FES | ||
|
|
TEILDOKUMENT:
B. Zur Fachhochschul- und Hochschulausbildung In internationalen Vergleichen schneiden nicht nur die deutschen Schulen, sondern auch die Hochschulen vielfach schlechter ab als die japanischen, amerikanischen und die Universitäten einiger europäischer Länder. Kritisiert wird das späte Eintrittsalter, die zu lange Ausbildungszeit sowie die geringe Zweck- und Zielbestimmung der Studiums. Diese Untersuchungen beziehen sich zumeist auf die wirtschaftliche Wissenschaft und Lehre. Viele Kritikpunkte treffen aber auch für andere Fächer zu. Bei den Ingenieurwissenschaften stehen in Deutschland nach wie vor die traditionellen und reifen Industrien, wie Maschinenbau, im Vordergrund. Aber selbst hier sagt die Kritik, daß die Ausbildung vielfach den ingenieurwissenschaftlichen Selbstzweck in den Vordergrund stellt, d.h. an den Markterfordernissen v.a. der potentiellen Importländer vorbeigeht. In Deutschland selbst wird eine lang anhaltende Diskussion über die Fragen des richtigen Reformansatzes für die Hoch- und Fachhochschulen geführt, die wie im Schulbereich auf die bedarfsorientierten Kriterien gelenkt werden muß. Aus wirtschaftlicher Sicht sind insbesondere folgende Aspekte zu beachten: 1. Eintrittsalter und Studiendauer müssen gesenkt werden Dazu muß die Ausbildungszeit der mit der Hochschulreife abschließenden Schulzeit um ein Jahr verkürzt werden. Die Hochschulen dürfen aber die Schule nicht zum Sündenbock machen, sondern müssen die Konsequenzen daraus ziehen, daß die viel größeren Zeitreserven im Bereich des Studiums selbst liegen. Die Hochschulen Frankreichs sowie auch private Hochschulen in Deutschland mit einem Trimestersystem und weniger Leerzeiten in den Semesterferien zeigen, daß ein Studium durchaus mit 25 Jahren abgeschlossen werden kann, ohne daß die Ausbildungsqualität darunter leidet. 2. Die Zugangsbedingungen müssen wettbewerblich orientiert sein Der Numerus Clausus und die Zentrale Vergabe Stelle (ZVS) sind seit langem überholt. Studienplatzsuchende müssen sich der Aufgabe stellen können, sich bei einer Hoch- oder Fachhochschule ihrer Wahl um einen Studienplatz zu bewerben. Dabei ist der individuelle Berufs- und Studienwunsch in Einklang zu bringen mit der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten sowie mit einer Einschätzung der Leistungsfähigkeit der Einrichtung. Die Fach- und Hochschulen müssen sich fragen lassen, welche Qualität ihre Ausbildung hat. Ähnlich wie bei den Schulen (s. oben A 1) sind die staatlichen Stellen aufgefordert, durch Erhebungen über die Abbruchquoten und über die Akzeptanz bei den die Absolventen einstellenden Stellen Rückschlüsse auf die Qualität des Ausbildungsangebots zu ermöglichen. Die Hochschulen müssen zur Sicherung ihrer Standards Bewerber ablehnen können. Ob insoweit Eignungsprüfungen (wie bereits bei den privaten Einrichtungen) nötig sind, bedarf der Prüfung. 3. Der Studierende muß sich an den Kosten der Ausbildung beteiligen (Studiengebühren) Ein materielles Engagement für das eigene Studium ist den Studierenden durchaus zuzumuten. Ein eigenes wirtschaftliches Risiko beim Studium wirkt der verbreiteten Neigung zu einer unvertretbaren Verlängerung der Studienzeiten entgegen. Es erhöht die Motivation, das Studium effektiv zu gestalten und in eine Ausbildungseinrichtung zu investieren, die den größeren Erfolg verspricht. Zugleich werden auf diese Weise leistungsstarke Einrichtungen mit Mitteln belohnt, die sie zweckentsprechend einsetzen können. Die Studiengebühren können von Kindern leistungsfähiger Eltern direkt aus dem Einkommen getragen werden. Kinder weniger gut situierter Eltern können Kredite aufnehmen, deren Verzinsung und Tilgung einkommens- und studienabschlußabhängig gestaltetet werden kann. Dort wo die Akademikerausbildung - mit oder ohne Abschluß - nicht zu überdurchschnittlichen Einkommen führt, sollte der Staat ebenfalls auf Rückzahlung verzichten. Es muß möglich sein, exotische" Studien zu betreiben, die keine Einkommensrentabilität zur Folge haben, und es muß auch möglich sein, ein Studium ohne materielle Sanktion aufzugeben. Eine solche Regelung würde Abschreckungseffekte weitgehend vermeiden. Jedoch kann sozialen Härten eines gebührenfinanzierten Studiums nicht nur durch die entsprechende Ausgestaltung der Darlehensmodalitäten sondern auch durch Förderungsmodelle vorgebeugt werden, die sich am Förderungsbedarf und den gezeigten Leistungen orientieren. Hierbei sind die schon heute bestehenden 10.000 Stiftungen zu berücksichtigen, die Stipendien vergeben und Projektförderung betreiben. Die Wirtschaft ist aufgefordert, solche Institutionen zu unterstützen. 4. Die Internationalität muß gestärkt werden und der Umgang mit neuen Technologien muß zum selbstverständlichen Standard werden Nach wie vor sind eine (oder gar zwei) sicher beherrschte Fremdsprachen eher die Ausnahme als die Regel. Die Globalisierung der Wirtschaft ist aber soweit vorangeschritten, daß Auslandserfahrung, die bereits im Studium erworben wurde, und das sichere Beherrschen wenigstens einer Fremdsprache, somit also erste Ansätze des Arbeitens in einer multikulturellen Umgebung, wichtige Eingangs- und Erfolgsvoraussetzungen sind. Hier liegt auch eine wichtige Aufgabe für die allgemeinbildenden Schulen. Darüber hinaus können es sich immer weniger Unternehmen leisten, Fach- und Hochschulabsolventen einzustellen, denen das Arbeiten mit IT-Arbeitsplatzanwendungen nicht geläufig ist. Das Leben und Arbeiten in einer vernetzten Welt macht den selektiven Umgang mit einer unüberschaubaren Vielfalt an Informationen unumgänglich. Die Hoch- und Fachhochschulen müssen ihren Studierenden Zugang zu Personalcomputern und Netzdiensten zur Verfügung stellen. Die Unternehmen sind im eigenen Interesse aufgefordert, hier fördernde Unterstützung zu leisten. 5. System- und Methodenkompetenz sowie ethische Verantwortung müssen als wenigstens gleichwertig neben die Fachkompetenz gestellt werden Nach wie vor steht die Vermittlung von Fachwissen uneingeschränkt im Vordergrund. Der Studienabgänger jedoch steht vom ersten Tag seines beruflichen Alltags vor fachübergreifenden Aufgaben. Diese kann er nur lösen, wenn er über eine Methodenkompetenz verfügt, die es ihm ermöglicht, Problemstellungen jenseits seines Fachbereichs zu erkennen und zu ihrer Lösung beizutragen. Ethische Verantwortung, Teamgeist und Solidarität müssen Teil der Erfahrung im Studium sein. Eine reine Effizienzorientierung birgt die Gefahr, daß Spezialisten entstehen, die nicht in der Lage sind, selbständig zu handeln und sich an Werten zu orientieren, ohne die eine Gesellschaft nicht existieren kann. Moderne Unternehmen übernehmen Verantwortung in einer komplizierten Welt, und wer Führungsfunktionen in Unternehmen ausführen soll, muß in der Lage sein, die Bedeutung ethischer Prinzipien zu erlernen und danach zu handeln. Denn die Fähigkeit, Solidarität mit anderen Menschen zu üben und im offenen Dialog Erfahrungen zu erarbeiten, eröffnet erst die Möglichkeit zum teamorientierten Handeln. 6. Sozialverhalten muß Gegenstand der Studiengänge sein, der Praxisbezug muß erhöht werden Ob Fach- oder angehende Führungskraft, das Zusammenarbeiten mit gleichberechtigten Partnern in einer weniger hierarchischen und mehr vernetzten Welt wird im nationalen und vor allem im internationalen Maßstab zum entscheidenden Erfolgskriterium. Fach- und Methodenkompetenz bleiben erfolglos, wenn es nicht verstanden wird, dies anderen zu vermitteln. Presentation Skills und Transformation Leadership sind feste Bestandteile der Lehrangebote führender amerikanischer Hochschulen. Über die privaten Fach- und Hochschulen hinaus müssen sie auch in Deutschland zum Standard werden. So ist auch die Diskussion, ob die Lehre und Wissenschaft mit der Wirtschaft zusammenarbeiten darf, obsolet. Nur die enge Partnerschaft von Lehre und Forschung mit führenden Unternehmen der Wirtschaft sichert den Erfolg der Unternehmen im globalen Wettbewerb, bietet der Wissenschaft u.a. dringend benötigte Mittel und den Studierenden den notwendigen Realitätsbezug. |
©Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1998 |