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TEILDOKUMENT:



III. Ökologisches Bauen und Wohnen aus Sicht wichtiger Akteure

Die technischen Möglichkeiten des ökologischen Bauens haben sich in den letzten 15 Jahren rasant entwickelt. Lag beispielsweise der Verbrauch an Heizenergie vor 15 bis 20 Jahren noch bei rund 200 kWh/qm und Jahr, so ist heute in Demonstrationsvorhaben schon das fast verbrauchsfreie "Passivhaus" realisiert, welches bei der EXPO 2000 in Hannover vorgeführt werden soll. In diesem Sektor ist in den nächsten Jahren mit beachtlichen Verbesserungen zu rechnen. Absehbar ist, daß Passivhäuser bald sehr viel günstiger gebaut werden können. Hinzu kommt, daß die Betriebs- bzw. Heizkosten dann vernachlässigbar niedrig liegen werden. Ähnli-

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ehe Entwicklungen gibt es auch in anderen Teilbereichen des ökologischen Bauens. So wurden vor 10 Jahren Wasserspararmaturen (Durchflußregler, Stoptaste bei WC-Spülkästen usw.) noch relativ selten eingebaut. Heute sind solche Installationen Standard und in jedem Baumarkt erhältlich. So trägt der technische Fortschritt permanent dazu bei, daß immer mehr Facetten des ökologischen Bauens als Normalfall anzusehen sind.

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1. Architekten

Wurde in den vergangenen Jahren im Bereich des ökologischen Planens und Bauens mehr an neue Baustrukturen gedacht, so erringt heute die Altbausanierung, die Umnutzung und Ergänzung vorhandener Bausubstanz eine immer größere Bedeutung - auch im Rahmen des baulichen Umweltschutzes. Ökologisch-energetische Bilanzierungen von Gebäudekreisläufen zeigen, daß Gebäudebestände immer umweltfreundlicher sind als Neubauten; insofern sind Erhaltung, Sanierung, Renovierung und Nutzung alter Gebäude wichtige Themen. Für den Architekten geht es im Bereich Umbau und Sanierung darum, möglichst viel in der Bausubstanz zu erhalten. Neben Wohngebäuden sind dabei auch vorhandene Betriebs- und Gewerbebauten neu zu nutzen und zu vitalisieren. Ein wesentliches Ziel des ökologischen Bauens ist die möglichst geringe Beeinträchtigung und Belastung natürlicher Ressourcen wie Boden (Material), Wasser, Luft und Energie. Das bedeutet unter anderem:

  • daß möglichst wenige Schadstoffe und Sondermüll beim Bauen produziert werden (hier schneiden Altbauten zumeist günstig ab; heutige Neubauten belasten dagegen bei späterem Abbruch die Deponien wesentlich stärker mit Sondermüll),

  • daß bei der Auswahl der Baustoffe und der Konstruktion der Bauwerke gesundheitliche und wohnmedizinische Aspekte mitbedacht werden, daß Luft und Wasser weder durch den Bauvorgang selber, noch durch die Produktion von Baustoffen und Energie, durch Transport, Nutzung und Entsorgung über Gebühr belastet werden,

  • daß Maßnahmen getroffen werden, um Elektro- und Wärmeenergie sinnvoll einzusparen, und daß Regenwasser zur Nutzung bzw. Verrieselung gelangt.

Aus architektureller Sicht sind allerdings nicht nur Einzelobjektplanungen, sondern auch Fragen der Dorf-, Siedlungs- und Stadtökologie wichtig, verstanden im Sinne eines Stadtumbaus mit Beachtung der Bauwerterhaltung. Dementsprechend ist also das umweltgerechte Projekte im Altbaubestand (aber auch beim Neubau) zu verbinden mit einer Strategie der nachhaltig ökologischen Stadt- und Siedlungsentwicklung. Einfügungen und Ergänzungen im Sinne einer harmonischen und natürlichen Einheit zwischen Mensch, Haus, Umwelt und Region findet man aber

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immer seltener. Verbunden mit regional unüblichen Bauformen und Konstruktionen hat die Künstlichkeit der Baumaterialien ständig zu-, das Gefühl für das richtige Material und die ganzheitliche, auch Umweltaspekte miteinschließende Sicht eines Ortes bzw. Gebäudes dagegen abgenommen. Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich die traditionelle von der modischen Architektur durch Bescheidung auf das Wesentliche der Bauaufgabe. Insbesondere die Nutzung und Integration vorhandener Bausubstanz erfordert ein erhöhtes bauökologisches Verständnis und Fachwissen. So bedingt eine sachgerechte und wirtschaftliche Ausführung von Altbausanierungen z.B. detaillierte Materialkenntnisse und Erfahrungen, gerade wenn - z.B. bei Fachwerkhäusern - gestalterische Eingriffe in die Bausubstanz zu minimieren sind.

Vorhandene Gebäude besitzen eine eigene Identität und Wertigkeit, die es - als Niederschlag einer spezifischen Alltagskultur - zu respektieren gilt. Der Charakter eines Hauses ist geprägt durch Standort, Landschaft, Kultur, regionaltypisches Material, Klima, Stil, Konstruktion und allgemeine Funktion. Dies wird am Beispiel alter Fachwerkhäuser deutlich. Der sinnvolle Umgang und die richtige Nutzung alter Bausubstanz respektiert im Gegensatz zu vielen Neubaustrategien diese vorhandenen Werte und fördert handwerkliche Bautraditionen genauso wie die Integration baubiologischer und ökologischer Aspekte. Gute Architektur ist einfach, geordnet, umweltbezogen und von Dauer. Sie muß nicht permanent erneuert werden. Sie verwendet Baustoffe, Materialien, Konstruktionen und Techniken, die als wohnungsmedizinisch unbedenklich, ökologisch sinnvoll und gestalterisch einprägsam bzw. wertvoll gelten können. Die Rückbesinnung auf Naturbaustoffe wie Lehm, Ton, Ziegel, Kalk, Naturgips, Holz, Wachse, Naturharzöle, Pflanzen- und Mineralfarben, Stroh, Schiefer, Kokos, Papier, Hanf usw. weist in diese Richtung. Auch die Denkmalpflege bleibt ohne Berücksichtigung baubiologischer und ökologischer Aspekte unvollständig; eine Bewertung vorhandener Bausubstanz kann deshalb nicht nur aus der Sicht eines Sachwertgutachtens erfolgen.

Eine umweltorientierte Sanierungsstrategie gibt den am Bau Beteiligten Orientierungen aus unterschiedlichen Perspektiven:

  • aus der Sicht der Verantwortung gegenüber dem kulturellen Architekturerbe (Beispiel Fachwerkhaus),

  • aus der Sicht der Stoffstromreduktion, bezogen auf den Lebenszyklus von Gebäuden sowie auf Bauteile und Einrichtungen

  • aus der Sicht der Energie- bzw. C02-Einsparung; hier geht es z.B. um Niedrigenergie- bzw. Passivhäuser

  • aus der Sicht zusätzlicher Sparpotentiale bei Wasser und Elektroenergie.

Weitere Kriterien sind die Wahrung historischer Leitbilder, Wohngesundheit, Nutzerfreundlichkeit, Veränderlichkeit und Beständigkeit, Langlebigkeit, Angemessenheit für den jeweiligen Zweck und Schlichtheit. Alle diese Kriterien sind natürlich nicht nur bei dem zitierten Fachwerkhaus, sondern insbesondere auch bei den ty-

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pischen Wohnhäusern (Reihenhäuser der Nachkriegszeit ebenso wie Plattenbausiedlungen) zu beachten. Beispielsweise sollten Altbausanierungen in städtischen Lagen nicht - wie heute weit verbreitet - die "Yuppy-Wohnung" mit erheblichem Umbaubedarf anstreben, sondern einfachere Lösungen vorziehen, welche - richtig ausgestaltet - zugleich ein Mehr an Wohn- und Lebensqualität beinhalten.

Eine Differenzierung der Anforderungen an eine ökologische Sanierung bzw. Renovierung nach Projektphasen beginnt mit einer Bestandsanalyse. Eine zutreffende altersmäßige und regionale Zuordnung des in Frage stehenden Objektes ist wichtig, um bei Material, Konstruktion, Bauteilen und Haustechnik die richtige Wahl zu treffen und bautechnisch/ökologisch angemessen zu sanieren bzw. zu modernisieren. Im einzelnen umfasst die Bestandsanalyse folgende Anwendungs- und Einsatzbereiche:

  • Bauweise und Bauform; dazu gehören unter anderem die baugeschichtliche Zuordnung, städtebauliche Integration, Standortmerkmale wie Verkehr, Energieversorgung, Dichte und Infrastruktur,

  • Konstruktion und Gefüge; dazu zählen z.B. die Elemente Innenraum, Außenfassade, Oberflächen, Bauteile, Fugen und Öffnungen (Fenster und Türen), Wände, Decken, Böden und Dächer,

  • haustechnische Installationen wie Sanitäreinrichtungen, elektrische Versorgung, Heizungstechnik bzw. Wärmeversorgung (hier spielt neben der Technik auch die Bedienungsfreundlichkeit eine Rolle) sowie

  • Standsicherheits-, Wärmeschutz- und Schallschutzkriterien.

Bei einer ökologischen Orientierung kann diese Analyse recht komplex werden.

Bereits bei der Planung sind Prioritäten und mögliche Engpässe zu klären. Prioritäten können sich z.B. auf den allgemeinen Bautenschutz beziehen, auf Heizanlage und Warmwasserbereitung, auf Dämmung von Außenwänden, Dächern und Kellerdecken, auf Fenster, Verglasungen und Böden oder auf die Grundrißoptimierung. Engpässe treten oft im Kostenbereich auf. Grenzen gibt es auch bei der Energieeinsparung im Bereich der Außenfassaden. Bei detailgetreuer Rekonstruktion etwa von Fachwerkhäusern sind insbesondere die Handwerkerkosten zu beachten. Kostentreibend können ferner bauphysikalische Mängel und eine ökologische Baustoffauswahl wirken. Die Integration aktiver Solarelemente ist auf sinnvolle Bereiche zu begrenzen (insbesondere bei Altbauten in innerstädtischer Lage). In einigen Fällen resultieren aus der Umsetzung ökologischer Ziele Abstriche bei der nutzbar zu machenden Wohnfläche. Wichtig ist - und zwar nicht nur bei Maßnahmen im Gebäudebestand, sondern auch beim Neubau -, daß bereits in der Frühphase der Planung umwelt- und gesundheitsrelevante Faktoren berücksichtigt werden. Hierdurch kann man sich spätere, oft sehr kostenintensive Sanierungen ersparen.

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Nach der Planung erfolgt die konkrete Bearbeitung der Sanierungs- bzw. Renovierungsmaßnahme. Die Bearbeitung läßt sich durch Rückgriff auf bereits vorliegende Checklisten erleichtern. Solche Listen werden z.B. vom Ministerium für Bauen und Wohnen des Landes NRW zur Verfügung gestellt. Mit Hilfe dieser Checklisten läßt sich das Ziel der geringstmöglichen Beeinträchtigung und Belastung der natürlichen Ressourcen wie Boden, Wasser und Luft durch konkrete Hinweise auf Maßnahmen in folgenden Baubereichen umsetzen:

  • Außenbereich: hier geht es z.B. um den Schutz vor Emissionen, Lärm, Altlasten, chemischen Schadstoffen und Luftverschmutzung, um die Minimierung versiegelter Flächen (z.B. Wege, Stellplätze, Terrassen), um Haus- und Grundstücksbegrünung, um Natur- und Nutzgärten zum "Ausgleich" für die versiegelten Flächen, aber auch zur Förderung des Selbstversorgungsgedankens, um die Sammlung und Wiederverwendung von Regen- und Brauchwasser (Biotop, Zisterne, Sumpfbeet, Gartenbewässerung, WC-Spülung), um biologische Abwasserklärung und um die Trennung und Verwertung von Abfällen im Objekt, beim Hausbau und an der Baustelle.

  • Beim Gebäude selbst geht es um Energie- und Ressourcensparen durch sinnvolle Gebäudekonzeption (Ausrichtung, innere Aufteilung des Gebäudes usw.), um Orientierung der Aufenthaltsbereiche zur Sonne bzw. der Nebenbereiche zum Schatten, um Winddichtigkeit, um aktive und passive Sonnenenergienutzung, um vereinfachte und reduzierte Materialeinsätze, um Baustoffe, die in Herstellung, Verarbeitung, Nutzung und Entsorgung umweltverträglich, d.h. beispielsweise energieeffizient sowie mit geringen Belastungen des Luft- und Wasserhaushalts verbunden sind.

  • Im Bereich Haustechnik und Wohnklima geht es um die Schaffung bzw. Bewahrung eines natürlichen Raumklimas - z.B. durch die Beachtung von Wärmestrahlung, Feuchte, Temperatur, Staub und Ionisation - sowie um Energie- und emissionssparende Wärme- und Stromversorgung (z.B. Kraft-Wärme-Kopplung, Solarenergie, Wärmerückgewinnung). Ferner sollten möglichst einfache technische Einrichtungen vorgesehen werden. Das natürliche Licht sollte weitgehend genutzt werden. Weitere Aspekte sind Brauchwasseraufbereitung und -nutzung. Niedertemperatur- und Brennwerttechnik sowie getrennte Abwassersysteme und biologischer Abbau der Abwässer.

  • Bauweise und Bauform: Gebäude spiegeln Kultur wider, beeinflussen die Nachbarschaftsbildung und gestalten den Raum. Bei Neu- und Altbauten sollten ortsspezifische Merkmale beachtet werden. Vorrangig zu berücksichtigen sind die am Ort verfügbaren und in ökologischer Verantwortung bearbeiteten Materialien, die material- und handwerksgerecht zu verarbeiten

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    und anzuwenden sind. Die Grundrisse sollten flexibel an wechselnde individuelle Lebensweisen angepaßt werden - z.B. durch Mischung von Wohnungsgrößen bzw. generationsübergreifende Wohnkonzepte.

  • Baustoffe: Es sollten Baustoffe bevorzugt werden, die natürlich altern und möglichst wenig Schadstoffe bilden. Forderungen an Baustoffe betreffen unter anderem deren Wasseraufnahmefähigkeit zur natürlichen Regulierung der Raumfeuchte, deren Wärmedämmungs- und -speicherungseigenschaften, deren Wiederverwendbarkeit und die Vermeidung von chemischen Ausdünstungen durch Gasabspaltungen (wie z.B. bei Holzschutzmitteln), von Radioaktivität und von elektrostatischen Oberflächenspannungen. Beispiele für ökologische Baustoffe sind Tonziegel, Kalkputz, Naturgips, Lehm, Kalkstein, Traßzement, Holz, Zellulosedämmstoffe, Naturfarben und Linoleum.

Insgesamt sollten ökologische Kriterien beim Haus- und Wohnungsbau und beim Schaffen von Lebensräumen eine hohe Priorität haben. Eine Wohnung entspricht diesen Ansprüchen, wenn beim Abbruch keine bzw. nur geringe Mengen von Schadstoffen anfallen. Beim Bauen sind also umweltverträgliche Materialien und positive Stimulanzen aus Form, Licht und Farbe sinnvoll und phantasieanregend einzuplanen und umzusetzen. Hierdurch werden das Wohlbefinden und die Wohngesundheit der Bewohner gefördert.

Evolutionsgeschichtlich bedingt hat der Mensch eine Affinität zu Naturprodukten und deren einfacher Verarbeitung entwickelt. Eine ökologisch orientierte Architektur will diesen lebensfördernden Bezug neu beleben und bewußt machen. Ökologische Elemente sollten ferner in der Gestaltung der Außen- und Innenwelt der Gebäude ablesbar sein. Dies erleichtert den Bewohnern ein konsequentes eigenes Denken und Handeln nach ökologischen Kriterien. Verantwortliche Architektenarbeit sollte daher funktionelle und baukünstlerische, technische und biologische, physiologische und psychologische, ökonomische und ökologische Belange gleichwertig betrachten und anwenden. Dabei ist beim ökologischen Bauen der interdisziplinären Zusammenarbeit ein hoher Stellenwert beizumessen, wobei allerdings auch ökologisches Spezialistentum zu vermeiden ist.

Ein Beispiel für ökologisches Bauen ist das IBA-Projekt "Umnutzung der Zeche Waltrop". Hier gelang eine Bauwerterhaltung der Maschinenhalle, die als Bürogebäude umfunktioniert wurde. Ein weiteres Beispiel ist ein weitgehend aus dem Recyclingmaterial anderer Fachwerkhäuser gebautes Fachwerkhaus im Ökozentrum NRW. Bei diesem öffentlich geförderten Projekt wurden alte Lehmbautechniken, Weidengeflechte, Stakendecken und Naturfarben eingesetzt und gleichzeitig alte Handwerksbetriebe reaktiviert. Inzwischen ist die Sanierung alter Fachwerkhäuser offenbar zu vertretbaren Kosten möglich. Das zeigt das Beispiel eines Detmolder Betriebes, der systematisch solche Häuser saniert, modernisiert (u.a. durch Einbau neuer Installationen) und anschießend vermarktet.

[Seite der Druckausgabe: 24]

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2. Baustoffhersteller

Die Wohnqualität sowie die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit des Bauens und Wohnens hängen entscheidend von den verwendeten Baustoffen ab. Wie Umfragen zum Thema "gesundes Wohnen, Wohngifte, Baubiologie, ökologische Baustoffe" bestätigen, spielt dementsprechend die Baustoffauswahl bzw. die Baustoffökologie für die Wohnungsnutzer eine große Rolle. Dabei fühlt sich die überwiegende Mehrheit der Befragten in den eigenen vier Wänden von gesundheitsschädlichen Baustoffen nur wenig betroffen. Vielmehr stehen Aspekte der Luftverschmutzung bzw. der Außenbereich des Wohnens im Vordergrund des Interesses. Erst danach werden Problemstoffe genannt, die in der Wohnung zur unmittelbaren Lebensumgebung gehören - wie z.B. Farben, Lacke, Feuchtigkeit, Schimmelpilze, Dämmstoffe, Asbest, Holzschutzmittel und Formaldehyde.

Aus Sicht der Baustoffhersteller ist der ökologische Aspekt in den Gesamtzusammenhang der Baustoffauswahl einzuordnen. Diese Auswahl wurde früher nur nach technischen und wirtschaftlichen Kriterien getroffen; teilweise wurden ergänzend soziale Faktoren beachtet. Inzwischen ist die Ökologie aber ein gleichberechtigter Entscheidungsfaktor geworden. Architekten und Bauherren sollten also technische, ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichermaßen in ihre Entscheidung über Baustoffe einbeziehen.

Bei den technischen Kriterien spielen u.a. die Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit der Baustoffe eine wichtige Rolle. Ferner sind die Merkmale Recyclingfähigkeit, einfaches Konstruieren, geringe Materialvielfalt, Rückbaubarkeit, Trennbarkeit, technische Robustheit und geringe Störanfälligkeit zu beachten. Aus bauphysikalischer Perspektive sind Wärmedämmung, Wärmespeicherung, Feuchte-, Schall- und Brandschutz relevant. Ökologische Kriterien der Baustoffauswahl lassen sich gebündelt in - weiter unten skizzierten - Ökobilanzen erfassen. Wirtschaftlichkeitskriterien betreffen die Bezahlbarkeit der Baustoffe.

Baustoffentscheidungen, die alle diese Aspekte umfassen, laufen zumeist in mehreren Stufen ab. Zunächst werden viele Baustoffe im Regelfall nach technischen Leistungsmerkmalen bewertet. Wenn klar ist, welche technischen Anforderungen an einen Bau zu richten sind, ist eine erste Baustoffauswahl bzw. -eingrenzung möglich. Gerade bei traditionellen Baustoffen, die etwa bei der Restaurierung eines Fachwerkhauses zur Disposition stehen, ist zu untersuchen, inwieweit damit alle bautechnischen bzw. renovierungsbezogenen Aufgaben gelöst werden können. An die technischen Beurteilung schließt sich i.d.R. eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung an, durch die die Palette der Baustoffe möglicherweise weiter eingeschränkt wird.

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Alle Stoffe, die sich als technisch und ökonomisch akzeptabel erwiesen haben, sind dann hinsichtlich ihrer Umweltverträglichkeit zu vergleichen und zu beurteilen. Bei den Umweltwirkungen kann man eine globale, eine regionale und eine lokale Dimension unterscheiden. Die lokale Umweltsituation kann besonders durch die Produktion eines Baustoffes beeinträchtigt werden. Weiter spielen die Emissions- und Immissionsverhältnisse in der näheren Umgebung der Baustoffherstellung eine Rolle. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, wo die Produktion stattfindet - ob z.B. in Stadtnähe oder auf der grünen Wiese - , denn nicht alle Standorte sind aus ökologischer Sicht gleichrangig. Lokale Umweltwirkungen resultieren auch aus "Freisetzungen" eines Baustoffs - wie Auslaugen vor allem bei im Wasser stehenden Gebäudeteilen, Ausgasungen und Radioaktivität. Neben den baustoffbezogenen ökologischen Effekten sind auch die durch die Baustoffauswahl beeinflußbare Wohnbiologie und die Recyclingfähigkeit zu beachten.

Grundsätzlich lassen sich die regionalen und globalen Umweltwirkungen eines Baustoffs, die z.B. die Aspekte Ressourcenverbrauch, Treibhauseffekt, Ozonabbau, Versauerung der Böden, Eutrophierung (Nährstoffanreicherung in Gewässern), Bildung von den Sommersmog verursachenden Photooxidantien betreffen, in sogenannte Produktökobilanzen erfassen. Zwar liegen bislang noch keine umwelt- und gesundheitsbezogenen Gesamtwertungen vor, aber entsprechende Einzelwerte gibt es inzwischen schon für verschiedene Baustoffe wie Beton, Porenbeton, Mauerziegel und Kalksandstein. Übersicht 1 zeigt die aufgewendete Primärenergie sowie die entsprechenden Wirkungspotentiale, die z.B. bei der Herstellung von 1m3 Beton entstehen. Vorhandene Datenlücken werden langsam reduziert. Bei derartigen Bilanzierungen muß methodisch fundiert vorgegangen werden.

Übersicht 1: Primärenergieaufwand und Wirkungspotentiale für ausgewählte Baustoffe

Baustoff




Beton

Kalk-

Porenbeton

Mauerziegel






sand-


voll

leicht






stein




Primärenergie

MJ/m3

1750

1410

1610

1370

4180

1760

Wirkungspotential:








Treibhauseffekt

kg CO2 eq

251

227

320

k.A.

k.A.

k.A.

Ozonabbau

kg CCI3 Feq

kein Beitrag

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

Versauerung

kg SO2 eq

0,76

0,84

0,92

k.A.

k.A.

k.A.

Eutrophierung

kg PO3-4 eq

0,15

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

Photooxidantien

kg C2H4 eq

<0,01

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

k.A.

Quelle: Verein Deutscher Zementwerke, Beton - Hart im Nehmen . Düsseldorf o.J. S. 24

[Seite der Druckausgabe: 26]

Notwendig ist es, den unscharfen Begriff der Umweltverträglichkeit nachvollziehbar zu präzisieren. Dabei ist auch die Kriterienformulierung von Bedeutung. Ein Vergleich läßt sich meist nicht mit Baustoff "rohdaten" (z.B. pro Kubikmeter Baustoff), sondern nur für "funktionale" Einheiten mit definierten Leistungsmerkmalen durchführen - also etwa "pro Gebäude mit gleichem technischem Anspruch" (z.B. bezogen auf Tragfähigkeit, Brand-, Wärme- und Schallschutz). Die Rohdaten müssen also gefiltert in eine entsprechende ökologische Baustoffentscheidung eingehen. Beispielsweise ist der Primärenergieverbrauch eines Baustoffs nicht pro Kubikmeter, sondern pro "Gebäudeeinheit" relevant. Dabei spielt natürlich auch die für ein bestimmtes Bauwerk insgesamt benötigte Baustoffmenge eine Rolle.

Wichtig für die Beurteilung der Umweltwirkungen eines Baustoffs ist, daß seine Wirkungen auf den Menschen und die Umwelt während des gesamten "Baustofflebens" - von der Herstellung und Verarbeitung über die Nutzung bis hin zur Weiterverwendung, Wiederverwendung und Entsorgung - beachtet werden. Dabei können während der einzelnen Lebensphasen durchaus Unterschiede in der Umwelt- und Gesundheitsrelevanz auftreten. So kann ein Baustoff während der Nutzung unproblematisch sein, wogegen seine Herstellung und Entsorgung mit ökologisch bedenklichen Effekten verknüpft ist. Außerdem sind in die ökologische Bewertung vorhandene Baustoffalternativen einzubeziehen.

Beispielsweise bestehen für den Baustoff Beton nach Erläuterungen des Verbandsvertreters der Zementwerke die in Übersicht 2 angegebenen Wirkungszusammenhänge. Im einzelnen wurde festgestellt, daß sich die Zementindustrie erfolgreich um produktionsintegrierte Maßnahmen zur Energieminderung und zur Kreislaufwirtschaft bemüht - u.a. durch Einsatz von Sekundärstoffen (wie Altreifen und Altöl als Brennstoffe bei der Herstellung des Zementklinkers). Weiter konnten die Emissionen der relevanten Abgasbestandteile verringert werden. Die Auslagerungen von umweltschädlichen Bestandteilen (wie Schwermetalle) aus Beton sind äußerst gering, Recyclingbeton, d.h. zu Betonsplitt aufbereiteter Altbeton wird als sowohl bautechnisch geeignet als auch umweltverträglich eingestuft; er kann als Zuschlag für Beton wiederverwertet werden.

Analoge Überlegungen gelten im Bereich der Bestandsrenovierung auch für die baubegleitende Infrastruktur. Wird z.B. ein Haus mit sechs Wohnungen zu je 100 qm zu einem Haus mit 12 Wohnungen zu je 50 qm umgewandelt, so hat das erhebliche Konsequenzen für die hausspezifische Infrastruktur. Es geht also nicht nur um das Haus selbst, sondern auch um die Vor- und Entsorgung. So stellt sich z.B. die Frage nach dem Material für die Abwasserrohre. Das verdeutlicht, daß die funktionale Einheit mit vergleichbaren Leistungen, auf die die Baustoffdaten zu beziehen sind, hinreichend weit zu definieren ist.

Die Produktökobilanz ist auch bezüglich der Energieseite sorgfältig zu erstellen. Dabei ist zwischen dem Energiebedarf bei der Herstellung von Baustoffen bzw. Bauteilen und während der Nutzung der Bauten zu unterscheiden. Der Energie

[Seite der Druckausgabe: 27]

verbrauch für die Baustoffproduktion kann durch den Primärenergieinhalt je Tonne und je Kubikmeter Baustoff bzw. je Quadratmeter Bauteil ausgedrückt werden (vgl. Übersicht 3). Bei den ausgewählten Baustoffen schneidet Bimsleichtbeton am günstigsten ab. Für Ziegel ist der Energieaufwand erheblich höher als für die Herstellung von Kalksandsteinen. Auch Bauteile aus Normalbeton haben einen relativ geringen Energieinhalt; dieser Wert steigt bei Stahlbeton mit zunehmendem Bewehrungsanteil aufgrund des hohen Energieinhalts von Stahl stark an (z.B. bei 2 % Betonstahlanteil auf etwa 850 kWh/m3).

Übersicht 3: Primärenergieinhalt PEI von Baustoffen (Beispiele)

Baustoff

Rohdichte


^El


kg/m3

kWh/t

kWh/m3

Bimsbetonsteine

700

290

203

Kalksandsteine

1400

242

339

Blähtonbetonsteine

700

678

475

Porenbetonsteine

550

863

475

Leichtmauerziegel

800

681

545

(porosiert mit Styropor)








Betondachsteine

2300

206

474

Dachziegel

2000

754

1508

Normalbeton B 25

2300

196

451

Quelle: Jörg Brandt, Behaglich Wohnen in Betonbauten, in: "das bauzentrum", Heft 5/1996, Tafel 6

[Seite der Druckausgabe: 28]

Im Vergleich zum Energiebedarf für die Herstellung von Baustoffen und Bauwerken fällt während der Nutzungsdauer von Gebäuden ein wesentlich höherer Energieverbrauch an (u.a. für Heizung und Klimatisierung). Für die Baustoffauswahl sind deshalb die Energieeffekte während der gesamten Gebäudenutzung wichtiger, weil hier die Einsparmöglichkeiten größer sind. Überschlägige Berechnungen hierzu sind vor allem dann möglich, wenn die künftige gebäudebezogene Nutzungsart und -intensität in etwa bekannt sind (z.B. bei einem Bürogebäude). Es gilt eine Vielzahl von Faktoren zu beachten, zu denen u.a. die Standortwahl, die Grundrißgestaltung, die Wärmedämmung der Bauteile, die aktive und passive Nutzung der Sonnenenergie sowie die richtige Bemessung und ein hoher Wirkungsgrad der Heizungsanlage gehören. Da etwa 40 % des Primärenergiebedarfs für Heizzwecke benötigt werden, kommt Maßnahmen in diesem Bereich eine zentrale Bedeutung zu. Entsprechende Einspareffekte gilt es nicht nur im Neubau, sondern vor allem im Altbaubestand durchzusetzen.

Daß auch die vorrangige Verwendung nur eines Baustoffs ökologische Vorteile haben kann, verdeutlichte der Vertreter der Zementindustrie am Beispiel eines primär aus Beton realisierten Gebäudes mit 12 Wohnungen und einer gesamten Wohnfläche von etwa 850 qm, dessen Baukosten mit 1.782 DM/qm vergleichsweise günstig liegen. Besonders die Recyclingfähigkeit wird für ein solches Betonkompletthaus relativ hoch eingeschätzt, primär nicht wegen des Baustoffs Beton selbst, sondern wegen der einheitlichen Baustoffwahl, die mit Beton relativ gut realisierbar ist (Zementputz, Zementestrich, Betonwände, Betondachsteine usw.). Das Gebäude läßt sich komplett zurückbauen; dabei können die Bestandteile "auf gleichem Niveau" weiter verwendet werden (also kein Downcycling). Günstig ist auch der Energieverbrauch dieses Hauses. Der kalkulierte Jahresheizwärmebedarf entspricht mit 55 kWh/qm Wohnfläche und Jahr dem Niedrigenergiestandard. Um diesen Standard zu erreichen, wurde das Haus komplett mit Styropor gedämmt. Alternative Dämmstoffe wurden auch aus Umweltgründen abgelehnt. So hätte z.B. portugiesischer Kork erst nach Deutschland transportiert werden müssen - mit entsprechenden energetischen und ökologischen Beeinträchtigungen; hinzu kämen möglicherweise negative Konsequenzen für das Ökosystem in Portugal durch die Intensivierung des Korkanbaus. Insgesamt scheint Beton in diesem Fall auch unter ökologischen Aspekten eine vernünftige Baustoffauswahl gewesen zu sein. Die positive umweltbezogene Beurteilung bezieht sich dabei nicht nur auf Beton selbst, sondern auch auf die Dämmstoffe und den Stahl wie auch auf die vorgelagerten notwendigen Transporte.

[Seite der Druckausgabe: 29]

In diesem Zusammenhang wies der Verbandsvertreter auf ein Forschungsvorhaben des deutschen Ausschusses für Stahlbeton zum Thema Recycling von Baustoffen hin. Bei diesem vom Bund geförderten Forschungsprojekt soll gezeigt werden, daß Betone, die zurückgebaut werden, in vollem Umfang wieder in Bauvorhaben eingesetzt werden können. Das ist zwar im Prinzip bekannt. Bislang fehlen aber noch die Daten, die für eine Anpassung der entsprechenden Vorschriften und DIN-Normen an den Stand der Technik benötigt werden. Die gültigen Beton-Normen lassen ein solches Recycling auf hohem Niveau derzeit zumeist nicht zu. 80% des Betons, der recycelt wird, sind im Prinzip ohne bautechnische oder ökologische Nachteile als sortenreiner Zuschlag wiederverwendbar. Das Recycling auf hohem Niveau ist hier also keine Frage des Baustoffes mehr, sondern ein Problem der Anpassung von Richtlinien.

Insgesamt sind Umweltaspekte aus Sicht der Baustoffhersteller als zusätzlicher Teil einer umfassenden Baustoffentscheidung anzusehen. Dabei sollte nach Auffassung des Vertreters der Zementindustrie der Aspekt der Umweltverträglichkeit aber erst im Anschluß an eine Betrachtung nach technischen und nach Kostengesichtspunkten berücksichtigt werden. Notwendig sei also ein ganzheitlicher Entscheidungsprozeß, der in mehreren Phasen zu einer fundierten, aus technischer, wirtschaftlicher und ökologischer Perspektive akzeptierbaren Baustoffauswahl führt.

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3. Bauindustrie

Die Bauindustrie ist ein zentraler Akteur für den Bereich der Bauausführung. Sie sieht sich im traditionell tief gegliederten Bauprozeß und unter ökologischen Aspekten nicht als alleinverantwortlich, sondern als Teil einer größeren Verursachergemeinschaft, bestehend aus Bauherr, Architekt, Fachplaner, Baustoffhersteller, Baustoffhändler, Bauunternehmer und Bauwerksnutzer. Die anerkannten Regeln der Technik und das Bauordnungsrecht geben den Rahmen für das Bauen und damit weitgehend auch für Bau- und Bauverfahrenstechnik vor. Im Rahmen der Diskussion zum kostengünstigen Bauen hat sich gezeigt, daß der Einfluß normativer Regelungen vergleichsweise gering ist. Im übertragenen Sinn kann dies auch für das umweltverträgliche Bauen gelten. Das umweltverträgliche Bauen hängt deshalb maßgeblich vom Bauherrn - und der Unterstützung durch seine Fachberater - ab.

Die Umweltaspekte im Baubereich beziehen sich zunächst - wie zuvor dargestellt - auf die Umweltverträglichkeit von Stoffen und Bauteilen, d.h. auf die ökologische Baustoffauswahl im Rahmen einer ganzheitlichen Baustoffauswahl (z.B. Tragfähigkeit, Brandschutz, Dauerhaftigkeit, usw.). Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Bau- und Bauverfahrenstechnik im Rahmen der Bauausführung. Die nachfolgenden Beispiele umweltverträglicher Lösungen aus diesem Sektor stammen vorrangig aus dem Bereich des Bauhauptgewerbes und beziehen im Sinne eines ganzheitlichen

[Seite der Druckausgabe: 30]

Ansatzes den Siedlungs- und Städtebau sowie die Infrastruktur (z.B. Ver- und Entsorgungsleitungen, Verkehrswege) mit ein:

  • verstärkter Einsatz vorgefertigter Teile
    Die stationäre Vorfertigung kann stärker standardisiert werden und bietet hinsichtlich möglicher Emissionen eine bessere Kontrolle sowie ggf. eine abfallärmere Produktion.

  • Spritzbeton ohne Beschleuniger
    Die Verwendung besonderer Baustoffe (Spritzzement) und der Verzicht auf Zusatzstoffe (Beschleuniger) ermöglicht eine Reduktion der Grundwasserbelastung.

  • Rohrvortriebe
    Eine geschlossene Bauweise für die Rohrverlegung reduziert im Vergleich zur offenen Bauweise Eingriffe in den Boden und erzeugt weniger Abfall.

  • Rohrsanierung anstatt Rohraustausch
    Dies führt zu einer längeren Lebensdauer der Rohre und reduziert damit Abfälle.

  • hochfester Beton
    Neue Hochleistungsbaustoffe erlauben eine bessere Materialauslastung, führen damit zu kleineren Querschnitten und reduzieren so den Ressourcenverbrauch.

  • biologisch abbaubare Hydraulik- und Schalöle
    Sie verringern die Boden- und Grundwasserbelastung und reduzieren die Dauer der Belastung.

  • Raster- und Modulbauweisen
    Dieses Konstruktionsprinzip verringert den Produktionsaufwand und die Abfallmengen, z.B. durch Minimierung von Verschnitt.

  • erschütterungsarme Bauverfahren
    Abhängig von den Untergrundverhältnissen können Spundbohlen eingepreßt statt eingerammt werden.

  • lärmarme Baumaschinen
    Der Baumaschinenlärm wird durch die 15. BImSchV in Umsetzung europäischer Vorgaben geregelt. Eine weitere Lärmminderung kann durch ein Umweltzeichen zertifiziert werden.

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  • Rußfilter für Dieselmotoren
    Damit werden z.B. Gefahrstoff-Emissionen beim unterirdischen Bauen (Tunnel, Verkehrswege) reduziert.

  • Gefahrstoff-Informationssystem-Bau (GISBAU)
    Informationssystem der Bauberufsgenossenschaften zu Gefahrstoffen und Sub-stituten

  • recyclinggerechtes Konstruieren und Bauen
    In der VDI-Richtlinie 2243 sind Aspekte der Demontierbarkeit, der Reduktion der Materialvielfalt und des Recyclings angesprochen.

  • Kreislaufwirtschaft
    Stoffkreislaufführung durch Verwendung und Verwertung von Boden und Fels, Bauschutt und Straßenaufbruch

  • Rückbau statt Abbruch
    Steigerung der Sortenreinheit der Baurestmassen, Förderung eines höherwerti-gen Recyclings

  • Boden- und Bauschuttreinigung
    Verringerung der vorhandenen Schadstoffbelastung zum Recycling der Stoffe

  • Bautechnik mit Sekundärbaustoffen
    Förderung des Recyclings auch aus anderen Industrien (z.B. Kraftwerke)

  • grundwasserschonendes Bauen
    Vermeidung von Grundwasserabsenkungen durch dichte Baugruben

  • Bauen von oben nach unten
    emissionsreduziertes Bauen in Innenstädten

Die Bauindustrie kann diese Lösungen allerdings nicht "im Alleingang" einsetzen und verantworten (z.B. Problem der Technikfolgenabschätzung). Als vorwiegend bauausführende Industrie wird sie üblicherweise vom Bauherrn beauftragt. Solange Gesetze und bindende technische Bestimmungen keine verläßlichen Vorgaben zur Umweltverträglichkeit von Baustoffen und Bauverfahren machen, werden in einer Marktwirtschaft diese Entscheidungen vorwiegend nach Marktpreisen erfolgen. Die umweltverträgliche Bau- und Bauverfahrenstechnik ist vorrangig eine Aufgabe der Planung. Sie wird über die anschließende Ausschreibung und Bauvergabe (vgl. Teil IV, Nr. 5) in die Ausführung umgesetzt. Die Verantwortlichkeit der Bauindustrie beschränkt sich danach zumeist auf die ordungsgemäße Umsetzung der Plan- und Ausschreibungsvorgaben. Die Verantwortlichkeit wächst, wenn z.B. durch Sondervorschläge in den Planungsprozeß und damit in die spätere Ausführung eingegriffen wird.

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Neben dem stark arbeitsteiligen Baumarkt setzen sich in Europa zunehmend das schlüsselfertige Bauen und die Projektentwicklung durch. Dies verringert die Zahl der Schnittstellen beim Bauen und ermöglicht eine größere Einflußnahme auf den Bauprozeß und die Bauwerksgestaltung. Mit dieser stärkeren Einflußnahme und Bündelung der Verantwortlichkeiten, die an die frühere Tätigkeit der Baumeister erinnert, wird der Nachfragemarkt zum Anbietermarkt gewandelt, vergleichbar mit der Situation bei Fertighäusern. Dieser Anbietermarkt erlaubt es, kostengünstiges und umweltverträgliches Bauen aktiv aufzugreifen und als Verkaufsargument zu nutzen. Im traditionellen Baumarkt ist das Bauunternehmen jedoch Dienstleister im vergebenen Rahmen (Ausschreibung). Abweichungen von Vorgaben sind nur über Sondervorschläge möglich. Bei der Vergabe öffentlicher Bauleistungen spielt die Berücksichtigung von Umweltaspekten bislang nur eine untergeordnete Rolle, da objektive Kriterien noch weitgehend fehlen (vgl. entsprechende Ländererlasse).

Bei der Frage nach Umbau oder Neubau darf es nach Auffassung der Bauindustrie keinen bautechnischen Bonus geben. Auch der sanierte oder erweiterte Altbau muß die aktuellen Vorgaben (z.B. Wärmeschutz, Brandschutz) erfüllen. Die Entscheidung zwischen Altbau und Neubau wird daher vorrangig durch das regionale Angebot und die Nachfrage, die Käufer- oder Nutzerwünsche und -bedürfnisse, Gebäudezustand und angemessene Sanierungsaufwendungen bestimmt. Die bauausführende Industrie hält beim aktuellen Wohnungsbestand und der bestehenden Nachfrage nach Wohnungen den bisherigen Mix aus Neubau und Altbausanierung (ca. 60% zu 40%) auch weiterhin für marktgerecht. Im Hinblick auf die Umweltverträglichkeit sind nach den Erfahrungen der Bauindustrie keine markanten Vorteile nachweisbar. So kann ein sanierter Altbau bei nur mäßiger Bausubstanz weniger ökologisch sein als ein umweltverträglich erstellter, ganzheitlich optimierter Neubau. Das Beispiel verdeutlicht, daß individuelle Beurteilungen erforderlich sind.

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4. Nutzer

Beim ökologischen Bauen geht es nicht nur um die beschriebenen bautechnischen und bauphysikalischen Aspekte. Auch die Nutzung der Gebäude spielt eine wichtige Rolle. Je mehr sich Ansätze des ökologischen Bauens allgemein durchsetzen und zum technischen Standard werden, sind dabei Bedürfnisse und Lebenssituationen breiter Bevölkerungsgruppen zu berücksichtigen. Bedürfnisse, Fähigkeiten und Gewohnheiten der Bewohner sind beim alltäglichen Umgang mit umweltentlastenden Komponenten des Gebäudes zu beachten und können dem angestrebten Ergebnis entgegenstehen. Insbesondere im (sozialen) Mietwohnungsbau sind die Einstellungen der Nutzer zum ökologischen Bauen sicher andere als die der „Ökopioniere", die Anfang der 80er Jahre ihre Vorstellungen vom „Bauen im Einklang mit der Natur" in individuellen Eigenheimen im Grünen verwirklichen konnten und auf besondere Anforderungen bei der Nutzung vorbereitet waren. Hinzu

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kommt, daß im (sozialen) Mietwohnungsbau die Interessen von Investoren und Nutzern auseinanderfallen, ähnlich wie bei der erwähnten Zurechnungsproblematik von Modernisierungs- und Instandsetzungsinvestitionen.

Aspekte einer ökologischen Nutzung im sozialen Wohnungsbau sollen nun anhand von Erfahrungen näher beleuchtet werden, die das Institut Wohnen und Umwelt (Darmstadt) mit einem Demonstrativbauvorhaben [Fn. 5: Vgl. Greift, Rainer; Tobias Loga und Peter Werner: Ökologische Wohnanlage Wiesbaden - Holzstraße. Demonstrativbaumaßnahme „Umweltschonender Mietwohnungsbau" des Landes Hessen, der Stadt Wiesbaden und der Nassauischen Heimstätte, Stuttgart 1994. Ein Kurzbericht mit gleichem Titel kann vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung kostenlos bezogen werden.] in Wiesbaden, einer viergeschossigen innerstädtischen Wohnanlage gemacht hat. Das Bauvorhaben war auf Veranlassung des Hessischen Innenministeriums in der zweiten Hälfte der 80er Jahre in Zusammenarbeit mit Experten aus unterschiedlichen Fachgebieten des ökologischen Bauens und Vertretern der zuständigen Ämter und Behörden konzipiert worden; 1990 wurde es fertiggestellt und bezogen. Von den insgesamt 24 Wohnungen waren zwölf so geplant und gebaut worden, wie es dem damaligen Standard des Bauträgers entsprach. Bei der anderen Hälfte der Wohnanlage sollten bei der Planung Ansätze des ökologischen Bauens realisiert werden, soweit sie für sinnvoll und auch für den sozialen Mietwohnungsbau für praktikabel gehalten wurden. Die Ansätze sollten bereits praktisch erprobt sein; technische Anlagen - z.B. zur Trinkwassereinsparung, zur rationellen Energieanwendung etc. - sollten aus handelsüblichen Komponenten bestehen. Der im „ökologischen" Teil der Wohnanlage realisierte bauliche Wärmeschutz beinhaltet z.B. eine Thermohaut-Konstruktion aus Hartschaumplatten unter mineralischem Putz mit einer damals ungebräuchlichen Dämmstoffstärke von 10 cm. Zwar wurden in Einfamilienhäusern bereits vereinzelt Dämmstoffstärken von 20 cm verwendet; im Geschoßwohnungsbau war aber eine 10 cm Dämmstoffstärke bis dahin allenfalls in Experimentalbauten realisiert worden. Das Besondere des Vorhabens bestand nun darin, innovative ökologische Ansätze in einem Bauvorhaben zusammenzuführen und dieses unter den üblichen Bedingungen und auch im Kostenrahmen des sozialen Wohnungsbaus in die Praxis umzusetzen. Der Planungsprozeß und insbesondere auch die Nutzungsphase der ersten drei Jahre nach Bezug wurden durch das Institut Wohnen und Umwelt wissenschaftlich begleitet und ausgewertet.

Mietwohnungen werden üblicherweise geplant, ohne daß die künftigen Nutzer - und schon gar nicht ihre individuellen Verhaltensweisen und Vorlieben - bekannt sind. Im sozialen Wohnungsbau kommt hinzu, daß es sich um Menschen mit geringen Einkommen handelt. Bei einem ohnehin knappen Angebot an sozialen Mietwohnungen sind nach Dringlichkeitskriterien zudem zunehmend Haushalte mit sozialen Problemen zu berücksichtigen. Bei ihnen steht das Interesse an einer Verbesserung ihrer Wohnverhältnisse ganz eindeutig im Vordergrund; Fragen des ökologischen Bauens liegen ihnen fern.

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Diese Bedingungen der Wohnungsvergabe spiegeln sich auch bei der Belegung der 24 Wohnungen der Wiesbadener Wohnanlage, deren Mieter z.T. mehreren der nachfolgend genannten Gruppen zuzuordnen sind: Zehn Haushalte bezogen Hilfe zum Lebensunterhalt. Auch wenn sich diese Mieter in ihrer ökologischen Einstellung von den anderen nicht unterscheiden, fehlt der ökonomische Anreiz, Wasser und Energie zu sparen, da diese Kosten vom Sozialamt übernommen werden. Bei acht Haushalten mit ausländischen Bewohnern unterschiedlicher Nationalitäten schränken sprachliche Verständigungspobleme die Vermittlung von Informationen zur vollen Nutzung der ökologischen Komponenten des Gebäudes z.T. erheblich ein. Fünf Hauhalte waren Alleinerziehende mit kleinen Kindern, denen man zubilligen muß, daß sie mit den Problemen, ihren Alltag zu bewältigen, schon so belastet sind, daß sie sich nicht auch noch um Belange der Ökologie kümmern wollen. Zwei Mieterhaushalte waren Aussiedler, die aus ihrer früheren Heimat in ländlichen Gebieten sparsames Wirtschaften gewohnt sind - gute Voraussetzungen zum Energie- und Wassersparen. Schließlich waren zwei Erdgeschoßwohnungen mit Rollstuhlfahrern belegt, die auf „angemessene" Wohnbedingungen angewiesen sind, und denen man keine durch ökologische Besonderheiten des Gebäudes bedingte Zusatzbelastungen zumuten kann. Davon ist ein Haushalt den - eher zu wenigen - Mietparteien zuzurechnen, die sich um „ihr" Haus kümmern und sich dafür verantwortlich zeigen. Schon diese knappen Hinweise machen deutlich, daß es sich bei den Bewohnern um eine relativ heterogen strukturierte „Zufallsgemeinschaft" handelt. Es wird sicher einige Zeit dauern, bis sich eine „Hausgemeinschaft" entwickelt hat. Gäbe es diese von vorne herein, dann wären sicher einige mit den ökologischen Zielsetzungen des Vorhabens verbundene Dinge einfacher zu regeln.

Soziale Belastungen, Verständigungsschwierigkeiten und auch fehlendes Interesse der Mieter für die ökologischen Besonderheiten des Hauses lassen einige der ökologischen Ansätze in der Gebäudenutzung ins Leere laufen - insbesondere, wenn sie mit „Zumutungen" verbunden sind . Andere Ansätze funktionieren quasi automatisch, z.B. der hohe bauliche Wärmeschutz und - von gelegentlichen Wartungsproblemen abgesehen - die Solaranlage zur Brauchwassererwärmung. Bei der rationellen Energienutzung - Brennwertkessel und Niedrigtemperaturtechnik - spielt auch das Nutzerverhalten eine Rolle. Da die Heizkörper sich eher lauwarm bis kalt anfühlen, wenn die gewünschte Raumtemperatur erreicht ist, kann leicht der Eindruck entstehen, daß da etwas „nicht funktioniert". Von zwei Mietparteien mit etwas höheren Raumtemperaturbedürfnissen kamen dann auch - vorzugsweise an Wochenenden, wenn die Wohnungen intensiv genutzt werden, aber der reguläre Wartungsdienst nicht zu erreichen ist - Anforderungen des Störungsdienstes. Der löste das Problem, indem er unter Nichtbeachtung der sensiblen Einstellung des Brennwertkessels für dauerhaft volle Leistung sorgte. Obwohl zunächst keine entsprechenden Rückmeldungen an den technischen Dienst der Hausverwaltung erfolgten, wurden die ökologisch und ökonomisch falschen Eingriffe in das Hei-

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zungssystem relativ rasch bemerkt und korrigiert, weil bei dem Gebäude als Demonstrativbauvorhaben häufiger „nachgeschaut" wurde. Später wurden dann solche Informationen zur Routine.

Wie sehr es auf das Nutzerverhalten ankommen kann, zeigt auch das Beispiel der im „ökologischen" Teil der Wohnanlage eingebauten elektronischen Temperaturregler. Diese Regler lassen sich mit Hilfe eines „Mini-Computers" sehr genau nach dem individuellen Tagesablauf der Bewohner einstellen. Durch die bedarfsgerechte Temperatursteuerung wird eine Energieeinsparung von rechnerisch etwa 10% bewirkt. Da die Bedienung des Mini-Computers die Lektüre einer komplizierten Bedienungsanleitung voraussetzt, haben einige Bewohner die beim Einbau vorgegebene Einstellung überhaupt nie verändert. Damit wurde auf die Anpassung an die effektiv gegebenen Schwankungen in den Wärmebedürfnissen verzichtet, also keine Optimierung der Heizungseinstellung vorgenommen. Der anfänglich gegenüber den Erwartungen relativ hohe Energieverbrauch im „ökologischen" Teil der Wohnanlage führte schließlich dazu, daß die elektronischen Regler gegen - im „konventionellen" Teil der Wohnanlage bereits vorhandene - Thermostatventile ausgetauscht wurden - mit dem Ergebnis, daß sich nun der Energieverbrauch auf das erwartete niedrige Niveau einpendelte.

In einer Hinsicht hat man schon bei der Planung einem „falschen" Nutzerverhalten vorgebeugt: Bei der Konzeption des Bauvorhabens spielten in der Diskussion von Möglichkeiten zur Energieeinsparung insbesondere bei den Architekten verglaste Vorbauten bzw. Veranden als sogenannte „Sonnenfallen" eine große Rolle. In diesem Zusammenhang rechnete der Bauphysiker des Instituts Wohnen und Umwelt nüchtern die energetischen Verhältnisse für den Fall durch, daß die Balkone „mißbräuchlich" auch während der Heizperiode bei geöffneter Balkontür als Erweiterung der Wohnzimmer genutzt würden - eine angesichts der knappen Wohnflächen im sozialen Wohnungsbau und nach allen Erfahrungen sicher berechtigte Erwartung. Es ergab sich, daß bei einer Einfachverglasung der Balkone der gesamte Energieverbrauch um die Hälfte und bei einer wesentlich teureren Isolierverglasung noch um gut ein Fünftel ansteigen würde. So blieb es - wie sonst auch im sozialen Wohnungsbau üblich - bei unverglasten Balkonen.

Erhebliche Ausreißer nach oben gab es beim Heizenergie-Verbrauch im ersten Jahr - erstaunlicherweise bei Wohnungen im ökologischen Teil der Wohnanlage, d.h. trotz des wesentlich besseren Wärmeschutzes. Dies war nur mit der Praxis des Dauerlüftens durch gekippte Fenster - insbesondere in der Übergangszeit - und geöffnete Terrassentüren - damit die Katze raus und rein kann - zu erklären. Da durch die raumbezogene Steuerung der Heizkörper die Innenraumtemperatur konstant gehalten wird, sind die Wärmeverluste - anders als bei den früheren, einfachen Heizkörperventilen - nicht spürbar. Im übrigen korrelieren die haushaltsbezogenen Verbrauchswerte von Energie und Wasser in starkem Maße, obwohl es

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hier bei den Nutzungen keinen wesentlichen Zusammenhang gibt - ein Indiz dafür, daß der Verbrauch wesentlich durch das - sparsame oder sorglose - Nutzerverhalten bestimmt wird.

Erst im zweiten Betriebsjahr ergab sich ein Energie- und Wasserverbrauch, der in beiden Teilen der Wohnanlage annähernd den erwarteten Werten entsprach. Dazu haben verschiedene Faktoren beigetragen: eine Beratung aller Haushalte ein Jahr nach dem Einzug vor allem hinsichtlich der Einsparmöglichkeiten von Wasser und Energie; hohe Nachforderungen bei der Jahresabrechnung der Heiz- und Wasserkosten, und schließlich der erwähnte Austausch der elektronischen Heizkörperregler gegen Thermostatventile. Erreicht wurde im „ökologischen" Teil der Wohnanlage ein spezifischer jährlicher Energieverbrauch von 61 kWh/m2, das sind - ohne jede Einschränkung des Komforts und bei gleicher Miethöhe - rund 40% weniger als bei den „konventionellen" Wohnungen.

Auch bei den übrigen Ansätzen des ökologischen Bauens, die bei der Wohnanlage verwirklicht wurden - bei der Trinkwassereinsparung, bei der Kompostierung, bei der naturnahen Freiflächengestaltung, bei der Pflege umweltfreundlicher Materialien -, war der Erfolg wesentlich vom Verhalten der Mieter bestimmt. Zwar ergeben sich für die Nutzer aus dem ökologischen Bauen keine unzumutbaren Anforderungen, denen man sich im übrigen auch folgenlos entziehen könnte. Aber bis zu einem gewissen Grad sind hiermit ein bewußteres Verhalten und gelegentlich auch Mehrarbeit verbunden. Mehrarbeit hätte z.B. das Betreiben des Kompostplatzes bedeutet. Dieses Vorhaben scheiterte aber vielleicht auch deshalb, weil es eine Hausgemeinschaft, die dies hätte tragen können, noch nicht gab. Zwar wurden zwei Mieterversammlungen zur Information über das Kompostieren durch das Institut Wohnen und Umwelt durchgeführt. Auf die Organisation einer „Kompostgruppe" durch einen "Animateur", durch die selbst in Hochhäusern erfolgreiche Fälle der Eigenkompostierung durch Mieter initiiert werden konnten, wurde jedoch verzichtet.

Daß auch Mieter ohne Umweltorientierung mit den Besonderheiten ökologisch geplanter Gebäude zurecht kommen, setzt ein Mindestmaß an Information voraus. Die Erfahrungen mit dem Wiesbadener Demonstrativbauvorhaben deuten darauf hin, daß die einmalige Überreichung schriftlicher Informationsmaterialien beim Einzug nicht ausreicht. Viel wirksamer sind persönliche Beratungen nach einer Zeit des Einlebens in die neue Wohnung - etwa durch einen Hausmeister oder durch externe Berater. Beispielsweise würden sich bei der Wohnanlage in Wiesbaden die entsprechenden Beratungskosten auf insgesamt knapp 4.000 DM belaufen - ein im Verhältnis zu den Gesamtbaukosten und zu den erreichbaren Verbrauchseinsparungen sicher geringer Betrag.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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