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II. Rechtliche Grundlagen und Grenzen kommunaler Wirtschaftsbestätigung

1. Verfassungsrechtliche Grundlagen

Maßgebliche Grundlagen und Grenzen der Kommunalwirtschaft enthält das Grundgesetz. Dabei kommt sowohl der verfassungsrechtlichen Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden als auch den Grundrechten der privaten Konkurrenten und Kunden Bedeutung zu.

1.1 Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes

Zentrale verfassungsrechtliche Grundlage für die kommunale Wirtschaftsbetätigung ist Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, wonach den Gemeinden das Recht gewährleistet sein muß, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Diese Selbstverwaltungsgarantie umfaßt das grundsätzliche Recht der Kommunen, sich eigenwirtschaftlich zu betätigen. Sie schützt zudem auch die kommunale Wirtschaftsförderung. Das verfassungsrechtlich gewährleistete Selbstverwaltungsrecht darf nur durch oder aufgrund Gesetzes eingeschränkt werden. Solange keine spezialgesetzlichen Regelungen existieren - also der Gesetzgeber nicht in zulässiger Weise das Recht und die Grenzen der kommunalen Wirtschaftsförderung regelt -, genießen die Kommunen im Rahmen ihres Wirkungskreises und der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen einen eigenverantwortlichen Aktions- und Gestaltungsspielraum.

Vor diesem Hintergrund wäre es im übrigen verfassungsrechtlich bedenklich, wenn Bund und Länder ihre wirtschaftsfördernden Leistungen generell um den Betrag kürzen würden, den die Kommunen im Rahmen ihrer Wirtschaftsförderung erbringen. Hierdurch würde die kommunale Selbstverwaltung konterkariert.

Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ist aber nicht nur Grundlage der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen, sondern setzt ihr auch Grenzen. Zum einen ergeben sich diese Einschränkungen aus dem bereits erwähnten Passus „im Rahmen der Gesetze". Zu diesen Gesetzen zählen insbesondere die gemeindewirtschaftsrechtlichen Regelungen der Kommunalgesetze der Bundesländer. In ihnen werden die Voraussetzungen und Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden und Gemeindeverbänden - teilweise mit unterschiedlichem Inhalt - normiert. Zudem gehören zu den Gesetzen, die dem kommunalen Wirtschaftsrecht Grenzen setzen dürfen, auch

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wettbewerbsrechtliche Regelungen wie etwa § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. [Fn. 2: Auf die verfassungsrechtlich zugelassenen gesetzlichen Grenzen der Kommunalwirtschaft wird in den folgenden Abschnitten 2. und 3. näher eingegangen.]

Weitere grundgesetzliche Grenzen der kommunalen Wirtschaftsbetätigung ergeben sich aus der Bindung der Kommunen an die festgelegten Verbandskompetenzen. Die Selbstverwaltungsgarantie ist ihrer Funktion nach kein Grundrecht der Gemeinden, sondern dient der Kompetenzabgrenzung zu den anderen Hoheitsträgern, also zu Bund und Ländern. Auch für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen gilt, daß diese nur im Rahmen der ihnen verfassungsrechtlich zugewiesenen Kompetenzen tätig werden dürfen. Aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG („Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft") folgt, daß die Kommunen nicht berechtigt sind, über den örtlichen Wirkungskreis hinaus tätig zu werden. Hierin liegt zugleich eine territoriale und eine kompetentielle Beschränkung der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden.

Da die privatrechtlich verselbständigten Unternehmen der Kommunen im Gegensatz zu den gemischtwirtschaftlichen Unternehmen als lediglich rechts-technisch ausgegliederte Erscheinungsformen der kommunalen Hoheitsgewalt angesehen werden müssen, sind auch sie an die öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis-Bestimmungen gebunden. Dies bedeutet im Grundsatz, daß sich die wirtschaftliche Betätigung von Gemeinden sowohl bei Vorliegen eines selbstgeführten Regiebetriebes als auch bei Vorliegen eines privatrechtlich verselbständigten Kommunalunternehmens auf den örtlichen Wirkungskreis zu beschränken hat. Dies schließt nicht aus, daß mehrere Kommunen sich gebietsübergreifend - etwa nach den Vorschriften des jeweiligen Landesgesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG) - wirtschaftlich betätigen können.

1.2 Grundrechtliche Grenzen

Neben Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG setzen auch die Grundrechte der privaten Konkurrenz und der Kunden der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen Grenzen. Die Kommunen können sich als Hoheitsträger grundsätzlich nicht auf die Grundrechtsbestimmungen des GG berufen, sondern werden ihrerseits durch diese gebunden. Das gilt auch für rein privatrechtlich organisierte Unternehmen der Kommunen. Lediglich gemischtwirtschaftliche Unternehmen sind wegen der privaten Mitträgerschaft nicht als Bestandteil der Staatsgewalt anzusehen. Sie genießen daher ihrerseits Grundrechtsschutz, ohne an die Grundrechte gebunden zu sein. Gleichwohl bleiben die

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kommunalen Anteilseigner eines gemischt-wirtschaftlichen Unternehmens verpflichtet, ihre mit den Anteilen verbundenen Einwirkungsrechte auf das Unternehmen unter Beachtung der Grundrechte auszuüben.

Wann sich private Konkurrenten gegenüber einer kommunalen Wirtschaftsbetätigung oder Wirtschaftsförderung auf den Schutz der Grundrechte berufen können, ist sehr umstritten. Hinsichtlich der eigenwirtschaftlichen Betätigung von Kommunen reichen die Auffassungen von der Annahme, daß die Grundrechte im Regelfall nicht vor Konkurrenz durch die öffentliche Hand schützten, bis hin zu der Feststellung, daß jede wirtschaftliche Betätigung grundrechtserheblich sei. Viel spricht hier für einen Mittelweg. Weder sind die Grundrechte eines Privaten - in Betracht kommen insbesondere Art. 12 GG (Berufsfreiheit), Art. 14 GG (Eigentumsfreiheit), Art. 3 Abs. 1 GG (Gleichheitsgrundrecht) und Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) -erst dann betroffen, wenn die kommunalwirtschaftliche Betätigung monopolistische Züge aufweist, noch begründet jede faktische Betroffenheit durch die wirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde die Verletzung eines subjektiv-rechtlich geschützten Interesses. Es ist eine Frage der Umstände des Einzelfalles, ob und wann die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune einen privaten Konkurrenten in einem seiner Grundrechte verletzt.

Im Verhältnis zu den Kunden können sich insbesondere aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie aus dem aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG entwickelten Recht auf informationelle Selbstbestimmung Schranken für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ergeben. Im Gegensatz zu rein privaten Unternehmen sind kommunale Unternehmen z.B. bei der Vergabe von Aufträgen, der Festsetzung von Angeboten oder dem Abschluß von Verträgen unmittelbar an Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Kunden kann für kommunale Unternehmen beispielsweise im Zusammenhang mit Gesichtspunkten des Datenschutzes (Wie werden kundenbezogene Daten vor unbefugten Zugriffen geschützt?) Bedeutung erlangen.

Insgesamt läßt sich festhalten, daß bereits die Verfassung wesentliche Grundlagen und Grenzen des kommunalen Wirtschaftsrechts regelt.

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2. Kommunalrechtliche Rahmenbedingungen

Die in der Praxis bedeutsamsten Grundlagen und Grenzen des kommunalen Wirtschaftsrechts beinhalten die einschlägigen Regelungen der Kommunalgesetze der

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einzelnen Bundesländer. In ihnen werden sowohl die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Betätigung der Kommunen als auch die zulässigen Organisationsformen normiert. Dabei lassen sich teilweise deutliche Diskrepanzen zwischen den Regelungen in den einzelnen Bundesländern feststellen.

2.1 Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung nach der Gemeindeordnung

Die Gemeindeordnungen aller dreizehn Flächenländer der Bundesrepublik Deutschland enthalten explizite Regelungen zur Zulässigkeit der kommunalwirtschaftlichen Betätigung. [Fn. 3: Vgl. §§ 102 ff. BaWüGO, Art. 89 ff. BayGO, §§ 100 ff. BrandbGO, §§ 121 ff. HessGO, §§ 68 ff. Me-VOKommVerf, §§ 108 ff. NdsGO, §§ 107 ff. GO NW, §§ 85 ff. RhPfGO, §§ 108 ff. SaarlKSVG, §§ 95 ff. SachsGO, §§ 116 ff. Sachs-AnhGO, §§ 101 ff. SchIHGO, §§ 71 ff. ThürKommO.] In den Kreisordnungen der Länder gibt es in der Regel Bestimmungen, wonach die Vorschriften der Gemeindeordnungen über das kommunale Wirtschaftsrecht für die Gemeindeverbände entsprechend gelten.

Gemeinsame Voraussetzungen aller Gemeindeordnungen für eine kommunalwirtschaftliche Betätigung sind, daß

  1. ein (dringender) öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert und

  2. die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht.

Das Erfordernis eines öffentlichen Zweckes soll die wirtschaftliche Betätigung von Kommunen auf das erforderliche Mindestmaß beschränken. Ein öffentlicher Zweck liegt nur dann vor, wenn Leistungen und Lieferungen eines Unternehmens im Aufgabenbereich der Gemeinde liegen und eine im öffentlichen Interesse gebotene Versorgung der Einwohner zum Ziel haben. Unstreitig erfüllen kommunale wirtschaftliche Unternehmen einen öffentlichen Zweck in diesem Sinne auf den Gebieten der Versorgung mit Strom, Gas, Wärme und Wasser sowie im Bereich der Verkehrsbetriebe. Die Belieferung der Bevölkerung mit Strom, Gas, Wasser und Wärme sowie die Unterhaltung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) dient lebenswichtigen Bedürfnissen der örtlichen Gemeinschaft und ist daher Bestandteil gemeindlicher Daseinsvorsorge.

Außerhalb dieser Bereiche entfaltet die genannte Definition des öffentlichen Zwecks jedoch keine Trennschärfe. Hier ist nur eine Negativabgrenzung möglich. Verboten

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ist letztlich nur ein Tätigwerden, das ausschließlich erwerbswirtschaftlich motiviert ist, also allein der Gewinnerzielung dienen soll. Die kommunalen Unternehmen müssen unmittelbar durch ihre Leistung und nicht bloß mittelbar durch ihre Gewinne dem Wohl der Bürgerinnen und Bürger dienen. Dagegen ist eine Gewinnmitnahme und eine erwerbswirtschaftliche Nutzung sonst brachliegenden Wirtschaftspotentials im Wege einer sogenannten Randnutzung grundsätzlich erlaubt. Entscheidend ist aber, daß die öffentliche Zwecksetzung und das Ziel der Gewinnmitnahme nicht auf derselben Ebene liegen. Eine Gewinnmitnahme ist erst in zweiter Linie, nämlich nur und insoweit zulässig, als dadurch der öffentliche Zweck nicht beeinträchtigt wird. Die Kommune ist daher in der Pflicht, den öffentlichen Zweck, der das wirtschaftliche Tätigwerden rechtfertigen soll, zu präzisieren. Hierbei ersetzt die bloße Beschreibung des Gegenstandes der Wirtschaftsbetätigung - Telekommunikation, Abfallbeseitigung, Wohnungsbau etc. - nicht die Darlegung der Zwecksetzung.

Generell steht den Kommunen also bei der Entscheidung, ob ein beabsichtigtes wirtschaftliches Tätigwerden durch einen öffentlichen Zweck gefordert wird, ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der durch die Kommunalaufsicht und die Verwaltungsgerichtsbarkeit nur eingeschränkt nachprüfbar ist.

Auch die Begrenzung der kommunalen wirtschaftlichen Betätigung durch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der jeweiligen Gemeinde schränkt die Kommunen in der Praxis nur wenig ein. Zwar sollen die Kommunen vor Aktivitäten bewahrt werden, die ihre Verwaltungs- oder Finanzkraft überfordern. Hierin liegt jedoch kein allgemeines Verbot, zusätzlich Aufgaben, die ein öffentlicher Zweck erfordert oder rechtfertigt, zu übernehmen. Ein kommunalaufsichtliches oder gerichtliches Einschreiten gegen die erwerbswirtschaftliche Betätigung einer Gemeinde wird im Hinblick auf den gemeindlichen Gestaltungsspielraum und die gemeindliche Finanzhoheit nur dann in Betracht kommen, wenn ein neuer Tätigkeitsbereich oder die Erweiterung eines vorhandenen Tätigkeitsbereiches offensichtlich außer Verhältnis zur Leistungskraft der Gemeinde steht.

Verschiedene Gemeindeordnungen enthalten über die erörterten gemeinsamen Voraussetzungen hinaus eine sogenannte „Subsidiaritätsklausel", wonach eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der Kommune nur zulässig ist, wenn der beabsichtigte Zweck nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen anderen erfüllt wird oder erfüllt werden kann. Als andere im Sinne dieser Vorschriften kommen insbesondere private Unternehmen in Betracht. Auch die Gemeindeordnung des Landes Nordrhein-Westfalen beinhaltete bis zur Reform der Kommunalverfassung im Jahre 1994 eine solche Subsidiaritätsklausel. Diese ist jedoch in der Neufassung in § 107 GO

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NW ersatzlos entfallen. Sie wurde vom Landesgesetzgeber mit der Zielsetzung einer Liberalisierung des geltenden Rechts, die zugleich Möglichkeiten einer Kommunalisierung eröffnet, gestrichen. Dementsprechend darf nach Auffassung des Städtetages NRW der „öffentliche Zweck" keinesfalls als Subsidiaritätsklausel angesehen werden. Vielmehr müsse der öffentliche Zweck so ausgelegt werden, daß darunter jede gemeinwohlorientierte, im öffentlichen Interesse der Einwohner liegende Aufgabenstellung - auch wenn sie weit über den Rahmen der sog. „Daseinsvorsorge" hinausgeht - zu verstehen ist.

Einige neuere Gemeindeordnungen in den ostdeutschen Bundesländern haben Konsequenzen daraus gezogen, daß die herkömmlichen Subsidiaritätsklauseln bei einer gerichtlichen Überprüfung kommunalwirtschaftlicher Betätigungen selten zu einer Unzulässigerklärung geführt haben. Sie haben die Subsidiaritätsklausel verschärft, indem sie ein sogenanntes „Markterkundungsverfahren" vorschreiben. So sieht etwa die BrandbGO vor, daß die Gemeinde dafür zu sorgen hat, daß Leistungen, die von privaten Anbietern in mindestens gleicher Qualität und Zuverlässigkeit bei gleichen oder geringeren Kosten erbracht werden können, diesen Anbietern übertragen werden, sofern dies mit dem öffentlichen Interesse vereinbar ist. Dazu sind Angebote einzuholen und Vergleichsberechnungen vorzunehmen. Ein solches Markterkundungsverfahren fordert auch die ThürKommO.

In Mecklenburg-Vorpommern darf sich eine Gemeinde gem. Kommunalverfassung nur dann wirtschaftlich betätigen, wenn sie die gemeindlichen Aufgaben besser und wirtschaftlicher als Dritte erfüllen kann. Die Verschärfung gegenüber den „klassischen" Subsidiaritätsklauseln in anderen Gemeindeordnungen liegt bei dieser Regelung darin, daß die Gemeinde nunmehr die Rechtfertigungslast dafür trägt, die Aufgaben ihrerseits besser und wirtschaftlicher erfüllen zu können.

Schließlich schreibt die Thüringer Kommunalordnung ebenso wie die Bayerische Gemeindeordnung vor, daß wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde keine wesentliche Schädigung und keine Aufsaugung selbständiger Betriebe bewirken dürfen.

Insgesamt bleibt festzuhalten, daß die kommunalrechtlichen Regelungen der einzelnen Bundesländer teils sehr strenge, teils aber auch vergleichsweise geringe Anforderungen an die Zulässigkeit kommunaler erwerbswirtschaftlicher Betätigung stellen.

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2.2 Gemeindliche Organisationshoheit: Rechtsformen kommunaler Wirtschaftsunternehmen

Neben den materiell-inhaltlichen Grenzen der Zulässigkeit kommunalwirtschaftlichen Tätigwerdens verdienen auch die Grenzen organisatorischer Art eine nähere Betrachtung. Da zentraler Gegenstand der durchgeführten Fachkonferenz jedoch die materiell-inhaltlichen Voraussetzungen kommunalwirtschaftlicher Betätigung und nicht Fragen nach den möglichen Organisationsformen waren, sollen an dieser Stelle einige grundsätzliche Ausführungen genügen. Die detaillierte Darstellung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Organisationsformen kommunalwirtschaftlicher Unternehmen (Grad der rechtlichen und wirtschaftlichen Selbständigkeit, Klarheit der Kompetenzverteilung und Verantwortungszuweisung, Transparenz, Buchführung, Vergabeverfahren bei Fremdaufträgen etc.) würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen.

Hier soll daher nur allgemein der Frage nachgegangen werden, in welchen Rechtsformen kommunalwirtschaftliche Unternehmen unter welchen Voraussetzungen betrieben werden dürfen. Vom Regiebetrieb über den Eigenbetrieb bis zur rein privatrechtlichen Organisationsform der kommunalbeherrschten Kapitalgesellschaft sind in der Praxis alle Organisationsformen vertreten. Aufgrund ihrer grundgesetzlich geschützten Organisationshoheit steht den Gemeinden grundsätzlich eine Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Organisationsformen zu. Auch die Gemeindeordnungen der einzelnen Bundesländer lassen den Kommunen unter mehr oder weniger strengen Voraussetzungen die Freiheit, sich neben den öffentlich-rechtlich geprägten Organisationsformen des Regie- oder Eigenbetriebes auch rein privatrechtlicher Organisationsformen zu bedienen.

In der Regel setzen die Kommunalgesetze für ein Tätigwerden der Gemeinden in privatrechtlicher Organisationsform nur voraus, daß die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen der wirtschaftlichen Betätigung (s.o.) vorliegen, im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung der öffentliche Zweck sichergestellt wird, die Gemeinde angemessenen Einfluß im Aufsichtsrat oder einem vergleichbaren Überwachungsgremium erhält und die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt wird.

Einer ordnungsgemäßen Ausübung des Organisationsermessens entspricht es jedoch, wenn von einer juristischen Verselbständigung erst Gebrauch gemacht wird, wenn andere Formen der Verselbständigung nicht ausreichen. Ferner ist wegen der entstehenden Funktionsverluste für die Selbstverwaltung davon auszugehen, daß

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die Verwendung öffentlich-rechtlicher Organisationsformen die Regel und die Inanspruchnahme des privaten Organisationsrechts die begründungsbedürftige Ausnahme bleiben sollte. Eine positiv-rechtliche Ausgestaltung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses enthalten aber nur wenige Kommunalordnungen. Lediglich in Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt gilt, daß die Nutzung einer Rechtsform des privaten Rechts nur in Betracht kommt, wenn der öffentliche Zweck des Unternehmens nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen Eigenbetrieb erfüllt wird oder erfüllt werden kann.

In der Praxis greifen die Kommunen vielfach ohne nähere Begründung zu Organisationsformen des Privatrechts. Auch in diesem Falle können sich die Gemeinden jedoch nicht von ihrer Verantwortung zurückziehen. Sie bleiben zur Steuerung und Kontrolle ihrer verselbständigten Wirtschaftseinheiten verpflichtet.

2.3 Überwachung der wirtschaftlichen Betätigung durch die Kommunalaufsicht

Eine wichtige Rolle bei der Überprüfung der inhaltlichen und organisatorischen Voraussetzungen kommunalwirtschaftlicher Betätigung im Einzelfall kommt der Kommunalaufsicht zu. Diese kann sich naturgemäß nur dann einschalten, wenn sie überhaupt Kenntnis von der geplanten erwerbswirtschaftlichen Betätigung der Kommune erhält. Die Kommunalgesetze der Bundesländer sehen übereinstimmend vor, daß der beabsichtigte Betrieb eines kommunalwirtschaftlichen Unternehmens - in manchen Bundesländern nur dann, wenn er in privater Rechtsform erfolgen soll - der Kommunalaufsichtsbehörde rechtzeitig vorher unter Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen anzuzeigen ist bzw. der Beschluß zur Errichtung des Betriebes vorzulegen ist. Durch diese Anzeigepflicht soll die Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eines Eingreifens für den Fall erhalten, daß die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nicht oder nicht ausreichend erfüllt sind.

Der Leiter der Kommunalabteilung im Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen berichtete jedoch, daß die Kommunen ihrer Anzeige- bzw. Vorlagepflicht vor Aufnahme einer wirtschaftlichen Betätigung nicht immer nachkommen. Schon öfter habe die Kommunalaufsichtsbehörde erst nachträglich mehr oder weniger zufällig - etwa aus der Zeitung - Kenntnis von neuen kommunalwirtschaftlichen Tätigkeitsfeldern einzelner Kommunen erlangt.

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Zeigt eine Kommune eine beabsichtigte wirtschaftliche Betätigung rechtzeitig an, hat die Kommunalaufsichtsbehörde das Vorhaben zu überprüfen. Sie ist dabei nach auch von der Rechtsprechung vertretener Auffassung auf eine reine Rechtskontrolle beschränkt. Dies bedeutet, daß die Kommunalaufsichtsbehörde nur prüfen darf, ob die gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die geplante wirtschaftliche Betätigung erfüllt sind und die gewählte Organisationsform zulässig ist. Ein Gestaltungsspielraum auf Tatbestandsseite (sog. „Kondominium") steht der Kommunalaufsichtsbehörde regelmäßig nicht zu. Beispielsweise ermächtigt das Rechtsgebot der wirtschaftlichen und sparsamen Haushaltsführung der Kommunen die Aufsichtsbehörden nicht dazu, jedes kostenwirksame Handeln der Kommunen voll der Kontrolle nach eigenen Maßstäben zu unterwerfen.

Auf der Rechtsfolgenseite gilt, wie bereits festgestellt worden ist, das Opportunitätsprinzip. Die Aufsichtsbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob und gegebenenfalls wie sie einschreitet. Dabei hat sie die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des gemeindefreundlichen Verhaltens zu beachten. Die teilweise geäußerte Ansicht, bei rechtswidrigen gemeindlichen Beschlüssen bestehe eine generelle Pflicht der Aufsichtsbehörde zum Einschreiten, vermag nicht zu überzeugen. Ihr steht der eindeutige Wortlaut der „Kann-Bestimmungen des Kommunalaufsichtsrechts entgegen.

Dementsprechend muß im Einzelfall sorgfältig zwischen den Selbstverwaltungsinteressen der Kommune und dem Interesse der Allgemeinheit an einer Beseitigung der Rechtsverletzung abgewogen werden. Allerdings besitzt die Aufsichtsbehörde im Hinblick auf den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auch im Rahmen des Opportunitätsprinzips nur einen vergleichsweise engen Spielraum bei der Ausübung ihres Ermessens. Dabei ist auch eine Ermessensreduzierung auf Null und damit eine Pflicht zum Einschreiten im Ausnahmefall nicht ausgeschlossen.

Von den Gegnern der zu beobachtenden Ausweitung der Kommunalwirtschaft - etwa Vertretern des Bundes der Steuerzahler - wird bisweilen moniert, die Kommunalaufsichtsbehörden schritten regelmäßig nur bei Extremfällen ein. Anhand der Fachtagungsergebnisse läßt sich nicht beurteilen, ob dieser Befund generell zutrifft. Fest steht, daß in den im III. Kapitel näher zu untersuchenden Fallbeispielen die jeweils zuständige Kommunalaufsichtsbehörde nicht eingeschritten ist. Damit ist unklar, ob diese fünf kommunalwirtschaftlichen Betätigungsfelder den rechtlichen Anforderungen genügen. Sollte dies hinsichtlich einzelner Geschäftsfelder nicht der Fall sein, stellt sich die Frage, ob die Aufsichtsbehörde hätte einschreiten müssen, oder ob sie unter der gebotenen Abwägung der Selbstverwaltungsinteressen der betreffenden

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Kommune mit den Interessen der Allgemeinheit das wirtschaftliche Tätigwerden dulden durfte.

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3. Wirtschaftsrechtliche Grenzen

Schließlich haben die Kommunen und ihre Unternehmen in ihrer Eigenschaft als Wirtschaftsteilnehmer wirtschaftsrechtliche Grenzen zu beachten. Diese ergeben sich einerseits aus dem Recht der Wirtschaft im engeren Sinne (z.B. Gewerbeordnung, Handwerksordnung, Energiewirtschaftsgesetz, Kreditwesengesetz, Personenbeförderungsgesetz), andererseits aus dem nationalen Wettbewerbs- und Kartellrecht. Das Recht der Wirtschaft im engeren Sinne - etwa die bis heute nicht vollständig geklärte Frage, unter welchen Voraussetzungen Kommunen als Gewerbetreibende anzusehen sind - war nicht Gegenstand der durchgeführten Fachkonferenz und soll deswegen an dieser Stelle auch nicht weiter vertieft werden.

Der vorliegende Bericht beschränkt sich auf die eingehend diskutierte wettbewerbsrechtliche Problematik. Die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune kann für die private Konkurrenz wettbewerbsrechtliche Auswirkungen haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichte des Bundes besteht ein bürgerlich-rechtliches Wettbewerbsverhältnis zwischen Kommunen und privaten Konkurrenzunternehmen nicht nur dann, wenn die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen in privatrechtlich verselbständigter Rechtsform erfolgt. Vielmehr unterliegen die Wettbewerbsverhältnisse der öffentlichen Hand nach dieser Ansicht stets einer privatrechtlichen Beurteilung, und zwar auch im Falle der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung der Leistungsbeziehungen.

Diese Rechtsprechung wird mit dem Argument kritisiert, ein und dieselbe Maßnahme - hier die wirtschaftliche Betätigung einer Kommune - könne nicht gleichzeitig dem öffentlichen und dem privaten Recht unterstellt werden. Privatrechtliche Wettbewerbsnormen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) oder des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) seien nicht in der Lage, der Verwaltung ein öffentlich-rechtliches Verhalten zu ge- oder verbieten.

In der Praxis müssen die Kommunen ihr wettbewerbsrelevantes Verhalten jedoch an den Vorgaben der oben dargelegten Rechtsprechung orientieren, um sich nicht dem Risiko von Unterlassungs- oder Schadensersatzklagen der privaten Konkurrenz auszusetzen. Im privatrechtlichen Wettbewerbsverhältnis können die Gemeinden bzw. deren verselbständigte wirtschaftliche Unternehmen bei einem Verstoß gegen das

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UWG von privaten Konkurrenzunternehmen auf Unterlassung oder Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Diese Rechtsfolgen treffen nach § 1 UWG Personen oder Unternehmen, die im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornehmen, die gegen die guten Sitten verstoßen.

Die in den einzelnen Gemeindeordnungen geregelten Voraussetzungen für die kommunalwirtschaftliche Betätigung dienen auch dem Schutz der privaten Wirtschaft vor unzulässiger Konkurrenz durch die öffentliche Hand bzw. deren privatrechtlich verselbständigte Kommunalunternehmen. Nicht jeder Verstoß gegen die kommunalrechtlichen Vorgaben ist jedoch ohne weiteres sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG. Erforderlich ist vielmehr das Hinzutreten besonderer Umstände. Die kommunalrechtlichen Normen bestimmen lediglich, ob und unter welchen Voraussetzungen Gemeinden wirtschaftliche Unternehmen überhaupt betreiben dürfen. Die wettbewerbsrechtliche Beurteilung kann sich dagegen nur auf die Art und Weise der Beteiligung am Wettbewerb beziehen. Einen Unterlassungs- oder Schadensersatzanspruch löst das Wettbewerbsverhalten der öffentlichen Hand daher erst dann aus, wenn diese sich sittenwidriger Mittel bedient, beispielsweise ihre Stellung als öffentlich-rechtliche Körperschaft mißbraucht.

Einen Verstoß gegen § 1 UWG hat der Bundesgerichtshof etwa im Falle einer Gemeinde angenommen, die die durch die Gemeindeordnung zum Schutz der privaten Mitbewerber gezogenen Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung vorsätzlich und planmäßig überschritten hatte, obwohl sie den privaten Mitbewerbern Unterlassung des Wettbewerbs zugesichert und die Aufsichtsbehörde ihr Verhalten beanstandet hatte. Weiterhin hat das Oberlandesgericht Celle einem kommunalen Gasversorgungsunternehmen vor dem Hintergrund des Konkurrentenschutzes des § 1 UWG untersagt, Kunden, die ihre Heizung von Öl auf Erdgas umstellen, einen Bonus von 1.000,- DM zu versprechen bzw. zu gewähren. Das Oberlandesgericht Düsseldorf schließlich hat die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit des Angebots entgeltlichen Nachhilfeunterrichts für Schüler durch eine kommunale Volkshochschule verneint. Der sittenwidrige Verstoß wurde hier darin gesehen, daß die Volkshochschule als nach ausdrücklichem Gesetzeswortlaut nichtwirtschaftliche Einrichtung mit dem Nachhilfeunterricht außerhalb ihres durch das Weiterbildungsgesetz NW vorgegebenen Aufgabenbereiches wirtschaftlich im Sinne des § 107 Abs. 1 GO NW tätig geworden war, obwohl eine hinreichende Anzahl privater Anbieter vorhanden war und kein dringender öffentlicher Zweck die Tätigkeit erforderte.

In vielen Fällen hat die Rechtsprechung aber auch festgestellt, daß kein wettbewerbswidriger Verstoß der Kommune bzw. des kommunalen Unternehmens vorliegt.

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So waren zwischen kommunalen Gasversorgungsunternehmen und dem privaten Brennstoffhandel Werbeaktionen zugunsten von Erdgas umstritten. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß die Kumulation verschiedener finanzieller Vergünstigungen in Werbeaktionen eines Gasversorgungsunternehmens - hier: Kostensenkungs- und Finanzierungshilfen zu den Umstellungskosten - nicht gegen das UWG verstoße. In einem anderen Urteil kommt der Bundesgerichtshof zum dem Ergebnis, daß die Wahrnehmung privatwirtschaftlicher Aufgaben im Bereich des Bestattungswesens durch eine Kommune für sich allein betrachtet ohne das Hinzutreten weiterer, die Sittenwidrigkeit begründender Umstände selbst dann wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden sei, wenn dieses Unternehmen in demselben Gebäude wie die Bestattungshoheitsverwaltung und das Sterbestandesamt untergebracht ist.

Im Zusammenhang mit dem Wettbewerb zwischen kommunalwirtschaftlichen Unternehmen und der privaten Konkurrenz stehen auch mögliche öffentlich-rechtliche Ansprüche privater Unternehmen gegen die Kommune auf Einwirkung auf die verselbständigten kommunalen Unternehmen. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Beschluß aus dem Jahre 1996 festgestellt, daß private Konkurrenten eines privatrechtlich organisierten Unternehmens mit kommunaler Beteiligung grundsätzlich keine Ansprüche darauf haben, daß diese Gemeinde auf das Unternehmen in bestimmter Weise einwirkt, sofern durch das kommunale Unternehmen die private Konkurrenz nicht unmöglich gemacht wird.

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4. Private-Public-Partnership

Bis hierhin sind die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Grenzen im Hinblick auf die klassische, allein von der Kommune oder ihrer privatrechtlich verselbständigten Ausgliederung betriebene wirtschaftliche Betätigung dargelegt worden. Vor dem Hintergrund des - nicht nur in den neuen Bundesländern - erheblichen Investitionsbedarfs im Bereich der öffentlichen Infrastruktur sowie den insgesamt sinkenden kommunalen Handlungsspielräumen stellt sich jedoch immer häufiger nicht nur die Frage nach vollständiger Übertragung von Aufgaben auf Private, sondern es werden vermehrt neuartige Mischformen öffentlich-privater Aufgabenerfüllung („Private-Public-Partnership") entwickelt.

Unter grundsätzlicher Beibehaltung der öffentlichen Trägerschaft sind insbesondere zwei Grundmodelle der Kooperation von Privaten und Kommunen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben denkbar:

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  • die Heranziehung privaten Know-hows für den Betrieb kommunaler Unternehmen und Einrichtungen unter Fortführung der grundsätzlichen Zuständigkeit, Aufgabenverantwortung, Weisungsbefugnis und sonstigen Pflichtenstellung der beauftragenden Kommune;

  • die Mobilisierung privaten Kapitals für kommunale Investitionsprojekte anstelle der herkömmlichen Finanzierung aus Haushaltsmitteln und Krediten.

4.1 Heranziehung privaten Know-hows

Private-Public-Partnership zur Heranziehung privaten Know-hows vollzieht sich im wesentlichen in drei Organisationsformen: dem Betreibermodell, dem Kooperationsmodell und dem Betriebsführungsmodell.

Ein - vor allem in einigen kleineren Gemeinden Niedersachsens im Bereich der Abwasserbeseitigung praktiziertes - Betreibermodell liegt vor, wenn eine Kommune einem in der Rechtsform des Privatrechts tätigen Dritten, dem „Betreiber", die Durchführung einer gemeindlichen Aufgabe durch die Planung, Finanzierung, den Bau und den Betrieb einer Anlage überträgt. Die Anlage steht im Eigentum des Betreibers, wird aber von der Kommune als öffentliche Einrichtung gewidmet. Wesentlich für die Gemeinden ist, daß der Betreiber lediglich Erfüllungsgehilfe ist. Dies bedeutet, daß die öffentlich-rechtliche Zuständigkeit und Pflichtigkeit der Gemeinde keine Änderung erfährt.

Das Kooperationsmodell stellt eine Kompromißform zwischen dem Betreibermodell und anderen nicht-privatwirtschaftlichen Lösungen dar. Die Erfüllung der kommunalen Aufgabe erfolgt durch eine gemeinsam von Gemeinde und privaten Dritten gegründete gemischtwirtschaftliche Beteiligungsgesellschaft. Diese Gesellschaft mit dominierender kommunaler Kapitalbeteiligung beauftragt den Mitgesellschafter oder einen Driften mit der tatsächlichen Aufgabenerfüllung, also z.B. im Abfallentsorgungsbereich mit der Einrichtung und dem Betrieb einer Deponie. Der besondere Reiz des Kooperationsmodells liegt darin, daß die Vorteile des Einsatzes eines privaten Erfüllungsgehilfen - insbesondere die vielfältigen Finanzierungsmöglichkeiten und das technische Know-how - genutzt werden können, ohne daß zugleich der entscheidende kommunale Einfluß so weitgehend wie beim Betreibermodell angetastet wird.

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Beim Betriebsführungsmodell bleibt die Gemeinde Eigentümerin der jeweiligen kommunalen Einrichtung und beauftragt einen Dritten, den Betrieb nach ihren Weisungen, in ihrem Namen und für ihre Rechnung zu führen. Im Außenverhältnis handelt der Dritte, der für seine Dienstleistung ein Entgelt erhält, als bevollmächtigter Vertreter der Gemeinde. Rechtliche Beziehungen bestehen einerseits zwischen dem Betriebsführer und der Gemeinde, andererseits zwischen der Gemeinde und den Benutzern der öffentlichen Einrichtung bzw. den Kunden des kommunalen Unternehmens. Unmittelbare Rechtsbeziehungen kommen dagegen nicht zwischen dem Betriebsführer und den Benutzern bzw. Kunden zustande. Das Betriebsführungsmodell ist gegenüber dem Betreibermodell wesentlich flexibler und für die Gemeinden unkomplizierter. Während der Betreiber als Eigentümer der Anlage eine mitunter jahrzehntelange Monopolstellung innehat, kann die Kommune als Aufgabenträgerin und auch Eigentümerin der Anlage den Betriebsführer wechseln und in regelmäßigen Abständen im Rahmen von Ausschreibungen dem Wettbewerb aussetzen.

4.2 Mobilisierung privaten Kapitals

Für die Mobilisierung privaten Kapitals für öffentliche Aufgaben kommen neben der klassischen Kreditfinanzierung im wesentlichen fünf Finanzierungsmodelle in Betracht: Leasing, kommunale Immobilienfonds, Factoring, Objektgesellschaften einschließlich Miet-/Pacht-Forfaitierung und die Beteiligungsfinanzierung als stiller Gesellschafter.

Bei kommunalen Leasingmodellen werden Anlagen und Gebäude (z.B. kommunale Verwaltungsgebäude oder Gebäude kommunaler Unternehmen) von Privaten finanziert und gebaut und anschließend an die kommunale Gebietskörperschaft vermietet. Mit dem Leasingvertrag erfolgt die steuerliche Zuordnung des Objektes beim Leasinggeber, während das materielle Investitionsrisiko der Kommune als Leasingnehmerin, wie einem Käufer, übertragen wird. Anders als bei einem Mietkauf ist für die Kommune eine spätere Eigentumsübertragung möglich, aber nicht verbindlich. Da es sich beim Leasing um ein Rechtsgeschäft handelt, das einer Kreditaufnahme wirtschaftlich gleichkommt, ist eine haushaltsrechtliche Verpflichtungsermächtigung sowie eine aufsichtsbehördliche Einzelgenehmigung notwendig.

Der kommunale Immobilienfonds ist als geschlossener Immobilienfonds konzipiert. Gegründet wird eine Fondsgesellschaft, die die Investitionsmaßnahme - das an die Kommune zu vermietende Objekt - aus dem Verkauf von Anteilszertifikaten und der Aufnahme von Fremdkapital bei Kreditinstituten finanziert. Wenn das für das Objekt

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vorgesehene Eigenkapital aufgebracht ist, wird der Fonds geschlossen, weil er ausschließlich auf die Finanzierung eines einzelnen bestimmten Projektes gerichtet ist. Die Fondsgesellschaft verleast das Objekt nach Fertigstellung an die Kommune;

möglich ist auch ein Mietkauf als leasingähnlicher Vertrag. Auch hier ist eine Verpflichtungsermächtigung und aufsichtsbehördliche Einzelgenehmigung notwendig. Die Finanzierung über einen geschlossenen Immobilienfonds unterscheidet sich vom normalen Leasing vor allem durch die Art der Kapitalbeschaffung. Während sich Leasinggesellschaften nahezu ausschließlich über Fremdkapital finanzieren, wird bei einem Immobilienfonds ein wesentlicher Anteil des benötigten Kapitals über den Verkauf der Anteilszertifikate als Eigenkapital des Fonds aufgebracht. Die Vorteile eines kommunalen Immobilienfonds liegen für die Kommune zunächst in einer Entlastung im administrativ-organisatorischen Bereich bei der Realisierung eines konkreten Projektes. Ob Kostenersparnisse gegenüber einer konventionellen Finanzierung über Kommunalkredite erzielt werden, hängt von den Finanzierungskonditionen im Einzelfall ab.

Der Finanzierung über Factoring liegt ein - regelmäßig langfristiger - Vertrag zwischen Kommune und privatem Dienstleistungsunternehmen zugrunde, in dem der Private als „Erfüllungsgehilfe" der Gemeinde eine öffentliche Aufgabe übernimmt. Investor und Betreiber der kommunalen Anlage sind identisch. Die Finanzierung der Investitionsmaßnahme erfolgt dadurch, daß der Investor seine ihm zukünftig gegen die Kommune zustehenden Forderungen an ein Kreditinstitut verkauft, das wiederum die notwendigen Finanzierungsmittel in Höhe des Forderungskaufpreises bereitstellt. Der Bank stehen damit Ansprüche gegen die Kommune zu, die den an den Factoringkunden ausgezahlten Kaufpreis im Zeitablauf amortisieren. Das Factoringmodell ermöglicht dem privaten Betreiber, der sofort über Liquidität verfügt, eine Vollfinanzierung, ohne daß Eigenkapital vorhanden sein muß. Eine finanzwirtschaftliche Entlastung der Kommune ist beim Factoringmodell nur dann zu erwarten, wenn das privatwirtschaftliche Dienstleistungsunternehmen wirtschaftlicher und kostendeckender als ein kommunaler Regiebetrieb arbeitet.

Eine kommunale Eigengesellschaft kann eine besondere Objektgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH gründen mit dem Ziel, eine spezielle Investitionsmaßnahme außerhalb der Bilanz der Eigengesellschaft durchzuführen und zu finanzieren. Im Rahmen der Finanzierung über eine Objektgesellschaft besteht die Möglichkeit der Miet-/Pacht-Forfaifierung, d.h. des Ankaufs der Miet- oder Pachtforderungen der Objektgesellschaft gegenüber der Kommune durch ein Kreditinstitut. Damit wird die Kommune im Ergebnis wie beim Factoring zur Kreditnehmerin. Mit dieser Finanzierungskonstruktion kann die Gemeinde - z.B. im Bereich der Versorgung - eine

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100 %ige Finanzierung einer kommunalen Investitionsmaßnahme einschließlich aller aktivierbaren Nebenkosten (z.B. Planungskosten) mit günstigen Refinanzierungsbedingungen erreichen, ohne die Eigenkapitalquote der kommunalen Eigengesellschaft zu belasten bzw. eine Kapitalaufstockung aus dem kommunalen Vermögenshaushalt finanzieren zu müssen.

Erfolgt die Wahrnehmung kommunaler Versorgungsaufgaben im Bereich von Strom, Gas, Fernwärme und Wasser durch eine kommunale Eigengesellschaft, kann das von der Kreditwirtschaft angebotene Modell einer stillen Beteiligung in Betracht zu ziehen sein, um etwa Investitionen zu verwirklichen oder temporäre Eigenkapitalengpässe bei der Gesellschaft zu überbrücken. Dabei beteiligt sich eine Finanzierungsgesellschaft als stiller Gesellschafter an der kommunalen Eigengesellschaft, wobei deren Einlage Haftungskapital darstellt. Mitwirkungsrechte des Gesellschafters bestehen hingegen nicht, so daß die kommunale Trägerschaft des Unternehmens ungeschmälert erhalten bleibt.

Insgesamt läßt sich festhalten, daß im Rahmen des „Private-Public-Partnership" vielfältige Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Kommunen und Privaten bestehen, die für einzelne Projekte jeweils eine angemessene Lösungsmöglichkeit bieten. [Fn. 4: Zu den Spielräumen von Private-Public-Partnership vgl. auch die vom Städtetag NRW genannten Beispiele auf S. 64 f] Der Leiter der Kommunalabteilung im Innenministerium NRW gibt allerdings zu bedenken, daß man sich im Bereich des Private-Public-Partnership auf einem neuen Sektor bewege, für den die Differenzierung der typischen Organisationsstrukturen nach öffentlichem Recht oder nach Privatrecht nicht gelte. Es sei vielfach sehr fraglich, welche Rechtsqualität Projekte öffentlich-privater Zusammenarbeit aufweisen; die Abgrenzung der öffentlichen und der privaten Verantwortlichkeit sei vielfach unklar.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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