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TEILDOKUMENT:

[Seite der Druckausg.: 46 ]



Parlamentarische Initiativen in Deutschland




Regina Schmidt-Zadel

Ich will wie schon Christa Müller zunächst darüber sprechen, warum ich mich eingemischt habe. Ich bin in der letzten Legislaturperiode Mitglied im Unterausschuß Menschenrechte gewesen, der jetzt im Amtsdeutsch ein ordentlicher Ausschuß ist, also nicht mehr ein Unterausschuß des Auswärtigen Ausschusses.

Damals haben mich die Presseberichte über Genitalverstümmelung sehr aufgewühlt und berührt. Ich habe dann angefangen, zu recherchieren und mußte feststellen, daß dieses Thema zwar einigen Insiderinnen bekannt war, aber daß sich der Bundestag noch nicht mit dieser Problematik befaßt hatte. Ich habe zunächst - wie das der parlamentarische Weg ist - eine kleine Anfrage mit Kolleginnen und Kollegen formuliert. Dabei ging es mir erst mal darum, die Öffentlichkeit auf dieses schlimme Ritual aufmerksam zu machen und dafür zu sensibilisieren.

Die damalige konservativ-liberale Regierung betonte in ihrer Antwort zwar, daß die Beschneidung, wie es üblicherweise definiert wurde, eine Menschenrechtsverletzung sei. Es wurde mir und denen, die sich damit schon befaßt hatten, aber auch klar, daß die Kenntnisse darüber völlig unzureichend waren. Ich sage das ohne Vorwurf, weil ein Wissen darüber nicht ohne weiteres vorauszusetzen ist. Weder war klar, was Genitalverstümmelung genau ist, noch welche Folgen gesundheitlich daraus entstehen und schon gar nicht, in welchem Ausmaß wir hier in der Bundesrepublik damit zu tun haben. Was mich aber am meisten verwundert hat, war, daß wir nur auf ein lückenhaftes Datenmaterial zurückgreifen konnten.

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Erheblicher Informationsbedarf

Deshalb haben wir danach eine große Anfrage gestellt. [ Fn 2: Bundestags Drucksache 13/8281] Der Unterschied zwischen einer kleinen und einer großen Anfrage ist der, daß eine große Anfrage im Plenum diskutiert wird. Die Antwort der Bundesregierung wurde im Dezember '97 im Bundestag debattiert und sorgte für eine breite öffentliche Diskussion. Ich möchte noch einmal betonen, daß weder die Öffentlichkeit noch der Bundestag sich jemals mit diesem Thema beschäftigt hatte. Ich bin damals in der Fraktion und auch von Kollegen beschimpft worden, wieso ich mich dieses Themas annehmen würde. Es gäbe doch bei uns im Land sicher andere Frauenthemen, die wichtiger seien, Genitalverstümmelung habe diesen gegenüber keinen vergleichbaren Stellenwert. Ich denke, daß in der Debatte darüber doch einiges klargeworden ist. Diese Debatte hatte, was von allen anerkannt wurde, ein sehr hohes Niveau, was auch die nötige Ernsthaftigkeit bezeugte, mit der diskutiert wurde.

Es kam schließlich zu einer parteiübergreifenden Initiative, bei der ein interfraktioneller Antrag gestellt wurde mit dem Titel: „Genitalverstümmelung ächten - Mädchen und Frauen schützen" [ Fn 3: Bundestags Drucksache 13/10682] . Kurz vor Ende der Legislaturperiode im Juni '98 wurde dieser Antrag - zu dem Frau Schewe-Gerigk sich näher äußern wird - verabschiedet. Das konnte nur mit der Unterstützung aller Frauen aus den Fraktionen möglich werden. In diesem Antrag wird nun die Genitalverstümmelung als Menschenrechtsverletzung definiert und gesetzliche Regelungen zum Schutze der Frauen gefordert.

Genitalverstümmelung wird vom Bundestag als ein Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Recht auf körperliche Unversehrtheit fest geschrieben, ohne jedoch die Genitalverstümmelung zu benennen. Ebenso wird es als schwere Körperverletzung angesehen im Sinne der Paragraphen 224 und 226 des Strafgesetzbuches, die geahndet werden müssen.

Das war das Signal für die Initiative, zukünftig noch mehr dagegen zu tun. Der Bundestag hat außerdem als Bestandteil dieses

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Antrages die Regierung aufgefordert, die Tatsache von der Praxis der Genitalverstümmelung in die Länderberichte des Auswärtigen Amtes aufzunehmen. Wie schon erwähnt, tauchen dazu bisher keine Meldungen aus den Botschaften der Länder auf, in denen Genitalverstümmelung praktiziert wird. Das wird vielleicht auch die Verantwortlichen in den Ländern auf dieses Thema hinweisen und mehr Bewußtsein dafür schaffen. Vielleicht führt es auch zu Überlegungen, daß von den Regierungen aus etwas getan wird, denn in den Länderberichten des Auswärtigen Amtes mit diesem Thema vermerkt zu sein, könnte ein Anreiz für die betroffenen Länder bieten, sich dagegen auszusprechen oder sogar etwas dagegen zu unternehmen. Ich habe auf jeden Fall die Hoffnung, daß das noch passieren wird.

FGM Gegenstand des Koalitionsvertrages

Inzwischen ist der neue Bundestag gewählt. Es handelte sich ja bei diesem Entschließungsantrag um einen Kompromiß: Es fehlte die Forderung nach Anerkennung der Genitalverstümmelung als Asylgrund. Unter der damaligen Regierung wäre das auch utopisch gewesen, aber auch darauf wird meine Kollegin noch eingehen. SPD und Grüne waren sich in der damaligen Debatte einig darüber gewesen, daß Frauen, die hier leben und es geschafft haben, dieser Praxis zu entrinnen, Zuflucht erhalten müssen und nicht wieder durch Abschiebung der Bedrohung durch die Genitalverstümmelung ausgesetzt werden dürfen.

Bei den Koalitionsverhandlungen - und dafür bin ich sehr dankbar - wurde bereits deutlich gemacht, daß geschlechtsspezifische Verfolgung als Asylgrund anerkannt werden muß. Ich bin sicher, daß die entsprechenden Regelungen, die den betroffenen Frauen und Mädchen Schutz gewähren sollen, baldmöglichst getroffen werden.

Wir werden, wenn auch nicht im Schnellverfahren - dennoch aber bereits im nächsten Jahr - Initiativen ergreifen. Frau Schewe-Gerigk wird dazu den Ausblick in die Zukunft geben. Wir werden weiterhin gemeinsam dafür kämpfen, daß dieses Thema den Stellenwert bekommt, den es eigentlich längst hätte haben müssen.

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Irmingard Schewe-Gerigk

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Auch ich möchte zunächst etwas zu meiner besonderen Motivation sagen. Schon Ende der siebziger Jahre hat die Frauenbewegung in Westeuropa dieses Thema wegen der „Gewalt gegen Frauen" auf die Tagesordnung gesetzt. Damals haben wir mit den Frauen des Südens darüber gesprochen, die eine ganze Reihe von Vorbehalten formulierten wie: ,Das ist unsere Kultur, das ist unsere Religion, laßt uns das machen, das ist nicht eure Angelegenheit'. Das änderte sich 1995 in Peking auf der Weltfrauenkonferenz schlagartig, wo es eine ganze Reihe Workshops gab von Frauen aus Äthiopien, Ägypten und vielen anderen afrikanischen Ländern. Sie haben über Genitalverstümmelung in ihren Ländern gesprochen und zwar nicht mehr nur als ein Frauenproblem, sondern auch als ein Problem der Menschenrechtsverletzung und als ein gesundheitspolitisches Problem. Diese drei Facetten sollten zusammengenommen werden, forderten sie.

Ich war damals sehr stark beeindruckt von der Aufforderung zu helfen, so daß dies für mich eines der wichtigsten Themen wurde. Wir haben daraufhin im April 1997 als grüne Bundestagsfraktion zu diesem Thema eine Anhörung durchgeführt [ Fn 4: „Ein Schmerz, der die Seele trifft", Dokumentation der Anhörung gegen Verstümmelung von Mädchen und Frauen am 28.4.1997; herausgegeben von der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, Deutscher Bundestag, 10227 Berlin] und hatten dazu Expertinnen aus Gambia und Ägypten eingeladen. Eine Dokumentation darüber ist erhältlich mit dem Titel: „Ein Schmerz, der die Seele trifft", ein Titel, der deutlich macht, worum es geht.

Damals wie heute hat es immer die Diskussion darüber gegeben, ob Einmischung richtig sei. Es gab eine einseitige taz-Berichterstattung darüber, die das als westeuropäische Überheblichkeit ankreidete und die europäischen Referentinnen angegriffen hat. Es sei

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nicht ihre Aufgabe, sondern die Aufgabe der Afrikanerinnen, gegen diese Praxis vorzugehen. Ich finde das nicht und habe das auch begründet: Wenn täglich 6.000 junge Mädchen an ihren Genitalien verstümmelt werden und wenn viele diesen risikoreichen Eingriff nicht überleben und darüber hinaus noch viele schwere gesundheitliche Schäden daraus entstehen, dann dürfen wir hier in Deutschland nicht einfach wegsehen.

Wir haben uns 1995 zudem zur Hilfe verpflichtet. Denn im Abschlußdokument der Weltfrauenkonferenz wird die Genitalverstümmelung eindeutig als Menschenrechtsverletzung definiert. Das Dokument ruft zum Handeln auf und läßt kulturelle, traditionelle oder religiöse Gründe nicht gelten. Die internationale Staatengemeinschaft, darunter auch Deutschland, hat sich dafür ausgesprochen, Maßnahmen dagegen zu ergreifen.

Frau Kalthegener hat vorhin ausgeführt, in wie vielen Ländern es spezielle Gesetze gibt. Die alte Bundesregierung blieb tatenlos. Es wurde nur eine Broschüre herausgegeben. Das war uns zu wenig, und so haben die Frauen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen den Weg zueinander gefunden, um FGM zum Thema zu machen und zwar im Auftrage der Afrikanerinnen. Sie haben uns aufgefordert, das Unaussprechliche auszusprechen und ihnen im Kampf gegen die genitale Verstümmelung zu helfen.

Frauen in Afrika unterstützen

Wir können in Deutschland eine Menge machen, wie die schon erwähnten Vorschläge in unserem Antrag zeigen. Wir können in den betroffenen Ländern helfen, indem wir den Staaten wirtschaftliche Unterstützung geben, die bereits selbst Programme dagegen entwickelt haben. Wir können einzelne Menschenrechtskämpferinnen unterstützen wie z.B. Dihifo Sidiba in Gambia, die über die Dör-

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fer fährt und Aufklärung betreibt. Ich habe gehört, daß es im Anschluß ein Treffen mit der Ministerin für Entwicklung und wirtschaftliche Zusammenarbeit gibt, und ich bin sicher, dort ein offenes Ohr zu finden.

Der Antrag, der gerade vorgestellt wurde, enthält einiges, was uns nicht so gut gefällt. Frau Schmidt-Zadel hat bereits darauf hingewiesen: Es ist uns nicht gelungen, Genitalverstümmelung und darin geschlechtsspezifische Verfolgung per se als Asylgrund aufzunehmen. Das scheiterte damals an der CDU, aber - und das muß ich der Wahrheit halber miterwähnen - auch an der SPD, von der eingewendet wurde: „Keinesfalls können wir mittragen, daß Asylrecht generell auf Genitalverstümmelung als ein für sich eigenständigen Asylgrund ausgedehnt werden soll." Geschlechtsspezifische Menschenrechtsverletzungen können auch schon jetzt zu Asyl führen, aber nur dann, wenn es um staatliche Verfolgung geht.

Sie wissen alle, daß es sich bei der genitalen Verstümmelung nicht um staatliche Verfolgung handelt. Daß deshalb der Artikel 16 des Grundgesetzes nicht zieht, ist ein Wermutstropfen. Ein anderer Wermutstropfen ist sicherlich auch die Bestrafung der Personen, die diese Praxis ausführen und die den Auftrag dazu geben, also auch die Eltern. Damals gab es gerade die Diskussion im Deutschen Bundestag um die Ausländergesetze. Wir wollten Genitalverstümmelung als schwere Körperverletzung ins Gesetz schreiben. Das hätte allerdings zur Folge, daß grundsätzlich alle Menschen, die nicht hier geboren sind und als „Ausländer" bezeichnet werden, automatisch in ihr Heimatland abgeschoben werden müßten, also eine sogenannte Regelausweisung erfolgen würde. Deshalb haben wir uns entschieden, FGM nur als gefährliche Körperverletzung mit einem niedrigeren Eingangsstrafmaß zu werten.

Betonen möchte ich, daß im Antrag nun nicht mehr von Beschneidung die Rede ist. Der Ausdruck Genitalverstümmelung wurde zunächst von der Bundestagsverwaltung als unzumutbares Wort gestrichen, aber wir haben uns dennoch durchgesetzt, es als das zu bezeichnen, was es ist.

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Ein Fall aus Westafrika

Die Freude und Hoffnung in dieser Debatte etwas zu erreichen, war sehr groß. Der erste Fall, der dann zu uns kam, war aus dem Hochsauerland, fast aus meinem Wahlkreis.

Es handelt sich um Eva Camara aus Guinea, die im Mai 1997 nach Dortmund einreiste und auch einen Asylantrag gestellt hatte. Ihr Vater ist Moslem, die Mutter Katholikin. In ihrem Heimatland gilt sie als Muslimin. Durch die Mutter und Großmutter genoß sie eine christliche Erziehung. Ihre Muttersprachen ist Malinke, sie selbst konnte nie zur Schule gehen, um Lesen und Schreiben zu erlernen. Sie wuchs mit ihrem Zwillingsbruder Adam und ihrer Schwester Mariam auf, die einige Jahre älter ist. Als ihre Schwester zehn Jahre alt war, verlebte sie die Ferien bei einem Freund des Vaters in Guinea. Der schnappte sie und fuhr mit ihr nach Sarea, wo Mariam mit zehn anderen Mädchen beschnitten wurde und an den Folgen des Eingriffs verblutete. Das war ein großer Schock für die Familie. Über die Trauer beschloß die Mutter: ,Schluß mit den Beschneidungen' und schwor, daß das in ihrer Familie nie mehr geschehen solle. Im Jahre 1977 zog die Familie nach Sierra Leone, 1987 verunglückten die Eltern tödlich, so daß Eva nach Guinea zurückkehren mußte und in die Obhut eines väterlichen Freundes kam. In der Zwischenzeit hatte die Mutter eine Notlüge gebraucht, weil die Tochter noch nicht beschnitten war. Anfang 1997 beschloß der Familienrat, daß Eva verheiratet werden solle mit einem befreundeten siebzigjährigen Mann, der bereits vier Ehefrauen hatte und daß sie nun endlich zur Beschneidung gezwungen werden sollte. Eva flieht, sie wird bei Freunden, untergebracht und bereitet ihre Flucht nach Deutschland vor. Eva muß um ihr Leben bangen, sofern sie nach Guinea zurück müßte. Sie wird so lange Folter und Schläge ertragen müssen, bis sie in die Beschneidung einwilligt. Nach Einschätzung des UNHCR und Amnesty International wird Eva wegen

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ihres Widerstandes zur Praxis der Genitalverstümmelung verfolgt und sie kann auf keinen Fall mit staatlicher Unterstützung rechnen. Soweit dieser Fall.

Als wir unseren Antrag des Bundestages formuliert und beschlossen hatten, habe ich diesen Antrag auch an den Petitionsausschuß des nordrhein-westfälischen Landtages geschickt, habe das auch an die Initiative geschickt mit der Aufforderung, dieser Frau zu helfen. Vor zwei Tagen ist das Urteil gesprochen worden: Eva Camara muß ausgewiesen werden. Das Diakonische Werk, das hier Unterstützung leistete, hat inzwischen beim UNHCR nachgefragt, ob es für Eva eine Möglichkeit gibt, in den Vereinigten Staaten unterzukommen. Jetzt wird versucht, daß sie dorthin ausreisen kann, um politisches Asyl zu bekommen. Ich habe diesen Fall deshalb so ausführlich geschildert, weil wir uns im Klaren darüber sein müssen, was für diese Frauen getan werden kann und muß.

Flüchtlingsbegriff im Ausländergesetz ändern

Dazu möchte ich auf den Koalitionsvertrag zurückkommen: Im frauenpolitischen Teil des Koalitionsvertrages, der ja auch mit der Frauenministerin Bergmann ausgehandelt wurde, hatten wir die Formulierung, daß geschlechtsspezifische Verfolgung einen Asylgrund darstellt: Die nichtstaatliche Verfolgung ist der staatlichen gleichzusetzen. So stand es im frauenpolitischen Kapitel. Es gab natürlich auch Diskussionen im Bereich Innen- und Rechtspolitik dazu, die anders ausfielen. Hier hieß es: Wir werden die Verwaltungsvorschriften in Bezug auf geschlechtsspezifische Verfolgungsgründe erweitern. Das ist absolut unzureichend. Und es ist beschlossen worden, daß dieser Satz aus dem frauenpolitischen Teil gestrichen wurde. Ich glaube, ich habe hier deutlich machen können, daß wir Gesetze brauchen, und daß nicht einzelne Entscheider und Ent-

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scheiderinnen beim Bundesamt sich auf Verwaltungsvorschriften verlassen können, die auf Länderebene gelten. Wir brauchen Gesetze, dabei wäre mir am liebsten eine Änderung des Grundgesetzes Art. 16, daß die staatliche auf nichtstaatliche Verfolgung ausgedehnt wird. Ich mache schon zu lange Politik, als daß ich noch daran glauben kann, daß wir das umsetzen können.

Deshalb bin ich für den nächsten Schritt, der eine Stufe darunter liegt: Der Flüchtlingsbegriff im Ausländergesetz des Paragraphen 51 sollte der Genfer Flüchtlingskonvention angeglichen werden, in denen Personen, die harte oder unmenschliche Behandlung zu erwarten haben, weil sie gegen den sozialen Sittenkodex der Gesellschaft ihres Herkunftslandes verstoßen haben, auch bei uns politisches Asyl bekommen - also eine Gesetzesänderung und nicht eine Änderung der Verwaltungsvorschriften. Denn ich habe schon erfahren, daß, wenn das Bundesamt für die Anerkennung politischer Flüchtlinge den Fall bereits geprüft hat, die Ausländerbehörde die Sache dann nicht noch einmal mit dem Hinweis auf die Verwaltungsvorschriften aufnehmen kann.

Wir haben also noch eine große Aufgabe vor uns, bei der noch viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muß und noch viele Widerstände überwunden werden müssen. Es kommt immer wieder das Argument: „Wenn genitale Verstümmelung ein Asylgrund wird, werden viele Frauen aus Afrika hierher kommen". Die Angst, daß das politische Asyl als Einwanderungsgrund benutzt wird, ist sehr groß. Darüber wird die Pflicht zur humanitären Hilfeleistung oft genug vergessen. Dabei sind es nur sehr wenige Frauen, die es überhaupt bis nach Deutschland schaffen. Wir werden also gemeinsam in den nächsten drei Jahren noch viel an diesem Thema arbeiten müssen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2000

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