FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:






Schlußfolgerungen


Sicher läßt das oben dargestellte Modellargument der wirtschaftlichen und politischen Realität noch jede Menge Spielraum. Im Alltagsgeschäft spielen gerade die im Modell nur als Nebeneffekt auftretenden Kosten des Strukturwandels, die Inflexibilität von Unternehmen und Arbeitnehmern, die externen Effekte, Monopolrenten und Marktunvollkommenheiten eine wichtige Rolle. Trotzdem erhellt das Gedankenexperiment, wo die tatsächlichen Ursachen liegen und welche Kosten und Nutzen bei rationaler Betrachtung abzuwägen wären.

Auf dem Hintergrund der Globalisierungsdebatte ergeben sich einige Schlußfolgerungen:

  1. Die meisten internationalen Wirtschaftskonflikte sind Verteilungsprobleme, die meist national bedingt sind und dort gelöst werden könnten. Will die Politik das Verhältnis zu anderen Ländern entspannen, so sollte sie versuchen, einheimische Verteilungsprobleme als solche zu behandeln und nicht als internationale darzustellen. Damit würde sich ein großer Teil von zwischenstaatlichen Pseudokonflikten erledigen und sich die entsprechenden Anstrengungen, sie durch international koordiniertes Vorgehen zu lösen, erübrigen. Allerdings würde sie diese außenpolitische Entlastung mit zusätzlichen innenpolitischen Konflikten erkaufen. Dieser trade-off begründet das beobachtbare Verhalten der meisten Politiker.

  2. Ein zentrales Verteilungsproblem ist die Wahl zwischen mehr Arbeit, mehr Produktion und mehr Konsum einerseits und weniger Arbeit mit entsprechend weniger Produktion und Konsum andererseits. Da internationale Wirtschaftsbeziehungen die durchschnittliche Produktivität durch intersektorale und internationale Reallokation von Kapital steigern, erzwingen sie ständig Entscheidungen darüber, ob der Produktivitätszuwachs als Freizeit (bzw. Arbeitslosigkeit) oder höherer Konsum verteilt wird. Diese Wahl trifft aber nicht jeder Mensch für sich, sondern Sozialsysteme verteilen Arbeit und Konsum. Das (konfliktreiche) Zusammenspiel von Unternehmen, Konsumenten und Staaten produziert planlos Verteilungsergebnisse, die Einzelinteressen entsprechen, ohne die wirklichen Optionen einer rationalen Nutzenabwägung zu unterwerfen.

  3. Die geringsten Probleme entstehen, wenn sicher gestellt wird, das neue Produktionspotentiale ausgeschöpft werden oder eine konsensuale Arbeitszeitverkürzung bei vollem Einkommensausgleich erfolgt.

  4. Die Möglichkeiten von Ländern, sich im Zuge gegenseitiger Wirtschaftsbeziehungen zu nutzen oder zu schaden, sind beschränkt. Der größte Schaden liegt fast immer in der Verweigerung der Wirtschaftsbeziehungen. Dieser Schaden trifft aber beide Seiten. Der Schaden ist besonders schmerzhaft, wenn länger bestehende Beziehungen abgebrochen oder reduziert werden, da sich dann die Betroffenen an das höhere Einkommen gewöhnt haben.

  5. Die größten Vorteile werden weltweit möglich, wenn die Produktivität der armen Länder gesteigert wird.

© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2001

Previous Page TOC