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TEILDOKUMENT:
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Zuhörerin: Ich wüßte gerne, wie sich die jetzige Regierung die NRO einbinden will. Mein Verein - der Deutsche Frauenring - hat immer schon Mitglieder nach Wien geschickt, dem Sitz der UNO und dem Center for Crime Prevention and Control. Jetzt sind unsere finanziellen Zuschüsse gestoppt worden. Wir haben große Schwierigkeiten, unsere Lobbyarbeit überhaupt noch wahrzunehmen, weil uns die Gelder gestrichen worden sind. Schewe-Gerigk: Zu den Geldern kann ich im Moment nichts Konkretes sagen, aber es ist natürlich allen klar, daß diese Arbeit nicht umsonst zu haben ist. Ich glaube, wir können außer diesen Punkten, die ich bereits als kritisch benannt habe, davon ausgehen, daß alle im Antrag angesprochenen Fakten, die wir mit großer Einigkeit interfraktionell beschlossen haben, auch durchgesetzt werden: Die Länderberichte müssen entsprechend formuliert werden. Dann müssen die NRO sowohl hier wie in den betroffenen Ländern soweit unterstützt werden, daß sie ihre Arbeit auch ausführen können, die vor allem in Aufklärung und konkreter Hilfe für die Frauen sowie aus dem Anbieten von Einkommensalternativen für die Beschneiderinnen' besteht. Genitalverstümmelung als Asylgrund anerkennen Den kritischen Punkt, Genitalverstümmelung als Asylgrund anzuerkennen, habe ich herausgearbeitet und das ist ein sehr wesentlicher Faktor für die Frauen, die sich hier in Deutschland befinden. Ich möchte nochmal betonen, daß die Angst unbegründet ist, daß jetzt alle genitalverstümmelten Frauen hierher kommen, denn diejenigen, die sich dieser Praxis unterziehen mußten, können ja deswegen kein Asyl mehr bekommen. Es handelt sich ja um die Verhin- [Seite der Druckausg.: 56 ] derung dieser Praxis, also den Schutz der Mädchen und jungen Frauen, die noch nicht beschnitten' worden sind. Das sind diejenigen, die schon hier leben und für diese Gruppe muß man gewährleisten können, daß sie nicht abgeschoben werden. Schmidt-Zadel: Ich kann das unterstreichen. Ich habe auch in der vergangenen Woche mit der Ministerin gesprochen, die mir bestätigt hat, daß sie in ihrem Ressort diesem Thema sehr große Bedeutung zumißt und es dazu Initiativen geben wird. Ich hoffe aber auch, daß wir Menschenrechtsbeauftragte im Auswärtigen Amt für dieses Thema gewinnen können und daß die Öffentlichkeit darauf aufmerksam wird, nicht zuletzt auch durch diese Konferenz und durch die Medien. Mona Lisa hat immer wieder zu diesem Thema berichtet. Auch finde ich es sehr wichtig, daß solche Fälle, wie der, von dem Frau Schewe-Gerigk berichtet hat, veröffentlicht werden und daß wir eine öffentliche Diskussion darüber führen. Damit können wir einfach auch klarstellen, daß es einen wirklichen Bedarf gibt, der dringend Maßnahmen erfordert. Zuhörerin: Inwieweit können diese Gesetze auch auf die EU ausgedehnt werden. Im nächsten Jahr hat Deutschland die Präsidentschaft und ich fände es sehr gut, wenn wir dazu eine europaweite Einigung erreichen könnten. Nachbarländer als Vorbild Schmidt-Zadel: In der Tat sind uns - wie schon referiert wurde - viele europäische Länder voraus und ich hoffe, daß die Einheit uns auch eine einheitliche Rechtslage bringen wird. Doch das müssen die Rechtsexperten entscheiden. Dabei sollten die Nachbarländer, die schon weiter sind, als Vorbild gelten und ähnliche Regelungen in unsere Gesetzgebung übernommen werden. Zuhörerin: Woher nehmen Sie die Hoffnung, daß es eine Veränderung im Asylgesetz geben wird? Es ist doch im Koalitionsvertrag ganz klar formuliert, daß die frauenspezifischen Fluchtgründe nur in die Anweisungen der Entscheider eingearbeitet werden. Es fallen ja öffentlich - und direkt aus dem Bundestag heraus - Formulierun- [Seite der Druckausg.: 57 ] gen wie: ,Das Boot ist voll'. Solche Ausdrücke sind ja überhaupt nicht zuträglich für die Situation der Flüchtlinge. Als Flüchtlingsbeauftragte im Kirchenkreis wage ich es gar nicht zu hoffen, daß sich etwas ändern wird. Ich bin mit vielen Fällen vertraut, die unbegreiflich brutal von der Ausländerbehörde oder dem Sozialamt behandelt werden, und ich habe ehrlich gesagt Mühe, mit dieser Hoffnung hier wegzugehen. Ausländergesetz ändern Schewe-Gerigk: Ich glaube auch nicht, daß wir das Asylgesetz verändern werden. Meine Hoffnung liegt darin, daß wir das Ausländergesetz ändern können. Die Betroffenen können dann zwar kein Asyl bekommen, genießen aber erst mal einen Schutz vor der Abschiebung. In der Konsequenz ist das dasselbe, es sind nicht genau die gleichen Rechte, aber die Frauen müssen nicht in ihr Heimatland zurückkehren. Politik ist das Bohren dicker Bretter, um es ganz allgemein zu formulieren, und wir arbeiten alle schon relativ lange daran. Aber solche Veranstaltungen wie diese heute, das Veröffentlichen bestimmter Fälle, das Interesse vor allem von Journalistinnen, alles das trägt zu der notwendigen öffentlichen Diskussion bei. Diejenigen, die für solche Entscheidungen zuständig sind, müssen wissen, was mit den deutschen Gesetzen geschieht, und ich hoffe immer noch darauf, diese in einzelnen Punkten zu verändern. Schmidt-Zadel: Ich möchte nur anmerken, daß auch ich den Ausdruck von: ,Das Boot ist voll' ganz schlimm fand - er bezog sich allerdings auf die Einwanderungsproblematik. Aber dessen ungeachtet hätte ich nicht geglaubt, daß ein sozialdemokratischer Minister - und das sage ich als Sozialdemokratin - eine solche Äußerung machen würde. Aber ich möchte unterstützen, was Frau Schewe-Gerigk bereits sagte: Das Bohren dicker Bretter gehört zur politischen Alltagserfahrung. Auch wenn dieser Prozeß mühsam ist und kaum sichtbar, so gibt es doch immer wieder kleine Erfolge. Ich weiß nicht, ob wir in [Seite der Druckausg.: 58 ] den nächsten drei Jahren die gestellten Aufgaben erreichen, aber ich möchte Sie bitten, nicht ganz mutlos von hier wegzugehen, uns vielmehr weiterhin in unserer Arbeit zu unterstützen, die wir auf jeden Fall weiterführen. Hermann: Welche Hindernisse muß man aus dem Weg räumen? Wer sind die Verhinderer? Schmidt-Zadel: Verhinderer gibt es auf allen Seiten und auf allen Ebenen. Aber vielleicht kann man diejenigen, die sich in der Öffentlichkeit dazu bekennen, mal zu einer Diskussion einladen und etwas darüber erfahren, wie ihre Motivation aussieht. Das wäre für mich ein großer Erfolg, wenn Sie die Verhinderer in der Sendung Mona Lisa aufnehmen könnten, um mit ihnen zu diskutieren. Hermann: Das wird Anfang Januar stattfinden. Große Enttäuschung nach dem Koalitionsvertrag Zuhörerin: Ich möchte darauf hinweisen, daß die Enttäuschung der Migrantenorganisationen, der Flüchtlingshilfearbeit und Lobbyisten nach diesem Koalitionsvertrag sehr groß war und ich hoffe, daß der Applaus für Frau Schmidt-Zadel ein Appell an sie ist, weitere wirkungsvolle Entwicklungen nach diesem Ergebnis des Koalitionsvertrages auf die Schiene zu setzen. Sie haben das Thema Verhinderer angesprochen. Dazu fällt mir ein Artikel ein, der in der letzten Ausgabe der Informationen für Ausländerrecht erschienen ist. Dort wurde darauf hingewiesen, daß das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge an der Erstellung der Lageberichte, die eine wichtige Entscheidungsgrundlage im Anerkennungsverfahren sind, selbst beteiligt ist. Das heißt, die Vertreter des Bundesamtes sind in den Herkunftsländern an den Lageberichten beteiligt. Und wie dann diese Lageberichte aussehen, ist sehr leicht vorstellbar. Ich möchte an Sie appellieren, daß das geändert wird. Das zweite ist das Thema Europa und die Europäisierung der Flüchtlingspolitik. In den Niederlanden haben wir eine sehr weite Definition des Flüchtlingsbegriffes. Unbegleitete Minderjährige und [Seite der Druckausg.: 59 ] Frauen fallen von vornherein aus dem Asylverfahren, sie bekommen automatisch die Anerkennung als Flüchtlinge. Ich fände es außerordentlich wichtig, daß dieses Vorbild erhalten bleibt. Deutschland ist ja ganz maßgeblich an der Gestaltung der Asylpolitik in Europa beteiligt und sollte sich dafür einsetzen, daß positive Modelle erhalten bleiben und nicht aufgrund erhöhter Zuwanderung und restriktiver gesetzlicher Abwehrmaßnahmen verloren gehen. Zuhörerin: Ich bin wie alle hier sehr an einer gesetzlichen Änderung interessiert, aber im Vorfeld gibt es immer noch genug zu tun. Es gibt viele Frauen, die in Deutschland von Genitalverstümmelung betroffen sein könnten. Was tun wir mit diesen Frauen, Müttern und Kindern im konkreten Falle? Wo kann beispielsweise ein zehnjähriges Mädchen, das sehr wohl merkt, was ihm droht, hingehen? Wir müssen den sprachlosen Opfern helfen. Wie können wir sie zum Sprechen bringen? Müller: Ich sehe hier eine gewisse inhaltliche Lücke. Asyl wird zwar im Moment diskutiert, aber worum geht es denn bei den meisten Frauen? Das sind einerseits die Frauen, die bereits beschnitten nach Deutschland kommen und gesundheitliche Probleme haben, körperliche wie psychische. Wir haben hier in Deutschland keine Infrastruktur, um den Frauen wirklich helfen zu können. Ein sehr großes Defizit ist - wie auch die Anfragen bei uns zeigen - der Mangel an Wissen bei den Ärzten. Wir haben auch versucht, mit Ärzten zu diskutieren, zum einen natürlich deshalb, daß diese Praxis hier nicht ausgeführt werden darf, zum anderen aber auch, wie mit den Frauen umzugehen ist. Es gibt auch Gynäkologen, die bei beschnittenen Frauen nach der Geburt versuchen, die Verheerungen der Beschneidung noch ein bißchen zu lindern. Aber überwiegend werden die Frauen mit ihren Problemen alleine gelassen. Ich wünsche mir deshalb eine Aufklärungsarbeit bei den Migrantinnen darüber, welche gesundheitlichen Schäden bei dieser Verstümmelung auf sie zukommen. [Seite der Druckausg.: 60 ] Aufklärungsarbeit unter den Migrantinnen Der zweite Punkt - von dem ich glaubte, er stünde bei dieser Diskussion im Mittelpunkt - ist: Finden hier in Deutschland Beschneidungen von kleinen Mädchen tatsächlich statt und wie können wir verhindern, daß sie stattfinden? Das ist doch die Schlüsselfrage in Bezug auf Deutschland. Und da spielt Asyl nur eine ganz geringe Rolle. Denn die Menschen bleiben hier und beschneiden ihre Kinder hier. Alle, die mit diesem Thema zu tun haben, wissen, daß diese Praxis hier durchgeführt wird. Ob sie von deutschen Ärzten ausgeführt wird, weiß ich nicht, aber ich glaube und hoffe es nicht. Aber ausschließen kann ich es nicht. Vor allen Dingen werden Mädchen von ihren hier lebenden Eltern ins Heimatland geschickt. Das sind doch die Probleme. Ob und wie hier Beschneidung stattfindet, liegt im Dunkeln und ist sehr schwer zu recherchieren, wie (I)NTACT bereits erfahren hat. Denn wenn wir mal davon hören, daß es Komplikationen gegeben hat und wir dann tätig werden wollen, können wir nicht mehr auf die Mitarbeit unserer Informantinnen rechnen, weil sie Angst bekommen und teilweise auch bedroht werden. Wir müssen uns vor allem überlegen, wie wir damit umgehen, wenn die genitale Verstümmelung schon durchgeführt wurde. Wer will denn den zum Beispiel den Fall eines beschnittenen Mädchens vor Gericht bringen? Das sind die Fragen, die wir hier dringend diskutieren müssen Hermann: Zumindest hat die deutsche Ärztekammer 1996 die genitale Verstümmelung verboten, das ist ein kleiner Fortschritt. Sie droht mit Berufsverbot. Aber die Beschneidungen im heimischen Kreis werden natürlich weiter durchgeführt und man kommt einfach nicht dahinter. Spezielle Beratungsstellen einrichten Schewe-Gerigk: Was wir dazu vorgeschlagen haben, ist Beratungsstellen einzurichten, die beispielsweise an die Frauenberatungsstellen angebunden sind, wo dann die Frauen durch Migran- [Seite der Druckausg.: 61 ] tinnen selbst beraten werden. Dann kann eine betroffene Frau auch mit jemanden sprechen, der aus demselben oder einem ähnlichen Land kommt und kann auch die Probleme besprechen, auf die sie sich bei einem solchen Eingriff einläßt. Oft wagen die Mütter nicht den Schritt, der eigenen Tochter diese Prozedur nicht anzutun, obwohl sie den Argumenten, die dagegen sprechen, Recht geben. Und deshalb ist die Beratung von afrikanischen Frauen ganz wichtig. Wir haben beispielsweise gefordert, daß in den Gesundheitsministerien oder an einem ähnlich wichtigen Ort eine zentrale Stelle eingerichtet wird, die aufklärt, dokumentiert und Anfragen dazu beantwortet. Bisher gibt es einige Ansätze, aber das ist noch sehr verstreut. Wir haben auch gefordert, daß UNICEF und die WHO spezielle Programme dagegen auflegt, die von uns mitfinanziert werden. Wir haben hier in Deutschland noch eine Menge zu tun. Ein zehnjähriges Mädchen beispielsweise muß hier in eine Beratungsstelle gehen können, wo auch konkrete Hilfe möglich sein muß. Darüberhinaus muß jeder Frau, die nach Deutschland kommt, klar sein, daß Genitalverstümmelung verboten ist und welche Beratungsstellen es hier gibt, die darüber aufklären und weiterhelfen. Zuhörerin: Ich bin Ausländerbeauftragte im Kirchenkreis des Diakonischen Werks im Rhein-Sieg Kreis, habe also viel mit Flüchtlingen zu tun. Es ist hier schon angesprochen worden: Was mache ich, wenn ich höre oder sicher bin, daß Beschneidung vorgenommen wurde. Ich fühle mich verpflichtet, sofort dem Jugendamt Bescheid zu geben. Für mich ist das Gewalt und diese Kinder unterstehen demselben Gesetz wie die deutschen Kinder. Sie haben ein Recht auf körperliche Unversehrtheit. Da kann das Jugendamt entscheiden, daß diese Familien, die so etwas ausführen lassen, bestraft werden. Für mich ist hier die Frage, was nehme ich von hier in meine Aufgaben als Ausländerbeauftragte mit? Am liebsten würde ich in solchen Fällen auch Meldung beim Ausländeramt machen oder meine Kirche dazu auffordern, das zum Thema in der Synode zu machen. [Seite der Druckausg.: 62 ] Und was machen wir mit Frauen, die bereits beschnitten sind und jetzt mit großen gesundheitlichen Problemen zu uns kommen? In Düsseldorf, Köln und Frankfurt gibt es zum Beispiel psychosoziale Stationen zur Begleitung von Flüchtlingen. Dort gibt es Psychologen und Dolmetscher. Aber wie kann ich das Thema für einen gerade neu Angekommene ansprechen? Das Thema Sex ist tabu. Ich denke, wir müssen erst mal ganz vorsichtig mit diesen Menschen umgehen und versuchen, diese Aufgaben in diese psychosozialen Zentren mit hineinzunehmen. Zuhörerin: Ich habe keine Frage, sondern eine Information zu diesem Thema. Es wird auch an höchster Stelle bei den großen Organisationen viel dazu getan. Die WHO,UNICEF und UNFPA haben ein Statement dazu herausgebracht, daß die WHO 1996 veröffentlicht hat, in dem schon im Titel der Begriff Genitalverstümmelung vorkommt. Und die Regierungen der betroffenen Länder kennen das Problem und werden von der WHO entsprechend bearbeitet, um auf ihre Kulturen einzuwirken. Aber der Erfolg ist gering. Jedes Jahr findet eine Generalversammlung der WHO statt, an dem alle Gesundheitsminister aller Mitgliedsstaaten teilnehmen. Zuhörerin: Ich möchte zu bedenken geben, daß viele Migrantinnen hier der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind. Ich halte es daher für wichtig, Aufklärung über ihre Kinder an den Schulen zu betreiben, wo es meines Wissens auch eine Sexualaufklärung gibt. Ich selber arbeite im Bereich der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und wir haben gute Erfolge über die Schulen erreicht. Die Kinder sind der Brückenkopf zur Familie. Entwicklungshilfe konditionieren In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal darauf hinweisen, daß auch wir - wie die Amerikaner - die Vergabe von Entwicklungsgeldern mit bestimmten Präventivmaßnahmen in den entsprechenden Ländern koppeln. Diese Art der positiven Diskriminierung sollte zumindest diskutiert werden. Einer der Eckpfeiler deutscher Entwicklungspolitik sind die Menschenrechte und in [Seite der Druckausg.: 63 ] diesem Zusammenhang muß auch die Genitalverstümmelung berücksichtigt werden Zuhörerin: Ich möchte vorschlagen, die Eltern der betroffenen Mädchen mehr über die Ärzte zu kontrollieren. Alle Kinder werden irgendwann von den Eltern zum Arzt gebracht und der könnte ja regelmäßige Untersuchungen dazu vornehmen. Hermann: Da muß ich noch einmal anmerken, daß dieses Thema nicht das bekannteste ist. Eigentlich müßte dieses Thema für Ärzte auch auf den Lehrplan kommen. Zuhörerin: Als Anwältin habe ich hier gerade den Ruf nach Rache und Strafe vernommen und ich bin ganz schockiert, daß das zum Ende dieser Konferenz kommt. Wir haben uns bisher stundenlang darum bemüht, aufzuzeigen, daß hier ein ganz sensibles Thema vorliegt, wo die Täter auch Opfer sind. Die Eltern tun es ihren eigenen Kindern an, es ist also ein Familienproblem - ich denke statt an gesetzliche Maßnahmen eher an Sozialarbeiter. In einer ansonsten intakten Familie darf nur äußerst behutsam eingegriffen werden. Denn was hat ein zehnjähriges Mädchen davon, wenn die soziale Bezugsgruppe als böse geoutet wird. Täter auch Opfer Stellen wir uns vor, wie dieses Mädchen zu einem Jugendamt gekommen ist - und die sind nicht immer sensibel - und von dort vielleicht in eine Notaufnahme, wo es zusammen mit 17-jährigen Mädchen sitzt und dort darf es dann zwei Jahre warten, bis eine Pflegefamilie gefunden wird. In der Zwischenzeit hat es Kontakt zu seinen Landsleuten, die es systematisch fertig machen. Die Eltern sind doch häufig sehr hilflos, sie haben auch Konflikte. Man muß sie stark machen, damit sie sich anders entscheiden können. Die staatlichen Eingriffe müssen deshalb so ausgelegt sein, daß die Familien intakt bleiben. Das Strafrecht kann hier keine Lösung sein, denn was bietet man den betroffenen Kindern danach? Müller: Ich denke, daß gesetzliche Verbote und auch die Bestrafung von Beschneidung schon eine wichtige flankierende Maßnah- [Seite der Druckausg.: 64 ] me sind, weil sie deutlich machen, daß es hier um eine Menschenrechtsverletzung geht. Zusammenarbeit mit Ärzten Vielleicht können wir da von Frankreich lernen, wo es auch erst große Ressentiments gab, dieses als Delikt zu ahnden, weil es ihnen als innerkulturelle, religiöse Angelegenheit erschien. Seit 1997 aber wird es dort hart bestraft. Kontrolle über die Kinderärzte auszuüben, führt nur zu dem Ergebnis, daß man die bereits geschehenen Verstümmelungen im Nachhinein registrieren muß. Außerdem ist es auch schwer, die Ärzte hier zu einer solchen Routineuntersuchung zu bewegen. Wir sollten das als obligatorischen Maßnahme in die Diskussion bringen, aber solange das noch nicht der Fall ist, können Kinderärzte bei entsprechender Gelegenheit, wenn es sich um ein Mädchen handelt, darauf hinwiesen, daß Genitalverstümmelung hier verboten ist und welche gesundheitlichen Folgen daraus erwachsen. Dazu wäre es natürlich gut, wenn man entsprechende Informationsblätter in den verschiedenen Sprachen hätte. Laufer: Zum Thema Ärzte: Von TERRE DES FEMMES haben wir dazu eine Fragebogenaktion gemacht, die wir an Gynäkologen, Hebammen und auch an Kliniken verteilt haben. Diese Aktion ist zwar nicht repäsentativ, aber es zeigte sich eine ganz deutliche Tendenz: Von 150 Personen, deren Fragebögen wir ausgewertet haben, waren etwa 35 Prozent schon einmal oder mehrfach mit Patientinnen konfrontiert worden, die genitalverstümmelt sind - darunter auch minderjährige Mädchen. Leider waren die Fragebögen anonym, so daß wir keine weiteren Nachforschungen anstellen konnten. Ich glaube aber nicht, daß es irgendwelche Anzeigen gegeben hat, das wäre uns bekannt. Aber der Tatbestand, daß es sich dabei um körperliche Gewalt handelt, dürf-
[Seite der Druckausg.: 65 ] te dazu eigentlich keine Fragen offen lassen. Wir haben ebenfalls mit InformantInnen zu tun, die unter mangelnder Zivilcourage leiden, so daß wir nicht an konkrete Daten herankommen. Und was besonders fatal ist: In deutschen Kliniken werden infubilierte Frauen nach der Geburt wieder reinfubiliert und das ist untragbar. Das muß der Ärzteschaft auch ganz klar gemacht werden, daß Reinfubilation ebenfalls strafbar ist und selbst mit Einwilligung nicht gemacht werden darf. In Schweden und Großbritannien ist das zum Beispiel nicht möglich, da gibt es ganz klare Regelungen. Zuhörerin: Als Anwältin möchte ich dazu sagen, daß Reinfubilation auch mit Einwilligung sehr wohl strafbar gemacht werden kann. Es gibt dazu Präzedenzfälle aus einem anderen Bereich, wo Patienten alle Zähne gezogen wurden aus sogenannten Schönheitsgründen und der Patient im nachhinein seinen Irrtum erkannt hat. Und die Ärzte wie auch der Patient wurden vom Gericht darüber belehrt, daß derlei Eingriffe auch mit Einwilligung nicht gemacht werden dürfen. Erziehung wichtigstes Mittel Abebech: Alle von Ihnen haben Erziehung als einen wichtigen Weg erkannt, Menschen dazu zu veranlassen, über dieses schwierige Thema zu sprechen und sich über die negativen Folgen von Genitalverstümmelung zu informieren. Unserer Erfahrung nach haben wir genug damit zu tun, die Aufmerksamkeit der Menschen darauf zu lenken und sie davon wissen zu lassen. Erziehung hat dabei oberste Priorität. Aber wir brauchen auch die Medien als ein wichtiges Mittel zur Verbreitung, die schon erwähnten Sticker, Taschentücher, T-Shirts und ähnliche Dinge, um mit den Menschen in Kontakt zu kommen und zwar nicht nur auf [Seite der Druckausg.: 66 ] Englisch und Amhari, sondern in verschiedenen lokalen Sprachen. Sie können dabei etwas über die gesundheitlichen Folgen der Genitalverstümmelung erfahren. Erziehung und Aufklärung ist also das wichtigste Instrument der Informationsverbreitung. Wir geben diese Informationen auch an die zahlreichen Besucher unseres Landes weiter und einige unterstützen auch unseren Fonds, aus dem wir unsere Aktivitäten bestreiten. Wichtig ist dabei auch, daß sie das Wissen um dieses Thema in ihr eigenes Land tragen. Hermann: Frau Dawla, was muß Ihrer Meinung nach geschehen, um international gegen Genitalverstümmelung vorgehen zu können. Welche Unterstützung brauchen Länder wie Ägypten? Dawla: Vor allem brauchen die Einheimischen Hilfe. Wie Unterstützung gegeben werden kann und wo, ist nicht nur eine Frage in unserem Land. Die Unterstützer sitzen überall in der Welt, nicht nur im Norden. Unsere Organisation ist nur ein Teil des weltweiten feministischen Netzes von Ländern, in denen Genitalverstümmelung nicht praktiziert wird. Und sie intervenieren und unterstützen da, wo wir sie darum bitten. Und das ist für mich die einzige Art, wie Unterstützung sein soll. Verzeihen Sie mir, wenn ich hier um Ihre Geduld und Toleranz bitte, aber ich möchte Ihnen hier einige Beispiele geben, wie wir uns Unterstützung nicht wünschen. Denn wir müssen die falsch verstandene Hilfeleistungen ausbaden. Unglücklicherweise habe ich hier Vorschläge gehört, die uns nicht helfen. Sie haben uns nicht gefragt, wie wir dieses Thema in Ihrem Land ansprechen können. Sie haben Ihre Vorschläge schon überlegt, Sie wissen, was Sie tun wollen. Ich respektiere das, denn niemand hat mich für meine Meinung darüber eingeladen, was Sie in Deutschland zu diesem Thema tun sollen, um eine Praxis einzudämmen, die in meinem Land stattfindet. Und ich werde nicht intervenieren, es sei denn, ich werde dazu aufgefordert. [Seite der Druckausg.: 67 ] Rücksicht auf die Probleme der Partner im Süden nehmen Ich möchte hier ganz offen sprechen. Nicht nur ich, auch meine Kolleginnen fühlen sehr häufig, wenn sie hierher kommen und darüber referieren, daß es Initiativen und Vorschläge gibt, die unserer Arbeit schaden können. Wenn Sie von Genitalverstümmelung als Menschenrechtsverletzung sprechen, kann das für unsere Organisation zu Hause bedeuten, daß wir schließen müssen. Es kann uns bis zu 15 Jahre Gefängnis kosten, wenn Sie unsere Aufklärungsarbeit mit dem Thema der Menschenrechtsverletzung koppeln - ich scherze nicht. Es ist wahr: Es ist ein Thema der Menschenrechte, aber die Arbeit verliert ihre Glaubwürdigkeit vollständig, wenn sie ohne Zusammenhang bleibt. Ich habe nicht viel Erfahrung mit der Friedrich-Ebert-Stiftung. Ich habe aber spezielle Erfahrungen mit feministischen Organisationen in den USA. Die Kämpfe, komplex und verwickelt, wie sie nun einmal sind, werden von den Menschen in Ägypten geführt, die dazu bereit sind. Und diese Menschen können sich keine weiteren Feinde mehr leisten. Sie können es sich nicht leisten, zusätzlich zu all dem noch gegen die Stereotypen anzukämpfen, die von Leuten geschaffen wurden, die sich sehr weit weg von der Szene befinden. Die Konfrontation in Ägypten ist sehr ernst und kann keine weiteren Sensationen vertragen, Provokationen, die zwar weniger ernsthaft sind, die aber meistens den Interessen unserer Gegner nützen. Wir können diesen Kampf gegen FGM nicht gewinnen, wenn wir zusätzlich noch eine weitere Schlacht gegen die öffentliche Meinung im Westen schlagen müssen, in der wir uns sehr bemühen, zu erklären, daß die Mütter, die ihre Töchter beschneiden lassen, keine Barbaren, keine Vampire sind. Wir erklären ständig, daß wir, wenn wir so über die Frauen reden, sie nur in die Defensive treiben und sie auf der Genitalverstümmelung bestehen. Und sei es nur, um sich denen zu widersetzen, die nicht verstehen und die dennoch auf einer Verurteilung beharren. Die Dokumente von Kairo und Peking enthalten Artikel, die für die Ausmerzung von Menschenrechtsverletzungen stehen, speziell [Seite der Druckausg.: 68 ] für die Rechte der reproduktiven Rechte und gegen die Genitalverstümmelung im besonderen. Aber beide Dokumente haben auch sehr klare Artikel, die das Recht der Frau auf Zugang zu gesundheitlicher Grundversorgung und reproduktiver Gesundheitsvorsorge beinhalten. Und das ist ein sehr grundlegendes Menschenrecht. Wenn Sie eine Frau in Ägypten fragen, zwischen welchem Menschenrecht sie wählen würde: dem Recht auf Zugang zu gesundheitlicher Grundversorgung oder dem Recht darauf, Beschneidung zu verweigern, wäre die Antwort völlig klar. Sie wird die Beschneidung selbstverständlich in Kauf nehmen, weil ihr die medizinische Versorgung viel wichtiger ist. Medizinische Versorgung ist das dringendere Menschenrecht In Ägypten leben Millionen von Menschen unter der Armutsgrenze, genauer gesagt 48 Prozent der Bevölkerung. Ich arbeite seit 1978 in einem öffentlichen Hospital und ich habe dort kaum Patienten gesehen. Ich frage mich, wo die Leute für ihre medizinische Versorgung hingehen. Und das ist das viel dringendere Menschenrecht. Wenn dieselben Organisationen, die finanzielle Unterstützung für die Verhinderung von Genitalverstümmelung geben gleichzeitig finanzielle Hilfe für die Privatisierung des öffentlichen Gesundheitssektors leisten, kann ich diese Art von Unterstützung nicht auf der Basis von Menschenrechten verteidigen. Konsequente Hilfe ist für mich die Hilfe auf eine konkrete Anfrage um Hilfe. Denn wir müssen es in unserem Lande ausfechten, wir haben die Arbeit vor Ort. Ich kann nicht über weibliche Beschneidung sprechen ohne allgemein über Beschneidung zu sprechen. Ich kann nicht in der Abwesenheit von Männern die Initiative über Genitalverstümmelung ergreifen. Wir Frauen haben zu keinem Thema die Initiative ergriffen. In unserer Taskforce sind wir in den letzten zwei Jahren dazu gekommen, eine Gruppe zu etablieren: Männer gegen Genitalverstümmelung. Vielleicht können wir in ein oder zwei Jahren hier etwas anderes berichten. [Seite der Druckausg.: 69 ] Sie wollen Entwicklungshilfe mit der Forderung koppeln, daß die Regierungen ein Verbot zu Genitalverstümmelung aussprechen. Aber wen bestrafen Sie damit? Diese Entwicklungshilfegelder gehen ja nicht in die Taschen der Regierung, dieses wenige Geld geht in die Subsistenz von Ägypten, von Brot und Medizin. Wenn Sie also Gelder streichen, werden Menschen hungern. Denn die Leute, die sie eigentlich bestrafen wollen, sind auf dieses Geld nicht angewiesen, sie füllen Ihre Taschen aus anderen Quellen. Alles, was damit erreicht wird, ist, Beschneidung in eine Waffe zu verwandeln, die gegen die Intervention des Nordens benutzt wird. In diesem Moment sind Sie die Unterdrücker, Sie verhängen Wirtschaftssanktionen usw. - das sind die Slogans, die dann benutzt werden. Dabei wird nicht zwischen Parteien, Bevölkerungs- und Interessengruppen unterschieden, dann sind alle Afrikaner und Sie sind der Westen. Wenn Sie eine Demonstration machen würden mit Stickern und ähnlichem, würde es sofort eine Gegendemonstration geben mit der Botschaft: Laßt uns in Ruhe! Beschneidung als Waffe gegen die Intervention des Nordens Es ist zum Beispiel inakzeptabel, wenn die westlichen UnterstützerInnen des Kampfes gegen FGM an staatliche ägyptische Einrichtungen apellieren, zu intervenieren oder gar einen Gerichtsentscheid zurückzunehmen - auch wenn dieser FGM Vorschub leistet. Das ägyptische Volk hat viele Jahrzehnte für die Trennung von Legislative, Exekutive und Judikative und um die Unabhängigkeit seiner Judikativen gekämpft. Uns wäre sehr viel besser gedient, wenn man auf diese Art von Unterstützung' im Westen verzichtete. Ich habe bei allem, was ich hier höre, immer das Gefühl eines versteckten Bewußtseins, daß hier im Westen alles in Ordnung ist. Aber ist es nicht auch bei Ihnen ein Problem zu intervenieren, wenn ein Ehemann seine Frau schlägt? Können Sie in die Wohnung eindringen, wenn Sie die Frau schreien hören, um dem Mann das Handwerk zu legen? Stellen Sie sich vor, Afrikaner würden Ihre [Seite der Druckausg.: 70 ] alten Menschen aus den Heimen holen, um in ihren Familien für Sie zu sorgen. Das ist ein absurder Vorschlag, aber er macht deutlich, worum es geht. Wir müssen sehr vorsichtig und behutsam sein. Wie es auf der anderen Seite der Welt aussieht, muß immer mitgedacht werden. Wir können keine Plakate ausstellen, die blutüberströmt kleine Mädchen zeigen. Sie zeigen sie als arme und hilflose Opfer und das stimmt überhaupt nicht mit der Situation überein, wie ich sie in meinem Land erlebe. Auf diese Weise über Beschneidung zu kommunizieren muß ich einfach ablehnen. Der Kampf gegen FGM ist ein Kampf für die Befreiung der Menschen Der Kampf gegen FGM ist ein Kampf für die Befreiung der Frauen und der Männer von einem Wertesystem, daß sie beide regiert. Für eine Änderung dieses Wertesystems zu arbeiten bedeutet, sich für eine Änderung der Gesellschaft im Ganzen einzusetzen. Der Kampf findet schon an mehreren Fronten statt. Er braucht keine zusätzlichen Konflikte. Gesetzliche Regelungen im Süden nötig Negatu: Wir haben aktuell zwei Workshops in Planung, die wir zum Thema Genitalverstümmelung organisieren möchten, mit dem Ziel, jeden in diese Kampagne einzubinden, auch Parlamentarier, Politiker etc. Es geht darum, ein Gesetz anzusprechen, daß diese Praxis verbieten soll. Es soll auf jeden Fall zu einem Instrument werden, daß den Kampf gegen Genitalverstümmelung unterstützt und praktisch angewendet werden kann. Was die internationale Hilfe angeht: Die Regierungen müssen in ihrer Anstrengung gegen Genitalverstümmelung unterstützt werden. Es gibt eine Verfassung, es gibt eine offizielle Politik, aber was uns fehlt, sind die finanziellen Mittel. Die Aufforderung zu helfen, muß von der Nation kommen und sie sollte von den Menschen im Land selbst ausgeführt werden. [Seite der Druckausg.: 71 ] Müller: Ich möchte dazu anmerken, daß wir uns von (I)NTACT überwiegend für die afrikanischen Länder einsetzen und nicht so sehr Hilfe in Deutschland leisten. Wir haben uns mit dem Ziel gegründet, Afrikanerinnen in ihrem Kampf gegen Beschneidung zu unterstützen. Einkommensalternativen für die Beschneiderinnen Da geht es einmal um die Aufklärung selbst und - was oft vergessen wird - darum, für die Beschneiderinnen Alternativen zu schaffen, damit sie ihre ökonomische Basis und ihr gesellschaftliches Ansehen nicht verlieren. In der Regel fehlt es ganz konkret an Geld. Wir haben zwar auch Kontakt zu Regierungen, die diese Organisationen in ihren Ländern ideell unterstützen, aber sie haben zu viele andere Probleme, um ihnen auch finanziell helfen zu können. Dafür muß in Deutschland noch viel mehr Öffentlichkeit geschaffen werden, vor allem durch die Medien, um die notwendigen Mittel locker zu machen. Natürlich ist es auch notwendig, das BMZ zu aktivieren. Das BMZ hat sich bereits in der Vergangenheit dazu bereit erklärt, Projekte dieser Art zu bezuschussen. Es müßte aber noch eine aktivere Rolle dabei spielen. Menschenrechtskonvention durchsetzen Entwicklungshilfegelder mit dieser Begründung zu konditionieren, halte ich auch für problematisch, aber man könnte die Länder, die sich bei der Bekämpfung dieser Praxis besonders hervortun, finanziell belohnen. Das halte ich für sinnvoll und empfinde das auch nicht als eine übertriebene Einmischung. Auch politisch muß darauf hingewiesen werden. Die Regierungen, die die Menschenrechtskonvention unterschreiben haben, müssen daran erinnert werden, daß sie sich daran halten oder dafür sorgen, sie durchzusetzen. Die diplomatische Ebene ermöglicht es ebenfalls, sich dazu zu äußern. [Seite der Druckausg.: 72 ] Die wichtigste Voraussetzung für diese Arbeit bilden aber die Männer und Frauen in den Ländern selbst. Insofern hängt unsere Unterstützung von ihrer Arbeit vor Ort ab und wir hoffen, daß sie sich unermüdlich dafür einsetzen und wir für sie unterstützend für sie tätig werden können. It's torture not culture Schewe-Gerigk: Frau Dawla, Sie sagen, wir hätten fertige Lösungen und wir hätten Sie nicht gefragt. Wir haben vor zweieinhalb Jahren von den Grünen eine Anhörung dazu gemacht, wir diskutieren seit vielen Jahren darüber. Wir hatten Frauen aus Ägypten, aus Gambia und viele andere Afrikanerinnen eingeladen, die uns gesagt haben, wo wir ihnen helfen können. Aus dieser Zusammenarbeit ist dann auch dieser Antrag entstanden. Er versteht sich nicht als unzulässige Einmischung, die nicht gewollt ist. Wir möchten sowohl den Frauen in Deutschland helfen als auch den Initiativen in Afrika. Die möchten wir finanziell unterstützen und nicht nur einen Sticker tragen: Wir sind gegen Genitalverstümmelung. Aber: It's torture not culture, das war ein Aufkleber in Peking, der noch einmal auf die Menschenrechtsverletzung hingewiesen hat. Hermann: Ich habe mich sehr gefreut, daß hier so viele engagierte Frauen auf dieser Konferenz waren. Ich denke, wir konnten herausarbeiten, daß das Problem auf jeden Fall zweigleisig angegangen werden sollte. Jeder von uns sollte sich hier als Multiplikator begreifen und ein öffentliches Bewußtsein schaffen, damit sich auch eine Aufmerksamkeit in den Medien entwickelt. Aber natürlich müssen wir auch die Menschen schützen, die hier leben, die Angst vor der Abschiebung haben. Für sie muß eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, damit sie nicht in die Länder zurückgeschickt werden, in denen ihre Töchter beschnitten werden. Wir hier von Mona Lisa bleiben auf jeden Fall an diesem Thema dran. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2000 |