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Teildokument zu: Georgien : schwierige Stabilisierung einer brüchigen Nation Der Präsident und seine Bürgerunion gewinnen an Macht und Vertrauen Ein Jahr nach seiner parlamentarischen Bestätigung gründete
Schewardnadse Ende 1993 seine eigene politische Organisation, die "Bürgerunion
von Georgien". Die Partei zeichnet sich nicht durch eine besondere
Ideologie aus, sondern ist die "Partei der Macht". Sie stützt
sich weitgehend auf die national gewendete alte Nomenklatura und vertritt
eine pragmatische Politik. Wirtschaftlich verfolgt sie einen Stabilisierungskurs
in Abstimmung mit den internationalen Finanzinstitutionen. Außenpolitisch
sucht sie den unausweichlichen Ausgleich mit Rußland, ohne aber die
nationale Souveränität gänzlich zu opfern. So sollen die
Problemregionen Abchasien, Ossetien und Adscharien georgisch bleiben, aber
die Minderheitenrechte respektiert werden. Nach dem mißglückten Attentat gegen ihn verfolgte Schewardnadse
seine Präsidentschaftskandidatur mit einer geschickten Mischung
aus Zuckerbrot und Peitsche. Er nutzte die Sympathiewelle nach dem Anschlag
aus, um einige der wesentlichen Widersacher auszuschalten oder zu schwächen,
so Dschaba Issolani, den Chef der "Mchedrioni", einer Privatarmee,
die Gamsachurdia gestürzt und Schewardnadse ins Land gerufen hatte.
Die Regierungschefs Rußlands und der Türkei besuchten ihn während
des Wahlkampfs. Kurz vor den Wahlen im November reformierte Schewardnadse
die Währung, indem er den wertlosen Koupon durch den neuen Lari ersetzte,
und erhöhte eine Reihe von Sozialleistungen. Den Minderheiten machte
er auch formale Zugeständnisse beim Wahlverfahren. Im Ergebnis erzielte er 74,9 % der abgegebenen Stimmen bei einer
Wahlbeteiligung von 68,3%. Die "Bürgerunion" eroberte mit
nur 23,7% der Stimmen 91 der 150 Listenmandate und insgesamt 107 der 235
Sitze im Parlament, da alle bis auf drei der insgesamt 54 kandidierenden
Organisationen an der 5%-Hürde scheiterten. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 1998 |