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[Seite der Druckausgabe: 14 / Fortsetzung]


Gleichstellungspolitik in der Europäischen Union

Die dargestellten Leitlinien des Luxemburger Beschäftigungsgipfels in bezug auf eine Verbesserung der Chancengleichheit von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt können nicht losgelöst von der bisherigen Gleichstellungspolitik der Europäischen Union betrachtet werden. Deshalb soll im folgenden ein historischer Abriß die frauenspezifischen Ergebnisse des Luxemburger Beschäftigungsgipfels in den allgemeinen Kontext der europäischen Gleichstellungspolitik einordnen. Die bisherigen Schritte zu einer Gleichstellungspolitik in der Europäischen Union sind tabellarisch in der nachfolgenden Übersicht zusammengefaßt.

Aktionsprogramme 1982-2000

Im Mittelpunkt der europäischen Gleichstellungspolitik stehen sog. mittelfristige Aktionsprogramme. Über diese mittelfristigen Aktionsprogramme versucht die Europäische Kommission seit Anfang der 80er Jahre einen Rahmen zu schaffen, der helfen soll, die bestehenden Hemmnisse im Hinblick auf die Frauenerwerbstätigkeit in den Mitgliedstaaten abzubauen.

Mit dem ersten mittelfristigen Aktionsprogramm (1982 -1985) zur Förderung der Chancengleichheit für Frauen auf dem Arbeitsmarkt wurde beabsichtigt, die bestehenden Rechtsvorschriften zu ergänzen und zusätzliche Maßnahmen in Form von „positiven Aktionen" zu entwickeln. Die Gleichbehandlung sollte in solche Politikbereiche Eingang finden, die mit den Richtlinien nicht erfaßt werden. Dafür hatte die Europäische Kommission 5 Mio. ECU bereitgestellt.

Das zweite Aktionsprogramm (1986 -1990) setzte den eingeschlagenen Weg fort und führte die Richtlinien in der erweiterten Gemeinschaft ein (Europa der 12). Gleichzeitig dehnte es den Geltungsbereich auf neue Felder aus. Dazu gehörten Ausbildung, neue Technologien, Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben sowie die lokale Entwicklung. Das Programm förderte gleichzeitig den Auf- und Ausbau von verschiedenen Expertinnen- und Frauennetzwerken mit dem Ziel, Erfahrungen zu bündeln sowie die Zusammenarbeit zwischen den Frauen in verschiedenen europäischen Ländern zu erleichtern.

Das dritte Aktionsprogramm „Chancengleichheit Für Frauen und Männer" (1991 - 1995)

schrieb die integrierte Gleichstellungspolitik der Europäischen Kommission fort. Es wurden drei Schwerpunkte gebildet: die Entwicklung und Anwendung des rechtlichen Rahmens zur Chancengleichheit, die Förderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt sowie die Verbesserung der Stellung der Frau in der Gesellschaft.



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Chancengleichheit als Querschnittsaufgabe in der EU

Diese drei Aktionsprogramme waren lediglich für die Europäische Kommission bindend. Sie hatten keinen Einfluß auf die Politik der Mitgliedstaaten selbst, sondern an ihre Adresse wurde appelliert, Frauen stärker beim Einstieg ins und im Erwerbsleben zu unterstützen, vor allem in den Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind (wie z.B. die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen bzw. in Positionen mit Entscheidungsbefugnissen).

[Seite der Druckausgabe: 15]


Die bisherigen Schritte zu einer gemeinsamen Gleichstellungspolitik in Europa


1957

Grundsatz gleichen Entgelts für Männer und Frauen

1975

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

1976

Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zur


Beschäftigung, zur Berufsausbildung und bei den Arbeitsbedin-


gungen

1978

Richtlinie zur Gleichbehandlung in der Sozialversicherung

1979

Ad-hoc-Untersuchungsausschuß zur Situation der Frauen in


den Mitgliedstaaten

1982

Erstes Aktionsprogramm zur Chancengleichheit von Frauen


(1982-1985)

1984

Ausschuß für die Rechte der Frau

1986

Zweites Aktionsprogramm zur Chancengleichheit von Frauen


(1986 -1990), Richtlinien zur Gleichbehandlung bei betriebli-


chen Systemen sozialer Sicherheit sowie bei selbständiger


Erwerbsarbeit

1991

Drittes Aktionsprogramm zur Chancengleichheit von Frauen


(1991-1995)

1992

Richtlinie zum Schutz Schwangerer am Arbeitsplatz,


Gemeinschaftsinitiative NOW (New Opportunities for Women)

1993

Gründung des ständigen Ausschusses Frauen


in der sozialdemokratischen Partei Europas (SPE)

1994

Verankerung des Prinzips der Chancengleichheit


in den Europäischen Strukturfonds

1996

Viertes Aktionsprogramm zur Chancengleichheit


von Frauen (1996-2000)


Daher wurde das vierte Aktionsprogramm der Gemeinschaft für die Chancengleichheit von Männern und Frauen (1996 - 2000) weiterentwickelt; es stellt auf den Grundsatz des „Mainstreaming" ab. Mainstreaming zielt nicht nur darauf ab, die Dimension der Chancengleichheit als Querschnittsaufgabe in alle Politikbereiche, Aktionsprogramme und Finanzprogramme der Europäischen Union zu integrieren, sondern es soll erreicht werden, auch Einfluß auf nationale, regionale und lokale Ebene zu bekommen. Insgesamt stehen sechs Schwerpunkte im Mittelpunkt des vierten Aktionsprogrammes:


  1. Die Förderung der Chancengleichheit in allen gemeinschaftlichen und nationalen Politiken und Aktionen,

  2. die Zusammenarbeit mit allen sozialen und ökonomischen Akteuren und Akteurinnen in bezug auf die Verwirklichung der Chancengleichheit von Männern und Frauen,

  3. die Herstellung von Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt im Hinblick auf sozialen und wirtschaftlichen Wandel,

  4. die Vereinbarkeit von Familie und Beruf,

  5. die Erhöhung des Frauenanteils in den Entscheidungsprozessen sowie

  6. die Verbesserung der Durchsetzbarkeit bestehender Richtlinien.

Sechs Schwerpunkte im vierten Aktionsprogramm

[Seite der Druckausgabe: 16]


Für dieses Programm hat die EU-Kommission 30 Mio. ECU bereitgestellt. Das entspricht zwar einem gleichbleibenden Mittelvolumen gegenüber dem dritten Programm, aber dadurch, daß Finnland, Schweden und Österreich hinzugekommen sind, wird für das einzelne Mitgliedsland unterm Strich weniger zur Verfügung stehen.


Für eine Zwischenbilanz des vierten Aktionsprogrammes ist es noch zu früh. Zwar hat die Europäische Kommission den ersten Jahresbericht zur Chancengleichheit für Frauen und Männer in der Europäischen Union 1997 veröffentlicht und damit ihr Versprechen eingehalten, systematisch das Aktionsprogramm zu begleiten und zu kontrollieren. Erst die nächsten Jahre werden aber zeigen, inwieweit über die eingeleiteten Maßnahmen das Ziel des Pro-grammes erreicht wurde, die Chancengleichheit als integrativen Bestandteil sowohl in den Programmen als auch auf sämtlichen Ebenen der Europäischen Union zu verstehen.

Systematische Begleitung und Kontrolle des Programms - aber für eine Zwischenbilanz ist es noch zu früh

Bei der Umsetzung der Ziele der einzelnen Aktionsprogramme bedient sich die Europäische Kommission spezieller Maßnahmen zur Förderung der Frauenbeschäftigung wie auch der allgemeinen Förderpolitik. Zur ersten Gruppe gehören Programme wie NOW und Netzwerke wie das Europäische Netzwerk für die Durchführung berufsbildender Maßnahmen für Frauen (IRIS). Auch hinsichtlich der EU-Förderpolitik gilt das Prinzip des „Mainstreaming". Danach sollen Frauen ihrem Anteil an der Zielgruppe entsprechend berücksichtigt werden.

Konkrete programmatische Ansatzpunkte bieten die gemeinschaftliche Bildungspolitik mit den beiden Aktionsbereichen SOCRATES (Förderung des Schul- und Hochschulbereiches sowie der Erwachsenenbildung) und LEONARDO (Förderung der beruflichen Bildung) sowie die Europäischen Strukturfonds mit den Gemeinschaftsinitiativen.


Ziele der Europäischen Strukturfonds

Ziel 1

Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand.

Ziel 2

Umstellung der Regionen, die von der rückläufigen industriellen Entwicklung schwer betroffen sind.

Ziel 3

Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit sowie Eingliederung der Jugendlichen und der vom Ausschluß aus dem Arbeitsmarkt bedrohten Personen in das Erwerbsleben.

Ziel 4

Erleichterung der Anpassung der Arbeitskräfte an die industriellen Wandlungsprozesse und an Veränderungen der Produktionssysteme.

Ziel 5

Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums 5a - durch beschleunigte Anpassung der Agrarstrukturen im Rahmen der Reform der gemeinschafitichen Agrarpolitik. 5b - durch Erleichterung der Entwicklung und der Strukturanpassung der ländlichen Gebiete.

Ziel 6

Förderung der Entwicklung und strukturellen Anpassung von Gebieten mit einer extrem niedrigen Bevölkerungsdichte.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Juli 1999

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