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4. Zusammenfassung der Reformdiskussion: Die derzeitigen Konfliktlinien

Über den grundsätzlichen Reformbedarf der derzeitigen Wohneigentumsförderung besteht ein weitgehender Konsens unter allen beteiligten staatlichen und privaten Akteuren. Positive gesellschafts-, Wohnungsbau- und wirtschaftspolitische Effekte der Wohneigentumsbildung einerseits und nach wie vor niedrige Eigentumsquoten andererseits verweisen, insbesondere in Verbindung mit knappen Haushaltsmitteln, auf die Notwendigkeit einer effizienteren Wohneigentumsförderung. Trotz dieses weitreichenden grundsätzlichen Konsenses gehen indes die Vorstellungen über die konkreten Reformschritte im einzelnen, das zeigen auch die im vorangegangenen Abschnitt vorgestellten unterschiedlichen Reformvorschläge, in verschiedenen Punkten auseinander. Die Reformdiskussion konzentriert sich dabei derzeit auf

  • die Neugestaltung der steuerlichen Wohneigentumsförderung und

  • die Bedeutung und Fortentwicklung nicht-steuerlicher Förderinstrumente.

4.1. Zur Neugestaltung der steuerlichen Wohneigentumsförderung

Die reform der steuerlichen Eigentumsförderung nimmt innerhalb der Diskussion eine herausragende Rolle ein, eine Reihe von Reformvorschlägen liegen derzeit auf dem Tisch. Insbesondere an den folgenden Fragen lassen sich die Unterschiede der Modelle und derzeitigen Konfliktlinien verdeutlichen:

  • die Frage nach Einkommens- bzw. Progressionsabhängigkeit/-unabhängigkeit der Förderung;

  • die Bedeutung indirekter/steuerlicher oder direkter Förderung und damit zusammenhängend die Frage nach der rechtlichen

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    Verankerung der Wohneigentumsförderung (im Steuerrecht oder als eigenständiges Leistungsgesetz);

  • die Frage nach der Bemessungsgrundlage: Anschaffungs-/Herstellungskosten, Schuldzinsen, Annuitäten oder Festbetrag;

  • die Frage nach einer Differenzierung der Förderung zwischen Neubau und Gebrauchterwerb;

  • die Rolle von Vorspar- bzw. Nachsparphase bei der Förderung;

  • die Frage einer regionalen Differenzierung, insbesondere die Frage unterschiedlicher Förderung in Ballungsgebieten und ländlichem Raum.

Einkommens- bzw. Progressionsabhängigkeit

Hinsichtlich der Frage der Einkommens- und der Progressionsabhängigkeit unterscheiden sich die verschiedenen Modelle deutlich, wobei verschiedene Kombinationen in der Diskussion sind. Einhelligkeit besteht unter den Bundesländern bezüglich der Forderung nach Progressionsunabhängigkeit, die Vorschläge unterscheiden sich aber hinsichtlich der Frage der Einkommensabhängigkeit. Während die Modelle von Baden-Württemberg und Sachsen, wie auch der Vorschlag der Bausparkassen, eine vom Einkommen unabhängige Förderung vorsehen, enthalten die Reformvorschläge von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine Staffelung der Förderung anhand von Einkommens- bzw. Kappungsgrenzen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht ein progressionsunabhängiges Modell mit Einkommensgrenzen vor. Auch die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag plädiert für ein progressionsunabhängiges und einkommensabhängiges Modell. Anders als im Gesetzentwurf der Regierungsparteien vorgesehen, setzt sie sich aber für eine gleitende Absenkung der Förderung bei höheren Einkommen ein.

Befürworter der Progressionsunabhängigkeit begründen ihre Position insbesondere damit, daß bei einer progressionsabhängigen Förderung letztlich die Haushalte die höchste Förderung erhalten, die ihrer am

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wenigsten bedürfen und demgegenüber die Schwellenhaushalte, die aus Effizienzgesichtspunkten die Hauptzielgruppe der Wohneigentumsförderung sein müßten, nur unzureichend von der Förderung profitieren.

Dem halten die Befürworter einer Progressionsabhängigkeit, wie zum Beispiel der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer, entgegen, daß die daraus resultierende unterschiedliche Förderung das Korrelat dafür darstelle, daß die Bezieher höherer Einkommen auch höher besteuert werden. Daher sei eine höhere Entlastung dieser Gruppe aus steuersystematischen Gründen durchaus gerechtfertigt.

Steuerliche Förderung versus Zulagenmodell

Einige der Reformmodelle, wie zum Beispiel der rheinland-pfälzische Vorschlag, sehen eine völlige Abkehr von einer steuerlichen Förderung und die Herauslösung aus dem Steuerrecht vor und plädieren stattdessen für eine direkte Wohnungsbauzulage, die in einem eigenen Leistungsgesetz geregelt werden soll. Damit soll einerseits verhindert werden, daß, wie es bei einer steuerlichen Förderung der Fall ist, bestimmte potentielle Interessenten von vorneherein von der Förderung ausgenommen werden. Dies betrifft alle jene, die aus unterschiedlichen Gründen keine Steuerschuld haben, wie beispielsweise Handwerker oder andere Selbständige in Verlustzonen, Bauherren, die im entsprechenden Kalenderjahr arbeitslos sind oder Haushalte, die aufgrund ihres geringen Einkommens keine Steuern zahlen müssen. Aufgrund der durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts notwendig gewordenen Neuregelung des steuerfreien Existenzminimums wird dies voraussichtlich zukünftig immer mehr Haushalte betreffen.

Andererseits kann durch eine unabhängig von der Steuerschuld gezahlte Zulage die Progressionsunabhängigkeit besser erreicht werden als durch eine steuerliche Förderung. Um bei einer an der Steuerschuld anknüpfenden Lösung, wie sie die Modelle von Sachsen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen vorsehen, die Progressionsunabhängigkeit zu erreichen, ist in dem Fall, in dem der

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Förderbetrag die Steuerschuld überschreitet, die Auszahlung des Differenzbetrages als "Negativsteuer" notwendig. Gegen eine solche Lösung werden - insbesondere von seiten des Landes Rheinland-Pfalz - in erster Linie zwei Einwände vorgebracht: Einer solchen "Negativsteuer" stünden sowohl Steuer- bzw. verfassungsrechtliche Gründe als auch praktische Überlegungen entgegen:

Die Einkommensteuer wird von den Ländern gemäß Art. 108 Abs. 3 GG im Auftrag des Bundes verwaltet. Demgegenüber stellt die "Steuervergütung" eine Geldleistung dar, die nach Art. 104 a Abs. 3 GG in eigener Verwaltung der Länder ausgeführt wird, weil der Bund an den Steuern, aus deren Aufkommen die Leistungen entnommen werden, wegen des Anteils der Gemeinden zu weniger als 50 Prozent beteiligt ist. Eine einheitliche Fördermaßnahme könne aber nur entweder als Bundesauftragsangelegenheit oder in eigener Verwaltung der Länder ausgeführt werden, weil ansonsten die staatlichen Hoheitsrechte nicht gegeneinander abgegrenzt werden könnten.

Auch in der praktischen Durchführung, so ein weiteres Argument gegen die "Negativsteuer", führe die Kombination von Steuerabzugsbetrag und Steuervergütung zu kaum lösbaren Problemen. Bei Arbeitnehmern ermögliche eine Umrechnung des Steuerabzugsbetrages in einen in die Lohnsteuerkarte einzutragenden Steuerfreibetrag nur eine Förderung in Höhe der Steuerlast. Die Steuervergütung müßte deshalb vom Finanzamt ausgezahlt werden, mit der Folge, daß bei jeder Gehaltserhöhung oder sonstigen Änderung der Steuerlast der Steuerabzugsbetrag und die Steuervergütung neu abgestimmt werden müßten.

Bemessungsgrundlage

Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage konzentriert sich die Diskussion in erster Linie auf drei Pole: Die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die Schuldzinsen oder Annuitäten sowie ein Festbetrag.

Besonders umstritten sind Ansätze, die, wie etwa im Vorschlag der Expertenkommission oder Baden-Württembergs, die Verschuldung

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(Schuldzins oder Annuitäten) als Ansatzpunkt für die Förderung wählen. So lehnt etwa die rheinland-pfälzische Landesregierung eine Orientierung an der Verschuldung ab, da diese

  • einen möglichen Einsatz von Eigenkapital hemme,

  • Anreize zu einer übermäßigen Verschuldung schaffe,

  • das Interesse an einer raschen Entschuldung senke und

  • Möglichkeiten des Mißbrauchs berge.

Der Staat, so das zentrale Argument gegen die Verschuldung als Bemessungsgrundlage der Wohneigentumsförderung, könne die Vermögensbildung seiner Bürger nicht dadurch fördern, daß er ihre Verschuldung begünstigt. Auch die Bundesregierung teilt diese Bedenken und lehnt den Schuldzinsenabzug, wie ihn beispielsweise der Vorschlag der Expertenkommission Wohnungspolitik vorsieht, als "Förderung des Schuldenmachens" ab.

Von selten der Befürworter der Verschuldung als Bemessungsgrundlage der Wohneigentumsförderung wird dementgegen darauf verwiesen, daß die Verschuldung letztlich nur eine bestimmte, in der Realität zum Erwerb von Wohneigentum notwendige Form der Finanzierung der Anschaffungs-/Herstellunsgkosten darstellt. Mit einer Förderung, die an der Verschuldung ansetzt, würde insbesondere ein Ausgleich für diejenigen Haushalte geschaffen, die über wenig Eigenkapital verfügen und somit auf einen hohen Fremdkapitalanteil bei der Finanzierung von Wohneigentum angewiesen sind. Dies betreffe vor allem auch die Bevölkerung in den neuen Bundesländern. Schließlich würde der Schuldzinsenabzug eine Gleichstellung von Mietwohnungsbau und Wohneigentumserwerb bewirken und verhindern, daß der vermietende Eigentümer gegenüber dem Selbstnutzer bevorteilt wird.

Eine weitere Frage im Zusammenhang mit der Wahl der Bemessungsgrundlage ist diejenige nach Praktikabilität bzw. Handhabbarkeit der jeweils darauf aufbauenden Förderung, insbesondere nach dem notwendigen Aufwand zur Ermittlung der jeweiligen Daten. In diesem Zusammenhang wird ein gewisser Vorteil der Bemessungsgrundlage "Anschaffungs-/Herstellungskosten" gesehen, da bei den Schuld-

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zinsen als Bemessungsgrundlage zusätzlich auch deren sachliche Verbindung zu den Anschaffungs-/Herstellungskosten geprüft werden muß, was den Aufwand erhöht.

Ein Vorteil der Bemessungsgrundlage "Anschaffungs-/Herstellungskosten" besteht aus Sicht der Bauwirtschaft schließlich auch darin, daß durch die Notwendigkeit des Nachweises dieser Kosten der Anreiz zu Schwarzarbeit ohne Rechnung sinkt und somit negative Auswirkungen illegaler Beschäftigung auf die Gesellschaft vermieden werden können.

Vertreter einer Festbetragslösung, wie sie etwa im sächsischen Modell vorgesehen ist, verweisen ebenfalls auf die einfache Handhabung einer solchen Regelung, die sie als entscheidenden Vorteil dieses Ansatzes betrachten.

Differenzierung zwischen Neubau und Bestandserwerb

Bei der Frage nach einer Differenzierung zwischen Neuerwerb und Bestandserwerb ergeben sich Zielkonflikte zwischen den verschiedenen politischen Zielen: Eine solche Differenzierung erscheint wohnungsbaupolitisch sinnvoll, um zur Schaffung von neuem Wohnraum beizutragen und die Mehrfachförderung eines Objektes zu verhindern. Die meisten Reformvorschläge laufen daher auf eine differenzierte Bemessungsgrundlage für Neubau und Bestanderwerb hinaus.

Unter gesellschafts- und familienpolitischen Gesichtspunkten und aus Sicht der Förderung der Vermögensbildung erscheint die Differenzierung zwischen Neu- und Bestandserwerb hingegen als weniger zielführend. Sachsen lehnt daher aus der Sicht der neuen Bundesländer und unter Berücksichtigung der dortigen besonderen Situation eine solche Differenzierung ab.

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Vorspar- und Nachsparforderung

Hinsichtlich der Rolle von Vorsparförderung bzw. Nachsparforderung sind innerhalb der Reformdebatte derzeit drei Positionen erkennbar. Nach den Vorstellungen des Landes Sachsen sollten die Mittel auf die Nachsparforderung konzentriert werden, um der Situation in den neuen Bundesländern gerecht zu werden und dort eine rasche Wirkung der Wohneigentumsförderung zu erzielen. Demgegenüber besteht die weit verbreitete Position, nach der eine Verbesserung der Vorsparförderung durch eine Anhebung der Einkommensgrenzen für die Wohnungsbauprämie dringend notwendig erscheint. Hier haben sich die Forderungen der Länder Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen nach einer Verdoppelung der bisherigen Einkommensgrenzen (27.000,- DM für Ledige bzw. 54.000,- DM für Ehepaare) sowie der Vorschlag von Koalition und Bundesregierung zu einer Erhöhung auf 50.000,- DM bzw. 100.000,-DM mittlerweile angenähert.

Regionale Differenzierung der Förderung

Auch in der Frage einer regionalen Differenzierung der Wohneigentumsförderung stehen sich im wesentlichen zwei Positionen gegenüber: Die Befürworter einer solchen Regionalisierung, wie etwa das Deutsche Volksheimstättenwerk, verweisen auf die negativen Folgen einer undifferenzierten Förderung. Diese führe aufgrund der Vernachlässigung der unterschiedlichen Kostenentwicklungen zu einer "Überförderung" auf dem Land und zu einer im Gegenzug zu geringen Förderung in Ballungsgebieten, obwohl gerade dort, wie auch die geringeren Eigentumsquoten zeigen, eine stärkere Förderung notwendig wäre.

Demgegenüber verweisen Gegner einer regionalen Differenzierung darauf, daß nicht alle Probleme über ein Instrument lösbar seien. Da die niedrigeren Eigentumsquoten in Ballungsräumen in erster Linie eine Folge der höheren Baukosten und des knappen bzw. durch mangelnde Ausweisung zum Teil künstlich knapp gehaltenen Baulandes seien, wären zu einer Lösung des Problems vor allem Kostensenkungsmaßnahmen und eine verstärkte Baulandausweisung not-

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wendig. Darüber hinaus ließe sich eine regionenspezifische Differenzierung sehr viel besser mit dem Instrument der direkten Förderung realisieren und würde die steuerliche Förderung dadurch unnötig kompliziert.

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4.2. Zur Bedeutung und Fortentwicklung nicht-steuerlicher Instrumente zur Wohneigentumsforderung

Neben der Reform der steuerlichen Wohneigentumsförderung umfaßt die derzeitige Diskussion vor allem auch die Frage der Bedeutung und des weiteren Ausbaus der nicht-steuerlichen, direkten Förderinstrumente. Dabei zeigt sich, daß die Meinungsunterschiede in diesem Fall weniger grundsätzlicher Natur sind, da die Bedeutung der nicht-steuerlichen Förderung allgemein anerkannt wird, sondern vielmehr die Frage betreffen, welcher Stellenwert den direkten Instrumenten gegenüber der steuerlichen Förderung eingeräumt wird. Während einerseits die nicht-steuerliche Förderung grundsätzlich als Ergänzung zur steuerlichen Förderung gesehen wird, gibt es andere Positionen, die, vor allem aus Effizienzgesichtspunkten, für eine weitestgehende Konzentration auf die direkten Förderinstrumente zu Lasten der steuerlichen Förderung plädieren.

Auch nach Auffassung des Geschäftsführers eines wissenschaftlichen Instituts, der langjähriges Mitglied der Expertenkommission Wohnungspolitik ist, sind die direkten Förderinstrumente, insbesondere die nicht-monetären, weit wirksamer und zielgenauer als die steuerliche Förderung:

Oberste Priorität bei den nicht-steuerlichen Förderinstrumenten sollten Maßnahmen genießen, die zu einer Senkung der stark gestiegenen Baukosten beitragen können. Als wichtigste Maßnahmen in diesem Zusammenhang wurden genannt:

  • Verstärkte Zusammenarbeit von Planung und Bauausführung. Hierbei wurde auf bereits bestehende entsprechende Modelle der Bauwirtschaft verwiesen; so konnte in einem Modellbauvorhaben im sozialen Wohnungsbau in Bayern der Quadratmeter Wohnfläche für 1.600,- DM erstellt werden, dies war mög-

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    lich durch die Einbeziehung der bauausführenden Firma in die Planung.

  • Moderne Produktionsverfahren und -techniken, wie Just-in-time-Produktion oder skandinavische Bauweise. Grundsätzlich sind einige Anbieter heute in der Lage, Häuser zum Preis von 1.500,- DM bis 2.000,- DM pro Quadratmeter zu erstellen.

  • Änderung bzw. Abschaffung kostentreibender Regulierungen;

  • hierzu zählt insbesondere auch die Überprüfung von überkommenen Bauordnungen und Baunormen. Positive Wirkungen werden in diesem Zusammenhang auch von der Änderung der bisherigen, nach Ansicht von Kritikern veralteten, Gewerbeordnung vor zwei Jahren erwartet.

Wesentlicher Faktor der Kostensteigerungen im Wohnungsbau seien die hohen Bodenpreise insbesondere in Ballungsregionen. Hier müsste durch vermehrte Ausweisung von Bauland und städtebauliche Entwicklungsmaßnahmen gegengesteuert werden. Die Situation in den meisten Ballungsgebieten stellt sich derzeit so dar, daß Bauland in den Kernstädten kaum noch vorhanden ist und andererseits die Umlandgemeinden zu wenig Bauland ausweisen. Dadurch wird Bauland künstlich knapp gehalten mit entsprechenden Folgen für die Bodenpreise. Diesen Umstand dann durch eine erhöhte Eigentumsförderung auszugleichen und noch zu belohnen, sei ein verteilungspolitisch äußerst bedenkliches System, welches letztlich nicht zu rechtfertigen ist.

Mit diesem Punkt sind weitreichende Probleme angesprochen die letztendlich auch die Frage aufwerfen, inwieweit die kommunale Planungshoheit aufrechtzuerhalten ist. Die derzeitige Praxis, wonach Flächennutzungen nicht in einem größeren regionalen Verbund, sondern isoliert von den Kommunen nur innerhalb ihres jeweiligen Gebietes optimiert werden, führt zu zahlreichen Problemen. Hierzu gehören vor allem auch immense Pendlerströme über hohe Entfernungen mit entsprechenden Verkehrs- und umweltpolitischen Folgen. Wie diese Probleme zu lösen sind, ohne den Gemeinden ihre kommunale Souveränität zu nehmen, ist eine schwierige Frage, die gleichwohl im Kontext der Reform der Wohneigentumsförderung mit in die Betrachtung einbezogen werden muß. Daß hierbei ein

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größerer regionaler Planungsverbund Abhilfe schaffen könnte, wurde von einem Vertreter aus dem kommunalen Bereich allerdings bestritten.

Auch nach Auffassung der Bundesregierung drängt nicht zuletzt die knappe Haushaltslage dazu, neben einer Überprüfung der Förderkulisse vor allem über die Kostensenkung nachzudenken, damit Wohneigentum für breitere Schichten der Bevölkerung bezahlbar wird. Die Bundesregierung strebt vor diesem Hintergrund eine Kostensenkungsinitiative an, hierzu soll ein Handlungsrahmen erstellt und dem Parlament gemeinsam mit dem Gutachten der vom Bundesbauministerium beauftragten Kostensenkungskommission zugeleitet werden.

Im Zuge der Weiterentwicklung der direkten Förderung wird von der Expertenkommission Wohnungspolitik eine Konzentration der entsprechenden knappen Mittel auf die neuen Bundesländer vorgeschlagen. Die Begründung hierfür liegt nicht nur in der dort deutlich geringeren Eigentumsquote, sondern auch in den im Osten niedrigeren Einkommen und vor allem den geringeren Vermögen. Der enorme Nachholbedarf in den neuen Ländern wird zusätzlich dadurch verstärkt, daß in den letzten 40 Jahren Desinvestitionen im Wohnungsbestand stattgefunden haben, die Wohnungsqualität allgemein schlecht ist und umfangreiche Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen notwendig sind. Diese Maßnahmen, die in den alten Ländern über 40 Jahre kontinuierlich, zu größtenteils geringeren Preisen, durchgeführt wurden und zum Teil bereits abgeschrieben sind, müssen in den neuen Ländern zu heutigen Baukosten nachgeholt werden. Dies ist ohne erhebliche Förderung aufgrund der niedrigen Einkommen und des fehlenden Vermögens nicht leistbar.

Als ein weiteres, wirkungsvolles und darüber hinaus kostengünstiges und wenig arbeitsaufwendiges direktes Förderinstrument zur Wohneigentumsbildung schlägt die Expertenkommission Wohnungspolitik staatliche Bürgschaften für die Bezieher mittlerer und kleinerer Einkommen vor, die es diesen ermöglichen sollen, sich das zum Eigentumserwerb nötige Kapital auf dem Kapitalmarkt zu beschaffen. Hintergrund dieses Vorschlags ist ein "Versagen" des Kapitalmarktes, welches die Kommission als Hindernis bei der Wohneigentumsbildung konstatiert. Der Kapitalmarkt zeichne sich einerseits durch

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eine hohe Effizienz aus, was sich in einer extrem niedrigen Differenz zwischen Soll- und Habenzinsen (die sogenannte Zinsspreizung) niederschlägt.

Diese hohe Effizienz des Kapitalmarktes hat andererseits ihren Preis, der darin besteht, daß die niedrige Zinsspreizung auch dadurch zustande kommt, daß Risiken eher ausgeschaltet werden. Dadurch haben Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen (bzw. preiswertes Bauen), die aus der Sicht des Kapitalgebers ein höheres Risiko darstellen, weniger Chancen, sich mit Kapital vom Kapitalmarkt zu versorgen, z.B. durch Aufnahme einer Hypothek. Durch eine flexiblere Handhabung des starren, die Bezieher mittlerer und kleiner Einkommen benachteiligenden Hypothekensystems, sei eine verstärkte Eigentumsbildung möglich, ohne Förderung, allerdings bei etwas höheren Zinszahlungen.

Eine sinnvolle Ergänzung könne die direkte Wohneigentumsförderung schließlich im Rahmen der Energiesparförderung, einem sehr wichtigen Instrument, erfahren. Die sogenannte Internalisierung externer Effekte liefert hier ein weiteres Argument für eine direkte Förderung. Der Bauherr wird normalerweise nur solange in Energiesparmaßnahmen investieren, solange die Investition sich neutral in Bezug auf die Bruttowarmmiete verhält. Aus Sicht der Gesellschaft gibt es allerdings gute Gründe dafür, mehr Energiesparinvestitionen zu verlangen, da langfristig, über Generationen, Energiesparinvestitionen effizienter sind, als Investitionen in Energieerzeugung. Auch nach Auffassung der SPD-Fraktion im Bundestag sind aufgrund dramatischer Änderungen der klimatischen Bedingungen Anstrengungen über die neue Wärmeschutzverordnung hinaus erforderlich, da diese noch nicht den Standard eines Niedrigenergiehauses erreiche. Daher sollten Familien, die selbstgenutztes Wohneigentum auf Niedrigenergiestandard schaffen, zusätzlich gefördert werden.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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