Tode verurteilt, aber im Sept[ember] 1941 auf Intervention der polnischen Regierung freigelassen. Die Sowjetbehoerden entschuldigen sich bei beiden fuer den "schrecklichen Irrtum" und ersuchten beide um ihre Mitarbeit im Kampf gegen den deutschen Faschismus. Beide erklaerten sich sofort dazu bereit, aber im Dezember 1941 erfolgte ihre erneute Verhaftung. Seit dieser Zeit wusste man nichts ueber ihr Schicksal, bis jetzt die amtliche Mitteilung der Sowjetunion ihre Hinrichtung bekannt gab.

Wir beklagen mit den Gen[ossen] des "Bund" und mit der gesamten internationalen sozialistischen Arbeiterbewegung den schweren Verlust, den der Tod dieser beiden Genossen fuer die Sache des Sozialismus bedeutet. Wir beklagen aber auch den schweren Schlag, den diese Tat der Sowjetregierung der Sache der Verstaendigung zwischen der Sowjetunion und der freien sozialistischen Arbeiterbewegung

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durch diese Hinrichtungen zugefuegt hat. Die nichtsnutzige Verleumdung der beiden Toten in der amtlichen Begruendung fuer die Hinrichtung schlaegt die Verleumder, nicht die Verleumdeten, denn jeder, der sie kannte, weiss, Victor Alter und Henryk Erlich starben, wie sie lebten: als aufrechte, ehrliche Kaempfer fuer Freiheit und Sozialismus und als Todfeinde der faschistischen Barbarei.

Die polnischen sozialistischen Organisationen in England veranstalteten am 28. Maerz in London eine Gedenkfeier fuer die beiden Toten, auf der die Genossen Camille Huysmans, S. Zygielbojm, Adam Ciolkosz, Alojzy Adamczyk[9] und Louis de Brouckère sprachen. Genosse George Dallas, M.P., fuehrte den Vorsitz.

In der endlos langen Opferliste der Nazityrannei ist von neuem ein Name mit hohem Klang in der internationalen sozialistischen Arbeiterbewegung zu verzeichnen: Robert Danneberg[10]. Die oesterreichischen Sozialisten haben vor kurzem die Nachricht erhalten, dass Robert Danneberg in einem der Konzentrationslager in Polen am 12. Dezember 1942 ermordet wurde.

Der Gen. Robert Danneberg war eine der fuehrenden Persoenlichkeiten der oesterreichischen Arbeiterbewegung. Sein Name ist mit den letzten Jahrzehnten der Geschichte des Freiheitskampfes der oesterreichischen Arbeiter untrennbar verbunden. Sein Wirken begann in der sozialistischen Jugendbewegung, er war der erste Sekretaer der Sozialistischen Jugend-Internationale. Nach dem Krieg begann sein Aufstieg in der oesterreichischen Partei. Als Parteisekretaer war er durch viele schwierige und erfolgreiche Jahre die Seele der Partei, nicht nur ein hervorragender Organisator, sondern ein wirklicher politischer Fuehrer. Fuer die breitere Oeffentlichkeit und fuer die internationale demokratische Welt ist der Name Dannebergs vor allem verbunden mit dem grossen Aufbauwerk des "Roten Wien"[11].

Ein Mann wie dieser war des Hasses der Faschisten und Nazis aller Schattierungen gewiss. Er wich nicht vor ihnen zurueck. Nach den Februarkaempfen 1934, in der ersten Periode der Illegalitaet der oesterreichischen Arbeiterbewegung, war er im Stillen der Vertrauensmann

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und Berater der Illegalen, die seinen Rat unter den neuen Verhaeltnissen nicht geringer schaetzten als in der legalen Zeit. Als Hitler kam, verhafteten ihn die braunen Schergen in der ersten Nacht ihrer Herrschaft.

Seit diesem Tage bis zu seinem tragischen Tod hat Robert Danneberg die Freiheit nicht wiedergesehen, aber Haft und Martyrium haben seinen Geist und seinen Glauben nicht brechen koennen.

So musste er fallen, wie so viele andere in den letzten Monaten. Robert Danneberg wird den Tag der Freiheit nicht mehr erleben, aber er wird weiterleben in seinem Werk und in seinem Maertyrertum als Vorbild und Verpflichtung fuer uns alle. 'Wir deutschen Sozialisten entbieten ihm den letzten Gruss mit dem feierlichen Versprechen, dass wir sein Leiden und seinen Tod an seinen Nazihenkern raechen werden.'

Die Londoner Gruppe der oesterreichischen Sozialisten veranstaltete am 13 Maerz in ihrem Londoner Heim eine eindrucksvolle Trauerfeier, in der Lord Latham[12], der Fuehrer der Labour Party im London County Council, Wenzel Jaksch und Oskar Pollak sprachen.




[Veranstaltungshinweis]

International May Day Demonstration

on Saturday, May 1st, 1943 at 3.15 p.m.
at the Conway Hall, Red Lion Square, W.C.1

The speakers are as follows:

Austria:

Oskar Pollak

Belgium:

Louis de Brouckère

China:

A Chinese Seaman

Czechoslovakia:

F. Nemec

France:

Andre Philip

Germany:

Erich Ollenhauer

Italy:

Paolo Treves

Luxembourg:

Pierre Krier

Norway:

Arthur Ruud[13]

Poland:

Jan Kwapinski

Alfred Barnes, M.P.[14], Harold Clay[15], Jim Griffiths, M.P.


It is anticipated that the whole demonstration will be widely used in the European Service of the BBC.

Admission by Programme 6d.

FABIAN INTERNATIONAL BUREAU

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"... Seit dem Absenden und dem Empfang dieser Briefe ist sehr viel geschehen, was unser Herz in Bezug auf die Zukunft mit Freude erfuellen kann; doch bangen wir fuer das, was in den kommenden Wochen und Monaten noch geschehen kann. Wenn ich an alle unsere Freunde denke, dann schnuert sich mir das Herz zusammen. Fuer einige liegt jetzt das Einreisevisum in die Schweiz vor; ob es ihnen noch etwas nuetzen wird, ist eine Zeitfrage ... Ueber die Verhaeltnisse der Fluechtlinge in der Schweiz werden auch die folgenden Zeilen richtig informieren. Laut Verordnung werden in der Schweiz behalten: Frauen mit Kindern, ganze Familien, Alte und Kranke, Politische, denen es gelingt, hinter die Grenzlinie zu kommen. Hingegen werden Einzelpersonen, maennliche und weibliche, zwischen 16 und 60 Jahren, die arbeitsfaehig sind, zurueckgestellt, "weil ihnen nichts anderes bevorsteht als ein deutsches Arbeitslager", was durchaus zumutbar sei. Unseren Einwendungen, dass die Deportierten nicht mit Arbeitslager, sondern mit Vernichtung zu rechnen haben, gibt man zur Antwort: "Beweisen sie uns das!"

Der Begriff "Grenzlinie" hat eine sehr extensive Auslegung erhalten, indem Orte 10 und mehr Kilometer hinter der Grenze noch als Grenzgebiet betrachtet werden. Tatsaechlich wurden auch "Politische" zurueckgewiesen ... Diejenigen, die hier bleiben koennen, - es sind ca. 6.500 - und es kommen fast keine mehr durch, werden in Auffanglagern aufgenommen, die recht primitiv, aber im ganzen annehmbar sind. Die Eidgenossenschaft stellt das Unterkunftslokal, das Stroh, zwei Wolldecken, das sehr einfache, ziemlich fettarme Essen. Fuer alles andere: Kleidung, Waesche, Toilettenartikel, Medikamente, Handtuecher, Taschengeld, Zusatznahrung etc. muessen die privaten Organisationen sorgen. Diese Auffanglager stehen unter militaerischer Bewachung. Es sind etwa 800 bis 1.000 Kinder dabei.

In den Auffanglagern werden die Leute, die auch zweimal Ausgang in der Woche haben und die staedtischen Kliniken unter militaerischer Begleitung aufsuchen koennen, genau geprueft. Alle arbeitsfaehigen Maenner und Frauen sollen in Arbeitslager kommen sowie die Emigranten, die bereits in der Schweiz sind.

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Hier haben sie Nahrung und Arbeitskleidung, recht anstaendiges Essen, einen kleinen Sold, regelmaessigen Urlaub mit bezahlter Freikarte an ihren Standort. Die Maenner werden in der Anbauschlacht verwendet, zur Melioration von Boden, Strassenbau, Torfstechen usw. Die Frauenlager, und das ist neu, waschen, stricken, naehen fuer die Maenner in den Arbeitslagern, und zwar verarbeiten sie das von der Eidgenossenschaft gestiftete Material. Frauen mit Kindern unter vier Jahren kommen in besondere Heime; Arbeitsunfaehige und Alte muessen auf Kosten der Komitees privat versorgt werden. Bei den bisherigen Fluechtlingen war es so: Von ca. 5.500 Personen waren 800 bis 900 als lagerfaehig erklaert; alle anderen leben auf Kosten der Komitées. Es ist ohne weiteres anzunehmen, dass unter den Neuhinzugekommenen der Prozentsatz der nicht Arbeitsfaehigen mindestens [eben]so gross ist. Und da liegt unsere grosse finanzielle Belastung ... Da die Gewerkschaften, die Partei und die Committees immer groessere Schwierigkeiten haben, die dringendsten Mittel aufzubringen, wird eine Hilfe vom Ausland immer zwingender. Fuer die Hilfe der in Frankreich unter sehr schlimmen Bedingungen, zum Teil versteckt lebenden Fluechtlingen erhalte ich keinerlei Zuschuss, ich bettele alles von einzelnen Freunden und Kollegen in ununterbrochenen Vortraegen zusammen ... Was eine etwaige Hilfe des Hohen Fluechtlingskommissars anbetrifft, bei der Schweizerischen Regierung bei "Ausschaffungen" zu intervenieren, so hat es wohl nur einen platonischen Wert. Die Rueckstellungen werden gleich an der Grenze von den Grenzorganen vorgenommen; die "Zurueckgestellten" werden der franzoesischen Polizei in die Haende gegeben, die sie in den meisten Faellen zuerst wegen Benuetzung falscher Ausweise festnimmt, um sie nach einigen Tagen in das Deportierungslager Rivesaltes zu befoerdern. Von dort gibt es keine Moeglichkeit der Rettung mehr. Von den meisten erfahren wir erst nach Wochen durch Freunde, dass sie den Grenzuebertritt versuchten und seither verschollen sind; andere schreiben uns aus Rivesaltes verzweifelte Briefe und Telegramme ... Materielle Hilfe aus dem Auslande wird die Frage beantworten, wie lange wir ueberhaupt noch in solchen besonderen Notfaellen individuell helfen koennen, auch fuer Saarfluechtlinge, die nicht mehr rechtzeitig zu uns kommen konnten ..."

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"... Viele Fluechtlinge, die im Laufe der letzten Monate illegal nach Portugal gekommen sind, wurden jetzt in Zwangsaufenthalt nach einem kleinen Kuestenort - Ericeira - geschickt. Das ist fuer alle Verschickten eine Verbesserung ihrer Situation, sie kommen damit aus den Gefaengnissen und werden auf diese Weise 'legalisiert'. Da viele Fluechtlinge ohne Papiere von Frankreich durch Spanien nach Portugal gekommen sind, ist dies besonders wichtig. Voraussetzung fuer die Verschickung ist allerdings, dass sich ein Komitee findet, das die Verpflichtung fuer den Lebensunterhalt des Betreffenden uebernimmt.

In dem spanischen Konzentrationslager Ebro de Miranda [Miranda de Ebro] sind noch ca. 4.000 Fluechtlinge versammelt, viele davon sind in den letzten Monaten ueber die Grenze gegangen und wurden dann dort interniert. Eine grosse Anzahl anderer Fluechtlinge duerfte allerdings auch noch in den spanischen Grenzgefaengnissen, wie Figueras, sitzen, wo die Bedingungen offenbar sehr viel zu wuenschen lassen. Freunde von uns sitzen in derartigen Gefaengnissen seit fast 20 Monaten, schuldlos und ohne dass sich ein Richter findet, der ihren Fall behandelt. Obwohl einiges besser geworden ist, [sind] doch die allgemeine Unsicherheit und der Mangel an einem geordneten Rechtsverfahren sehr bedrueckend. Im Lager Miranda sind auch noch viele Franzosen sowie deutsche Fluechtlinge, die aus dem grenznahen Vichy-Internierungslager Gurs entkommen sind. Eine Zeitlang waren auch Frauen in Miranda, man hat sie aber entlassen, weil man den Platz fuer die Maenner brauchte. Die Polen, die bisher im Lager waren und besonders schlecht behandelt wurden, sind und werden entlassen.

werden leider nur sehr langsam von politischen Fluechtlingen geraeumt. Einige hundert Mitglieder der Internationalen Brigade sind noch immer in den camps. Mr. Kullmann[16] (Deputy High Commissioner for Refugees under the Protection of the League of Nations) sagte allerdings am 3. April anlaesslich eines Meetings, dass nach seinen Informationen eine wesentliche Verbesserung der Lage und der Visa-Versorgung zu Gunsten der Fluechtlinge in Nordafrika recht bald zu erwarten sei.

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im April - Mai 1943
im Austrian Labour Club, 31, Broadhurst Gds, N.W.6.:


Freitag, d. 16. April, 7.30 p.m. Vortrag des Gen. Hans Gottfurcht: "Eindruecke und Erfahrungen in britischen Arbeiter-Versammlungen". Gaeste sind willkommen.


Freitag, d. 30. April, keine Versammlung, dafuer am


Sonnabend, d. 1. Mai, 3.15 p.m. geschlossene Teilnahme an der vom FABIAN INTERNATIONAL BUREAU veranstalteten Internationalen Mai-Demonstration in der Conway Hall, Red Lion Square, W.C.1. (Holborn U-Bahn-Station).
Eintritts-Programme (6d) sind durch uns erhaeltlich.


Freitag, d. 7. Mai, 7.30 p.m. Vortrag des Gen. Heinrich Sorg: "Unsere Stellung zur Demokratie". Gaeste willk[ommen].




[Hinweis]

NATIONAL TRADE UNION CLUB. Die Gruppe deutscher Sozialdemokraten, die dem Club angeschlossen ist, gibt in den naechsten Tagen die Mitgliedskarten fuer 1943 aus. Jahresbeitrag sh 2/-. Wer seine Mitgliedschaft fuer 1943 erhalten oder erwerben will, sende 2/- an Gen. W. Sander.




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Editorische Anmerkungen


1 - = Danmarks National Socialistiske Arbejderparti (1932 gegründet).

2 - Det Konservative Folkeparti (KF); Socialdemokratiet i Danmark (SD).

3 - Ryti blieb Staatspräsident bis zum 1.8.1944 und wurde von Marschall von Mannerheim abgelöst. Die finnischen Faschisten waren zum großen Teil in der Vaterländischen Volksbewegung organisiert (finnische Abkürzung IKL), die 1944 verboten wurde.

4 - Am 26.6.1941 hatte sich Finnland dem Russlandfeldzug Hitlers angeschlossen, ausdrücklich als "Waffengefährte" und nicht als Bundesgenosse deklariert. Das Kriegsziel Finnlands war ausschließlich die Wiedergewinnung der im März 1940 an die SU abgetretenen Gebiete.

5 - "Otto von Österreich": Otto von Habsburg (geb. 1912), seit 1940 Exil in den USA, 1944 Frankreich, 1945 Österreich, 1946 Frankreich, ab 1954 in Deutschland.

6 - Der Internationale Sozialisten-Kongress, auf dem sozialistische Parteien aus 30 Ländern vertreten waren, fand vom 21. bis 25.5.1923 in Hamburg statt und führte zur Gründung der Sozialistischen Arbeiter-Internationale (SAI).

7 - Es handelt sich um die Tagung der SAI-Exekutive am 14./15.5.1939. Das Memorandum, das F. Adler im Juni 1939 der Exekutive vorlegte, hatte den Titel "Die Lage in der SAI". Im wortwörtlichen Sinne erklärt es nicht seinen Rücktritt, sondern lässt seine Motive für den später erfolgten Rücktritt deutlich werden.

8 - Fritz Segall (1901 - 1973), ausgebildeter Journalist, seit 1919 Mitglied der SPD, Mitarbeiter u.a. beim Vorwärts und Sozialdemokratischem Pressedienst, vielseitige Rundfunkarbeit, Mitglied im Hauptvorstand des SDS, 1939 mit Dora (siehe SM 26, Ende Mai 1941, Anm. 14) Emigration nach Großbritannien, 1940 dort interniert, 1941 SPD-Ortsgruppe London, antivansittartistisch, später Verbindungsmann zwischen Labour Party und SPD, nach 1950 Weiterführung von Wilhelm Sanders Arbeit.

9 - Alojzy Adamczyk (1899 - 1959), polnischer Sozialist, 1939 Exil in Großbritannien, später USA.

10 - Robert Danneberg (1885 - 1942), österreichischer Sozialdemokrat, ab 1908 Sekretär der Sozialistischen Jugend-Internationale, 1914-1918 Kriegsgegner, befreundet mit Friedrich Adler, umgekommen in Auschwitz.

11 - Das "Rote Wien" stand für die sozialdemokratische Umgestaltung der österreichischen Hauptstadt nach 1918 (u. a. soziale Wohnungsbaupolitik).

12 - Charles Latham (1888 - 1970), seit 1905 in der Labour Party, 1915 Präsident der National Union of Clerks. Die oben erwähnte Position hatte Latham von 1940 bis 1947 inne.

13 - Zu Arthur Ruud konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden.

14 - Alfred Barnes: Siehe SM 7, 4. Apr. 1940, Anm. 11

15 - Harold Clay (es konnten keine biographischen Angaben ermittelt werden), britischer Gewerkschafter (Transport and General Workers' Union) und Labour-Politiker.

16 - Gustave Gérard Kullmann (geb. 1894), 1938-1946 Flüchtlingskommissar des Völkerbundes.




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