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[Seite der Druckausg.: 21 (Fortsetzung)]



5. DIE RUSSINNEN ÜBER KINDER


Kinder und die mit ihrer Erziehung verbundenen Probleme nehmen im Leben der russischen Frauen einen zentralen Platz ein. Nicht zufällig stellen die Russinnen die Liebe zu Kindern auf den Boden der Pyramide der Eigenschaften, über die ihrer Ansicht nach die ideale Frau verfügen sollte. Nicht weniger wichtig ist die Liebe zu Kindern auch als unverzichtbare Charaktereigenschaft des idealen Mannes, der die Rolle eines ständigen Lebensgefährten an ihrer Seite einnimmt. Mit anderen Worten: Kinder sind für die Russinnen nicht nur ein unverzichtbarer Teil des Lebens der Frauen selbst, sondern auch ein notwendiges "Bindeglied" in der Beziehung zwischen Männern und Frauen in der Familie insgesamt.

Wie die Untersuchung gezeigt hat, gehört eine gute Kindererziehung zu den Lebensplänen der überwältigenden Mehrheit der Russinnen (96,4 %). Dabei ist die formelle Selbsteinschätzung der Frauen in Bezug auf die in dieser Hinsicht erreichten Ziele nicht so hoch: Nur 28,9 % der befragten Russinnen können mit Sicherheit sagen, dass sie ihre Kinder gut erzogen haben.

Besonders plastisch sieht dies vor dem Hintergrund der Erfolge der Frauen in den "gemischten" Bereichen des Lebens aus. Zum Beispiel meinen 40 % von ihnen, dass sie eine glückliche Familie gegründet haben, und 50,1 %, dass sie die wahre Liebe gefunden haben.

Dennoch ist das niedrige Niveau der Einschätzungen ihrer Erfolge eher damit verbunden, dass sie mit dem, was sie in der Kindererziehung erreicht haben, tatsächlich nicht zufrieden sind, wie auch damit, dass der Prozess der Erziehung selbst von ihnen nicht als etwas eng begrenztes wahrgenommen wird. Im Gegenteil, die Traditionen und die sozioökonomischen Bedingungen der Beziehungen zwischen den Generationen führen in der russischen Gesellschaft dazu, dass Kinder sogar als Erwachsene in finanzieller und sozialer Hinsicht häufig weiter von ihren Eltern abhängig bleiben. Entsprechend werden sie von den Eltern auch weiterhin als Objekte der Erziehung wahrgenommen.

In diesem Sinn ist der niedrige Anteil der Frauen, die meinen, dass sie ihre Kinder nicht gut erziehen konnten, noch lange nicht gleichbedeutend damit, dass sie ihr Versagen als Eltern erklären, sondern spiegelt eher das spezielle Verhältnis der Russinnen zum Problem der Erziehung und zu innerfamiliären Beziehungen zwischen den Vertretern der verschiedenen Ge-

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nerationen in der russischen Gesellschaft. Dabei dokumentieren die Daten der Studie die starke Überzeugung der Frauen, dass sie in der Lage sein werden, ihre Lebensziele in Bezug auf die Erziehung von Kindern zu realisieren: 60,6 % meinen, dass sie bislang dabei noch nicht erfolgreich waren, dies jedoch in Zukunft sein könnten, und nur 5,8 % denken, dass sie dazu kaum in der Lage sind.

Auf jeden Fall kann sich die Mehrheit der Russinnen ihr Leben nicht ohne Kinder vorstellen. Wieviele Kinder wünschen sie sich und inwiefern ist es ihnen im wirklichen Leben möglich, sich diesen Wunsch zu erfüllen?

Wie die Untersuchung zeigt, hängen drei Viertel der Russinnen dem traditionellen Familienmodell an, indem sie es für sich als die ideale Variante (unter der Bedingung, dass die materiellen Verhältnisse dies erlauben) betrachten, nicht weniger als zwei Kinder zu haben. Die Mehrheit von ihnen (54,7 %) wäre mit zwei Kindern zufrieden, und jede fünfte Russin (21 %) wäre bereit, Mutter von drei oder mehr Kindern zu werden, sofern es die Lebensumstände erlauben. Das Ein-Kind-Modell erscheint nur 13,5 % der Frauen als Ideal (siehe Graphik 9).



Graphik 9: Ideale Anzahl der Kinder, die sich Russinnen wünschen (in Prozent)

Allerdings ist die wirkliche Lebensstrategie der Russinnen, da sie eng mit der heutigen sozioökonomischen Situation im Land verbunden ist, überaus weit von den idealen Schemata ihrer Familienstereotypen entfernt. Die materiellen Schwierigkeiten, unter denen die Mehrheit der russischen Familien leidet, senkt die Latte der Zielsetzungen der Frauen im Hinblick auf die Geburt und die Erziehung von Kindern deutlich, und ein bedeutender Teil der Frauen ist gezwungen, auf die gewünschte Zahl von Kindern zugunsten des Ein-Kind-Modells zu verzichten. Somit setzen nur zwei von drei Frauen das ideale Familienmodell in die Praxis um, 45,8 % planen, zwei Kinder zu bekommen (während sich dies 54,7 % eigentlich wünschen). Drei oder mehr planen nur 6,3 % (bei 21 %, die sich dies wünschen).

Zum Verzicht auf ihre "Geburtsansprüche" werden die Frauen in erster Linie durch materielle Schwierigkeiten gezwungen. Gesamtgesellschaftlich gesehen gebietet ihnen aber auch noch

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eine andere Tendenz Einhalt: Mit steigendem Einkommensniveau orientieren sich die Frauen in höherem Maße darauf, nur ein Kind großzuziehen.

Wenn wir also die Kinderwünsche der Russinnen mit ihrem wirklichen Verhalten in diesem Bereich vergleichen, so sehen wir die Tendenz einer sinkenden Kinderzahl bei steigendem Einkommen bestätigt (siehe Tabelle 10).



Tabelle 10: Vorhandene Kinder bei Frauen mit unterschiedlichem Einkommensniveau (in Prozent)

Anzahl und Alter der Kinder

Arme

Mit geringem
Einkommen

Mit durch
schnittlichem
Einkommen

Mit hohem
Einkommen

Haben keine Kinder

17,3

31,0

38,6

38,8

Haben minderjährige
Kinder:
- eins
- zwei oder mehr



39,7
26,9



33,5
23,3



34,3
10,5



34,5
10,1

Haben minderjährige und erwachsene Kinder

9,0

1,8

4,8

1,4

Haben erwachsene Kinder

7,1

10,4

11,9

15,1

Bei der Analyse der Daten aus Tabelle 10 fällt der mehr als zweifache Abstand zwischen Armen und Reichen auf, wobei dies sowohl für die Zahl der kinderlosen Frauen als auch für die Frauen mit zwei oder mehr Kindern zutrifft.

Dies ist vermutlich damit verbunden, dass die Frauen in der Praxis gezwungen sind, ihre Vorstellungen und Pläne nicht nur aufgrund ihrer materiellen Umstände zu korrigieren, sondern auch aufgrund dessen, wie die Anzahl ihrer Kinder ihren sozialen Status und den der Familien insgesamt beeinflusst. Erstens senkt die mit minderjährigen Kindern verbundene Belastung das Niveau des Pro-Kopf-Einkommens erheblich und ist in der Lage, sogar relativ wohlhabende Familien in die Kategorie der Minderbemittelten zu versetzen. Und zweitens sind Frauen mit zwei Kindern weniger mobil, in erster Linie in ökonomischer und beruflicher Hinsicht. Selbst wenn der Zeitaufwand für die Pflege und Erziehung von Kindern auf ein vernünftiges Minimum reduziert wird, nimmt dies den Frauen selbst viele Möglichkeiten. Während unter den kinderlosen Frauen, die sich um eine gute Ausbildung bemühen, nur 21,3 % der Ansicht sind, dies nicht realisieren zu können, so sind es unter den Frauen mit zwei minderjährigen Kindern 43,2 %. Und umgekehrt sind 50,5 % der kinderlosen und nur 12,1 % der Frauen mit zwei Kindern überzeugt von ihren Möglichkeiten auf diesem Gebiet. Dieselbe Situation haben wir auch bei der Einschätzung der Möglichkeiten, eine interessante Arbeit zu finden.

So werden die Lebensstrategien der Russinnen in Bezug auf die Geburt von Kindern also nicht nur durch subkulturelle Unterschiede in den verschiedenen sozialen Schichten und Gruppen der russischen Gesellschaft beeinflusst. Auch die Belastung durch Kinder selbst bestimmt die materielle und soziale Lage der Frauen und die Einschätzung ihrer eigenen beruflichen Perspektiven in beachtlicher Weise.

Wie die Selbsteinschätzungen zeigen, sind die zunehmenden Schwierigkeiten, die mit der Erziehung von Kindern verbunden sind, für die Frauen Anlass zu großer Sorge. Denn unter allen anderen Tätigkeiten (Arbeitssuche, Ausbildung, Privatleben, Haushaltsführung usw.)

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wurde die Position "Kinder gebären und erziehen" von den Russinnen am häufigsten als ein Bereich genannt, in dem es für sie im Laufe der letzten zehn Jahre schwieriger wurde, ihre Pläne zu realisieren (85,8 %). Und umgekehrt erklärten nur 2,8 % der befragten Frauen, dass es in den letzten zehn Jahren einfacher wurde, Kinder zu gebären und zu erziehen (noch 11,4 % meinen, dass es in diesem Bereich keine Veränderung gab). Selbst unter den materiell am Besten gestellten Russinnen meint die Mehrheit (79,9 %), es sei schwieriger geworden, Kinder zu bekommen und großzuziehen. Was die ärmsten Schichten betrifft, so ist hier eine umfassende Verschlechterung der Situation zu beobachten, denn 94,2 % der Vertreterinnen dieser Gruppe erklärten, es sei schwerer geworden, Kinder großzuziehen.

Wie zu erwarten war, stellt die Ausbildung der Kinder in erster Linie für die Vertreterinnen der ärmsten Schichten der Bevölkerung die größte Schwierigkeit dar (siehe Graphik 10). Dabei ist die Umsetzung der Wünsche, die die Frauen in Bezug auf die Ausbildung ihrer Kinder haben, eng mit ihren eigenen Erfolgen in diesem Bereich verknüpft.



Graphik 10: Anteil derer, die sich vor fehlenden Möglichkeiten, ihren Kindern oder sich selbst die gewünschte Ausbildung zu verschaffen, ängstigen, unter den Frauen mit unterschiedlichem Einkommensniveau (in Prozent)

Die fehlende Möglichkeit, ihren Kindern oder sich selbst eine Ausbildung zu verschaffen, bereitet daher 29,1 % der Russinnen mit mittlerer Fachausbildung Sorgen, von denjenigen mit höherer Ausbildung aber nur 18,8 %. Insgesamt werden heute die Möglichkeiten, eine gute Ausbildung zu erhalten, die von der Mehrheit der Frauen in erster Linie durch das Prisma der Ausbildung ihrer Kinder wahrgenommen werden, von den Russinnen überaus kritisch bewertet. Nur 20,4 % denken, dass es leichter wurde als vor zehn Jahren, die gewünschte Ausbildung zu erhalten, während die Mehrheit (64,8 %) überzeugt ist, dass dies schwerer wurde.

Eine andere Aufgabe, die zusammen mit der Ausbildung die Quintessenz der Problematik der Kindererziehung ausmacht, ist es, die Kinder von Drogen fernzuhalten. Unterstreichen wir nochmals, dass heute praktisch jede dritte Russin vor mehr als allem anderen im Leben davor Angst hat, dass ihr Kind drogensüchtig werden könnte. Diese Sorge ist unter den Frauen der verschiedenen sozialen Gruppen und Schichten etwa gleich weit verbreitet. Sie ängstigt sowohl die armen als auch die reichen Russinnen sowie Vertreterinnen verschiedener Berufs-

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gruppen gleichermaßen, von Hilfsarbeiterinnen bis zu Spezialistinnen mit Hochschulausbildung. Mit anderen Worten, aus der Sicht der russischen Frauen kann weder das materielle Auskommen noch ein hoher sozialer Status der Familie die Kinder vor dem Drogenproblem schützen.

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6. BEDINGUNGEN FAMILIÄREN GLÜCKS

Eine intakte Familie ist für die überwältigende Mehrheit der russischen Frauen die wichtigste Voraussetzung eines glücklichen Lebens. 40 % unserer Mitbürgerinnen haben bereits eine solche Familie gegründet. Aber wie muss eine Familie aussehen, damit eine Frau ihr Familienleben als glücklich betrachtet?

Eine glückliche Familie, das bedeutet vor allem eine auf Liebe beruhende Familie. 87,3 % der Frauen, die ihre Familie für glücklich halten, waren überzeugt, dass sie bereits ihre wahre Liebe gefunden haben. Und nicht zufällig sind 75,8 % der Frauen aus dieser Gruppe überzeugt, dass eine Liebesehe stärker ist als eine Zweckehe, während unter denen, die schon nicht mehr darauf hoffen, eine glückliche Familie zu gründen, nur die Hälfte dieser Ansicht ist.

Der zweite obligatorische Bestandteil einer glücklichen Familie sind Kinder. Dabei ist weniger deren Anzahl wichtig als vielmehr die Existenz eines Kindes überhaupt. 46,2 % aller glücklichen Familien haben ein minderjähriges Kind, 19,4 % zwei und 2 % drei und mehr.

Die dritte Voraussetzung einer Familie, die man als glücklich bezeichnen kann, ist die formal registrierte Ehe. Unter den Frauen, die verheiratet sind, halten 69 % ihre Familie für glücklich. Von den Frauen, die ohne Trauschein zusammenlebten, konnten dies 40,2 % über ihre Familie sagen, und die Existenz eines festen Partners wird von den Frauen gar nicht als Familie angesehen. Nur 5,3 % der Frauen aus dieser Gruppe meinten, dass sie eine glückliche Familie haben. Fast 80 % von ihnen erhofften sich dies noch für die Zukunft. Dieselbe Hoffnung teilten auch fast 40 % der Frauen, die ohne Trauschein mit einem Partner zusammen lebten. Die „Ehe ohne Trauschein" war besonders in den Altersgruppen von 21 bis 40 Jahre (9-11 %) populär, ein fester Partner bei den Frauen im Alter zwischen 17 und 25 Jahren, wobei in der Gruppe der Frauen zwischen 17 und 20 Jahren 10 % der Russinnen einen solchen hatten.

Was die anderen Merkmale einer typischen glücklichen Familie betrifft, so ist das Bild weit von aller Romantik entfernt. Wenn der ideale Mann für die Frauen in erster Linie einer ist, der in der Lage ist, einen Schutz gegenüber der Außenwelt zu garantieren, so ist eine glückliche Familie eine Familie, in der die Frau verheiratet ist (russisch wörtlich: "hinter ihrem Mann"), weniger im Sinne, dass sie sich "hinter einer steinernen Wand", aber doch hinter einem starken Rücken befindet, und wo der Mann den Hauptteil des materiellen Auskommens der Familie erwirtschaftet. Jedenfalls wurde bei 56,5 % der Frauen, die angaben, es sei ihnen gelungen, eine glückliche Familie zu gründen, deren Wohlstand hauptsächlich aus dem Einkommen des Ehemannes bestritten (siehe Tabelle 11).

Fügen wir hinzu, dass in den glücklichen Familien eher die Männer als die Frauen einen Zusatzverdienst einbringen, falls der Familie das Geld nicht ausreicht. Und obwohl ein solcher in drei Vierteln dieser Familien erforderlich ist, sorgen in 40,1 % der Fälle die Männer und nur in 16 % die Frauen für einen Nebenverdienst (in 14,6 % der Fälle tun dies beide). In allen übrigen Familien tragen die Frauen selbst eine deutlich größere Last im Bereich der Nebenverdienste.

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Tabelle 11: Wer leistet den Hauptbeitrag zum Familienbudget (in Prozent)?

Hauptbeitrag zum Familienbudget


Einschätzung ihrer Familie


Haben bereits eine glückliche Familie

Haben noch keine, halten dies aber für möglich

Halten dies kaum für möglich

Ist kein Lebensziel

Mein eigener

14,6

25,3

51,5

36,0

Der des Ehemannes

56,5

12,8

17,0

12,0

Der eines
anderen Familie-
nmitglieds der Frau

0,9

13,7

5,2

16,0

Der eines
anderen Familien-
mitglieds des Mannes

2,0

19,7

6,6

8,0

Beide leisten
einen gleichen
Beitrag

26,1

28,4

19,7

28,0

Es ist sehr wichtig, darauf hinzuweisen, dass wenngleich in den glücklichen Familien in der Hauptsache der Mann der "Ernährer" ist, die Frau bei der Verwendung des Geldes einen äußerst aktiven Anteil hat. In 91 % der Fälle entscheidet sie entweder selbständig über die Verwendung des Geldes oder tut dies gemeinsam mit ihrem Mann. Am verbreitetsten ist in diesen Familien mit 40 % das Modell, in dem das gesamte Haushaltsgeld gemeinsam verwaltet und alle Ausgaben gemeinsam geplant werden.

Überhaupt erwies sich das Gefühl gleicher Rechte in der Familie als wichtigste Voraussetzung dafür, dass die Frau ihr Familienleben für glücklich hielt. Dabei war es für die Frauen wichtiger, die gleichen Rechte wie ihr Mann zu haben, als mehr Rechte zu haben und die Hauptrolle in der Familie zu spielen. 70,2 % der Frauen aus glücklichen Familien waren der Ansicht, dass sie die gleichen Rechte wie ihre Männer haben, und nur 9,6 %, dass sie mehr Rechte haben (15,8 % erklärten, dass die Männer mehr Rechte hätten, und die übrigen konnten diese Frage nicht beantworten).

Unter den Konfliktursachen dominierten in glücklichen Familien materielle Schwierigkeiten, Probleme im Verhältnis mit den Eltern und ungenügende Aufmerksamkeit des Mannes für die Familie; in den nicht glücklichen waren es materielle Schwierigkeiten, Trunkenheit und Drogensucht, charakterliche Unvereinbarkeiten, Untreue und Eifersucht. Den Daten aus Tabelle 12 zufolge führten diese Gründe in der Regel zu Scheidungen.

Ein weiteres wichtiges Element eines glücklichen Familienlebens waren für die Frauen normale Lebensbedingungen. Über 60 % der Frauen aus glücklichen Familien (bei 42,5 % in der Stichprobe insgesamt) lebten in eigenen Wohnungen. Unter den Frauen, die in Wohnheimen und Firmenwohnungen lebten, war der Anteil derer, die schon nicht mehr daran glauben, eine glückliche Familie zu haben, deutlich höher als im Durchschnitt.

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Tabelle 12: Meinung der Frauen darüber, was in der Familie zu Konflikten führt (in Prozent)

Häufigste innerfamiliäre Konfliktursachen

Verheiratete

Geschiedene

Ohne Trauschein Zusammenlebende

Unverheiratete mit festem Partnerv

Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Erziehung und Ausbildung der Kinder

28,0

15,6

15,2

2,6

Charakterliche Unvereinbarkeiten

13,1

15,6

13,4

24,7

Materielle Schwierigkeiten

43,3

33,3

33,9

22,1

Probleme in den Beziehungen mit den Eltern des Mannes oder des Mannes mit seinen Eltern

17,9

8,9

21,4

2,6

Der Mann widmet der Familie wenig Zeit

15,8

7,4

16,1

5,2

Untreue, Eifersucht

4,3

11,1

8,0

7,8

Meinungsverschiedenheiten über nötige Ausgaben

12,2

4,4

12,5

9,1

Probleme in der sexuellen Beziehung mit dem Mann

3,7

4,4

6,3

1,3

Trunkenheit, Drogensucht

15,8

14,1

21,4

7,8

Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf Gesprächsthemen

6,7

5,9

13,4

18,2

Unterschiede im intellektuellen und kulturellen Niveau der Eheleute

3,3

3,7

2,7

2,6

Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die Verteilung der familiären Pflichten

19,7

9,6

17,0

9,1

Meinungsverschiedenheiten in Bezug auf die Freizeitgestaltung

10,6

2,2

8,9

14,3

Einer der Partner ist verärgert darüber, dass der andere in seinem Leben mehr erreicht hat (z.B. die Frau bedeutend mehr verdient, als der Mann)

2,0

1,5

4,5

1,3

Mit dem oben Gesagten korrespondiert auch die für eine als glücklich eingeschätzte Familie charakteristische Besonderheit, nämlich das Gefühl, "nicht schlechter als andere" zu leben. Nicht zufällig waren unter allen Frauen, die der Meinung waren, sie lebten "nicht schlechter als andere", fast zwei Drittel Frauen aus glücklichen Familien. Dies war nicht nur und nicht so sehr mit ihren Einkünften verbunden (der Anteil der minderbemittelten und armen Frauen betrug unter denjenigen, die ihre Familie für glücklich hielten, 35,2 % bei 41,7 % in der Stichprobe insgesamt), sondern eher mit ihren Lebensbedingungen und ihrer allgemeinen psychologischen Befindlichkeit, die es ihnen erlaubten, sich im Leben als besser geschützt und zuversichtlicher zu empfinden.

Noch zwei weitere Gesichtspunkte müssen festgehalten werden, die dabei helfen, den Stellenwert der Familie im Leben der Russinnen zu verstehen. Dies sind ihre Vorstellung darüber,

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wozu eine Ehe notwendig ist, und ihr Verhältnis zu außerehelichen sexuellen Beziehungen. Die Hauptfunktion der Ehe sehen die Russinnen darin, dass sie die Erziehung von Kindern optimal gewährleistet (28,8%). Weitere 27,3 % geben an, dass die Frau sich darin sicherer fühlt, und 9,5 %, dass sie eine materielle Stütze der Familie darstellt. Ein derart geringer Anteil derjenigen, die der Ansicht sind, dass die Ehe eine materielle Stütze der Familie darstellt, ist nicht überraschend, wenn man die Daten über den Beitrag der Frauen zum realen Familienbudget betrachtet: In der Mehrheit der Fälle kann der Verdienst des Mannes allein die Bedürfnisse der Familie auf keinen Fall befriedigen. Dabei sagen die Frauen, die eine glückliche Familie haben, deutlich häufiger als andere, dass die formelle Ehe der Frau Sicherheit gibt und günstige Rahmenbedingungen für eine gelungene Kindererziehung bietet.

Was außereheliche Beziehungen betrifft, so haben nur 9,8 % der Russinnen hierzu eine positive Einstellung, weil sie meinen, dass es nicht möglich ist, sein Sexualleben auf einen Partner zu beschränken. 57 % meinen, dass derartige Beziehungen im Prinzip nicht gut sind, aber im Leben eben alles möglich ist. Und ein Drittel (33,1 %) der russischen Frauen sieht darin einen im Prinzip nicht akzeptablen Verrat am Ehepartner. Dabei beträgt der Anteil der Frauen, die in außerehelichen Beziehungen einen Verrat sehen, unter denjenigen, die bereits eine glückliche Familie gegründet haben, fast 40 %, während nur 8,2 % derartiges dulden würden.

So ist die Familie ein besonderer, sehr bedeutsamer und emotional geprägter Typ der Partnerschaft, dessen Ziel die Erziehung von Kindern ist. Dabei ist anzunehmen, dass kraft des Selbstwertes der Familie jeder der beteiligten Partner bereit sein sollte, in ihrem Interesse Opfer zu bringen. Und wenn die Partnerschaft in Form einer Familie realisiert wird, so werden konkrete Meinungsverschiedenheiten, auch solche, die mit der Verwendung des Haushaltsgeldes verbunden sind, weder der Frau noch der Familie schaden, sondern die Frau fühlt sich relativ sicher und geschützt. Mehr noch, selbst wenn der Mann nicht in der Lage ist, der Familie ein angenehmes Lebensniveau zu garantieren, sich aber aufrichtig darum bemüht (arbeitet, sich um Zusatzverdienste bemüht, nicht trinkt), so ist die Frau in der Regel mit ihrem Familienleben zufrieden.


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