FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO


Stabilität durch Integration? : Südosteuropa als Herausforderung für die Europäische Union / von Andreas Wittkowsky. - [Electronic ed.]. - Bonn, 2000. - 20 S. : graph. Darst. = 97 Kb, Text & Image file . - (Reihe Eurokolleg ; 43). - ISBN 3-86077-877-3
Electronic ed.: Bonn : FES Library, 2000

© Friedrich-Ebert-Stiftung


INHALT




[Seite der Druckausg.: 1]






  • Kein Krieg - Unfrieden: Südosteuropa und die EU

  • Nach Vertreibungen und NATO-Bombardement: Die materiellen Kriegsschäden

  • Misstrauische und verfeindete Nachbarn: Der regionale Kollateralschaden

  • Eine neue Führungsrolle: Die EU und der Stabilitätspakt

  • Die Strategie der EU: Konditionierte Stärkung der bilateralen Beziehungen

  • Virtuelle Mitgliedschaften: Schnelle Vollendung der europäischen Integration?

  • Intra-regionale Integration: Ein einig Bund von Brüdern?

  • Wiederaufbau und Zusammenarbeit: Herkulesaufgabe oder Sisyphusarbeit?

  • Realistische Erwartungen an die EU und in der EU


Page Top Next Item

Zusammenfassung:

1. Mit ihrer Initiative zum Stabilitätspakt hat die Europäische Union (EU) eine Führungsrolle bei der Stabilisierung Südosteuropas übernommen. Dies wird ein dauerhaftes Engagement der EU und ihrer Mitgliedsstaaten erfordern. Viele der erweckten Erwartungen sind unrealistisch, sowohl in der EU als auch in Südosteuropa.

2. Die ethnischen Vertreibungen und das NATO-Bombardement haben in der Region beträchtliche materielle Schäden hinterlassen. Die größte Herausforderung aller Stabilisierungsbemühungen ist aber nicht der materielle Wiederaufbau, sondern die Konsolidierung moderner Nationalstaaten, die sich über den staatsnationalen Konsens ihrer Bürger - nicht über den Mythos ethnischer Homogenität - definieren und mit ihren Nachbarn friedlich zusammenleben.

3. Die EU hat zwei Möglichkeiten, Einfluß auf die Stabilisierung Südosteuropas zu nehmen: Einmal durch die institutionelle Gestaltung der Integrationsbeziehungen zwischen der EU und der Region und zum Zweiten durch die direkte wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Zusammenarbeit.

4. Bei der Frage, wie die EU ihre Integrationsbeziehungen gestalten soll, werden

[Seite der Druckausg.: 2]

zwei Optionen kontrovers diskutiert: (1) Gegenüber dem bisherigen, schrittweisen EU-Verfahren, bei dem der Beitritt an die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien gebunden ist, wurde eine neue, kurzfristig zu realisierende Form der Mitgliedschaft ins Spiel gebracht, die einen größeren Beitrag zur Stabilisierung Südosteuropas leisten soll. (2) Im Rahmen einer schrittweisen Annäherung an die EU wird debattiert, ob Stabilität eher durch eine intraregionale Integration Südosteuropas oder durch eine Stärkung der bilateralen Beziehungen mit der EU erreicht werden kann.

5. Inzwischen hat die EU deutlich gemacht, dass sie ihre Integrationsangebote wie bisher von Erfolgskriterien abhängig machen wird. Das Angebot neuer „Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen" mit Albanien, Bosnien-Herzegowina, Jugoslawien, Kroatien und Makedonien (auch „die 5" genannt) ist an die Erfüllung gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Minimalanforderungen gebunden; für eine Beitrittsoption gelten weiterhin die Kopenhagener Kriterien. Damit verbunden ist das stabilitätspolitische Dilemma, dass sich gerade jene Länder, in denen die Stabilitätsdefizite am größten sind, nicht für die Angebote der EU qualifizieren.

6. Um dieses Dilemma zu vermeiden, ist die Alternative einer schnellen EU-Integration „der 5" Länder Südosteuropas ins Spiel gebracht worden. Kern des schnellen Beitrittszenarios ist eine „Neue Assoziierte Mitgliedschaft", bei der die Neumitglieder in den wichtigsten EU-Gremien nur einen Beobachterstatus ohne Stimmrecht hätten. Innerhalb von drei Jahren würden sich „die 5" dann der bestehenden Zollunion zwischen der EU und der Türkei anschließen (mit dem Zwischenschritt einer paneuropäischen Freihandelszone mit EU und CEFTA) und den Euro übernehmen (mit dem Zwischenschritt eines an den Euro gebundenen Currency Boards).

7. Dieser radikale Vorschlag birgt beträchtliche Kosten: (1) Er mutet Südosteuropa ein hohes Maß an Souveränitätsverlust ohne Teilhabe zu, das sich in den nationalistisch mobilisierten Ländern als Bumerang erweisen kann, vor allem wenn die wirtschaftlichen Kosten der EU-Integration sichtbar werden. (2) Eine radikale Marktöffnung würde die südosteuropäischen Unternehmen der mächtigen EU-Konkurrenz aussetzen, ihre rückständige Produktion durch Importe verdrängen und die erhoffte Wiederbelebung der regionalen Wirtschaft in vielen Fällen bedrohen. (3) Eine schnelle „Euroisierung" führt zur Verschärfung der Wettbewerbsprobleme, da der Wechselkurs als Anpassungsinstrument entfällt.

8. Vieles spricht also für einen weniger radikalen Übergang, in dem (1) die Länder Südosteuropas seitens der EU nichtreziproke Handelserleichterungen erhalten und (2) eigene Währungen - sei es im Rahmen eines Currency Boards oder als Parallelwährung - die Frage offen lassen, wie nach einer ausreichend langen Stabilisierungsphase das zukünftige Wechselkursregime aussehen soll. Ausschlaggebend für die Bewertung dieser wirtschaftspolitischen Optionen sind aber letztlich Faktoren der politischen Ökonomie.

9. Die Auswirkungen der intra-regionalen Integration auf die Stabilität in Südosteuropa sind nicht eindeutig. Gegenwärtig stößt sie nicht nur auf politische Vorbehalte, sie läuft auch dem wirtschaftlichen Trend zuwider. Zur Stärkung der politischen Kooperation in der Region stehen der EU zwei Optionen offen: (1) Bindung der Stabilitäts- und Assoziationsabkommen an konkrete Formen der intra-regionalen Kooperation, z.B. an die Gründung einer südosteuropäischen Freihandelszone (SEEFTA) oder die Teilnahme an der zentraleuropäischen Freinhandelszone CEFTA. (2) Ergänzung des Bilateralismus um multilaterale Arrangements der Kooperation, z.B. handelspolitische Regelungen mit der SEEFTA, die die Möglichkeit der Kumulation von Ursprungsregelungen zulassen. Zudem könnten Hilfeleistungen nicht mehr bilateral, sondern nur noch in Form von länderübergreifend koordinierten Gesamtpaketen gewährt werden.

10. Mit Hilfezusagen von jährlich 500 Mio. Euro in den nächsten vier Jahren wird die EU zum größten Geber in Süd-

[Seite der Druckausg.: 3]

osteuropa. Parallel zu den Sofortmaßnahmen steht sie vor der Aufgabe, die wichtigsten Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen. Auch dabei ist die EU mit einem zentralen Dilemma konfrontiert: Die wirtschaftliche Entwicklung soll zur politischen Stabilisierung beitragen, ist aber umgekehrt wesentlich von der politischen Stabilität abhängig. Vieles spricht dafür, dass Dialogprogramme im politisch-gesellschaftlichen Bereich eine besondere Bedeutung für die langfristige Stabilisierung haben werden - sei es durch internationale Kultur- und Diskussionsveranstaltungen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Eliten, Studenten oder Jugendlichen.

11. Trotz der hohen Erwartungen, die die EU mit ihren Initiativen geweckt hat, sind die Grenzen einer Stabilisierung Südosteuropas von außen deutlich. Vor diesem Hintergrund ist die Fortsetzung der bisherigen, bilateralen Integrationsstrategie durch die EU verständlich und sinnvoll, ebenso das Festhalten an den Kopenhagener Kriterien. Allerdings könnte die EU den Bilateralismus noch stärker zugunsten Südosteuropas gestalten, insbesondere durch den uneingeschränkten, nicht-reziproken Marktzugang. Am grundsätzlichen Dilemma, auf den Stabilisierungswillen der Eliten vor Ort angewiesen zu sein, kommt auch die EU nicht vorbei.

Previous Item Page Top Next Item

Kein Krieg - Unfrieden: Südosteuropa und die EU

Der Kosovo-Krieg war der vierte Akt der gewaltsamen Auflösung des früheren Jugoslawiens, die 1991 in Slowenien und Kroatien begann und in Bosnien-Herzegowina ihren blutigen Höhepunkt erreichte. Seit neuestem nehmen in Montenegro die Bestrebungen zu, mehr Autonomie vom serbischen Landesteil zu gewinnen oder sich andernfalls unabhängig zu erklären. Für diesen Fall wird die Unterstützung der NATO gegen einen militärischen Eingriff Jugoslawiens eingefordert.

Kein Krieg ist also noch kein Frieden. Die Stabilisierung Südosteuropas und die Überwindung des tiefen Mißtrauens der verschiedenen Bevölkerungsgruppen sind das zentrale Anliegen auf dem Weg zu einer nachhaltigen gesamteuropäischen Sicherheits- und Friedensordnung, werden aber wesentlich längere Zeit beanspruchen als gewünscht. Zugleich sind sie Testfall für die neu entstehende gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU. Dies erfordert ein dauerhaftes Engagement der EU und ihrer Mitgliedsländer, die schon heute gegen Populismen anzukämpfen haben, die in Südosteuropa ein „Fass ohne Boden" sehen.


Die Erwartungen an die stabilisierende Wirkung der EU in Südosteuropa sind oft überzogen.


Viele der in Europa erweckten Erwartungen sind schlichtweg unrealistisch, sowohl in der EU als auch in Südosteuropa. Dies betrifft z.B. die Perspektive einer schnellen und umfassenden Integration in die EU und die Möglichkeiten westlicher Hilfe. Deshalb ist ein umsichtiges Erwartungsmanagement zu betreiben, das nicht dem Mythos von „Europa als allmächtigem Problemloser" erliegt.

Previous Item Page Top Next Item

Nach Vertreibungen und NATO-Bombardement:
Die materiellen Kriegsschäden


Die Länder Südosteuropas sind nicht nur wirtschaftlich sehr heterogen (siehe Tabelle 1), sie sind auch durch den Krieg in unterschiedlichem Maße betroffen. Hier läßt sich unterscheiden zwischen Ländern mit direkten Kriegsschäden (hauptsächlich der serbische Teil Jugoslawiens und das Kosovo) und den indirekt betroffenen Nachbarländern (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Makedonien und Rumänien).


Die Schätzungen direkter und indirekter Kriegsschäden sind mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.


Erste Schätzungen internationaler Geber gingen davon aus, dass Mittel in der Größenordnung von 30 - 100 Mrd. US $ über einen Zeitraum von 10 Jahren erforderlich sein würden, um die Kriegsschäden zu beheben. Inzwischen

[Seite der Druckausg.: 4]

Tabelle 1:
Heterogenes Südosteuropa: Wirtschaftliche und politische Situation dieser Länder

[Seite der Druckausg.: 5]

korrigieren einige Geber ihre Schätzungen nach unten. Zum einen sind die Schäden in einigen Bereichen geringer als zunächst angenommen, zum anderen stellt sich oftmals die Frage, inwieweit die reklamierten indirekten Schäden tatsächlich Kriegsfolgen und nicht vielmehr „normale" Kosten der Transformation bzw. ihrer Verzögerung sind.

Die direkten Kriegsschäden beschränken sich im wesentlichen auf Jugoslawien. Im Kosovo haben die jugoslawische Armee und die Milizen Überlebensgrundlagen zerstört, in den ländlichen Gebieten vor allem die Gehöfte, in den Städten Wohnhäuser und die kommunale Infrastruktur. Ein Teil des Kosovo ist vermint. Im Rest Jugoslawiens, vor allem in Serbien, hat das NATO-Bombardement Verkehrswege, Energieversorgungseinrichtungen und Industrieanlagen getroffen. Durch die Zerstörung chemischer Anlagen sind zudem Umweltschäden in bisher nicht genau abschätzbarem Ausmaß verursacht worden.

Die G 17, eine Gruppe oppositioneller jugoslawischer Ökonomen, schätzt die Gesamtschäden in Serbien und Montenegro auf knapp 30 Mrd. US $. Gegenüber dem Vorjahr werden Industrieproduktion und BIP um vermutlich über 40 % zurückgehen, Import- und Exportströme sogar um mehr als die Hälfte. Allerdings vertreten westliche Beobachter die Meinung, ein Teil dieser Einbrüche sei darauf zurückzuführen, dass die jugoslawische Wirtschaft schon seit Mitte der 80er Jahre immer tiefer in die Krise gekommen ist, ohne notwendige Reformen einzuleiten.

Für das Kosovo wurden Schäden in Höhe von 3,5 - 5 Mrd. US $ genannt. Die erste internationale Geberkonferenz am 28. Juli 1999 machte Hilfezusagen von zunächst 2,2 Mrd. US $. Den größten Anteil daran tragen die USA mit 557 Mio. US $ und die EU mit 534 Mio. US $. Die EU hat angekündigt, für die nächsten vier Jahre 500 Mio. Euro jährlich bereitzustellen. Die Weltbank hat für die nächsten 18 Monate 60 Mio. US $ an Zuschüssen aus ihrem Nettogewinn in einen Treuhandfonds für das Kosovo eingezahlt.

Schon vor dem Krieg war das Kosovo der ärmste Landesteil Jugoslawiens. Lediglich im Nordteil gab es einzelne „industrielle Inseln" der Energiewirtschaft (Braunkohleförderung und Wasserkraft, weitgehend zur Versorgung anderer Landesteile) und des Buntmetallbergbaus. Diese sind zur Zeit weniger von den Zerstörungen als durch mangelnde Finanzierung und unklare Eigentumsverhältnisse behindert, und es ist nicht sicher, ob sie in einer transformierten Wirtschaft rentabel arbeiten würden. Dieselbe Frage stellt sich für die begrenzte Anzahl landwirtschaftlicher Großbetriebe. Dagegen betrieb ein Großteil der Bevölkerung Klein- und Subsistenzlandwirtschaft. Hier ist der Wiederaufbau in Selbsthilfe - mit internationaler Unterstützung - nach der unerwartet schnellen Rückkehr der vertriebenen Flüchtlinge schon weit fortgeschritten.

Indirekte Kriegsschäden haben sich in den Nachbarländern Jugoslawiens aufgrund von fünf Faktoren ergeben:

  • Versorgung von Flüchtlingen: Albanien, Makedonien und Bosnien-Herzegowina waren die Hauptaufnahmeländer für die vertriebenen und geflohenen Kosovaren.
  • Handels- und Transporteinbrüche: Bosnien-Herzegowina und Makedonien haben ihren jugoslawischen Exportmarkt weitgehend verloren. Rumänien und Bulgarien müssen neue, teurere Transitrouten für ihren Außenhandel benutzen.
  • Rückgang des Tourismus: Kroatiens wieder erstarkender Tourismus ist abermals eingebrochen, ebenso derjenige in Montenegro.
  • Vertrauensverlust ausländischer Investoren:
  • Die erneute Instabilität im südosteuropäischen Raum hat ausländische Direktinvestoren abgeschreckt und die Risikoprämien der Region auf den internationalen Kapitalmärkten erhöht.
  • Aufschub von Strukturreformen: Aufgrund der Belastungen dürften einige Regierungen Südosteuropas Schwierigkeiten haben, notwendige Reformmaßnahmen und die damit verbundenen zusätzlichen Kosten gegenüber der Bevölkerung durchzusetzen.

Durch diese indirekten Schäden werden in den Nachbarländern Jugoslawiens Wachstumseinbußen erwartet, am stärksten in Bosnien-Herzegowina und Makedonien, gefolgt von Bulgarien und Kroatien. Der IWF schätzt, dass das Wachstum 1999 deshalb in den sechs am meisten betroffenen Nachbarländern des Kosovo (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Makedonien, Rumänien) um 3-4 Prozentpunkte geringer ausfällt als angenommen. Daraus wird ein Mittelbedarf errechnet von:

  • 400-760 Mio. US $ für humanitäre Hilfe;
  • 530-750 Mio. US $ für Haushaltshilfen;
  • 1,1-1,7 Mrd. US $ für Zahlungsbilanzhilfen.

[Seite der Druckausg.: 6]

Previous Item Page Top Next Item

Misstrauische und verfeindete Nachbarn:
Der regionale Kollateralschaden


Der politische Schaden infolge der Vertiefung ethnischer Feindschaften ist ebenfalls beträchtlich. Die einzig mögliche dauerhafte Option für Südosteuropa, d.h. die Konsolidierung moderner Nationalstaaten, die sich über die politische Beteiligung und einen staatsnationalen Konsens ihrer Bürger definieren und nicht über den Mythos ethnischer Homogenität, ist dadurch in weitere Ferne gerückt.


Die Konsolidierung moderner Nationalstaaten, die über eine gleichberechtigte Teilhabe aller Bürger des Territoriums definiert sind, ist der einzig mögliche Weg zur dauerhaften Stabilisierung.


Nachdem schon die Befriedung Bosnien-Herzegowinas nur unter dem internationalen Mandat des Dayton-Abkommens (mit einem „Hohen Repräsentanten", einer internationalen Polizeitruppe und dem militärischen Schutz der SFOR) stattfinden kann, steht nun das Kosovo unter einem Quasi-Protektorat: Zur Zeit werden die wichtigsten hoheitlichen Funktionen von der internationalen militärischen Sicherheitspräsenz (KFOR) und der UN-Übergangsverwaltung (UNMIK) ausgeübt. Letztere erstreckt sich auf die vier zivilen Arbeitsbereiche:

  • Verwaltungsaufbau (unter Federführung der UN),

  • Wiederansiedlung der Flüchtlinge (unter Federführung des UNHCR),

  • demokratischer Aufbau (unter Federführung der OSZE) und
  • wirtschaftlicher Wiederaufbau (unter Federführung der EU).

Kurzfristig ist nicht zu erwarten, dass sich der völkerrechtliche Status des Kosovo ändert. Die internationale Gemeinschaft befürchtet, eine Loslösung von Jugoslawien könnte zum Fanal für Bosnien-Herzegowina und eventuell Makedonien werden. Eine einvernehmliche Lösung mit der gegenwärtigen jugoslawischen Führung ist kaum denkbar, unter einem - bisher nicht absehbaren - Nachfolger Milosevic ebenfalls fraglich.


Obwohl das friedliche Zusammenleben von Serben und Albanern in einem Staat zur Zeit unmöglich geworden ist, wird es kurzfristig kaum zu einer Änderung der völkerrechtlich anerkannten Grenzen kommen.


Trotz der internationalen Präsenz im Kosovo haben Angriffe auf ethnische Minderheiten (Serben, Roma, aber auch Bosnier und Kroaten) zugenommen, und viele von ihnen sind nun ihrerseits geflüchtet. Das vor dem Krieg existierende, aber mit Hilfe zunehmender Repression der albanisch-ethnischen Bevölkerungsmehrheit erzwungene, Zusammenleben verschiedener Ethnien wurde durch die Vertreibungen zerstört und ist offenbar bis auf weiteres unmöglich geworden.

Auch in Makedonien scheint das bisherige inter-ethnische Arrangement zwischen der slawischen Bevölkerungsmehrheit und einer albanisch-ethnischen Minderheit wieder stärker angespannt zu sein, was auch negative Rückwirkungen auf das Verhältnis zu Albanien hat. Dagegen ist es schon zu Jahresanfang gelungen, den schwelenden Streit zwischen Makedonien und Bulgarien beizulegen, nachdem sich Bulgarien bereit erklärt hat, das Makedonische als eigene Sprache anzuerkennen. Weiterhin gespannt bleibt dagegen das Verhältnis zum EU-Mitglied Griechenland, das den Staatsnamen aufgrund der Übereinstimmung mit der nordgriechischen Grenzregion nicht anerkennen will.

In Bosnien-Herzegowina haben sich die Gräben zwischen den „Entitäten" - der Republika Srpska und der bosniakisch-kroatischen Föderation - wieder vertieft, da erstere auf der Seite Jugoslawiens, letztere auf Seiten der NATO stand.

Innerhalb Jugoslawiens hat sich der Ton zwischen Montenegro und Serbien bzw. der Bundesregierung verschärft. Montenegro drängt auf eine größere Autonomie und hat angekündigt, sich andernfalls unabhängig zu erklären. Zur Absicherung dieses Schritts wird die Unterstützung

[Seite der Druckausg.: 7]

der NATO eingefordert. Verschlechtert haben sich aber auch die Beziehungen zwischen Jugoslawien und den Nachbarländern, die das NATO-Bombardement mehr oder weniger unterstützt haben, also Albanien, Bulgarien, Kroatien, Makedonien, Rumänien und Ungarn.

Previous Item Page Top Next Item

Eine neue Führungsrolle: Die EU und der Stabilitätspakt

Die EU hat zwei Möglichkeiten, Einfluss auf die Stabilisierung Südosteuropas zu nehmen
(Übersicht über regionale Kooperation in Südosteuropa am Ende des Textes, S. 20):

  • durch die institutionelle Gestaltung der Integrationsbeziehungen zwischen der EU und der Region, im wesentlichen durch das Regionalkonzept Südosteuropa, die Gestaltung der vertraglichen Beziehungen (Kooperationsabkommen, Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen), die gemeinsame Strategie für den Westbalkan und politische Kooperationsinitiativen (Royaumont-Initiative, Stabilitätspakt).

  • durch die direkte wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Zusammenarbeit, in Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Makedonien und Jugoslawien im Rahmen des neuen CARA-Programms (Community Association and Reconstruction Assistance), in den anderen Ländern durch PHARE.

Die erste Initiative der EU zur Stabilisierung Südosteuropas ist der Royaumont-Prozess, der im Dezember 1996 unter französischer EU-Präsidentschaft angestoßen wurde, um die Umsetzung des Dayton-Abkommens zu unterstützen. Der Prozess, betreut von einem Koordinator, konzentriert sich auf die Durchführung regionaler Projekte in den Bereichen Zivilgesellschaft, Kultur und Menschenrechte, die bisher nur in geringem Umfang stattgefunden haben.

Eine weitere Reaktion auf das Dayton-Abkommen war das Anfang 1996 entwickelte EU-Regionalkonzept Südosteuropa für Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Makedonien und Jugoslawien (oft auch „die 5" genannt). Es legt die Grundsätze und Auflagen für Abkommen mit der EU und den Zugang zur EU-Hilfe fest.

Die Hilfe erfolgte bislang im Rahmen des für alle mittel- und südosteuropäischen Länder geltenden PHARE-Programms (allgemeine Unterstützung der Transformation, Heranführung an die EU) und dem für „die 5" geschaffenen OB-NOVA-Programms (Wiederaufbau in Südosteuropa). In Zukunft sollen bürokratische Doppelungen vermieden werden, indem für „die 5" das CARA-Programm neu geschaffen wird.


Die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen und das CARA-Programm der EU sind zwei institutionelle Neuerungen zur Förderung der Stabilität in Südosteuropa.


Als wichtigste Bedingung für die Weiterentwicklung der Kooperationsbeziehungen wird der Wille der Staaten Südosteuropas, ihren Beitrag zur Konsolidierung des Friedens, der Wahrung der Menschenrechte und zur Einhaltung demokratischer Grundsätze zu leisten, genannt. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit soll von der Bereitschaft der Empfänger abhängig gemacht werden, mit den Nachbarstaaten zusammenzuarbeiten.

Dementsprechend wird zwischen zwei Ländergruppen innerhalb „der 5" unterschieden:

  • Bosnien-Herzegowina, Jugoslawien und Kroatien weisen mehr oder weniger große Defizite bei den genannten Voraussetzungen auf und sind deshalb bis auf weiteres von einer intensiven Zusammenarbeit ausgeschlossen. Keines der Länder hat ein Abkommen mit der EU, lediglich Bosnien-Herzegowina hat Zugang zur Wiederaufbauhilfe.
  • Albanien und Makedonien haben 1992 bzw. 1998 Kooperationsabkommen mit der EU geschlossen und seitdem Zugang zu PHARE und OBNO-VA gehabt.

Die Mitte 1999 beschlossene Weiterentwicklung des Regionalkonzepts - eine Vorstufe zur gemeinsamen Strategie der EU für den Westbalkan - beruht auf der Erkenntnis, dass vor allem die Länder der ersten Ländergruppe nicht positiv auf die bisherigen Anreize zur regionalen Zusammenarbeit reagiert haben. Wesentli-

[Seite der Druckausg.: 8]

che Neuerung ist die Einführung von Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA), mit denen den Staaten Südosteuropas eine konkrete Beitrittsperspektive in die EU eröffnet werden soll. Hinzu kommt eine entsprechende Weiterentwicklung der Hilfsprogramme.

Am 10. Juni 1999 wurde zudem auf Initiative der EU ein Stabilitätspakt für Südosteuropa geschlossen, den seine Teilnehmer am 30. Juli auf einem Gipfeltreffen in Sarajevo bekräftigten. Der Stabilitätspakt hat zum Ziel, die „Staaten in Südosteuropa bei ihren Bemühungen um die Förderung des Friedens, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte sowie des wirtschaftlichen Wohlstands zu stärken, um Stabilität in der gesamten Region zu erreichen" (Art. 9). Er steht unter der Schirmherrschaft der OSZE und betont damit den Anspruch, eine präventive Diplomatie im Geist der Helsinki-Schlußakte fortzusetzen.

Teilnehmer des Stabilitätspakts

  • die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als Schirmherrin,

  • die Mitgliedstaaten der EU, die Europäische Kommission und die Europäische Investitionsbank (EIB),

  • der Europarat,

  • die Länder Südosteuropas mit Ausnahme Jugoslawiens, d.h. Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Rumänien, Slowenien, Makedonien und Ungarn,

  • die USA, Japan und Kanada,

  • die Russische Föderation,

  • die Türkei,

  • die UN und ihr Flüchtlingshilfswerk (UNHCR),

  • die NATO und die Westeuropäische Union (WEU),

  • der Internationale Währungsfonds, die Weltbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD),

  • die OECD,

  • die Schwarzmeerkooperation (BSEC), die Zentraleuropäische Initiative (CEI), die Südosteuropäische Kooperationsinitiative (SECI), der Kooperationsprozess in Südosteuropa (SEECP) und Royaumont-Prozess.



Zu seiner Umsetzung verfügt der Stabilitätspakt über einen Sonderkoordinator (Bodo Hombach) mit Sitz in Brüssel. Dieser wurde nach Abstimmung mit den Teilnehmern von der EU benannt und vom Vorsitzenden der OSZE bestätigt. Er führt den Vorsitz beim Regionaltisch Südosteuropa, dem wichtigsten Gremium des Pakts, dem die drei Arbeitstische für (1) Sicherheitsfragen, (2) Demokratisierung und (3) Menschenrechte und wirtschaftlichen Wiederaufbau, wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit untergeordnet sind.


Das Interesse am Gelingen des Stabilitätspakts ist bei den Beteiligten nicht immer klar erkennbar.


Der Stabilitätspakt ist in seiner Konstruktion kein direktes Instrument der EU. Dennoch wird ihr im Gründungsdokument eine „führende Rolle" nicht nur bei der Initiierung, sondern auch bei der konkreten Gestaltung des Pakts zugesprochen (Art. 18). In diesem Zusammenhang werden zum einen alle „einschlägigen Programme" zur Stärkung der demokratischen und wirtschaftlichen Institutionen begrüßt (siehe nächsten Abschnitt), zum anderen jene Aktivitäten, die den Ländern Südosteuropas die Perspektive einer „vollständigen Integration" in die EU eröffnen - so z.B. die angestrebten Stabilitäts- und Assoziierungsabkommen.

Eines fehlt dem Stabilitätspakt: Geld. Damit ist er auf den guten Willen aller Beteiligten angewiesen, wenn es um konkrete Maßnahmen geht. Die in Südosteuropa geweckten Erwartungen sind hoch, aber nach dem öffentlichkeitswirksamen Auftakt beim Sarajewo-Gipfel ist nicht immer klar erkennbar, ob die Teilnehmer des Pakts wirklich an einem Strang ziehen. Die Anzahl der in Südosteuropa - und besonders im Kosovo - tätigen internationalen Organisationen ist beträchtlich und von institutionellen Eifersüchteleien geprägt (siehe Grafik 1).

[Seite der Druckausg.: 9]

Grafik l: Internationale Hilfsorganisationen in Südosteuropa

Selbst innerhalb der EU und ihrer Mitgliedstaaten scheint das Interesse am Stabilitätspakt - vorsichtig ausgedrückt - zu variieren. Von Anfang an wurden aus ihren Reihen Zweifel laut, ob man wirklich eine solche Einrichtung brauche, die in vielen Bereichen andere, eingespielte Institutionen - wie z.B. den Royaumont-Prozess oder die Südosteuropäische Kooperationsinitiative (SECI) - zu duplizieren drohe. Zudem zeichnen sich Unklarheiten in der Arbeitsteilung zwischen dem (bzw. den) zuständigen EU-Kommissar(en), dem neuen „Mister GASP" und dem Stabilitätspakt ab. Letztlich wird dieser nur dann funktionieren, wenn alle Beteiligten das Interesse am Erfolg der Stabilisierung Südosteuropas dauerhaft über die zwangsläufig vorhandenen Partikularinteressen stellen.

Previous Item Page Top Next Item

Die Strategie der EU:
Konditionierte Stärkung der bilateralen Beziehungen


Die Beziehungen zwischen der EU und ihrer Peripherie werden oft mit dem Bild eines Rads veranschaulicht (siehe Grafik 2): Die EU bildet dabei die im Zentrum gelegene Nabe, ihre bilateralen Verbindungen zu den angrenzenden Ländern die Speichen. Wenn unter den Speichen-Ländern Formen der intra-regionalen Kooperation bestehen, kann man diese als Felge bzw. Felgenstücke verstehen. Wird die Peripherie voll integriert, entsteht ein Vollgussrad.

[Seite der Druckausg.: 10]

Grafik 2: Nabe, Speichen, Felge - die Europäische Union und der Osten



Zwei Optionen, die Integrationsbeziehungen Südosteuropas mit der EU zu gestalten, werden kontrovers diskutiert:

  • Schrittweiser versus schneller Beitritt:
    Gegenüber dem bisherigen, schrittweisen EU-Verfahren, bei dem der Beitritt an die Erfüllung der Kopenhagener Kriterien gebunden ist, wurde eine neue, kurzfristig zu realisierende Form der Mitgliedschaft ins Spiel gebracht, die einen größeren Beitrag zur Stabilisierung Südosteuropas leisten soll.

  • Bilaterale versus intra-regionale Integrationsbeziehungen: Im Rahmen einer schrittweisen Annäherung an die EU wird debattiert, ob Stabilität eher durch die intra-regionale Integration Südosteuropas (Stärkung der Felge) oder durch die Stärkung der bilateralen Beziehungen mit der EU (Stärkung der einzelnen Speichen) erreicht werden kann.

Bis zur ersten Runde der Osterweiterung hat die EU ihre Beziehungen zu den Transformationsländern bilateral gestaltet, also die Speichen gestärkt. Mit zehn Ländern Mittel- und Osteuropas (Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn) wurden Assoziierungsabkommen - die sog. „Europaabkommen" - geschlossen, deren wichtigster wirtschaftspolitischer Bestandteil die Einrichtung einer Freihandelszone des jeweiligen Landes mit der EU ist. Mit weiteren zehn Staaten der ehemaligen Sowjetunion (Armenien, Aserbajdshan, Belarus, Georgien, Kasachstan, Kirgistan, Moldawien, Rußland, Ukraine und Usbekistan) hat die EU Partnerschafts- und Kooperationsabkommen

[Seite der Druckausg.: 11]

geschlossen, die das Handelsregime betreffen und den politischen Dialog beinhalten.

Der Bilateralismus hatte im wesentlichen zwei Gründe. Erstens ging es der EU darum, durch maßgeschneiderte Präferenzen die individuellen Ausgangsbedingungen der Partnerländer zu berücksichtigen und Transformationsfortschritte zu belohnen. Zweitens war der EU aber auch immer am Schutz ihrer sensitiven Wirtschaftssektoren (v.a. Landwirtschaft, Textil und Stahl) gelegen. Dies wird von den Partnerländern stark kritisiert, weil ihre Wettbewerbsvorteile oft gerade in diesen Bereichen liegen.

Im Rahmen der ersten Beitrittsrunde wurde der Bilateralismus dann ansatzweise durchbrochen, indem synchrone Verhandlungen über die 31 Kapitel der Beitrittsvereinbarungen angesetzt wurden. Dabei stand das Ziel im Vordergrund, möglichst alle Kandidaten gleichzeitig aufzunehmen.

Beim gegenwärtigen Umgang der EU mit Südosteuropa ist eine eindeutige Stärkung des Bilateralismus zu beobachten, und zwar sowohl bei dem neuen Instrument der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen für „die 5" (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Makedonien und Jugoslawien) als auch bei der zweiten Erweiterungsrunde, die Bulgarien und Rumänien einschließt.

Die Aufnahme von Verhandlungen über die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen (SAA) ist zwar an niedrigere Kriterien als bei den traditionellen Stabilisierungsabkommen (Europaabkommen) gebunden, dennoch muß jedes betroffene Land individuell folgende Mindeststandards erfüllen:

  • Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Beachtung von Menschen- und Minderheitenrechten;
  • freie und faire Wahlen;
  • keine ethnischen Diskriminierungen;
  • erste wirtschaftliche Reformschritte: Privatisierung, Abschaffung von Preiskontrollen;
  • Bereitschaft zu guten nachbarschaftlichen Beziehungen;
  • Einhaltung des Dayton-Abkommens (Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Jugoslawien).

Im Rahmen der zweiten Erweiterungsrunde hat die EU im Dezember 1999 auf ihrem Helsinki-Gipfel beschlossen, mit den neuen Kandidaten individuelle, erfolgsabhängige Verhandlungen zu führen. Im Gegensatz zur ersten Runde sollen die Gespräche über die einzelnen Beitrittskapitel erst dann eröffnet werden, wenn der Transformationsfortschritt der Kandidaten eine Umsetzung der Verhandlungsergebnisse realistisch erscheinen läßt.

Insgesamt gilt bei der EU-Mitgliedschaft auch in Zukunft das Prinzip: „Erst Transformation, dann Integration" - d.h. vor einem Beitritt müssen für jedes Land die fünf Kopenhagener Kriterien, die 1993 auf dem EU-Gipfel in Kopenhagen für die EU-Osterweiterung beschlossen wurden, erfüllt sein:

  • Stabilität der Institutionen, die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Minderheitenschutz garantieren;
  • eine funktionierende Marktwirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Binnenmarkt;
  • die Fähigkeit, die Verpflichtungen der Mitgliedschaft zu erfüllen, und das Bekenntnis zu den Zielen der politischen Union sowie der Wirtschafts- und Währungsunion;
  • Anpassung der Verwaltungsstrukturen mit dem Ziel, den acquis communautaire zu übernehmen;
  • die Fähigkeit der EU, neue Kandidaten aufzunehmen und dabei die Integrationsdynamik aufrecht zu erhalten. Ein Kriterium, das die EU zu erfüllen hat.

Die Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen stärken den Bilateralismus in den Außenbeziehungen der EU.


Damit werden auch die Grenzen des Angebots sichtbar, das die EU für Südosteuropa bereit hält: In der ersten Beitrittsrunde hat der politische Wettbewerb vor der Nominierung der Kandidaten die individuellen Anstrengungen jedes einzelnen Landes erhöht und damit die Transformation insgesamt gefördert.


Das stabilitätspolitische Dilemma besteht darin, dass nur diejenigen Länder in den Genuss der EU-Angebote kommen, die sich aus eigener Kraft stabilisieren.


Aus stabilitätspolitischen Gründen gelten bei der Kandidatenkür für die zweite Beitrittsrunde und bei der Verhandlungsaufnahme über die SAA niedrigere Standards. Deshalb ist es fast zwangsläufig, den politischen Wettbewerb nun während der Verhandlungen zuzulassen, wenn nicht die rückständigeren Länder die weiter fortgeschrittenen blockieren sollen. Gerade dieser Wettbewerb kann aber die Spannungen und den Kooperations-Unwillen zwischen den Kandidaten erhöhen, da jeder bestrebt ist, sich in besonders gutes Licht zu setzen. Kroatien lehnt es beispielsweise ab, überhaupt noch als Bal-

[Seite der Druckausg.: 12]

kan-Land betrachtet und in entsprechende Arrangements eingebunden zu werden.

Damit verbunden ist das stabilitätspolitische Dilemma, dass sich gerade jene Länder, in denen die Stabilitätsdefizite am größten sind, nicht für die Angebote der EU qualifizieren. Die EU kann ihre Bereitschaft zur Integration nur deutlicher machen, letztlich geht aber kein Weg an den Eigenanstrengungen der Länder Südosteuropas vorbei, die entsprechenden Kriterien zu erfüllen.

Allerdings stellt sich die Frage nach gangbaren Alternativen. Im folgenden soll zunächst auf den Vorschlag einer schnellen Integration in Verbindung mit einer neuen Form der Mitgliedschaft eingegangen werden. Ein weiterer Abschnitt behandelt dann die Stärkung der Felgen durch intra-regionale Kooperation.

Previous Item Page Top Next Item

Virtuelle Mitgliedschaften:
Schnelle Vollendung der europäischen Integration?


Wäre eine schnelle Integration Südosteuropas in die EU ein besserer Weg zur Stabilisierung der Region? Nicht nur in Südosteuropa findet diese Meinung viele Anhänger. Auch westliche Analytiker hoffen, dadurch die Entwicklung von offenen, friedlichen Gesellschaften fördern zu können. Ein entsprechendes Konzept wurde im Frühjahr 1999 vom Center for European Policy Studies (CEPS) in Brüssel vorgelegt, das für einen EU-Beitritt der Länder Südosteuropas innerhalb von drei Jahren plädiert. Auch hier wäre der Beitritt von politischen Kriterien abhängig, die aber wesentlich weniger anspruchsvoll als die Kopenhagener Kriterien sein sollen.

Der wirtschaftliche Kern des schnellen Beitrittsszenarios ist eine radikale Handels- und Währungsintegration: Zunächst hätten die fünf Länder Südosteuropas, die über keinen Assoziierungsstatus mit der EU verfügen („die 5"), sehr schnell eine paneuropäische Freihandelszone mit der EU und der Zentraleuropäischen Freihandelszone (CEFTA) zu bilden, in der die Zölle auf Industriegüter vollständig abgeschafft werden und die bestehenden Ursprungsregeln für alle Mitglieder gelten. Innerhalb von drei Jahren würden diese Länder dann in die bestehende Zollunion zwischen der EU und der Türkei aufgenommen werden.

Weiterhin sieht das CEPS-Konzept vor, eine eigenständige Währungspolitik aufzugeben. Die Sofortmaßnahme wäre ein Currency Board, bei dem die nationalen Währungen der fünf südosteuropäischen Länder an den Euro gebunden und vollständig durch die Devisenreserven der Zentralbank gedeckt wären, um eine inflationäre Geldschöpfung unmöglich zu machen. Damit verbunden sollte die D-Mark als Parallelwährung dienen. In einem zweiten Schritt würde dann der vollständige Abschied von einer eigenen Währung durch die Übernahme des Euro folgen.

Im politischen Bereich schlägt das CEPS „virtuelle" bzw. „Neue Assoziierte Mitgliedschaften" vor. Die Neumitglieder würden in den wichtigsten Gremien der EU - dem Ministerrat, dem Europaparlament und der Europäischen Zentralbank - lediglich einen Beobachterstatus ohne Stimmrecht haben. Mit der „Neuen Assoziierten Mitgliedschaft" sollen drei Gefahren im Zusammenhang mit der Integrationsfähigkeit der EU (5. Kopenhagener Kriterium) vermieden werden:

  • die Aufweichung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnung der EU;
  • die Erschütterung der gewachsenen Macht- und Einflußbalance zwischen den Mitgliedern der EU-15;und
  • die weitere Verstopfung des Gesetzgebungs- und Umsetzungsprozesses innerhalb der EU.

Eine schnelle EU-Mitgliedschaft ohne volle politische Teilhabe kann negative Folgen für die Stabilität in Südosteuropa haben.


Die schnelle wirtschaftliche Integration der „Neuen Assoziierten Mitgliedschaft" geht also mit dem weitgehenden Verzicht auf politische Teilhabe einher. Sie mutet den Ländern Südosteuropas ein wesentlich höheres Maß an

[Seite der Druckausg.: 13]

Souveränitätsverlust ohne Teilhabe zu als den bisherigen Mitgliedern. Selbst wenn dies die ökonomisch rationalste Lösung wäre, bestehen begründete Befürchtungen, dass sich dieser Souveränitätsverlust in - teilweise gerade unabhängig gewordenen - Ländern mit einer entsprechend nationalen Mobilisierung mittelfristig als Bumerang erweisen würde, vor allem wenn die (vermeidbaren und unvermeidbaren) wirtschaftlichen Kosten der EU-Integration sichtbar werden. Das Konzept setzt sich weder damit auseinander, inwieweit gerade die politische Identifikation (ownership) in zentralen Entscheidungsgremien für eine dauerhafte Stabilisierung Südosteuropas notwendig ist, noch mit der Frage, was dieser Rückschritt eigentlich für die konsensuale Integration der Gesellschaften in die EU bedeutet.

Zweifel sind aber auch angebracht, ob eine schnelle wirtschaftliche Integration für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Länder tatsächlich optimal ist. Dies betrifft sowohl die radikale Marktöffnung als auch die Euroisierung. Die deutsche Erfahrung mit der schockartigen Integration der DDR in die EU ist zwar aufgrund der Tatsache, dass die Ablösung der Mark der DDR durch die D-Mark die DDR-Industrie mit dem Effekt einer starken Aufwertung konfrontierte, eine Ausnahme; dennoch sollte sie ein warnendes Beispiel für die schnelle Kombination von radikalem Freihandel und dem Verlust einer eigenen Währung sein.

Zweifelsohne würde eine paneuropäische Freihandelszone den Industrieprodukten Südosteuropas den ungehinderten Zugang zu ihrem wichtigsten Markt eröffnen, d.h. zur EU und ihren Nachbarländern. Außerdem würden sie für Direktinvestoren attraktiver, die Exportgüter für diesen Markt produzieren. Allerdings ist kaum denkbar, dass „die 5" ihre zukünftige Entwicklung ausschließlich auf ausländische Direktinvestitionen und Beteiligungen gründen können.


Der sofortige Freihandel mit der EU würde negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit vieler südosteuropäischen Unternehmen wirken.


Demgegenüber würde eine radikale Marktöffnung auch negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Unternehmen haben, da diese schlagartig der mächtigen EU-Konkurrenz ausgesetzt wären. Hier ist damit zu rechnen, dass EU-Importe die rückständige heimische Produktion in großem Stil verdrängen und ihre erhoffte Wiederbelebung somit bedrohen. Selbst die fortgeschrittenen CEFTA-Länder haben in den letzten Jahren ein strukturelles Handelsbilanzdefizit gegenüber der EU aufgebaut. Von besonderer Bedeutung ist die (im CEPS-Konzept ausgeklammerte) Frage, ob die EU der Landwirtschaft Südosteuropas vollen Marktzugang gewähren und ihr umgekehrt befristeten Schutz vor den EU-Importen zugestehen wird.

Ähnlich zwiespältig sieht es mit der „Euroisierung" aus. Zunächst weisen die abgestuften Formen, die südosteuropäischen Währungen an den Euro (zur Zeit in Form der D-Mark) zu binden, unbestreitbare Vorzüge auf:

  • ein Currency Board verhindert eine inflationäre Geldschöpfung und schafft damit einen geldpolitischen Stabilitätsanker, der die Stabilität und Glaubwürdigkeit der Währung erhöht;
  • eine offizielle Parallelwährung führt zusätzlich zu einer Mobilisierung der Ersparnis, da beispielsweise Euroguthaben offiziell ins Finanzsystem eingespeist werden können; und
  • eine vollständige Euroisierung schafft den vollen Zugang zu den europäischen Geld- und Kapitalmärkten zu günstigeren Konditionen, da wechselkursbedingte Risikoprämien entfallen.

Für jedes dieser drei Modelle gibt es Beispiele in Südosteuropa - allerdings ohne die gleichzeitige Integration in den EU-Binnenmarkt. Bulgarien und Bosnien-Herzegowina konnten ihre nationalen Währungen nach Zeiten hoher Inflationsraten durch ein Currency Board stabilisieren. Montenegro hat die D-Mark als offizielle Zweitwährung zugelassen, um die eigene Wirtschaft vor dem inflationierenden jugoslawischen Dinar zu bewahren. (Der amerikanische Wirtschaftsberater des Präsidenten, Steve Hanke, empfiehlt allerdings vom Parallelwährungssystem zu einer eigenen Währung in Verbindung mit einem Currency Board überzugehen, nicht jedoch den Euro zu übernehmen.) Im Kosovo hat die UNMIK die D-Mark als offizielles Zahlungsmittel eingeführt.


Die „Euroisierung" Südosteuropas fördert die Stabilität des Geldes, verschärft aber die Wettbewerbsprobleme.


Der gewonnenen Geldwertstabilität stehen jedoch auch Nachteile gegenüber: Mit der Euro-

[Seite der Druckausg.: 14]

Bindung entfällt der Wechselkurs als Anpassungsinstrument bei mangelnder Wettbewerbsfähigkeit (die sich in Handelsbilanzdefiziten niederschlägt). Dies führt zur Verschärfung der Wettbewerbsprobleme, denen in Südosteuropa auch kaum mit Lohnsenkungen begegnet werden könnte. Die meisten fortgeschrittenen Transformationsländer haben deshalb an der Möglichkeit einer kontrollierten Abwertung festgehalten. Polen und Ungarn verfolgen beispielsweise die Politik einer angekündigten, schrittweisen Abwertung (crawling peg); lediglich Estland hat ein Currency Board mit Euro-Bindung.

Im Gegensatz zu den Überlegungen für eine radikale Handels- und Währungsintegration stehen auch die Erfahrungen der Entwicklungsländer. Zwischen 1950 und 1990 ist die Entwicklung einer heimischen, wettbewerbsfähigen Industrie nur (wenigen) Ländern mit einer klaren Exportorientierung gelungen, die erstens ihre Industrie durch befristete, protektionistische Handelsbarrieren geschützt und zweitens ihren Wechselkurs dynamisch an die tatsächliche Wettbewerbssituation angepasst haben.


Zur Bewertung der Integrationsoptionen der Länder Südosteuropas ist nicht ökonomisches Modelldenken, sondern die politische Ökonomie vor Ort ausschlaggebend.


Ausschlaggebend für die Bewertung der wirtschaftspolitischen Optionen sind letztlich Faktoren der politischen Ökonomie. Die wenigen Fälle einer gelungenen nachholenden Entwicklung und einer erfolgreichen Transformation waren vom Willen und der Fähigkeit der jeweiligen Länder abhängig, die durch Regulierungen gewonnenen Spielräume zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen. Demgegenüber ist bei den weniger fortgeschrittenen Transformationsländern zu beobachten, dass sie die Protektion ihrer Wirtschaft kaum zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit nutzen und im Vergleich zu anderen Ländern wirtschaftlich zurückfallen. Auch im Bereich der Währungspolitik gibt es genügend Beispiele für das Scheitern nationaler Regierungen, Wechselkurs und Inflation eigenständig unter Kontrolle zu bekommen - gerade auch in Südosteuropa.

In diesen Fällen liegen die Kosten einer eigenen Währung (in Form von Inflationsfolgen) weit über dem potentiellen Nutzen, der überhaupt nur dann denkbar ist, wenn diese Währung in großem Umfang als Zahlungsmittel genutzt wird. Wenn sowohl Kleinhandel als auch Unternehmenstransaktionen nur noch in D-Mark stattfinden, kann man diese - wie in Montenegro geschehen - auch gleich als offizielles Zahlungsmittel einführen und damit eine versteckte Ersparnis für das Finanzsystem mobilisieren. Das Kosovo mit seinem hohen Maß an Subsistenzwirtschaft und einer minimalen Industriebasis könnte ein Ausnahmefall sein, in dem die sofortige Einführung des Euro geringe negative Wettbewerbseffekte und (bei ausreichender politischer Stabilisierung) positive Direktinvestitionseffekte haben könnte. Als allgemeines Modell für Südosteuropa empfiehlt sich diese Strategie aber nicht.

Vieles spricht also weiterhin für einen weniger radikalen Übergang, in dem die Länder Südosteuropas seitens der EU zum einen nicht-reziproke Handelserleichterungen erhalten und zum anderen die Beibehaltung eigener Währungen - sei es im Rahmen eines Currency Boards oder als Parallelwährung - die Frage offen lassen, wie nach einer ausreichend langen Stabilisierungsphase das zukünftige Wechselkursregime aussehen soll.

Previous Item Page Top Next Item

Intra-regionale Integration: Ein einig Bund von Brüdern?

Im Rahmen einer graduellen EU-Integration der Länder Südosteuropas bleiben zwei Fragen offen:
(1) Welche stabilisierende Wirkung könnte der Ausbau der intra-regionalen Beziehungen haben, und
(2) in welchem Maß sollte die Integration der Länder in die EU von Fortschritten bei der intra-regionalen Integration abhängig gemacht werden?


Gerade der Zerfall Jugoslawiens belegt, dass wirtschaftliche Integration nicht per se stabilitätsfördernd ist.


In den letzten zehn Jahren hat die intra-regionale Integration in Mittel- und Osteuropa vor allem die Form der Freihandelszone angenommen. Im Nordosten Europas haben Estland, Lettland und Litauen die BAFTA (Baltic Free Trade Area) geschaffen, in Mitteleuropa gründeten Polen, Ungarn und die Tschechoslowakei die CEFTA (Central European Free Trade Area). Nach der

[Seite der Druckausg.: 15]

Trennung Tschechiens und der Slowakei und dem Beitritt Sloweniens bildeten sie die CEFTA-5. Inzwischen hat sich die CEFTA mit Bulgarien und Rumänien nach Südosteuropa ausgedehnt. Auch Kroatien pocht an ihre Tür.

Aus stabilitätspolitischer Sicht scheint eine intra-regionale Integration Südosteuropas deshalb wünschenswert, weil mit Ausmaß und Anzahl der Kooperationsbeziehungen ein verstärktes Interesse an einem friedlichen Zusammenleben in einer Region angenommen werden kann. Andererseits hat gerade die Auflösung Jugoslawiens belegt, dass diese Chance nicht zwangsläufig wahrgenommen wird. Die einfache Formel „Wer miteinander handelt oder gar wirtschaftlich verflochten ist, führt keine Kriege" unterschätzt die Eigendynamik politisch-gesellschaftlicher Faktoren, die die friedensschaffende Wirkung der Integration zumindest mit einem Fragezeichen versehen. Eine erfolgreiche Integration kann zwar Stabilität fördern, ist aber zunächst einmal von einem politischen Grundkonsens abhängig, der gegenwärtig in der Region nicht gegeben ist.

Die Option einer verstärkten intra-regionalen Integration stößt allerdings nicht nur auf politische Vorbehalte, sie läuft auch dem wirtschaftlichen Trend zuwider. Ein Blick auf die Handelsströme von 1997 (siehe Tabelle 2) zeigt, dass sich die meisten Länder Südosteuropas seit Beginn der Transformation und dem Zerfall Jugoslawiens wirtschaftlich schon stark auf EU und EFTA orientiert haben. Offensichtlich haben sich die EU und die Länder Südosteuropas gegenseitig mehr an Waren zu bieten als letztere untereinander.

Auch wenn die offiziellen Statistiken aufgrund des nicht erfassten Schwarzhandels ein verzerrtes Bild wiedergeben, so ist der Trend doch eindeutig. Mit fast 88 % Anteil der Exporte in den EU/EFTA-Raum war Albanien hier am weitesten fortgeschritten; seine Exporte nach Südosteuropa betrugen dagegen nur 7 %. Auch bei Rumänien (58 %), Jugoslawien (55 %), Kroatien (51 %), Bulgarien und Makedonien (je 40 %) lag der EU/EFTA-Exportanteil deutlich über jenem in die Nachbarländer. Bei Exporten nach Südosteuropa belegte Jugoslawien mit 28 % den Spitzenplatz, gefolgt von Kroatien (19 %) und Makedonien (insgesamt 16 %, nach Jugoslawien 9 %). Albanien und Bulgarien lagen deutlich unter 10 %, Rumänien nur bei 3 % (vgl. Tabelle 2).

Ein Ausnahmefall ist der Export Bosnien-Herzegowinas, der mit 60 % noch prioritär auf Südosteuropa orientiert war; der Anteil des EU/ EFTA-Handels erreichte nur 18 %. Hier fällt die besonders enge Verflechtung mit Kroatien auf, in das 57 % der offiziell erfaßten bosnischen Exporte gehen. Umgekehrt führt Kroatien knapp 16 % seiner Exporte nach Bosnien-Herzegowina durch. Auch bei Jugoslawien beträgt der Exportanteil nach Bosnien-Herzegowina 16 %, umgekehrt scheint Jugoslawien aber in der offiziell ausgewiesenen Exportstruktur Bosnien-Herzegowinas keine wesentliche Rolle zu spielen. Dies ist jedoch auf die sehr mangelhafte statistische Erfassung zurückzuführen; Schätzungen von Landeskennern gehen davon aus, dass die Republika Srpska ca. 80 % ihres Exports mit Jugoslawien abwickelt. Insgesamt ist Bosnien-Herzegowina ein Sonderfall, weil die bosniakisch-kroatische Entität einen Quasi-Binnenmarkt mit Kroatien bildet, die serbische Entität mit Jugoslawien. Die neueste Anweisung des „Hohen Repräsentanten", gemeinsame Zollgrenzen zu schaffen, könnte hier zu einer Veränderung führen.

Ein ähnliches Bild zeigen die Importe. Mit einem Anteil von 85 % aus der EU/EFTA ist hier Albanien abermals der Spitzenreiter, gefolgt von Kroatien (62 %), Rumänien (54 %), Bosnien-Herzegowina (52 %), Jugoslawien (49 %), Makedonien (45 %) und Bulgarien (38 %). Die Importe aus Südosteuropa liegen nur in drei Ländern über 10 %, nämlich in Makedonien (insgesamt 22 %, aus Jugoslawien 11,5 %), Bosnien-Herzegowina (insgesamt 20 %, aus Kroatien 19 %) und Jugoslawien (17 %).


Eine erneute intraregionale Integration läuft den politischen und wirtschaftlichen Trends in Südosteuropa entgegen.


Mit der Ausnahme Bosnien-Herzegowinas und Makedoniens - bei denen zudem besonders hohe statistische Ungenauigkeiten angenommen werden können - findet also eine deutliche Orientierung des Handels auf die EU statt. Dies war im übrigen auch schon bei den in der Transformation wesentlich fortgeschritteneren CEFTA-Staaten zu beobachten, bei denen durch die Freihandelszone der intra-regionale Handel nicht wesentlich gestärkt wurde. Auch ein Freihandelsabkommen zwischen Kroatien und Slowenien hat nicht zur Ausweitung des gemeinsamen Handels geführt. Umgekehrt scheint ein geringes Maß an Handel mit der EU, z.B. bei den nicht-baltischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion, ein Indikator für eine langsame Transformation zu sein - und damit potentiell auch für weniger Stabilität.

Gerade der Ausnahmefall Bosnien-Herzegowina ist geeignet, die Zweifel an der stabilitätsfördernden Wirkung einer intra-regionalen

[Seite der Druckausg.: 16]

Integration zu stärken, da die enge handelspolitische Verflechtung mit Jugoslawien und Kroatien existiert, also den beiden Staaten, die das Land unter sich aufteilen wollten. Dies stärkt vermutlich jene politischen Kräfte, die an der Zerschlagung Bosnien-Herzegowinas festhalten.

Tabelle 2: Geographische Verteilung der Handelsströme Südosteuropas, 1997
(Anteile in %)



Albanien

BiH

Bulgarien

Kroatien

Rumänien

Makedonien

Jugoslawien

Exporte nach:








EU und EFTA

87,9

17,7

44,2

50,9

57,8

44,0

54,7

CEFTA-5 und BAFTA

1,0

10,5

2,6

16,1

4,1

6,2

3,6

Südosteuropa

7,1

60,2

6,7

18,6

2,9

16,3

27,8

Albanien

..

0,1

0,05

0,1

-

1,1

-

BiH

-

..

0,1

15,6

0,1

0,1

15,8

Bulgarien

-

0,1

..

0,2

0,7

1,9

1,5

Kroatien

4,2

57,0

0,1

..

0,2

3,6

-

Rumänien

-

-

1,3

0,4

..

0,4

1,9

Makedonien

2,6

1,8

2,0

1,9

0,1

..

8,6

Jugoslawien

0,3

1,2

2,5

0,5

1,7

9,3

..

Importe aus:








EU und EFTA

84,9

51,8

38,3

62,1

54,0

45,5

49,1

CEFTA-5 und BAFTA

2,9

21,0

4,1

14,8

5,7

12,4

5,4

Südosteuropa

5,6

20,1

2,3

2,6

1,2

22,4

16,7

Albanien

..

-

-

-

-

0,2

-

BiH

-

..

-

1,5

0,1

0,1

5,6

Bulgarien

2,7

0,1

..

0,2

0,5

5,3

2,8

Kroatien

0,4

19,0

0,2

..

0,1

4,7

-

Rumänien

0,3

0,1

1,2

0,3

..

0,7

2,3

Makedonien

2,1

0,7

0,1

0,5

-

..

6,0

Jugoslawien

0,1

0,1

0,8

0,1

0,5

11,5

..

BiH = Bosnien-Herzegowina

i

BAFTA = Baltic Free Trade Area; CtEFTA = Central European Free TradeArea;

EFTA =European Free Trade Area

Quelle: United Nations Economic Commision for Europe, Economic Survey of Europe 1999 / 2,S. 15



Die EU kann ihre bilateralen Beziehungen vom Fortschritt der intraregionalen Integration abhängig machen und sie um neue Formen des Multilateralismus ergänzen.


Die Auswirkungen der intra-regionalen Integration auf die Stabilität in Südosteuropa sind also nicht eindeutig. Falls die EU sie fördern will, um die politische Kooperation in der Region zu stärken, stehen ihr im Prinzip zwei Optionen offen:

  1. Ausbau der bilateralen Beziehungen abhängig vom Fortschritt der intra-regionalen Integration: Die Stabilitäts- und Assoziationsabkommen wären dann von der Bedingung abhängig zu machen, die intra-regionale Kooperation zu stärken bzw. zu institutionalisieren. Eine Möglichkeit wäre die Gründung einer neuen südosteuropäischen Freihandelszone (South East European Free Trade Area, SEEFTA), eine andere die Teilnahme an der CEFTA (die dann durch das Ausscheiden der EU-Neumitglieder gleichsam südwärts „wandern" würde).

    [Seite der Druckausg.: 17]

  2. Ergänzung des Bilateralismus um neue Formen des Multilateralismus: Hier könnte die EU den Ländern Südosteuropas eindeutige Anreize zur Ausweitung ihrer Kooperationsbeziehungen setzen. Denkbar ist z.B., handelspolitische Regelungen nur auf der Ebene einer SEEFTA abzuschließen und diese mit der Möglichkeit akkumulierter Ursprungsregelungen zu verbinden. Zudem könnten Hilfeleistungen abhängig vom Fortschritt der intra-regionalen Integration gewährt werden. So könnte ein Großteil der Hilfe nicht mehr bilateral, sondern nur noch in Form von Gesamtpaketen verhandelt werden, die zwischen den Ländern Südosteuropas abgestimmt werden müßten. Entsprechend wäre eine Koordinierung der Länder Südosteuropas zu institutionalisieren, beispielsweise - analog zur Economic Commission for Europe beim Marshall-Plan - durch eine Economic Commission for South East Europe (ECSEE).

    Previous Item Page Top Next Item

    Wiederaufbau und Zusammenarbeit:
    Herkulesaufgabe oder Sisyphusarbeit?


    Wie sehen nun die Chancen aus, die Stabilität Südosteuropas durch Maßnahmen der Zusammenarbeit zu fördern? Hier sind zunächst zwei Interventionsbereiche zu unterscheiden:

    • Im politisch-gesellschaftlichen Bereich unterstützt die Zusammenarbeit die Entwicklung demokratischer, rechtlicher und zivilgesellschaftlicher Institutionen, wie z.B. Verwaltungen, Medien, Organe der Rechtspflege, Bildungsinstitutionen, Organisationen der Zivilgesellschaft u.a.
    • Im wirtschaftlichen Bereich unterstützt die Zusammenarbeit die regionale (teilweise:
      Subsistenz-) Wirtschaft, wettbewerbsfähige Unternehmen, eine (teilweise länderübergreifende) Infrastruktur und tragfähige gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen.

    Die EU hat für 1999 knapp 380 Mio. Euro für die Zusammenarbeit bereitgestellt, für die nächsten vier Jahre sind jeweils 500 Mio. Euro eingeplant. Neben der humanitären Hilfe wird der Großteil der Mittel im Rahmen des neu geschaffenen CARA-Programms zur Verfügung stehen. Damit wird die EU zum größten Geber in der Region.

    Im Rahmen der UN-Mission für das Kosovo hat die EU die Federführung für den „wirtschaftlichen Wiederaufbau" übernommen. Bereits auf dem Frühjahrstreffen der G7 mit den Internationalen Finanzinstitutionen wurde ein gemeinsamer Koordinierungsmechanismus EU-Weltbank für die Zusammenarbeit mit Südosteuropa beschlossen. Die Abstimmung erfolgt durch die Treffen einer hochrangigen Lenkungsgruppe (G7-Finanzminister, Weltbank und IWF) und ein gemeinsames Koordinationsbüro von EU und Weltbank in Brüssel. Dies entspricht auch den Erwartungen der USA, die den Großteil der Kriegskosten getragen haben und beim Wiederaufbau entlastet werden möchten.

    Für ihre eigenen Aktivitäten hat die EU eine Europäische Agentur für Wiederaufbau (EAfR) ins Leben gerufen, die ihren Sitz in Thessaloniki und eine operative Außenstelle in Pristina haben wird. Sie wird ihre Arbeit zunächst auf das Kosovo konzentrieren und im wesentlichen für die Abwicklung des CARA-Programms zuständig sein. Als Vorhut ist bereits eine Task Force (TAFKO) im Kosovo tätig, die das Wiederaufbauprogramm auf den Weg gebracht hat und den Kern der Außenstelle bilden wird. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) bereitet sich auf ein umfangreiches Engagement in Südosteuropa vor.

    Trotz dieser vielfältigen Aktivitäten sieht die Weltbank die internationale Gemeinschaft vor eine „Herkulesaufgabe" gestellt, der Leiter der zivilen UN-Verwaltung im Kosovo, Tom Koenigs, befürchtet eine „Sisyphusarbeit". Dies betrifft weniger die kurzfristigen Aufgaben, die auf die Linderung von Kriegsfolgen und die Wiederherstellung der lokalen Überlebensgrundlagen (Wohnungen, kommunale Dienstleistungen und Infrastruktur, ländliche Gehöfte) zielen. Wesentlich schwieriger wird nach Ansicht aller Experten die mittelfristige Aufgabe zu lösen sein, eine nachhaltige, selbsttragende Entwicklung in Südosteuropa zu erreichen. Die EBRD beklagt, dass im Kosovo

    [Seite der Druckausg.: 18]

    Ansprechpartner und industrielle Strukturen fehlen.

    Die europäische Hilfe steht also parallel zu den Sofortmaßnahmen vor der Aufgabe, die wichtigsten Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen:

    • Demokratisierung, um die Korruption zugunsten transparenter und gleicher Chancen für alle zurückzudrängen und die Integration der Gesellschaft zu fördern;
    • eine funktionsfähige und reformwillige Verwaltung, die wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen und ein transparentes, einfaches Steuersystem schafft;
    • ein effizientes Rechtswesen, das die Eigentumsrechte schützt und damit ausländische Direktinvestitionen attraktiv macht;
    • ein modernes Bildungssystem, das die in einer Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft benötigten Qualifikationen vermittelt.

    Hierbei sind zunächst die klassischen Instrumente der Zusammenarbeit gefordert, also (mehr oder weniger intensive) Beratung, Bildungs- und Austauschprogramme . Durch die direkte Übernahme staatlicher Funktionen kommen aber auch neue Instrumente zur Anwendung - vor allem im Kosovo und in Bosnien-Herzegowina.

    Diese sind aber mit dem zentralen Dilemma der Wiederaufbauhilfe konfrontiert: Die wirtschaftliche Entwicklung soll zur politischen Stabilisierung beitragen, ist aber umgekehrt wesentlich von der politischen Stabilität abhängig. Sowohl die bisher durchgeführten Osteuropaprogramme der internationalen Geber als auch die Entwicklungshilfe generell waren nur dort erfolgreich, wo bei den Empfängern ein politischer Reformwille und entsprechende institutionelle Kapazitäten vorhanden waren.


    Die internationalen Geber haben den Anspruch, die Stabilisierung durch wirtschaftliche Entwicklung zu fördern, und das Problem, dass die Erfolgsaussichten dafür ohne politische Stabilität gering sind.


    Gerade in Bosnien-Herzegowina hat sich gezeigt, dass ohne die Mitarbeit der lokalen Eliten und der Bevölkerung (l) die Absorptionsfähigkeit für die klassischen Hilfsmaßnahmen in einem chaotischen politischen Umfeld begrenzt ist und (2) selbst weitgehende direkte Eingriffe oftmals scheitern. Auch in anderen Ländern Südosteuropas können beispielsweise Kreditzusagen kurzfristige, kriegsbedingte Engpässe überbrücken, nicht aber die eigenen Reformanstrengungen ersetzen.

    Deshalb ist eine Orientierung der Hilfezusagen nicht am errechneten Bedarf, sondern an den durch Reformen geschaffenen Verwendungsmöglichkeiten dringend geboten und auch öffentlich zu vertreten. Der Europäische Rechnungshof und das Europäische Parlament haben in der Vergangenheit mehrmals falsche Signale gesetzt, als sie die Kommission zu einem schnelleren Abfluss der Mittel drängten. Damit werden im Zweifelsfall nur negative Schlagzeilen über eine zwar schnelle, aber nicht ausreichend kontrollierte Südosteuropahilfe produziert, die zu Korruption und Rent-Seeking führt. Stabilität würde damit nicht gefördert.

    Angesichts dieser Beschränkungen ist es um so wichtiger, durch die Instrumente der wirtschaftlichen Zusammenarbeit positive Anreize für die Akteure vor Ort zu setzen. Dies ist teilweise möglich durch Konditionen und eine stärkere Zielgenauigkeit (targeting), um damit zusätzliche Spielräume für diejenigen zu schaffen, die aktiv an der Verbesserung von Rahmenbedingungen arbeiten. Die Erfahrungen mit dem von der jugoslawischen Opposition vorgeschlagenen Programm „Energy for Democracy", in dessen Rahmen Heizöl an oppositionell regierte Kommunen geliefert werden sollte, zeigt jedoch, wie schwierig ein effektives Targeting ist.


    Internationale Austausch- und Dialogprogramme haben eine besondere Bedeutung für die langfristige Stabilisierung Südosteuropas.


    Vieles spricht dafür, dass Dialogprogramme im politisch-gesellschaftlichen Bereich eine besondere Bedeutung für die langfristige Stabilisierung haben werden - sei es durch internationale Kultur- und Diskussionsveranstaltungen mit unterschiedlichen gesellschaftlichen Eliten, Studenten oder Jugendlichen. Ihre Aktivitäten zielen darauf, durch kontinuierliche Begegnungen im Geist der Aufklärung gegenseitiges Verständnis zu wecken. Stereotype aufzubrechen und die gemeinsame europäische Idee zu entwickeln - sowohl in Südosteuropa als auch in der bisherigen EU. Hier macht das CEPS den Vorschlag, jeweils eine Demokratie-

    [Seite der Druckausg.: 19]

    und eine Bildungsstiftung für Südosteuropa zu gründen. In dieser Form könnte die intra-regionale Zusammenarbeit dauerhaft gefördert werden.

    Previous Item Page Top

    Realistische Erwartungen an die EU und in der EU

    Die EU hat mit ihrer Initiative beim Stabilitätspakt, der Wiederaufbauhilfe sowie den Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen hohe Erwartungen geweckt - nicht nur in Südosteuropa, sondern auch bei den eigenen Mitgliedern und in der übrigen internationalen Gemeinschaft. Das Potential für Enttäuschungen ist aber beträchtlich. Zwar gibt es Chancen, aber auch deutliche Grenzen einer Stabilisierung Südosteuropas von außen.

    Vor diesem Hintergrund ist die Fortsetzung der bisherigen, bilateralen Integrationsstrategie durch die EU verständlich und sinnvoll, ebenso das Festhalten an den Kopenhagener Kriterien. Mit niedrigeren Einstiegskriterien in die Verhandlungen hat die EU ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Integration Südosteuropa mit stärkerer Glaubwürdigkeit versehen und damit den Anreiz für die Kandidaten erhöht. Allerdings könnte die EU den Bilateralismus noch stärker zugunsten Südosteuropas gestalten, insbesondere durch den uneingeschränkten, nicht-reziproken Marktzugang. Insgesamt betragen die Importe aus Südosteuropa nur rund 1 % der Gesamtimporte der EU und sollten damit keine wesentlichen ökonomischen Kosten auslösen.

    Schnelle „virtuelle" oder „Neue Assoziierte Mitgliedschaften" sind aus zwei Gründen nicht das Geheimrezept: Erstens sind sie mit einem Verlust der politischen Teilhabe verbunden, der dem Ziel einer demokratischen, konsensuellen Integration der Neumitglieder in die EU widerspricht. Zweitens droht wirtschaftlich ein unnötig starker Wettbewerbsschock. Damit sind sie aus stabilitätspolitischer Sicht fragwürdig.

    Die intra-regionale Integration könnte durch klare Auflagen der EU gestärkt werden. Vermutlich würde sie dennoch zu keiner wesentlich stärkeren Stabilisierung durch Zusammenarbeit führen, weil sich die Länder der Region wirtschaftlich wenig zu bieten haben. Schon heute sind die Export- und Importstrukturen stark auf die EU ausgerichtet.


    Gegen die Eliten vor Ort kann auch die EU keine Stabilisierung in Südosteuropa erreichen.


    Am grundsätzlichen Dilemma, auf den Stabilisierungswillen der Eliten vor Ort angewiesen zu sein, kommt auch die EU nicht vorbei. Es bleibt die bittere Wahrheit, dass es keinen Königsweg gibt, politische Eliten in anderen Ländern davon abzuhalten, ihr eigenes Land mit ganzer Kraft zu ruinieren. Bei Wiederaufbau und Zusammenarbeit ist es deshalb um so wichtiger, auf die gesellschaftlichen Fundamente einer dauerhaften Friedensordnung hinzuarbeiten.

    [Seite der Druckausg.: 20]



    Regionale Kooperation in Südosteuropa

    Central European Initiative (CEI): Die Zentraleuropäische Initiative wurde im November 1989 auf Betreiben Italiens ins Leben gerufen und hat inzwischen 16 Mitglieder aus der EU, Mitteleuropa, Südosteuropa, und den Neuen Unabhängigen Staaten (NUS). Sie unterhält ein Sekretariat in der EBRD, das finanzierungsfähige Projektanträge auf den Weg bringen soll. Dennoch gibt es bisher wenig konkrete Ergebnisse.

    Black Sea Economic Cooperation (BSEC): Die Schwarzmeerkooperation wurde, vorangetrieben von der Türkei, im Juni 1992 ins Leben gerufen und hat seit 1999 den Status einer internationalen Organisation. Die BSEC verfügt über ein Sekretariat und seit 1999 über die Schwarzmeerbank für Handel und Entwicklung in Thessaloniki.

    Central European Free Trade Area (CEFTA): Die Zentraleuropäische Feihandelszone wurde im Dezember 1992 von den Višegrad-Staaten Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei gegründet. Inzwischen gehören ihr auch Slowenien, Bulgarien und Rumänien an.

    Conference on Good Neighbourliness, Stability, Security and Co-operation in South Eastern Europe (CSEE): Mit der Erklärung von Sofia im Juni 1996 wurde ein eigenständiger Versuch der Länder Südosteuropas gestartet, ihre Kooperationsbeziehungen wieder zu beleben.

    Royaumont-Prozess: Dieser Prozess wurde im Dezember 1996, nach dem Vertrag von Dayton, unter der französischen EU-Präsidentschaft angestoßen. Der Prozess, betreut von einem Koordinator, beschränkt sich hauptsächlich auf Projekte in den Bereichen Kultur, Zivilgesellschaft und Menschenrechte.

    South East European Cooperation Initiative (SECI): Die Südosteuropäische Kooperationsinitiative wurde 1997 auf amerikanisches Betreiben gegründet und ist ebenfalls ein Folgeprodukt von Dayton. Sie konzentriert sich auf wenige wirtschaftliche Projekte, die ebenfalls von einem Koordinator betreut werden.

    Stabilitätspakt: Der Pakt wurde 1999 auf europäische Initiative ins Leben gerufen mit dem Anspruch, Südosteuropa auf allen Ebenen zu stabilisieren (siehe auch Kasten „Teilnehmer des Stabilitätspakts").




    © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 2000