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Teildokument zu: Modell Neuseeland?
3. Reformmüdigkeit und Labour's Niedergang
Im Gefolge des Börsenkrachs in New York von 1987 brachen auch die
neuseeländischen Aktienmärkte massiv ein. Die Inflation sank
zwar deutlich von ca. 15% in den Jahren 1985-87 auf etwa 6% 1988-90, aber
um den Preis einer Rezession mit steigender Arbeitslosigkeit (von 4% 1987
auf 9% 1990). Im Gegensatz zu den meisten Reformregierungen hatte Labour
das Glück, zuerst - also bis 1987 - die Erfolge der Reform ernten
zu können. Aber ab 1987 traten die negativen Wirkungen in den Vordergrund.
Vor diesem Hintergrund war die zweite Legislaturperiode der Labourregierung
durch innere Zerstrittenheit und Schwäche gekennzeichnet. Die traditionelle
Labouranhängerschaft artikulierte ihren Unmut immer stärker.
Die Mitgliedschaft in der Partei sank rasch. Der frühere Parteivorsitzende
Anderton verließ 1989 die Partei und gründete eine eigene, neue
linke Partei (New Labour Party, später Teil der Alliance).
Schon Ende 1988 kam es zum Bruch zwischen Lange und Douglas und zur Ablösung
des Finanzministers, als er eine radikale Einkommenssteuerreform und weitere
Maßnahmen vorschlug. Im August 1989 wählte der liberale Labourflügel
Douglas zurück ins Kabinett (allerdings nicht als Finanzminister),
worauf Lange zurücktrat und durch Palmer ersetzt wurde. Die Regierungen
Lange und Palmer hielten zwar an ihrem bisherigen Reformkurs fest, erzielten
aber kaum Fortschritte in den kritischen Bereichen der Arbeitsmarkt- und
der Sozialpolitik. Statt dessen konzentrierten sie sich auf die Reform
des Staates selbst und insbesondere der Verwaltung (Vgl. unten 4.).
Im Oktober 1990 verlor Labour die Wahlen und die National Party kehrte
mit außerordentlicher Mehrheit (67 von 97 Sitzen) an die Macht zurück.
Mitverantwortlich für die Höhe der Niederlage war die Abwanderung
der linken Wähler, die von den Reformen genug hatten, zu den Grünen
und "New Labour" und gleichzeitig der bürgerlich-liberalen
Wähler, die noch nicht genug Reformen sahen, zur National Party, die
damit die liberale Agenda erneut besetzte.
Mit der Wahlniederlage 1990 endet die Reformpolitik unter der Führung
der Labourparty. Allerdings hat die Partei auch später ihren Reformkurs
und seine Fortsetzung und Erweiterung durch die beiden Regierungen der
National Party bis 1996 unterstützt oder toleriert. Dies hat die Kräfte
links von Labour gestärkt, die bei den Wahlen 1993 als "Alliance"
18,2% der Stimmen gewannen. Die Wahlen brachten einen äußerst
knappen Sieg der National Party und in einem gleichzeitigen Referendum
die Einführung des Verhältniswahlrechts. Dies wurde erstmals
bei den Wahlen am 12. Oktober 1996 angewandt, in die Labour unter der Führung
der 1993 zur Vorsitzenden gewählten Politologin Helen Clark mit einem
Programm der Erhöhung der Sozialausgaben ging. Aber die Partei rühmt
sich weiter, die Reformen in Gang gebracht zu haben, was angesichts des
seit 1992 beobachtbaren Aufschwungs kaum verwundert.
Bei den Wahlen am 12. Oktober wurde Labour mit 37 der 120 Sitze zweitstärkste
Partei. Sie hätte nun mit der Alliance (13 Sitze) und der populistischen
"New Zealand First" (17 Sitze) eine Regierung bilden können,
da auch die bisher regierende National Party die absolute Mehrheit verfehlte.
Aber "New Zealand First" wählte die sehr knappe Koalition
mit der National Party (44 Sitze), die somit weiter unter Premier Bolger
an der Regierung bleibt. Aber auch eine Labour-Regierung hätte die
Reformen nicht deutlich revidiert, sondern nur kleinere soziale Korrekturen
angebracht, wie sie jetzt auch die neue Mitte-Rechts-Regierung vorsieht.
© Friedrich Ebert Stiftung
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fes-library | März 1998
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