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3. Sexkundschaft und Frauenhandel

Ein Beitrag von Sigrun Katins


Ich möchte in meinem Beitrag zum Thema Frauenhandel versuchen, zu beschreiben , wie die Situation von Frauen aus Südostasien, die vom Frauenhandel betroffen sind, hier in Deutschland ist - vor allem auch, wie der Gesetzgeber sich zu ihnen verhält. Wir haben uns sehr über die Einladung gefreut, weil hier über eine sehr wichtige Ursache für die Sexindustrie und den Frauenhandel gesprochen wird:

nämlich den wirtschaftlichen Faktor. Zudem wird auch über die Sexindustrie in Südostasien gesprochen. In den Medien wurde, wenn es um Frauenhandel ging, in den letzten Jahren leider fast ausschließlich über Frauen aus ost- und mitteleuropäischen Ländern berichtet. Die Frauen aus Südostasien werden dabei fast vergessen, obwohl sie weiterhin stark vom Frauenhandel betroffen sind. Deswegen ist es uns wichtig, daß wir heute darüber sprechen können.

Ich möchte kurz die einzelnen Teile meines Beitrages vorstellen: Zunächst werde ich den Verein Ban Ying vorstellen und dann unseren Standpunkt zu Prostitution und Menschenhandel darlegen. Ich gehe kurz auf die Strukturen und Ursachen von Frauenhandel ein und auch auf die Auswirkung der Wirtschaftskrise. Ich möchte meinen Beitrag mit einem Ausblick darüber abschließen, was aus der Sicht der NRO gegen Frauenhandel getan werden kann.

Ban Ying ist thailändisch und heißt „Haus der Frauen". Wir sind ein kleiner Verein in Berlin, der zwei Projekte hat:

eine Zufluchtswohnung für Frauen aus Südostasien in Berlin und eine Koordinationsstelle. Wir werden vom Land Berlin finanziell unterstützt und wir können auf eine fast zehnjährige Erfahrung in unserer Arbeit zurückblicken.

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Frauenhandel als Menschenrechtsverletzung wahrnehmen

Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Situation der Frauen in Südostasien, aber insbesondere das Thema Frauenhandel. Wir bieten Zuflucht, Beratung und Unterstützung an. Wir begleiten betroffene Frauen zum Beispiel, wenn sie Zeuginnen bei Prozessen gegen Menschenhandel sind, unterstützen sie beim Kontakt mit Behörden und bieten auch psychosoziale Unterstützung an. Unser Ziel ist es, daß Frauenhandel mehr als bisher als Menschenrechtsverletzung behandelt wird und daß die Betroffenen mehr Rechte und Entschädigung bekommen. Dazu arbeiten wir in Berlin mit nationalen und internationalen Frauenorganisationen und auch Menschenrechtsorganisationen zusammen.

Ich komme nun zu unserem Standpunkt zur Prostitution und es ist mir ein Anliegen, diesen nochmals darzustellen. Wie wir heute ja bereits gehört haben, gibt es zu Prostitution unterschiedliche Wertungen. Wir bewerten Prostitution nicht moralisch und unterscheiden klar zwischen freiwilliger Prostitution und dem Zwang zur Prostitution. Zwangsprostitution verstößt gegen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und stellt damit eine Menschenrechtsverletzung dar. Ich möchte an dieser Stelle betonen, daß freiwillige Prostitution nichts mit Frauenhandel zu tun hat. Leider wird das oft vermischt und von bestimmten Lobbygruppen wird sogar versucht, die freiwillige Prostitution unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Frauenhandel zu kriminalisieren und abzuschaffen. Das hat die fatale Folge - wie Frau Lin bereits erörtert hat - daß die Ausübung von Prostitution stärker kriminalisiert wird. Dadurch können Frauen, die sowohl freiwillig wie unfreiwillig in der Prostitution arbeiten, von Zuhältern und Freiern leichter kontrolliert, unter Druck gesetzt und sexuell und finanziell ausgebeutet werden. Um diesen Mechanismus von Ausbeutung einzuschränken, müssen Menschen, die in der Prostitution arbeiten, mehr Rechte bekommen.


Mehr Rechte für Menschen, die in der Prostitution arbeiten

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Ich komme nun zum Hauptteil meines Beitrages. Ich möchte Ihnen kurz vorstellen, mit welcher Definition von Frauenhandel wir arbeiten. Auch wenn Ihnen das theoretisch vorkommen mag, so ist es doch für das Verständnis meines Beitrages wichtig. Es muß klar sein, was wir meinen, wenn wir von Frauenhandel sprechen. Denn in Fachkreisen und der allgemeinen Öffentlichkeit werden die Begriffe Frauenhandel und Menschenhandel für zum Teil völlig verschiedene Straftaten und Situationen verwendet. Das birgt die Gefahr in sich, daß der Begriff Frauenhandel als Gummibegriff benutzt und damit verharmlost wird. Wir verwenden den Begriff Frauenhandel als politischen Begriff und verdeutlichen, daß vor allem Frauen von diesem Verbrechen betroffen sind. Im deutschen Strafgesetz wird beispielsweise der Begriff Menschenhändlerring nur im Zusammenhang mit Prostitution gesehen. Dies trifft aber nur einen Teil der Realität, wie wir bereits gehört haben. Deswegen arbeiten wir mit einer breiteren Definition von Frauenhandel. Dieser wurde von der „Global Alliance Against Trafficking in Women", also der Globalen Vereinigung gegen den Frauenhandel, erarbeitet, dem internationalen Netzwerk von NROs gegen Frauen und Frauenhandel.


Frauenhandel ist Ausbeutung

Der Fokus dieser Definition liegt nicht auf der Betonung von Zwangsprostitution, sondern auf der Ausbeutung von Arbeitskraft. Es geht um Arbeitssituationen, in denen Frauen ihrer Freiheit und fundamentaler Menschenrechte beraubt werden wie z. B. sexuelle Ausbeutung, sklavenähnliche Arbeitsverhältnisse, Freiheitsberaubung.

Dies geschieht natürlich in der Zwangsprostitution, aber auch in Haushalten und im Zusammenhang konventioneller Verheiratung. Und wenn Frauen unter bestimmten Umständen zu diesen Tätigkeiten mit List, Zwang oder Gewalt gezwungen werden, dann sprechen wir von Frauenhandel. Ich möchte hier darauf hinweisen, daß Migration zum Zwecke der Heirat nicht per se Frauenhandel ist. Erst wenn oben ge-

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nannte Faktoren dazugekommen, sprechen wir von Frauenhandel und das ist wichtig zu betonen, um einer Stigmatisierung von Migrantinnen entgegenzuwirken.


Migrantinnen nicht stigmatisieren

Ich versuche nun ganz kurz, die Strukturen und die Wirkungsweisen des Frauenhandels aufzuzeigen. Weltweit betroffen sind vor allem Thailand, die Philippinen, mittel- und osteuropäische Länder, davon hauptsächlich Polen, Rußland und die Ukraine, lateinamerikanische Länder wie z.B. Brasilien und Kolumbien und afrikanische Länder wie Ghana und Kenia. Die Handelswege sind folgende: innerhalb eines Landes vom Land in die Stadt, über eine Landesgrenze hinweg und oder über mehrere Landesgrenzen. Wir unterscheiden zwischen Sende-, Transit- und Empfängerländern. Einige Länder haben inzwischen eine Doppelfunktion übernommen wie z.B. Thailand.


Schlepper international organisiert

Die Anwerbemethoden laufen über internationale, organisierte Schlepperbanden, Zuhälter, Heiratsvermittlungsbüros, Arbeitsvermittlungsinstitute und private Vermittlung durch Bekannte und Verwandte, die bereits im Ausland leben. Ich möchte das an einem Fallbeispiel erläutern. Ich spreche von zwei thailändischen Frauen, die in Bangkok bei ihrer Arbeitsstelle von einer Arbeitskollegin angesprochen wurden, ob sie nicht in Deutschland in einem Restaurant arbeiten wollten. Ihnen wurde ein Verdienst von circa 3000 DM versprochen. Beide sind Anfang zwanzig, auf dem Land aufgewachsen, dann nach Bangkok gegangen, um von dort aus ihre Familien finanziell zu unterstützen. Sie haben die Binnenmigration also schon vollzogen. Beide Frauen hatten sich die Entscheidung, nach Deutschland zu gehen, lange überlegt, denn sie sollten eine Vermittlungssumme von 20.000 DM bezahlen. Das hört sich sehr viel an, aber nach einem Jahr Arbeit im Restaurant hätten sie diese Summe dreifach bezahlt.

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Bei ihrer Ankunft in Berlin wurden sie dann von einem deutschen Mann und einer thailändischen Frau abgeholt und wurden in die Privatwohnung des deutschen Mannes gebracht, wo bereits fünf andere thailändische Frauen lebten. Nach einigen Tagen wurde ihnen gesagt, daß sie in der Prostitution arbeiten sollten, da sie sich wegen des Vermittlungsvertrages verschuldet hätten. Diese Schulden sollten sie in der Prostitution abarbeiten. Die beiden Freundinnen entschieden sich aber dafür, nicht in der Prostitution zu arbeiten. Daraufhin gab es einige Tage lang mündliche Drohungen:

Wenn sie das nicht täten, dann würden ihre Familien in Thailand bedroht. Sie konnten aber nicht mit Gewalt dazu gezwungen werden, da es ihnen gelang, zu fliehen. Mit aneinander gebundenen Kleidungsstücken haben sie sich aus der Wohnung abgeseilt. Dabei haben sie sich sehr schwer am Rücken verletzt. Mitten in der Nacht erreichten sie ein Taxi, das sie in das thailändische Konsulat in Berlin brachte. Von dort wurden sie ins Krankenhaus gebracht, das mit Ban Ying Kontakt aufgenommen hat. Die beiden mußten mehrere Monate im Krankenhaus bleiben.

Nachdem sie zu den Mitarbeiterinnen von Ban Ying Vertrauen gefaßt hatten, entschieden sie sich nach sechs Wochen dazu, eine Anzeige zu erstatten. Nachdem sie genesen waren und während die polizeilichen Ermittlungen ihren Lauf nahmen, kamen sie in die Zufluchtswohnung von Ban Ying. In der Zwischenzeit lief jedoch die Aufenthaltsgenehmigung der einen Frau ab und es gelang nur unter großen Mühen, diese zu verlängern.


Jahrelang auf den Prozeß warten...


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Nach einem Jahr zeichnete sich immer noch nicht ab, wann der Prozeß

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beginnen sollte. Die beiden Thailänderinnen entschieden. nach Hause zurückzukehren, da sie auch keine Arbeitserlaubnis hatten. Wir haben dann Kontakt mit unserer Partnerorganisation in Thailand aufgenommen, um mit den beiden Frauen in Verbindung zu bleiben. Nach acht Monaten kam es dann zum Prozeß, in dem der Hauptangeklagte auch zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die anderen Angeklagten wurden aber auf Bewährung freigelassen. Die beiden Zeuginnen wurden nur zum Prozeß des Hauptangeklagten eingeladen. In Zusammenarbeit mit SolWoDi (Solidarity with Women in Distress) konnten die Frauen an einem Rückkehrerinnenprogramm teilnehmen und befinden sich jetzt in einem Weiterbildungsprogramm.

Ich hoffe, daß ich Ihnen damit einen Einblick geben konnte, wie Frauenhandel sich in der Praxis auswirken kann. Um Ihnen das Ausmaß von Frauenhandel zu verdeutlichen, möchte ich eine Studie aus Thailand zitieren, der zufolge die Einnahmen aus dem Frauenhandel viermal so hoch sind wie die aus dem Drogenhandel. Frauenhandel ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.


Frauenhandel lukrativer als Drogenhandel

Um das einmal in konkrete Zahlen zu fassen, hier eine Schätzung des Bundeskriminalamtes aus dem Jahr 1988, d.h. die Zahlen von heute muß man noch sehr viel höher ansetzen: Bereits 1988 betrug der Verdienst der Vermittler im Frauenhandel allein durch die Kreditzinsen 35 bis 50 Millionen US-Dollar. Das nur als Anmerkung zu den Größenordnungen, von denen wir hier sprechen.

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Ich komme nun zu den Ursachen von Frauenhandel, die ich hier nur kurz skizzieren möchte. Wir sehen die Ursachen von Frauenhandel vor allem in dem ökonomischen Gefälle zwischen den reicheren und den ärmeren Ländern, in der schlechten ökonomischen Situation von Frauen, dem vorhandenen Markt für sogenannte exotische Frauen und damit in der Nachfrage aus den entwickelten Ländern. Weitere Ursachen sind die patriarchalischen Gesellschaftsstrukturen, die großen Verdienstmöglichkeiten für Schlepperbanden, Zuhälter und Heiratsvermittlungsinstitute, Arbeitsvermittlungsagenturen und alle die anderen Beteiligten. Eine Rolle spielen nicht zuletzt die restriktive Einreise- und Ausländerpolitik und die restriktiven ausländerrechtlichen Bestimmungen der Empfängerländer unter dem Motto: Festung Europa. Auf diesen Punkt möchte ich genauer eingehen, weil es mir wichtig ist, unseren Part am Frauenhandel kritisch zu beleuchten.

Zu den Einreisebestimmungen haben wir vor einigen Jahren eine Studie in Berlin gemacht. 1988 hat Deutschland die Visumspflicht für thailändische Staatsangehörige eingeführt. Wir haben einen Preisvergleich gemacht, indem wir untersuchten, wieviel die Frauen vor und wieviel sie nach der Visumspflicht für eine Vermittlung und Einreise nach Deutschland bezahlen mußten. Dabei haben wir festgestellt, daß die Preise sich verzehnfacht haben auf heute ca. 40.000 DM. An diesem Detail läßt sich eine Wirkungsweise des Frauenhandels aufzeigen, die zu vermitteln mir sehr am Herzen liegt: Es wird deutlich, daß eine restriktive Gesetzgebung den Frauenhandel nicht unterbinden kann, sondern im Gegenteil dazu führt, die Einreise der Frauen zu erschweren und sie dadurch in eine noch größere Abhängigkeit von Schleppern und Zuhälter gelangen läßt.


Restriktive Einwanderungspolitik und Kriminalisierung fördert Frauenhandel

In diesem Zusammenhang ist auch die Europapolitik zum Thema Frauenhandel kritisch zu sehen, denn unserer Einschätzung nach ist das Ziel des Schengener Abkommens, die

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Migration von sogenannten Drittstaaten zu begrenzen. Für die Opfer von Frauenhandel bedeutet das automatisch eine Kriminalisierung. Denn sie reisen ja zum Teil illegal oder mit gefälschtem Paß ein oder arbeiten illegal in der Prostitution. Damit verstoßen sie automatisch gegen bestimmte Gesetze, also z.B. gegen das Ausländergesetz. Wenn sie bei Razzien aufgegriffen werden, werden sie zunächst immer noch als Ausländerinnen angesehen, die kriminell geworden sind. In vielen Fällen werden sie abgeschoben, bevor sie überhaupt eine Aussage machen konnten.

Es gibt zwar inzwischen in vielen Bundesländern sogenannte Fachkommissionen und runde Tische, wo interdisziplinär zusammengearbeitet wird: mit der Staatsanwaltschaft, mit der Verwaltung, mit NROs etc. Ziel dabei ist, zu versuchen, die Situation der vom Frauenhandel betroffenen Frauen zu verbessern. Ban Ying ist ebenfalls in einer solchen Fachkommission in Berlin vertreten.


Noch viel Überzeugungsarbeit nötig

Aber unsere Erfahrung mit dieser Kommission ist, daß wir immer noch ganz viel Überzeugungsarbeit leisten müssen, um überhaupt auf den wesentlichen Punkt zu kommen: Daß Frauen Opfer von Frauenhandel sind und nicht in erster Linie Kriminelle und daß ihre Menschenrechte aufs Schwerste verletzt wurden. Diese Grundhaltung hat sich leider noch nicht genug durchgesetzt. Das zeigt sich auch darin, daß Thailänderinnen nicht mehr als Opfer von Frauenhandel z.B. in den Polizeistatistiken auftauchen. Das liegt daran, daß bei Razzien nur das Delikt des illegalen Aufenthaltes festgehalten wird. Thailändische Frauen, die in Berlin in der Prostitution arbeiten, sind aber in der Regel mit deutschen Männern verheiratet und haben dadurch einen legalen Aufenthalt. Sie werden deshalb nicht in die Gruppe möglicher Opfer von Frauenhandel eingeordnet und tauchen deshalb nicht in einer entsprechenden Polizeistatistik auf. Das wiederum hat die fatale Folge, daß die Medien nicht mehr von Frauen aus Südostasien im Zusammenhang mit Frauenhandel berichten.

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Unserer Erfahrung nach hat der Frauenhandel mit südostasiatischen Frauen nicht abgenommen. Frauen aus Mittel- und Osteuropa sind nur hinzugekommen und haben südostasiatische Frauen nicht vom Markt verdrängt. Der Handel mit Frauen aus Thailand hat sich dagegen immer stärker professionalisiert. Er wird jetzt zunehmend über private Kreise organisiert und ist deshalb auch entsprechend schwerer aufzudecken. Es ist eine Tendenz zur Zwangsprostitution in Wohnungen und anderen privaten Bereichen zu verzeichnen, also eine verstecktere Variante der Ausbeutung.

Ich komme nun zu den Auswirkungen der Wirtschaftskrise in Asien auf den Frauenhandel. Diese lassen sich eindeutig beschreiben. Die Krise erhöht den Migrationsdruck und begünstigt deshalb die Rahmenbedingungen, unter denen Frauenhandel stattfinden kann. Es wurde bereits erwähnt, daß sich die wirtschaftliche Situation von Frauen eindeutig verschlechtert hat. In Thailand beispielsweise haben hauptsächlich die Frauen die Verantwortung für die Ernährung der Familie. Deshalb sind sie besonders hart von den Folgen der Krise betroffen. Der Migrationsdruck steigt und auch der Druck, sich auf zweifelhafte Angebote einzulassen und hohe Vermittlungssummen für die Ausreise zu bezahlen.


Keine Begrenzung von Migration und Einreise

Ich möchte hierzu anmerken, daß unserer Erfahrung nach die Frauen, die die Migration bewerkstelligen, nicht zu den sogenannten Ärmsten der Armen gehören. Meistens sind es im Gegenteil Frauen, die Arbeit haben oder hatten. In Berlin fällt auf, daß infolge der asiatischen Wirtschaftskrise vermehrt jüngere Frauen emigrieren.

Was kann gegen Frauenhandel getan werden? Es gibt zahlreiche Bereiche, die geändert werden sollten und könnten, um gegen Frauenhandel besser vorzugehen. Sie berühren die internationale Zusammenarbeit, die Migrationspolitik, die Innenpolitik und hier insbesondere das Strafrecht.

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Internationaler Handlungskatalog liegt vor

Die bereits erwähnte Global Alliance Against Trafficking in Women hat hierzu einen international anerkannten und anwendbaren Handlungskatalog erstellt, aus dem ich hier nur einige Punkte herausgreifen kann:

  • Keine Begrenzung von Migration und Einreise.
  • Frauenhandel muß stärker als Menschenrechtsverletzung behandelt werden, um den Frauen eine faire Behandlungsweise von dem Land zu garantieren, in dem diese Rechte verletzt wurden.
  • Frauen, die Opfer von Frauenhandel sind, sollten eine achtwöchige Bedenkzeit bekommen, in der sie Zeit haben, zu überlegen, ob sie eine Anzeige erstatten wollen.
  • Das Zeuginnenschutzprogramm muß verbessert werden.
  • Opfern soll eine Aufenthaltsgenehmigung bis Prozeßende und gegebenenfalls ein Bleiberecht aus humanitären Gründen gewährt werden, um sie vor weiterer Bedrohung zu schützen.
  • In Menschenhandelsprozessen sollte die Beweislast bei der Staatsanwaltschaft und nicht bei den Opfern liegen.
  • Die Opfer sollten eine finanzielle Entschädigung bekommen, z.B. durch Gewinnabschöpfung bei den Frauenhändlern.
  • Migrantinnen sollten ein eigenständiges Aufenthaltsrecht ab dem Zeitpunkt der Eheschließung erhalten. Dies berührt den § 19 des Ausländergesetzes.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juni 2000

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