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3. Zukunft der Flughäfen


Die Flughäfen arbeiten in einem Spannungsfeld unterschiedlichster Anforde-rungen. Die wichtigsten Akteure, die hierbei eine Rolle spielen, zeigt Abb. 5. Verschiedene dieser Bereiche werden in anderem Zusammenhang abgehandelt – so z.B. das Verhältnis zu Umweltgruppen in Kap. 2.2, zu Kommunen/Behörden in Kap. 1.4.3 und zu Airlines in Kap. 4. Im folgenden werden ergänzende Anmerkungen zur Privatisierung, zu Flughafenallianzen und zu neuen Geschäftsfeldern gemacht.

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Abbildung 5: Bereiche des Airportmanagements


Abbildung 5: Bereiche des Airportmanagements

Quelle: Referent A. Sickert

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3.1 Privatisierungstendenzen

Bis vor wenigen Jahren befanden sich alle Flughäfen nahezu ausschließlich in staatlichem Eigentum. Im Jahr 1987 wurde dann mit der British Airport Authority (BAA) der erste Flughafen privatisiert. Dieser Privatisierungsprozess kommt nur vergleichsweise langsam voran. Bislang sind weltweit weniger als zehn Prozent der Flughäfen privatisiert. Experten rechnen damit, dass in den nächsten drei bis fünf Jahren insgesamt rund 35 Mrd. Dollar in die Privatisierung von Flughäfen investiert werden, davon etwa 20 Mrd. in Europa, zehn Mrd. in Asien/Australien und fünf Mrd. in Lateinamerika. Ausgerechnet in den USA wehren sich vor allem die Fluggesellschaften gegen die Privatisierung. Sie fürchten, dass ihr Einfluss auf Flughäfen in privater Hand schwinden wird.

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Die BAA ist weltweit die einzige Flughafengesellschaft, die bereits zu 100 Prozent privatisiert ist, und deren Aktien an der Börse gehandelt werden. Die Rechte der britischen Regierung sind weitgehend eingeschränkt. Sie muss zustimmen, wenn mehr als 15 Prozent der Aktien an einen Bieter verkauft werden sollen.

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3.2 Internationale Allianzen von Flughäfen

Nicht nur die Fluggesellschaften schließen sich zu globalen Allianzen zusammen. Auch die großen Flughäfen setzen verstärkt auf engere Zusammenarbeit und stärken damit ihre Position gegenüber den Airlines. Der ehemalige Leiter der Geschäftsentwicklung bei BAA International erwartet, dass in einigen Jahren nur noch wenige Unternehmen den Flughafenmarkt beherrschen werden. Dazu zählen die Gesellschaft Aeroport de Paris, die Frankfurter Flughafen AG (FAG), die Flughäfen Amsterdam-Schiphol, Kopenhagen und Vancouver sowie eine Reihe großer Internationaler Konzerne (Hochtief, ABB u.a.), die keine Flughafenbetreiber sind.

Auch für den Chef des Frankfurter Flughafens Wilhelm Bender steht fest, dass in nicht allzu ferner Zukunft fünf bis sechs Großkonzerne die wichtigsten Flughäfen der Welt betreiben und wohl auch besitzen werden (Handelsblatt 2.11.00). Weitere Fusionen unter Flughäfen sind damit programmiert. Schon jetzt ist die FAG an 43 Flughäfen in aller Welt beteiligt. Vor allem auf den Geschäftsfeldern Einkauf, Software, technische Standards und Ausbildung wollen die Flughäfen durch Zusammenarbeit und eine abgestimmte Geschäftspolitik effizienter arbeiten. Besonders spannend erscheint die Entwicklung der im Jahr 1999 begründeten und im November 2000 vertieften Partnerschaft zwischen der FAG und dem niederländischen Flughafen Amsterdam-Schiphol. Beide Airports bleiben einerseits weiterhin Konkurrenten als europäische Luftverkehrsdrehkreuze. Andererseits wollen Frankfurt und Amsterdam bei ihrer internationalen Expansion eng zusammenarbeiten. Dabei geht es u.a. um das

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weltweite Angebot von Dienstleistungen und das komplette Management von ausländischen Flughäfen. Beispiele für große internationale Projekte sind die Flughäfen Antalya und Manila, wo die FAG jeweils ein ganzes Terminal managed, oder der neue Flughafen Athen, wo die FAG Anteile und den Betrieb übernimmt, sowie die Beteiligung von Schiphol am Australischen Flughafen Bisbane und das neue Terminal für den New Yorker Airport JFK, bei dem der Amsterdamer Flughafen finanziell und im Management beteiligt ist.

In einem Handelsblatt-Gespräch (2.11.2000) äußerten die Vorstandschefs der beiden Unternehmen die Überzeugung, dass die Wachstumschancen ihrer Flughäfen durch die Zusammenlegung der vorhandenen Potenziale deutlich verbessert werden können. Sie erwarten z.B. durch ein Joint Venture im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie Kostenvorteile von mindestens 50 Mio. € in den kommenden fünf Jahren. Als weitere Gemeinschaftsaufgaben sehen sie das Immobilienmanagement, die Auslandsbeteiligungen, Luftfracht- und Bodenabfertigung sowie das e-business. Wichtig sei auch der Erfahrungsaustausch in allen Bereichen. Dabei ergänzen sich die Kompetenzen beider Unternehmen: Während Schiphol stark im Bereich Einzelhandel sei, gelte die FAG als Experte u.a. bei Bodenabfertigungsdiensten, Gebäudemanagement und Flughafenausbau. Plänen für eine Überkreuzbeteiligung wird zwar eine deutliche Absage erteilt. Auf Dauer werden sich finanzielle Verflechtungen aber nicht verhindern lassen, denn der Luftverkehr ist ein globales Geschäft, in dem auf Seiten der Airports letztlich auch nur wenige global agierende Flughafengesellschaften eine Rolle spielen werden.

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3.3 Neue Geschäftsfelder

Die Schließung der Nobel-Diskothek „Dorian Gray„ auf dem Frankfurter Flughafen Ende Dezember letzten Jahres hat noch einmal verdeutlicht, dass Flughafengesellschaften ihr Geld längst nicht mehr allein mit dem Flugverkehr verdienen. Spöttisch heißt es schon, moderne Flughäfen mit ihrer Vielzahl an Ge-

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schäften, Restaurants und Unterhaltungsstätten seien „Einkaufszentren mit angeschlossener Landebahn„. Solche neuen und lukrativen Geschäftsfelder werden allerdings auch mehr und mehr notwendig, denn seit Mitte der 90er Jahre hat sich die Situation entscheidend verändert. In der Vergangenheit konnten die Flughafengesellschaften als regionale Monopolanbieter von Infrastruktur die Höhe der Start- und Landegebühren so festlegen, dass einträgliche Gewinne erzielt und an den Staat als Eigentümer weitergegeben werden konnten. Doch die Zeiten automatisch fließender Gewinne sind vorbei. Die Airline-Allianzen sind mittlerweile an ihren zentralen Drehkreuzen so dominant geworden, dass sie die Flughäfen immer stärker unter Druck setzen und diesen ihre Bedingungen weitgehend diktieren können. Gegen diese massive Marktmacht lassen sich Gebührenerhöhungen kann noch durchsetzen. Gleichzeitig steigt der Investitionsbedarf der Flughäfen mit dem ständig wachsenden Verkehrsaufkommen. Einen Ausweg aus dieser Zwickmühle bietet die Erschließung neuer Märkte. Diese führt zu höheren Einnahmen im Nicht-Flug-Bereich und reduziert zugleich die Abhängigkeit von den Allianzen der Fluggesellschaften.

Solche Strategien betreiben inzwischen alle Flughäfen – nach den Ergebnissen der Mercer Management Consulting allerdings mit höchst unterschiedlichem Erfolg. So liegt bei innovativen Flughafenbetreibern wie der BAA der Anteil des Umsatzes, der nicht aus Verkehrsentgelten erzielt wird, inzwischen bei mehr als 70 Prozent. Dazu zählen die Vermietung von Laden- und Büroflächen, Hotels, Restaurants, Konferenzzentren und Parkflächen, Firmenberatung, informations- und kommunikationstechnologische Angebote, Dienstleistungen für Airlines wie Betankung, Frachtabfertigung und Catering sowie eigene Handels- und Gastronomieerlöse. Der Behauptung, bei den großen deutschen Flughäfen sei das Verhältnis zwischen Verkehrsentgelten und anderen Geschäften genau umgekehrt, und es gäbe deshalb einen erheblichen Nachholbedarf, wurde von der ADV energisch widersprochen. Der tatsächliche Unterschied sei minimal. Unterschiedliche Zahlen ergäben sich primär aus einer völlig anderen Art der Rechnungsführung.

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Auf dem 7. Luftverkehrsforum der Deutschen Verkehrswissenschaftlichen Gesellschaft (DVWG) Ende Februar 2000 stellte der Geschäftsführer des Münchener Flughafens Walter Vill fest, dass Non-Aviaton-Erlöse auch bei deutschen Flughäfen einen wesentlichen Bestandteil der Einkünfte ausmachen (DVWG-Bericht B 228). Dabei spielt die Urbanisierung der Flughäfen eine wichtige Rolle. Hierfür sind nach den Erfahrungen des Airport-Managers deutliche Akzentsetzungen für das Retail- und Gastronomieangebot im öffentlichen Bereich notwendig. Zusätzlich seien jedoch auch Ergänzungen des Angebots in anderen Sektoren wie Konferenzfacilitäten, Hotel, Entertainment (Spielhallen, Kino, Video usw.), Kulturangebote, Ausstellungen, Kunst, luftfahrt- und flughafenbezogene Informations- und Besichtigungseinrichtungen, Telekommunikationsdienste, Internet u.ä. sowie Produkt- und Standortpromotion bis hin zum Konzert, Kleinkunst und Erlebnisgastronomie erforderlich.

Solche Entwicklungen werden nach Auffassung des Vorstandsvorsitzenden des Flughafens Frankfurt aber nicht dazu führen, dass Flughäfen künftig Dienstleistungszentren und Flugbetrieb sein werden. Wilhelm Bender betonte auf dem Flughafen-Seminar der DVWG 1997 in Hannover, dass die Erwartung, Serviceleistungen aller Art würden immer wichtiger und der Flugbetrieb fungiere zunehmend nur noch als Appendix, eine grobe Fehleinschätzung sei (DVWG-Bericht B 206). „Groundhandling, Frachthandling, Airport-Manage-ment und Flughafenentwicklung sind und bleiben wichtige Kernprodukte,„ so Bender. Dienstleistungen und Kundennähe sind aber auch essentielle Faktoren für einen zukunftsorientierten Flughafen. Bessere Verkehrsleistungen und mehr Service ergänzen und begünstigen sich gegenseitig. Beides gehört für Bender zu den strategischen Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft, mit denen die Flughäfen konfrontiert sind.

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3.4 Flughafenallianzen in Deutschland

Im multifunktionalen Flughafensystem Deutschlands ist der Versuch des Landes Hessen und der FAG, eine gesamtdeutsche Flughafen-Holding zu gründen, gescheitert. Der vorgelegte unternehmerische Ansatz führte aus Sicht der übrigen Beteiligten nicht automatisch zu einer Sicherung des Luftverkehrsstandortes Deutschland. Die anderen Landesregierungen befürchteten ebenso wie die anderen deutschen Verkehrsflughäfen, dass dann ihre regionalen Standortinteressen auf der Strecke bleiben würden. Das Konzept wurde abgelehnt, weil man verhindern wollte, dass die Luftverkehrspolitik der gesamten Republik in Zukunft vom hessischen Landtag bestimmt wird. Der Vorstand der Mitteldeutschen Flughafen AG weist darauf hin, dass mittlerweile nach ausführlicher Diskussion des Für und Wider eine andere Strategie verfolgt wird, die die Verkehrscharakteristik der Flughäfen im Fokus hat. Dabei sollen u.a. gleichgerichtete Interessen innerhalb europäischer Regionen hinsichtlich deren Anbindung sowie die Zusammenarbeit von Flughäfen gleicher Größenordnung verfolgt werden.

Durch den von der FAG favorisierten Vorschlag wurde allerdings bundesweit eine Diskussion über Flughafenallianzen auf nationaler Ebene in Gang gesetzt. Schon vorher haben die Flughäfen München, Stuttgart, Nürnberg, Leipzig/Halle und Dresden eine süddeutsche Allianz gebildet. In einer norddeutschen Allianz sind die Flughäfen von Hamburg, Bremen und Hannover organisiert. Es handelt sich um offene Kooperationen bei den Bereichen Aus- und Weiterbildung, gemeinsamer Einkauf, Beschaffung gemeinsamer Software und allgemeiner Erfahrungsaustausch. Alle Mitglieder dieser Unternehmensgruppen treten am Markt aber weiterhin als Konkurrenten auf. Fest steht auch, dass Allianzen bei dem gravierendsten Problem auf den deutschen Flughäfen, nämlich den Kapazitätsengpässen kaum weiterhelfen. Auf nationaler Ebene können sie aber einen Beitrag zu effizienteren Strukturen liefern, indem sie

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den Kostendruck in der Branche reduzieren helfen. Damit leisten sie einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung des Luftverkehrsstandortes im europäischen Wettbewerb.

Auch auf regionaler Ebene machen Allianzen Sinn, wenn z. B. bedarfsorientierte Investitionen arbeitsteilig vorgenommen werden sollen. Der ehemalige Sprecher des Flughafens Leipzig/Halle stellt fest, dass hierzu der politische Konsens der öffentlichen Beteiligten über ein gemeinsames Ziel Voraussetzung ist; im privatwirtschaftlich beherrschten Bereich gelte dies analog für die marktgerechte und realistische Unternehmensausrichtung, wenn mehrere Standorte bzw. Unternehmensteile betroffen sind. Eine nennenswerte Beeinflussung des Luftverkehrsmarktes durch solche Verbünde ist kaum zu befürchten, denn die Einflussmöglichkeiten der Flughäfen auf die Bedienung ihrer Regionen sind nur gering.

Ergänzend stellt sich die Frage der Zusammenarbeit von Flughäfen mit den weltweit bzw. im europäischen Maßstab Allianzen bildenden Airlines. Für Flughäfen war dies bislang ein kritisches Thema, da sie Neutralität gegenüber allen Fluggesellschaften wahren müssen. In jüngster Zeit gibt es aber gemeinsame Anstrengungen im operativen und im investiven Bereich. Hierdurch sollen Ressourcen im Interesse der Wirtschaftlichkeit beider Parteien gebündelt werden, ohne die Wettbewerbsneutralität der Flughäfen in Frage zu stellen. Als Beispiel mag die Investition der Deutschen Lufthansa in das Terminal 2 am Flughafen München dienen. Derartige Kooperationen sollten nach Auffassung des Vorstandsmitglieds der Mitteldeutschen Flughafen AG dringend weiterverfolgt werden.

Die Bundesregierung hat in ihrem Flughafenkonzept die Zusammenarbeit zwischen deutschen Flughäfen ebenso wie Kooperationen mit ausländischen Airports ausdrücklich begrüßt. Flughafenunternehmen und deren Gesellschafter werden aufgefordert, Kooperationsansätze auch und gerade auf internationaler Ebene aufzunehmen und weiter zu entwickeln.

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Für die Flughafengesellschaften machen Allianzen und Kooperationen nur dann einen Sinn, wenn sich für alle Beteiligten ökonomische Vorteile ergeben. Mittlerweile zeigen Erfahrungen, dass man durchaus im Primärmarkt konkurrieren und auf Sekundärmärkten kooperieren kann. Ex-Lufthansa-Chef Heinz Ruhnau prophezeit, dass nach Abschluss der jetzt eingesetzten Privatisierungswelle der nationale und internationale Wettbewerb völlig anders aussehen werde. Deshalb sei es notwendig, rechtzeitig die Interessen zu bündeln.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Dezember 2001

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