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[Seite der Druckausg.: 66 (Fortsetzung)]



6. Zum neuen Großflughafen Berlin - Brandenburg International


Mit einiger Skepsis verfolgen Experten die Bemühungen der Länder Berlin und Brandenburg, den vorhandenen Flughafen Berlin-Schönefeld zu einem Großflughafen und nach Frankfurt und München zum dritten Drehkreuz in Deutschland auszubauen. Berlin-Schönefeld war der wichtigste Flughafen der DDR und Heimatairport der Fluggesellschaft Interflug. Nach der umstrittenen Ansicht von Ex-Staatssekretär Ruhnau wurde mit Berlin-Schönefeld die falsche

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Standortwahl getroffen. Hätten sich die beiden Landesregierung für das ebenfalls in Betracht gezogene brandenburgische Städtchen Sperenberg entschieden, wären die Planungsarbeiten heute schon sehr viel weiter. Damals habe aber der Berliner Bürgermeister Eberhard Diepgen mit dem Argument, die neuen Arbeitsplätze entstünden dann nicht in Berlin, sondern in Brandenburg, die Entscheidung für Berlin-Schöneberg erzwungen.

Der Großflughafen Berlin Brandenburg International BBI soll als erster deutscher Flughafen überhaupt ausschließlich in privater Trägerschaft gebaut und betrieben werden. Die Absicht der beteiligten Konzerne, zur Finanzierung der gewaltigen Investitionssummen von den Fluggesellschaften einen zusätzlichen Betrag von DM 16,80 pro Passagier zu verlangen, stößt allerdings bei den Airlines auf entschiedenen Widerstand. Die Lufthansa prophezeite, wenn es bei dieser Sondergebühr bliebe, werde das Drehkreuz in Richtung Osten nicht in Berlin, sondern in Warschau entstehen. Dann soll man lieber den Flughafen Tegel erweitern, den alten Flughafen Tempelhof erhalten und auf den Ausbau von Berlin-Schönefeld verzichten. Ohnehin werde in Deutschland frühestens im Jahr 2015 ein drittes Drehkreuz akzeptiert . Das von Berlin für die Fertigstellung des BBI ins Visier genommene Jahr 2007 sei viel zu früh. Der Berliner Senat hat unterdessen versichert, dass die zunächst erwogene Sondergebühr nicht erhoben würde. Aber auch so bleibt unklar, ob sich die hochgesteckten Erwartungen in die Zukunft des Projekts erfüllen werden. Kostbare Zeit wurde bereits verloren. Wenn sich der Senat bereits Anfang der 90er Jahre - unmittelbar nach dem Fall der Mauer und der deutschen Vereinigung - für einen Flughafenneubau entschieden hätte, dann wäre das zweite deutsche Drehkreuz nicht in München, sondern in Berlin eingerichtet worden.

Die Airail AG als privater Träger bietet mit Berlin International bei Stendal (BIS) eine Alternative an, wenn in Berlin-Schönefeld der geplante Großflughafen nicht realisierbar ist. Nach erfolgreich abgeschlossenem Raumordnungsverfahren laufen für den Standort bei Stendal zur Zeit die Vorarbeiten für das

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Planfeststellungsverfahren, mit dem noch in diesem Jahr begonnen werden soll. Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat das Projekt über einen Zeitraum von fünf Jahren im Landesentwicklungsplan planerisch abgesichert.

Anfang Februar 2001 hat die Europäische Kommission dem gemeinsamen Bewerberkonsortium der Unternehmen IVG Holding und HOCHTIEF Airport die Übernahme der Berlin Brandenburg Flughafen Holding BBF genehmigt. Das Konsortiums will im Rahmen der geplanten Konzentration des Luftverkehrs in der Region Berlin auf einen Flughafen Schönefeld zum Großflughafen BBI ausbauen und nach der Fertigstellung auch betreiben. Die Prüfung der EU-Kommission habe ergeben, dass das Vorhaben in der angemeldeten Form nicht zu einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsverhältnisse zwischen europäischen Flughäfen führen wird. Gesichtspunkte, die den Ablauf des Vergabeverfahrens im Vorfeld des Neubaus und Betriebs des Flughafens betreffen, waren ebenso wenig Gegenstand der fusionsrechtlichen Prüfung wie die Frage möglicherweise erhöhter künftiger Gebühren.

Der Berliner Senat hat die Entscheidung der EU-Kommission mit Erleichterung aufgenommen. Nun sei der Weg frei für Privatisierungsverhandlungen. Das geplante Luftkreuz, das einschließlich Verkehrsanbindungen 6 Mrd. DM kosten und überwiegend privat finanziert werden soll, stelle eines der größten Infrastrukturprojekte in Europa dar.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 2001

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