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Hilfsorganisationen in Osteuropa: Das Beispiel LA STRADA in Warschau

In einem kleinen Büro in Warschau, besetzt mit drei bezahlten Mitarbeiterinnen und zehn ehrenamtlichen Helferinnen, werden Frauen aufgefangen, denen es oft unter abenteuerlichen Umständen gelungen ist, aus dem westlichen Ausland zurück nach Polen zu fliehen. Das Büro ist mit einem Notruftelefon ausgestattet und dient so auch als Anlaufstelle für Frauen, die sich aus dem Ausland melden und sich in einer ausweglosen Situation fühlen. Es melden sich auch polnische Verwandte und Angehörige, die befürchten oder sicher wissen, daß die Tochter oder Freundin Versprechungen von Anwerbern aufgesessen ist oder ins westliche Ausland verschleppt wurde. Soweit es die finanziellen Kräfte und die Beziehungen erlauben, versucht La Strada auch, Rückkehrerinnen zu einer Starthilfe in Polen zu verhelfen. Das schließt Wohnungssuche wie Jobsuche ebenso ein wie Gespräche mit Familien und Freunden.

Das Projekt wird von niederländischen, tschechischen und polnischen Organisationen getragen und erhält derzeit noch Mittel von der EU. Trotz Lob von vielen Seiten aber ist die Finanzierung keineswegs gesichert, obwohl die engagierten Projekte und mittelfristigen Pläne ohne finanzielle Sicherheit kaum angepackt oder weiter betrieben werden können.

Eines der wichtigsten Programme von La Strada ist eine Anlaufstelle für Prostituierte und gehandelte Frauen aus der ehemaligen Sowjetunion. Denn längst ist Polen nicht nur Herkunftsland von Frauen, die in westlichen Bordellen arbeiten, sondern auch Transitland für den Menschenschmuggel aus zahlreichen GUS-Staaten. Betroffen sind Frauen aus allen Berufsgruppen, die ihre Arbeitsplätze verloren haben und keinerlei Unterstützung erfahren. Oft sind es alleinerziehende Mütter, die mit dem Geld, das sie im Ausland zu verdienen hoffen, ihre Kinder ernähren oder medizinische Behandlungen bezahlen wollen.

Die Emanzipation der Frauen beschränkt sich bisher in der Regel auf das Berufsleben. Obwohl die kommunistischen Parteien bekanntermaßen in

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allen Valuta-Hotels Prostituierte einsetzten, war in diesen Ländern Prostitution stets mit Strafen bedroht. Mit Verständnis in ihrer engeren Umwelt können die verzweifelten Frauen also kaum rechnen. Da in ihren Familien nicht bekannt werden soll, daß sie als Prostituierte arbeiten, werden sie erpressbar. Die Mitarbeiterinnen von La Strada berichten von Fällen, in denen Frauen vergewaltigt oder bei der Ausübung der Prostitution gefilmt wurden. Man drohte ihnen an, die Filme an die Familien zu schicken. Solchen Frauen zu helfen, ist extrem schwierig, da man ihnen das, was sie am dringendsten brauchen - legale Arbeit, Schutz vor den Zuhältern, eine Wohnung und Vertraulichkeit vor und während Gerichtsverfahren - nur in seltenen Fällen zusichern kann.

Eine Gynäkologin aus Tschechien

Die Organisation La Strada hat folgenden Fall einer jungen Gynäkologin aus Tschechien dokumentiert:
Die Ärztin hoffte, sich durch Prostitution das Geld für eine eigene Praxis verdienen zu können. Sie landete schließlich in einem Bordell im Drei-Länder-Eck Holland-Deutschland-Luxemburg. Schon nach kurzer Zeit dämmerte ihr, daß die Zuhälter ihr zu viel Geld abknöpften. Ihr Schuldenberg bei den Männern wuchs täglich. Für alles mußte sie extra bezahlen: Für das Zimmer, das Essen, die Getränke, die Präservative. Falls sie nicht „nett" genug zu den Freiern war, gab es drakonische Geldstrafen. Sie versuchte zu fliehen, wurde von den Zuhältern aufgegriffen, geschlagen, vergewaltigt und schließlich in einen Wald gefahren. Dort wurde ihr eine Pistole an die Schläfe gehalten, einer der Täter drückte ab. Als es nur trocken klickte, brachen die Männer in Gelächter aus und drohten ihr, das nächste Mal würden sie ernst machen. Nach einiger Zeit gelang ihr dennoch die Flucht. Bei der holländischen Polizei fragte sie an, ob man ihr Sicherheit garantieren könne, wenn sie vor Gericht aussage. „Weder in Holland noch in Tschechien", war die Antwort.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 1999

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