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Fallbeispiel: China
Von Hans Mathieu


Im Gegensatz zur ehemaligen Sowjetunion und den ehemals sozialistischen Ländern Osteuropas, die seit 1989 innerhalb weniger Jahre einen schlagartigen politischen und wirtschaftlichen Transformationsprozeß erlebten, begann die Volksrepublik China bereits 1978 einen graduellen Prozeß der wirtschaftlichen Transformation, in dem das politische System zumindest vordergründig weitgehend unangetastet blieb. Wirtschaftlich wurden dabei spektakuläre Erfolge erzielt: Nach offiziellen Angaben wuchs die chinesische Wirtschaft zwischen 1978 und 1995 im Schnitt um 8,0% pro Jahr, was zu einer Vervierfachung des Pro-Kopf-Einkommens führte. Trotz einer starken Verschlechterung der Einkommensverteilung — wobei die Einkommensverteilung in China auch heute noch im unteren Mittelfeld der Entwicklungsländer liegt und sich seit 1994 eine Stabilisierung und tendenzielle Verbesserung andeutet — profitierten alle Chinesen von diesem Wachstumsprozeß. Lebten 1978 noch 270 Millionen Menschen unter der absoluten Armutsgrenze, so waren es 1995 nur noch 70 Millionen.

Erreicht wurde dieses beeindruckende Ergebnis durch die schrittweise Einführung individueller materieller Anreize, wobei hier die Landwirtschaft mit der Einführung des sog. Haushaltsverantwortlichkeitssystems den Anfang machte, was zunächst zu hohem Einkommenswachstum in den ländlichen Gebieten führte. Hinzu kam die graduelle Ausweitung marktwirtschaftlicher Produktions- und Tauschbeziehungen. Knappheit an Konsumgütern, auch an dauerhaften Konsumgütern, gehört seit Mitte der 90er Jahre der Vergangenheit an, und in den besser entwickelten Küstengebieten ist der Wettbewerb heute weitgehend ein Preiswettbewerb. Dabei wird die Wirtschaft nach wie vor von öffentlichen Unternehmen dominiert. Doch der nicht-öffentliche Sektor — Unternehmen mit ausländischer

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Kapitalbeteiligung, Privatunternehmen und Selbständige — wächst seit Anfang der 90er Jahre schneller, so daß sein Anteil 1995 bereits bei 15% des Bruttoinlandsproduktes lag. Lag der Schwerpunkt der Industrialiserungsstrategie zwischen der Befreiung 1949 und dem Jahr 1978 auf der Schwerindustrie der Binnenprovinzen, so konzentrierten sich Reform und Öffnungspolitik seit 1978 vor allem auf die östlichen Küstenprovinzen. Die Einrichtung von exportorientierten Sonderwirtschaftszonen dort diente zunächst dazu, die Importfähigkeit für die im Entwicklungsprozeß dringend benötigten Kapitalgüter zu schaffen. Inzwischen hat sich diese Dynamik mit der Entwicklung eines wachsenden Konsummarktes auf die gesamte Küstenregion ausgedehnt. Die Folge sind wachsender Einkommensdiskrepanzen zwischen Küsten und Binnenprovinzen.

Vordergründig hat sich in den mittlerweile 20 Jahren der Reform- und Öffnungspolitik am politischen System der VR China trotz der spektakulären Wirtschaftsdynamik nichts geändert. Mit dem Begriff des "demokratischen Zentralismus" wird von den meisten Beobachtern immer noch ein strikt hierarchisch organisierter zentralistischer Staat leninistischer Prägung verbunden. Die Realität Chinas sieht jedoch anders aus.

Bereits in den 50er Jahren, als die VR China sich stark am sowjetischen Modell orientierte, unterlagen in China nur etwa 3.000 Produkte der zentralen Planwirtschaft, verglichen mit über 50.000 in der Sowjetunion. Seit dem Beginn der Reform- und Öffnungspolitik läßt sich eine zunehmende Dezentralisierung beobachten, so daß die VR China heute de facto ein föderaler Staat ist, obwohl die Fiktion des demokratischen Zentralismus unter Führung der kommunistische Partei aufrechterhalten wird.

Der Dezentralisierungsprozeß führte erstens zu einer Aushöhlung der öffentlichen Haushalte insgesamt, deren Einnahmen 1995 nur noch 11,5% des Bruttosozialprodukts ausmachten, während sie 1985 noch bei 25,4% lagen, und zweitens zu einem drastischen Rückgang der fiskalischen Kapazität der Zentralregierung, deren Anteil an den gesamten öffentlichen Haushalten auf 50% sank und damit heute nur noch knapp 6% des BSP beträgt. Die Ursachen für diesen Prozeß waren komplex.

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Flexible Haushaltspolitik

Zum einen waren angesichts des explosionsartigen Entwicklungsprozesses auf den verschiedenen lokalen Ebenen Anreize zur und Flexibilität bei der Umsetzung der Reformen notwendig. Zum zweiten sahen sich die Reformer in der Führungsspitze von Partei und Zentralregierung genötigt, bei der schrittweisen Weiterentwicklung der Reformen Allianzen mit lokalen Kräften einzugehen, um die Reformen gegen die Vertreter der zentralistischen Planwirtschaft durchsetzen zu können. Viele der Reformen bestanden überdies darin, daß erfolgreiche lokale Erfahrungen zur offiziellen Politik erklärt wurden, ohne daß die mittel- und langfristigen Auswirkungen unmittelbar klar waren. Dies gilt z.B. für das Haushaltsverantwortlichkeitssystem in der Landwirtschaft und die ländlichen Kollektivunternehmen, was beide heute als besonders erfolgreiche Kernformen der Reformpolitik erscheinen läßt.

Trotz der formal zentralistischen Strukturen chinesischer Politik und Gesellschaft, die aus einem Netz institutioneller und persönlicher Beziehungen bestehen, wurden dabei Reformen eingeführt, nach denen die Abführung von Steuern und Gewinnen individuell,und nicht nach landesweit festgesetzten Regeln ausgehandelt wurden. Das geschah zwischen der Zentralregierung und den Gebietskörperschaften einerseits und den Regierungen auf allen Ebenen mit den ihnen gehörenden Staatsunternehmen andererseits. Dies war ganz im Interesse der Provinz- und Stadtregierungen, bot es doch die Möglichkeit, einen größeren Anteil der wachsenden Gewinne und Steuern den ihnen gehörigen Unternehmen zu erhalten und dem Zugriff der Zentralregierung zunehmend zu entziehen. Das Ergebnis war neben der bereits angesprochenen Aushöhlung der fiskalischen Kapazität ein rapides Anwachsen der sog. "außerhaushaltlichen" Mittel, die vor allem aus den Gewinnen der Staats- und Kollektivunternehmen bestanden, solange die Mehrzahl dieser Unternehmen noch profitabel war. 1990 z.B. war der Anteil dieser ausserhaushaltlichen Mittel am BSP etwa genauso groß wie der der regulären öffentlichen Haushalte, nämlich knapp 20%.

Dies führte solange zu einer frenetischen lokalen Investitionstätigkeit, auch in soziale Einrichtungen für die Arbeitnehmer dieser Un-

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ternehmen und die Bewohner der lokalen Gebietskörperschaften, wie die lokalen öffentlichen Unternehmen Gewinne machten. Die Unternehmen waren und sind, mit Ausnahme der kleineren, zumindest in den Städten auch heute noch weitgehend für die gesamten sozialen Dienstleistungen ihrer Beschäftigten verantwortlich, vom Wohnungsbau über die Gesundheitsfürsorge bis hin zu Schulen und Renten. Umgekehrt bedeutete dies auch, daß vor einer Umstrukturierung der öffentlichen in selbständige und marktorientierte Unternehmen ein unternehmensexternes System der sozialen Versorgung und sozialen Sicherung aufgebaut werden mußte. Damit wurde schrittweise Ende der 80er Jahre begonnen, aber in den letzten Jahren hat sich der Prozeß mit teilweise beeindruckenden Ergebnissen beschleunigt.

Der Grund dafür liegt darin, daß mit dem wachsenden Wettbewerb der letzten Jahre die Profitabilität der Staatsunternehmen rapide zurückgegangen ist. Machten 1992 nur 26% der Unternehmen Verluste, so war es 1996 bereits die Hälfte. Bei den sog. Staatsunternehmen handelt es sich um Unternehmen der Zentral-, Provinz- und Stadtregierungen. Die Unternehmen untergeordneter Regierungsebenen, also der Stadtbezirke, Landkreise und Landgemeinden, werden als Kollektivunternehmen bezeichnet. Während der Kollektivsektor, vor allem in ländlichen Gebieten, nach wie vor wächst, unter anderem, weil diese Unternehmen weniger durch ihre sozialen Funktionen belastet sind, sind die Staatsunternehmen, ausschließlich in den Städten angesiedelt, jetzt in die Krise gekommen. Da in den letzten Jahren in den Städten Arbeitslosenversicherungen, Arbeitsvermittlungen, Umschulungseinrichtungen, Wohnungsbaufonds und Kranken- und Rentenversicherungen aufgebaut wurden, wurde auf dem 15. Parteitag der kommunistischen Partei im September 1997 unter dem Druck der Krise der Staatsunternehmen beschlossen, in den nächsten drei Jahren diese Unternehmen schrittweise marktwirtschaftlich umzustrukturieren. Dabei wird es zu Freisetzungen von mindestens 15% der Beschäftigten dieser Unternehmen kommen, die etwa zwei Drittel der städtischen aktiven Arbeitsbevölkerung beschäftigen. In manchen Regionen und Branchen wird jedoch mehr als die Hälfte der Beschäftigten betroffen sein.

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Stadt- und Landstrukturen

Dies wird enorme Auswirkungen auf die chinesischen Städte haben, wobei hier von den Kernstädten die Rede ist. Die Provinzen sind nämlich aufgeteilt in Städte, vergleichbar am ehesten den deutschen Regierungsbezirken, in denen die Stadtregierung nicht nur für die eigentliche Stadt, sondern auch für die umliegenden Landkreise verantwortlich ist. Eine chinesische Stadt besteht also aus der eigentlichen Stadt, untergliedert in Stadtbezirke von etwa 250.000 bis 400.000 Einwohnern, die eine eigene Regierung und einen eigenen Volkskongreß haben, sowie den umliegenden Landkreisen, in denen allerdings wiederum Städte mit oft mehreren 100.000 Einwohnern liegen können. Die Bezirke der Kernstadt sind wiederum in Nachbarschaftsverwaltungen von 30.000 bis 60.000 Einwohnern gegliedert, die Landkreise wiederum in Gemeinden. Nachbarschaftsverwaltungen und Gemeinden haben reine Verwaltungsfunktionen, sie führen weitgehend die Politik der übergeordneten Regierung aus. Da sie aber für die Implementation zuständig sind, haben sie oft weite Spielräume bei der Umsetzung. Neben den Ihnen zugewiesenen Mitteln versuchen sie, wie Regierungen auf allen Ebenen, über die Einrichtung von Kollektivunternehmen ihre Finanzen — oder die ihrer Funktionäre — aufzubessern. In Hangzhou, der Hauptstadt der Provinz Zhejiang, hat z.B. eine Nachbarschaftsverwaltung ein Lederbekleidungsunternehmen gegründet, das mittlerweile zu je einem Drittel der Bezirksregierung, der Nachbarschaftsverwaltung und dem Management des Unternehmens gehört und bei einem Jahresumsatz von knapp DM 200 Mio. 7500 Beschäftigte hat und ein Viertel seiner Produktion exportiert.

Unter den Nachbarschaftsverwaltungen und Gemeinden gibt es dann noch Wohnblockkommissionen im städtischen Bereich und Dörfer im ländlichen Bereich, bei denen es sich jedoch nicht um Verwaltungseinheiten der Regierungen handelt, sondern formal gesehen um Basisorganisation der Bürger. Es gibt eine strikte Trennung zwischen ländlichen Gebieten, unabhängig von der Größe der darin möglicherweise liegenden Klein- und Mittelstädte, und den Stadtgebieten. Dies hat zur Folge, daß nur 30% der Chinesen als städtische Einwohner deklariert sind, obwohl der Urbanisierungsgrad heute bei

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etwa 50% liegt. Das eingangs angesprochene Wachstum der Einkommensungleichheit ist darauf zurückzuführen, daß seit 1984 die Einkommen in den Städten erheblich schneller gewachsen sind als in den ländlichen Gebieten. Dies liegt nicht nur am Geldeinkommen, sondern an der weitaus besseren Versorgung der Stadtbevölkerung mit Schulen, Krankenhäusern etc. Erst 1995 deutet sich eine Umkehrung des Trends an.

Obwohl es inzwischen schätzungsweise 70-80 Millionen Wanderarbeiter in China gibt, handelt es sich in der Regel nicht um dauerhafte Migration. Das sog. Haushaltregistrierungssystem macht dauerhafte Migration nämlich praktisch unmöglich, da Chinesen Sozialleistungen nur dort erhalten könnten, wo sie registriert sind. Der Zweck dieser Regelung liegt u.a. darin, die Migration in die Städte zu beschränken. Dies wird verständlich angesichts der schätzungsweise 120-140 Millionen überflüssiger Arbeitskräfte auf dem Land, die tendenziell von den wachsenden Kollektivunternehmen in kleineren Städten aufgesogen werden sollen.

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Basisdemokratie und Dienstleistungen

Seit 1987 sieht ein Gesetz der Zentralregierung vor, daß die Dorfvorsteher in den ländlichen Gebieten in freier und geheimer Wahl gewählt werden. Widerstand gibt es vor allem bei den direkt übergeordneten Regierungen, die darin eine Einschränkung ihrer Macht sehen. Inzwischen werden diese Wahlen jedoch von der Zentralregierung forciert: Wenn sie schon nicht von oben die untergeordneten Regierungen kontrollieren kann, so will sie doch zumindest von unten ein Gegengewicht schaffen. Inzwischen sind solche Wahlen bereits in 90% aller Dörfer durchgeführt, in einer wachsenden Anzahl bereits zum wiederholten Male.

In den Städten gibt es diese Form der Basisdemokratie noch nicht. Die Wohnblockkommissionen werden nach wie vor von der Partei ernannt. Theoretisch ist es damit zwar möglich, die einzelnen Bewohner bis in den unmittelbaren Lebensbereich zu kontrollieren, aber die Praxis sieht inzwischen anders aus. Mit wachsendem Einkommen und zunehmendem Wohnungsbesitz nehmen die Bewohner die Wohnblockkommission und die Nachbarschaftsverwaltungen,

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denen gegenüber die Wohnblockkommission die Interessen der Bewohner repräsentieren, zunehmend als Dienstleistungseinrichtungen, und, im besten Fall, als Interessenvertretung wahr. Die Nachbarschaftsverwaltungen sind zuständig für die meisten lokalen Kindergärten und Grundschulen. In ihrem Zuständigkeitsgebiet unterhalten sie in der Regel zumindest ein Gemeindezentrum, in dem sich meistens gesundheitliche Vorsorgedienste, Biblio- und Videotheken, Teestuben, und Altentagesstätten finden. Gelegentlich kommen auch Behindertenwerkstätten hinzu. Die starke Ausrichtung auf ältere Mitbürger ist kein Zufall, denn die Bevölkerungspolitik wird in den Städten strikter durchgeführt als auf dem Land, so daß die meisten Städte schon heute überaltert sind — mit einem Anteil der Rentner von deutlich über 10%. Der Umfang und die Qualität der Einrichtungen hängt oft ab von den zusätzlichen Einnahmen, die die Nachbarschaftsverwaltungen durch ihre Kollektivunternehmen haben.

Die Wohnblockkommissionen ergänzen diese bürgernahen Einrichtungen durch Dienstleistungen direkt im Wohnquartier, die oft auf kollektiver Basis mit ehrenamtlichen Mitarbeitern organisiert werden. Dazu gehört z.B. auch die Müllsammlung, da die Müllabfuhr den Abfall am Eingang des Wohnquartiers abholt. Hierzu gehören aber auch Lesestuben, psychologische Beratung, ambulante Kleinaltenheime mit wenigen Betten für Notfälle, kleine Parks und Spielplätze, und die Organisation von Freizeitaktivitäten für die Rentner. Neben den wachsenden Einkommen ist für die zunehmende Dienstleistungsorientierung der Wohnblockkommission die Tatsache wichtig, daß eine zunehmende Anzahl von Einwohnern ihre Wohnungen kauft. Zur Entlastung von den oft subventionierten Wohnungen (im Falle von Unternehmen) und zur Finanzierung des Wohnungsbaus (im Falle der lokalen Regierungen) werden die Wohnungen den Bewohnern zu subventionierten Preisen angeboten. In Hangzhou und Shanghai sollen bereits 35% bzw. 50% der Wohnungen im Privatbesitz sein. Sind die Bewohner erst einmal zu Besitzern geworden, nehmen sie oft umfangreiche Renovierungen vor und stellen auch andere Ansprüche an die Wohnblockkommissionen.

Auf dem Parteitag im September 1998 wurde, wenn auch ohne einen Zeitraum anzugeben, beschlossen, die Basisdemokratie auch auf die Städte zu übertragen. Dies würde bedeuten, daß die Bürger

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ihre Wohnblockkommissionen in absehbarer Zeit wählen werden. Ob und wann diese Absicht umgesetzt werden wird, bliebe angesichts der schweren Belastungen und möglicherweise auch sozialen Krisen, die auf die Städte mit der Umstrukturierung der Staatsunternehmen zukommen, noch abzuwarten.

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Die FES in China

Die Friedich-Ebert-Stiftung ist in China seit 1985 mit Projektbüros in Beijing und Shanghai vertreten. Fragen der Entwicklung des Steuersystems und des Verhältnisses zwischen Zentralregierung und Provinzen werden von beiden Teilprojekten mit ihren jeweiligen Partnern bearbeitet. Das Teilprojekt Shanghai greift seit zwei Jahren verstärkt Fragen der Regionalentwicklung in Zusammenarbeit mit Beratungsinstituten der Stadtregierung Shanghai — die als regierungsunmittelbare Stadt den Status einer Provinz hat — und anderer Provinzregierungen auf. Auch in die Entwicklung der Arbeitsmarktpolitik und der sozialen Sicherung werden in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsministerium in Beijing, Arbeitsämtern in Shanghai und Hangzhou und den Gewerkschaftsräten Shanghais und der Provinz Zhejiang deutsche Erfahrungen — positive wie negative — eingebracht.

Seit 1996 wird auch im Teilprojekt Shanghai mit Bezirksregierungen und Nachbarschaftsverwaltungen der Städte Shanghai und Hangzhou zusammengearbeitet. 1996 wurde zusammen mit einem Referenten aus einem Leipziger Sanierungsträger die Frage der nachhaltigen Nachbarschaftsentwicklung und Quartiersanierung aufgegriffen. 1997 ging es mit einem Finanzexperten aus der Berliner Senatsverwaltung um kommunale Finanzen und Finanzverwaltung und die Rolle der Bezirke. Angesichts des breiten Feldes können solche basisnahen Projekte nur explorativen und beispielhaften Charakter haben.

So sehr die Dezentralisierung in China basisdemokratische Ansätze gestärkt haben mag, so bleibt sie ein zweischneidiges Schwert. Denn die Aushöhlung der fiskalischen Kapazität auf allen Ebenen bedroht die Fähigkeit der Regierungen, mit der Krise der öffentlichen Unternehmen bürgernahe Dienstleistungen aufrechtzuerhalten. Ganz besonders betroffen sind dabei das Bildungs- und Gesund-

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heitssystem, wo eine Ausgabensteigerung zur Übernahme der von den Staatsunternehmen abgegebenen Funktion derzeit nicht möglich ist. 1994 wurde zwar eine Steuerreform durchgeführt, die die Steuerverwaltung zwischen Zentralregierung und Gebietskörperschaften nach allgemeinen Regeln aufteilt, aber erst ab dem Jahr 2000 wird dies zu einer Steigerung der Einnahmen führen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 2000

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