FES HOME MAIL SEARCH HELP NEW
[DIGITALE BIBLIOTHEK DER FES]
TITELINFO / UEBERSICHT



TEILDOKUMENT:


[Seite der Druckausgabe: 23 / Fortsetzung]


4. Köln-Kalk: Ausbau eines Stadtteiles und seines Zentrums

4.1 Entwicklung des rechtsrheinischen Raums

Die Stadt Köln mit rund einer Million Einwohner weist eine Vielzahl von Stadtteilen auf, die sich im Verlauf der Stadtgeschichte allerdings unterschiedlich entwickelt haben. Das rechtsrheinische Stadtgebiet ist der traditionelle Standort von Industrie bzw. Gewerbe und damit der Arbeitsplätze im sekundären Sektor. Im Zuge des tiefgreifenden ökonomischen Strukturwandels sind vor allem die rechtsrheinischen Stadtteile Mülheim, Deutz und Kalk von umfangreichen Deindustrialisierungsprozessen und damit massiven Arbeitsplatzverlusten betroffen.

4.2 Der Stadtteil Kalk

Der Stadtteil Kalk ist von Eisenbahn- und Autobahntrassen sowie Industrie- und Gewerbegebieten umgeben und weist damit eine für gründerzeitliche Arbeiterquartiere typische Gemengelage aus Wohnen und Arbeiten auf. Weitere städtebauliche Probleme Kalks sind ein „Mangel an Grün- und Freiflächen, an Umweltqualität, an Infrastruktur, an vergleichbarem Wohnungsstandard" [Fn. 3: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Hand lungskonzept Köln-Kalk. Reihe Forum für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, Dortmund 1996: 11.] usw.

Im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels, der mit umfangreichen Werksschließungen der verarbeitenden Industrie einherging, wurde Kalk auch mit zahlreichen sozialen Problemen konfrontiert, wie sie aus vergleichbaren Stadtteilen bekannt sind (vgl. Duisburg-Marxloh). Dazu gehören (Langzeit-) Arbeitslosigkeit und Dequalifizierung mit ihren psychosozialen Auswirkungen sowie erhebliche Kaufkraftverluste. Das Wegbrechen des Integrationsfaktors Arbeit führt teilweise zu Konflikten im gemeinschaftlichen Zusammenleben. Spannungen sind sowohl zwischen Deutschen und Migranten als auch zwischen unterschiedlichen Migranten-

[Seite der Druckausgabe: 24]

gruppen bzw. zwischen Migranten-Generationen zu beobachten. Ein weiteres Problem ist die Abwanderung einkommensstärkerer Haushalte bei fehlender Zuwanderung und damit insgesamt sinkender Bevölkerungszahl. In Kalk lebten Mitte der 90er Jahre 36.200 Einwohner, davon ca. 50% Nichtdeutsche. Rund 25% der erwerbsfähigen Bevölkerung waren zu diesem Zeitpunkt arbeitslos. [Fn. 4: Gütter, Reinhold: Kalk, ein Stadtteil im tiefgreifenden Strukturwandel. In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein- w estfalen (Hrsg.): Handlungskonzept Köln-Kalk. Reihe Forum für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, Dortmund 1996: S. 18.]

Insgesamt kann von einer unattraktiven Atmosphäre für Investitionen bzw. Existenzgründungen gesprochen werden. Ein besonderes Problem - zugleich aber auch Potential - stellen die umfangreichen Brachflächen ehemaliger Industrie- und Gewerbe-, Eisenbahn- und Hafenanlagen dar, deren Wiedernutzung zentraler Bestandteil der Erneuerungsstrategien für Kalk sind. „Die Stadtentwicklungsplanung Köln sieht ebenso wie die Landesregierung Nordrhein-Westfalen in den genannten Problemlagen eine vielschichtige Ausgangslage für eine drohende ‘Entwicklungsspirale nach unten’, der mit allen verfügbaren Mitteln entgegengesteuert werden muß." [Fn. 5: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklungsplanung: Integriertes Handlungskonzept für den „Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf" Köln-Kalk (mit nördlichem Humboldt-Gremberg und Sanierungsge biet Vingst/Höhenberg). In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nord rhein- w estfalen (Hrsg.): Handlungskonzept Köln-Kalk. Reihe Forum für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, Dortmund 1996: S. 23.]

Page Top

4.3 Handlungskonzepte zur Stadtteilerneuerung in Kalk

Mitte des Jahres 1991 wurde angesichts des Niedergangs des produzierenden Gewerbes die Erstellung eines „Entwicklungskonzeptes erweiterter rechtsrheinischer Innenstadtbereich" beschlossen, im Mai 1993 folgte - nach Bekanntgabe der Schließung der Chemischen Fabrik Kalk (CFK) - der Beschluß zur „Sicherung des Chemiestandortes Kalk". Im Herbst 1993 stellte die Stadt Köln für das Gebiet Kalks inklusive des angrenzenden nördlichen Teils von Humboldt-Gremberg und des Sanierungsgebietes Vingst/Höhenberg einen Antrag auf Aufnahme in das Handlungsprogramm für „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf" des Landes Nordrhein-Westfalen. Aufgrund des fortschreitenden industriellen Niedergangs des rechtsrheinischen Raumes beschloß der Rat im Frühjahr 1994, die Verwaltung mit der Erarbeitung eines Gesamtprogramms zur Strukturverbesserung für Kalk zu beauftragen. Auf der „Kalk-Konferenz" mit Vertretern des Landes, die im August 1994 stattfand, formulierte die Stadt Köln folgende Leitprojekte und Schwerpunkte des sogenannten „Kalk-Programms": [Fn. 6: Vgl. zur Entwicklung des Handlungskonzeptes: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklungsplanung: Integriertes Handlungskonzept für den „Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf" Köln-Kalk (mit nördlichem Humboldt-Gremberg und Sanierungsge biet Vingst/Höhenberg). In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nord rhein- w estfalen (Hrsg.): Handlungskonzept Köln-Kalk. Reihe Forum für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, Dortmund 1996: S. 22.]

  • Technologieförderung,

  • Wirtschaftsstrukturpolitik für kleinere und mittlere Unternehmen,

  • Beschäftigungsförderung/Qualifizierung,

  • Verbesserung der Stadtstruktur/Abbau des Freiflächendefizits,

  • Kommunikation und Vernetzung.

[Seite der Druckausgabe: 25]

Im Jahr 1994 erfolgte der erste Förderantrag der Stadt im Rahmen des Handlungsprogramms für „Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf", 1995 die erste Förderbewilligung durch das Land. Die Stadt Köln orientiert sich am Leitbild des Landes, das eine starke Betonung sozialer und kultureller Komponenten bei der Stadtteilrevitalisierung beinhaltet (vgl. den Beitrag zu Duisburg-Marxloh in diesem Heft), fokussiert ihre Handlungsansätze zur Strukturverbesserung im Rahmen des „Kalk-Programms" angesichts großdimensionierter industrieller Brachflächen - in Kalk knapp 20% der Gesamtfläche des Stadtteils - jedoch vor allem auf die Bereiche

  • Technologie- und Forschungsförderung,

  • Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen sowie

  • Stadtumbau/Mobilisierung von aufgelassenen Industrie- und Gewerbebrachen,

ohne dabei soziale Aspekte zu vernachlässigen. Die Schwerpunkte des „Kalk-Programms" lauten daher:

  1. Wiederaufbau der Wirtschafts- und Beschäftigungsbasis,

  2. Stabilisierung und Ergänzung der Wohnfunktion sowie

  3. Verdichtung sozial-kultureller Netze.

1. Wiederaufbau der Wirtschafts- und Beschäftigungsbasis

Im Mittelpunkt der Maßnahmen zur ökonomischen Revitalisierung Kalks stehen die Punkte: [Fn. 7: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklungsplanung, S. 24.]

  • Wiederbelebung einer Wirtschafts-/Beschäftigungsbasis für den Stadtteil auf brachliegenden Gewerbeflächen,

  • Schaffung zukunftsorientierter, das Qualifikationsniveau der lokalen Bevölkerung berücksichtigender Arbeitsplätze beispielsweise in den Bereichen Nahversorgung und Export; vermieden werden soll die ausschließliche Substitution der weggebrochenen Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie durch solche im Dienstleistungsbereich,

  • Weiterbildung und Qualifizierung.

Konkret wurden bisher unter anderem folgende Projekte realisiert bzw. befinden sich in der Planung: [Fn. 8: Im folgenden - wenn nicht anders angegeben: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklungsplanung, S. 24-26.]

Rechtsrheinisches Technolgiezenrum (RTZ)

Auf dem Gelände der ehemaligen Batteriefabrik Gottfried Hagen wird seit 1996 das Rechtsrheinische Technologie-Zentrum (RTZ) von einer Besitzgesellschaft unter Trägerschaft der Landesentwicklungsgesellschaft NRW, der Kreis- und Stadtsparkasse Köln, der IHK Köln und der Stadt unter anderem mit Fördermitteln des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen errichtet. Die Konzeption des RTZ wird vom 1995 gegründeten „Verein zur Förderung der rechtsrheinischen gewerblichen Wirt-

[Seite der Druckausgabe: 26]

schaft Köln e.V.", der ebenfalls Mitglied der Besitzgesellschaft ist, begleitet. Das RTZ ist das Leitprojekt des „Kalk-Programms" mit den Schwerpunkten Bio- und Gentechnik sowie Pharmazie auf 5.000 m² Bruttogeschoßfläche. Es wird die im rechtsrheinischen Gebiet bereits vorhandenen „Forschungs- und Entwicklungsinteressen beim Ingenieurwissenschaftlichen Zentrum der Fachhochschule Köln in Deutz, beim TÜV Rheinland und bei verschiedenen Industrieunternehmen" aufnehmen und mit den genannten Institutionen bzw. Organisationen zusammenarbeiten. Die hier gewonnenen Forschungs- und Entwicklungsergebnisse sollen in die Ausbildung beispielsweise von Ingenieurs- und Handwerksberufen einfließen und in Dienstleistungsunternehmen umgesetzt werden - das Hagen-Gelände bietet ausreichende Flächenreserven für Ausgründungen aus dem RTZ bzw. die Ansiedlung technologieorientierter Unternehmen. Konkrete Angebote sind: [Fn. 9: Vgl. hierzu: Madaus, Andreas: Das Rechtsrheinische TechnologieZentrum (RTZ). In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein- w estfalen (Hrsg.): Handlungskonzept Köln-Kalk. Reihe Forum für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, Dortmund 1996: S. 34]

  • Beratungsangebote für Existenzgründer,

  • Angebot preisgünstiger Gewerberäume und Gemeinschaftseinrichtungen,

  • Qualifizierungsmaßnahmen,

  • Betreuung von Gemeinschafts- und Verbundprojekten,

  • Unterstützung beim Ausbau des Technologie- und Gewerbeparks.

Handwerks- und Qualifikationszentrum Humboldt

Im Mittelpunkt des ebenfalls auf dem Hagen-Gelände angesiedelten Handwerks- und Qualifikationszentrum Humboldt stehen der Neubau der überbetrieblichen Ausbildungsstätte der Innung Heizung, Klima, Sanitär und das Arbeitsprojekt des Internationalen Bundes für Sozialarbeit (IB), das im Rahmen von Beschäftigungsmaßnahmen des zweiten Arbeitsmarktes an vielen Erneuerungsprojekten der Stadt beteiligt ist.

Gewerbe- und Handwerkerhof Kapellenstraße

In den leerstehenden Montagehallen der Klöckner-Humboldt-Deutz AG (KHD) an der Kapellenstraße soll ein Gewerbe- und Handwerkerhof als „’sozialer Gewerbebau’ mit Projektträgern des 2. Arbeitsmarktes (vgl. IB-Projekt auf dem Hagen-Gelände) realisiert werden, um insbesondere kleinere Unternehmen, Handwerker, Dienstleister zu fördern und gleichzeitig eine wohnbereichsbezogene Versorgung zu sichern." [Fn. 10: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklungsplanung: Integriertes Handlungskonzept für den „Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf" Köln-Kalk (mit nördlichem Humboldt-Gremberg und Sanierungsge biet Vingst/Höhenberg). In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nord rhein- w estfalen (Hrsg.): Handlungskonzept Köln-Kalk. Reihe Forum für Stadtteile mit besonderem Erneuerungsbedarf, Dortmund 1996: S. 26.]

[Seite der Druckausgabe: 27]

Um- und Wiedernutzung des CFK-Geländes als Gewerbe- und Industriepark Kalk/West

Das größte derzeit noch in der Planung befindliche Revitalisierungsprojekt ist die Wiederbebauung des unmittelbar an der Kalker Hauptstraße im Westen des Stadtviertels gelegenen Geländes der ehemaligen Chemischen Fabrik Kalk (CFK). Grundlage der Planungen für den hier vorgesehenen Gewerbe- und Industriepark Kalk/West ist das Konzept der behutsamen Stadterneuerung, das zwar die Wiedernutzung von Industriebrachen vorsieht, allerdings keine neuen Monostrukturen - beispielsweise im Dienstleistungs- oder Einzelhandelsbereich - zuläßt. Es ist Ziel der Stadt Köln, auch im gewerblichen, produzierenden Bereich Arbeits- und Ausbildungsplätze am Standort zu halten. Insgesamt soll daher im Rahmen von wirtschaftsstrukturellen Erneuerungsprojekten ein breit gefächertes Angebot entstehen, das dem Qualifikationsniveau bzw. -potential der lokalen Bevölkerung entspricht.

Diese angestrebte Diversifizierung gilt auch für den baulichen Bereich: die ehemaligen industriellen Großstrukturen sollen nicht durch neue Großstrukturen ersetzt werden. So ist beispielsweise der Vorschlag, auf dem Gelände ein Factory Outlet Center anzusiedeln, abgelehnt worden. Da für die Ausschreibung eines städtebaulichen Wettbewerbs nicht genügend Zeit zur Verfügung stand, wurden mögliche Nutzungskonzepte im Rahmen einer Mehrfachbeauftragung entwickelt, wie der Vertreter der Stadt Köln ausführte.

Zu den gegenwärtig diskutierten Nutzungsvorschlägen gehören - so der Referent - unter anderem ein 19-geschossiger Bau in Form einer Pyramide, der von einem privaten Klinikum errichtet werden soll. Großkinos oder Großeinrichtungen des Einzelhandels mit Magnetwirkung - ohne die Ansiedlung von Einzelhandelseinrichtungen könne das geplante Projekt nicht umgesetzt werden, so der Vertreter Kölns - sollen trotz oben genannter Zielvorstellungen realisiert werden können. In Diskussionen mit der Kölner Kaufmannschaft hat man sich allerdings auf eine Begrenzung auf 28.000 m² Verkaufsfläche geeinigt, da die entlang der Kalker Hauptstraße angesiedelten Einzelhändler andernfalls eine zu starke Verlagerung der Kaufkraft aus den bestehenden Strukturen in den Gewerbe- und Industriepark befürchten. Verkehrstechnische Probleme sind aufgrund der unmittelbaren Anbindung des CFK-Geländes an das U-Bahn-Netz und eine Autobahn nicht zu erwarten.

Die weitere Planung sieht für einen großen Teilbereich des Geländes Wohnnutzungen vor, wobei sich allerdings die lokale Bevölkerung gegen weiteren sozialen Wohnungsbau ausspricht. Vielmehr wird eine stärker durchmischte Sozialstruktur gewünscht, die teilweise über das Angebot von Stadthäusern und Eigentumswohnungen erreicht werden könnte. Zwar ist Kalk gegenwärtig noch kein Zuwanderungsort für kaufbereite Bürger aus anderen Stadtteilen, doch ist die lokale Bevölkerung bei entsprechender Beratung teilweise am Erwerb von Wohneigentum interessiert, vor allem wenn in ihrer jetzigen Situation hohe Mietpreise zu zahlen sind. Dennoch muß, so der Referent, auch für Zuziehende ein attraktives Angebot geschaffen werden, um eine gemischte Wohnstruktur zu erreichen.

Das CFK-Gelände ist von einem Investor gekauft worden, der mit der Sparkasse Köln als Teilgesellschafterin zusammenarbeitet. Über diese Beteiligung und die Planungshoheit der Kom-

[Seite der Druckausgabe: 28]

mune ist die Einflußnahmemöglichkeit der Stadt zur Durchsetzung ihrer Interessen gegeben, wie der Vertreter Kölns betonte.

2. Stabilisierung und Ergänzung der Wohnfunktion

Wie bereits im Zusammenhang mit den Nutzungskonzepten für das CFK-Gelände angesprochen, ist die Entwicklung ansprechender Wohnraumangebote ein wesentliches Element zur Herstellung eines attraktiven Umfeldes für Investitionen.

Die zu einem großen Teil aus der Gründer- oder Nachkriegszeit stammende Wohnbausubstanz Kalks ist bzw. war stark sanierungs- oder modernisierungsbedürftig. Entsprechende Maßnahmen werden vor allem in den Sanierungsgebieten Kalk-Post und Vingst/Höhenberg gefördert. Die Stadt Köln verfügt über ein eigenes Amt für Stadterneuerung, das mit starker Bürgerpartizipation sehr kleinteilig („Parzelle für Parzelle") vorgeht und vor Ort vertreten ist (SanierungsContainer Kalk-Post, siehe unten). Quartiersbelange werden über diese Büros auch gegenüber anderen Bereichen der Kölner Stadtverwaltung vertreten - beispielsweise bei der Planung von Großprojekten wie auf dem ehemaligen CFK-Gelände.

Sanierungsmaßnahmen in Kalk ließen sich zunächst nicht einfach umsetzen, wie der Vertreter der Stadt Köln ausführte. Viele Wohnungen waren von Migranten bewohnt, die nur sehr geringe Mieten zahlten, so daß für viele Hausbesitzer Modernisierungsmaßnahmen zunächst unrentabel erschienen. Notwendige Investitionen in privaten Hausbesitz mußten daher in einigen Fällen - zum Teil über Ordnungsmaßnahmen - regelrecht erzwungen werden. Mittlerweile ist ein Großteil der Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen abgeschlossen. Da sich die damit verbundenen Mieterhöhungen in vertretbarem Rahmen bewegten, konnten die ursprünglichen Wohnstrukturen erhalten werden. Teilweise sind Wohnungen sogar von Migranten - in erster Linie türkischen Mitbürgern - gekauft worden, wodurch sich die Sozialstruktur wesentlich stabilisiert hat, die früher durch starke Abwanderung bzw. Fluktuation gekennzeichnet war.

Die im Zuge der Deindustrialisierungsprozesse brachgefallenen Industriegelände im Süden und Westen Kalks bieten neben den genannten Möglichkeiten für wirtschaftsstrukturverbessernde Maßnahmen auch Raum für Wohnungsneubauprojekte. Entsprechende Vorhaben wurden auf den ehemaligen KHD-Werksflächen südlich der Kalker Hauptstraße bereits realisiert und sind - wie gesehen - für die östlichen Bereiche des CFK-Geländes auf der Grundlage von Neuordnungsmaßnahmen geplant. Für Maßnahmen der Verbesserung des Wohnungsangebotes wurden im Rahmen des „Kalk-Programms" folgende Zielsetzungen formuliert: [Fn. 11: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklungsplanung, 1996: S. 26.]

  • Erhaltung der vorhandenen Bevölkerungsmischung,

  • Verhinderung der Verdrängung einkommensschwächerer Haushalte,

  • Erhaltung bzw. Verbesserung des innenstadtnahen, gut erschlossenen Wohnbereichs sowie

[Seite der Druckausgabe: 29]

  • Ergänzung des bestehenden Wohnungsangebotes unter anderem durch familien- und altengerechte Wohnungen für breite Schichten der Bevölkerung.

Entsprechend dieser Prämissen spielt auch der öffentlich geförderte Wohnungsbau - im Unterschied zu vielen anderen Großstädten - in Köln-Kalk noch eine bedeutende Rolle. Auf rund 5.000 Wohnungen, die in Köln jährlich gebaut werden, kommt ein Bedarf von ca. 1.500 Sozialwohnungen im Neubaubereich, so der Vertreter der Stadt.

Viele Wohnumfeldsituationen im Stadtteil sind durch die eingangs geschilderte Gemengelagenproblematik beeinträchtigt und daher oftmals stark verbesserungsbedürftig. Erste Wohnumfeldmaßnahmen wurden bereits in den 80er Jahren durchgeführt. Aktuelle Projekte sind der im östlichen Bereich des ehemaligen CFK-Geländes geplante Bürgerpark Kalk, der mit Maßnahmenträgern des zweiten Arbeitsmarktes errichtet werden soll, sowie die quantitative und qualitative Verbesserung des Angebotes an Freizeit-Außenaktivitäten für Kinder und Jugendliche.

3. Verdichtung sozial-kultureller Netze

Deindustrialisierung und Arbeitslosigkeit bedrohen den sozialen Zusammenhalt im Stadtteil, weshalb im Rahmen des „Kalk-Programms" neben wirtschafts- bzw. infrastrukturellen Maßnahmen auch solche zur Förderung des (interkulturellen) Zusammenlebens durchgeführt werden: [Fn. 12: Stadt Köln, Amt für Stadtentwicklungsplanung, 1996: S. 27ff.]

  • Schaffung bedarfs- und standardgerechter Gemeinbedarfseinrichtungen für alle Bevölkerungsgruppen;

  • Förderung und Vernetzung bereits vorhandener Initiativen zur Verbesserung des interkulturellen und interethnischen Zusammenlebens;

  • Einrichtung von Spiel-, Beratungs- und Förderangeboten sowie Beteiligungsprojekten für Kinder und Jugendliche;

  • Durchführung von Maßnahmen zur Sucht- und Kriminalitätsprävention als Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit im Stadtteil;

  • Festigung der Stadtteilidentität unter anderem durch Aufarbeitung der industriellen Geschichte Kalks.

Hauptzielgruppen sind Kinder und Jugendliche sowie Migranten-Frauen. Konkret werden seit 1994 foldende Projekte durchgeführt:

  • Initiativkreis Kalk: Vermittlungsagentur, Organisationshilfe und Kommunikationsstelle für lokale Akteure; Problemidentifikation im „Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf"; Aktivierung von Organisationen und Initiativen für die Mitarbeit in Erneuerungsprojekten mit den Schwerpunkten Gemeinwesenarbeit, Stadtteilkultur, Wohnumfeld und Wirtschaft;

  • SanierungsContainer Kalk-Post: vor Ort befindliche Informationsanlaufstelle für Bürger, Initiativen, Einzelhändler etc.;

[Seite der Druckausgabe: 30]

  • Planungsbegleitung und -dokumentation durch Betroffene: medienpädagogische Angebote zur Dokumentation der Stadtteilerneuerung durch die Bevölkerung;

  • Gemeinwesenprojekte im Bürgerhaus Kalk: breites Angebotsspektrum an (Kultur-) Projekten mit sozial integrierendem Charakter;

  • Stadtteil- und wohnumfeldorientierte Suchtprävention: Projekte zur Suchtaufklärung;

  • Stadtteilkulturprojekte: unter anderem Einrichtung der „Halle Kalk" für das Schauspiel Köln und von Ausstellungsflächen für das Museum Ludwig in einer ehemaligen KHD-Halle, Gestaltung des öffentlichen Raums durch Künstler („Kunstroute"), Förderung lokaler Vereine, kulturelle Nachwuchsförderung im Bürgerhaus Kalk (unter anderem Musik, Theater) etc.

  • Bildungsangebote;

  • Maßnahmen zur Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen;

  • Maßnahmen zur Berufswahlorientierung;

  • Deutsch-türkische Literaturprojekte;

  • Kalker Kinderforum: Identifikation und Berücksichtigung von Kinderwünschen bei der Planung von Maßnahmen zur Verbesserung der Wohnraum- und Aufenthaltsqualität im Stadtteil;

  • Sanierungswerkstatt Vingst: Beratungsangebote für von Sanierungsmaßnahmen betroffene Bürger;

  • Bewohnerbefragung zur Verbesserung der lokalen Datenlage;

  • Sicherung von Zeugnissen der Industriegeschichte Kalks.

Abschließend sprach der Vertreter der Stadt Köln nochmals die kommunalen Probleme bei der Projektentwicklung in Kooperation mit Großinvestoren an. Der Referent vertrat die These, eine Kommune habe heute kaum noch Einfluß auf die Frage, ob Entwicklungen eher langsam oder in Form kurzfristig umzusetzender Projekte stattfinden sollen. Kaum eine Kommune würde das Angebot eines Investors und die damit verbundene Hoffnung auf Ansiedlung neuer Arbeitsplätze sowie die Stabilisierung der lokalen Kaufkraft ausschlagen können. Angesichts dieser Entwicklungen stelle sich daher weniger die Frage, ob public private partnerships generell wünschenswert sind oder nicht, sondern wie kommunale und Investoreninteressen zusammengebracht werden können.

So ist beispielsweise ein Großinvestor im Einzelhandelsbereich sehr viel eher als eine Kommune mit ihrem zunehmend begrenzten Haushaltsspielraum in der Lage, Zentren mit einer hohen, entsprechend teuren Aufenthaltsqualität zu errichten, wie der Referent ausführte. Auch könne ein Investor innerhalb seines Projektes über unterschiedlich gestaltete Mietpreise den von ihm gewünschten Branchenmix herstellen, was einer Kommune im Innenstadtbereich mit seiner heterogenen Eigentümerstruktur kaum möglich sei. Auf der anderen Seite seien Investoren in der Regel kaum an der Entwicklung der standortumgebenden Infrastruktur und am sozialen Zusammenleben der lokalen Wohnbevölkerung interessiert - beide Aspekte berührten aber „klassische" kommunale Interessen und müßten daher Verhandlungsgegenstand in public private partnerships sein.

Der beschriebene Planungsprozeß für das CFK-Gelände läuft seit ungefähr zwei Jahren. Während die Altlastensanierung entgegen aller Befürchtungen der Kommune für den interessierten

[Seite der Druckausgabe: 31]

Investor offensichtlich kein Problem darstellt, ist die Frage, welche Nutzungen in welcher Form auf dem Areal entstehen sollen bzw. ob lediglich Investoren- oder auch gesamstädtische Interessen durchgesetzt werden können, zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch offen, so der Vertreter der Stadt Köln.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Mai 2001

Previous Page TOC Next Page