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[Seite der Druckausgabe: 13 / Fortsetzung]


2. Struktur und Reformbedarf der derzeitigen Wohneigentumsförderung

2.1. Instrumente der Wohneigentumsförderung

Grundsätzlich lassen sich die Instrumente der staatlichen Wohneigentumsförderung in indirekte bzw. Steuerliche sowie direkte Förderinstrumente unterscheiden. Die Förderung kann dabei entweder als Vorsparförderung in der Phase der Eigenkapitalakkumulation an-

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setzen oder als Nachsparförderung in der Phase der Schuldentilgung. Die besondere Bedeutung der Nachsparförderung, die derzeit in Form der steuerlichen Förderung nach Paragraph 10e EStG den Kern der staatlichen Wohneigentumsförderung ausmacht, ergibt sich daraus, daß die Haushalte in dieser Phase die größten Belastungen zu tragen haben und der staatlichen Hilfe am ehesten bedürfen.

Das Vorsparen dient der Akkumulation von Eigenkapital, hilft, die Belastungen aus Fremdfinanzierung tragbar zu machen und senkt damit die Zugangsschwelle zum selbstgenutzten Wohneigentum. Dies kann auch dazu beitragen, den Erwerb von Wohneigentum zu einem früheren Zeitpunkt als bisher zu ermöglichen. Das Durchschnittsalter des Wohneigentumserwerbs ist in Deutschland mit rund 38 Jahren bislang hoch. Darüber hinaus hat das Vorsparen auch eine edukative Wirkung, fördert eine stetige Vermögensbildung und hat über die Stabilisierung der Sparquote auch gesamtwirtschaftlich positive Effekte. Somit kommt auch der Vorsparförderung eine besondere Bedeutung zu, sie erfolgt derzeit entweder als direkte Förderung in Form der Wohnungsbauprämie oder als steuerliche Förderung in Form der Abzugsfähigkeit von 50 Prozent der Bausparbeiträge als Sonderausgaben.

2.1.1. Indirekte/steuerliche Förderung

Die indirekte Wohnungsbauförderung vollzieht sich momentan im Rahmen des Paragraphen 10e Einkommensteuergesetz (EStG), der erst vor acht Jahren den berühmten Paragraphen 7b abgelöst hat, sowie des Paragraphen 34f EStG. Sie umfaßt die sogenannte Grundförderung nach Paragraph 10e EStG, die Steuerabzugsfähigkeit in Form des Baukindergeldes nach Paragraph 34f EStG sowie die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen vor Bezug nach Paragraph 10e Abs. 6 EStG. Gefördert werden alle Arten des zu Wohnzwecken genutzten Wohneigentums, also das Einfamilienhaus, die Eigentumswohnung oder der selbstgenutzte Teil eines Zwei- oder Mehrfamilienhauses.

Die Grundförderung nach Paragraph 10e EStG sieht vor, daß für den Bau oder den Erwerb einer selbstgenutzten Wohnung vier Jahre lang

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sechs Prozent sowie weitere vier Jahre lang fünf Prozent von bis zu 330.000,- DM Anschaffungs- oder Herstellungskosten als Sonderausgaben von der Steuerbemessungsgrundlage abgesetzt werden können. Damit ergeben sich Höchstabzugsbeträge von bis zu 19.800,-DM jährlich in den ersten vier Jahren bzw. 16.500,- DM jährlich für weitere vier Jahre. Der Bodenwert darf bis zur Hälfte in die Bemessungsgrundlage von 330.000,- DM einbezögen werden. Für Gebrauchtimmobilien, die nach dem 1. Januar 1994 angeschafft werden, vermindert sich die Bemessungsgrundlage von 330.000,- DM auf maximal 150.000,- DM, die maximalen Sonderausgabenabzugsbeträge vermindern sich demnach auf 9.000,- DM bzw. 7.500,-DM.

Seit dem 1. Oktober 1991 bestehen für die Grundförderung nach Paragraph 10e EStG Einkommensgrenzen von 120.000,- DM Jahreseinkommen für Ledige bzw. 240.000,- DM für Ehepaare, die zu einem sogenannten "Fallbeileffekt" führen.

Durch die Anlehnung an die Steuerbemessungsgrundlage wirkt die Wohneigentumsförderung nach Paragraph 10e EStG progressionsabhängig, d.h. die Förderung nimmt mit steigendem Einkommen zu. Ausgehend von einem Abzugsbetrag von 19.800,- DM ergibt sich beispielsweise bei einem Grenzsteuersatz von 25 Prozent eine Entlastung von 4.950,- DM, bei einem Grenzsteuersatz von 50 Prozent beträgt die Entlastung 9.900,- DM.

Nach Paragraph 34f EStG können während des achtjährigen Förderzeitraums in Form des Baukindergeldes für jedes Kind jährlich 1.000,- DM von der Steuerschuld abgezogen werden. Auch hier gelten die obigen Einkommensgrenzen.

Die dritte Komponente der steuerlichen Förderung besteht in der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen vor dem Bezug nach Paragraph 10e Abs. 6 EStG. Als Aufwendungen vor Bezug sind solche Aufwendungen zu berücksichtigen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Herstellung oder Anschaffung stehen und vor dem erstmaligen Bezug der selbstgenutzten Wohnung angefallen sind. Hierzu zählen insbesondere Finanzierungskosten, Zinsen und sonstige Geldbeschaffungskosten wie z.B. Notariats- und Grundbuchgebühren.

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Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen vor dem Bezug ist von den beiden anderen Komponenten - Grundförderung und Baukindergeld - unabhängig und kann deshalb auch von solchen Steuerpflichtigen in Anspruch genommen werden, denen die Grundförderung aufgrund des Überschreitens der Einkommensgrenze nicht mehr zusteht.

2.1.2. Direkte Förderung im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus

Die direkte Wohneigentumsförderung richtet sich nach dem Zweiten Wohnungsbaugesetz und soll "überwiegend der Förderung von Einzeleigentum dienen", und zwar vor allem von einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten. Sie umfaßt insbesondere öffentliche Baudarlehen zu besonders günstigen Bedingungen, Aufwendungshilfen zur Verringerung der laufenden Aufwendungen für Zinsen, Tilgung, Bewirtschaftung und Instandhaltung, Landesbürgschaften zur Sicherung von Hypothekendarlehen und Lastenzuschüsse nach dem Wohngeldgesetz. Auf die Mittel des sozialen Wohnungsbaus besteht - anders als bei der indirekten Wohneigentumsförderung - kein Rechtsanspruch. Unterschieden werden drei Förderwege:

Erster Förderweg

Im Ersten Förderweg werden Haushalte innerhalb bestimmter Einkommensgrenzen gefördert, vorrangig kinderreiche Familien, Alleinerziehende, junge Ehepaare, Schwangere sowie ältere Menschen und Schwerbehinderte. Die Förderung umfaßt zinslose öffentliche Baudarlehen, Familienzusatzdarlehen und Aufwendungshilfen. Art und Umfang dieser Hilfen sind in den Bundesländern unterschiedlich. In der Regel wird nur der Neubau gefördert, der Erwerb von vorhandenem Wohnraum nur ausnahmsweise, z.B. für kinderreiche Familien und Schwerbehinderte. Über die Anträge wird nach sozialer Dringlichkeit und nach der Reihenfolge der Anträge entschieden. Die Bundesländer, die für die Durchführung des sozialen Wohnungsbaus zuständig sind und die auch den Großteil der Mittel für

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den Ersten Förderweg zur Verfügung stellen, setzen hier unterschiedliche Kriterien.

Förderungswürdig sind grundsätzlich nur Haushalte, deren Gesamteinkommen im Sinne der Paragraphen 25 ff. Zweites WoBauG die folgenden Beträge nicht überschreiten:


Haushaltsgrößen

jährlich

1 Person

23.000,-DM

2 Personen

33.400,-DM

3 Personen

41.400,-DM

4 Personen

49.400,-DM

Für jeden weiteren zum Familienhaushalt zählenden Angehörigen erhöht sich die Einkommensgrenze um 8.000,- DM jährlich.

Bei der Einkommensermittlung ist im Grundsatz vom Gesamteinkommen der Familie auszugehen, das in den zwölf Monaten nach der Antragstellung zu erwarten ist.

Mit öffentlichen Mitteln im ersten Förderweg soll nur der Bau von angemessen großen Wohnungen gefördert werden, die Grenzen liegen bei 130 Quadratmetern für Familienheime mit einer Wohnung, bei 200 Quadratmetern für Familienheime mit zwei Wohnungen und bei 120 Quadratmetern für eigengenutzte Eigentumswohnungen und Kaufeigentumswohnungen. Diese Wohnflächengrenzen können allerdings unter bestimmten Voraussetzungen auch überschritten werden.

Zweiter Förderweg

Im Zweiten Förderweg werden Aufwendungsdarlehen oder Aufwendungszuschüsse in abnehmender Höhe gewährt. Die Aufwendungshilfen dienen dazu, die vom Bauherren oder Erwerber selbst zu tragende laufende Belastung zu verringern. Laufzeit und Fördersatz richten sich nach den Wohnungsbauförderungsbestimmungen der Länder.

Darlehen werden bis zum Ablauf des 16. Jahres zins- und tilgungsfrei gewährt. Vom 17. Jahr an sind sie zu verzinsen und zu til-

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gen. Dieser Verzinsungs- und Tilgungsaufschub hat den Vorteil, daß bis dahin das normalerweise in Anspruch genommene Bauspardarlehen zurückgezahlt ist, so daß dann die Verzinsung und Tilgung des Aufwendungsdarlehens keine zusätzliche Belastung mehr bedeutet.

Begünstigt werden im Zweiten Förderweg Bauherren, deren Jahreseinkommen die Einkommensgrenzen des Paragraphen 25 Zweites WoBauG um nicht mehr als 60 Prozent überschreitet:


Haushaltsgrößen

jährlich

1 Person

36.800,- DM

2 Personen

53.440,- DM

3 Personen

66.240,- DM

4 Personen

79.040,- DM.

Für jeden weiteren zum Familienhaushalt zählenden Angehörigen erhöht sich die Einkommensgrenze um 12.800,- DM jährlich.

Vereinbarte Förderung (Dritter Förderweg)

Mittel des sozialen Wohnungsbaus können auch im Wege der "vereinbarten Förderung" nach Paragraph 88d Zweites WoBauG aufgrund von Vereinbarungen zwischen Darlehens- oder Zuschußgeber und dem Bauherren vergeben werden. Die Förderung bestimmt sich in diesen Fällen nach den Angeboten der Länder in ihren Förderprogrammen.

Ebenfalls zur direkten Förderung wird der Lastenzuschuß nach dem Wohngeldgesetz und die Bausparförderung gezählt. Der Lastenzuschuß wird an einkommensschwache Haushalte mit selbstgenutztem Wohneigentum gezahlt. Bei der Bausparförderung nach dem Wohnungsbauprämiengesetz handelt es sich um eine einmalige Prämie von zehn Prozent der Bausparbeiträge bis zu 800,- DM jährlich für Alleinstehende mit einem Jahreseinkommen bis zu 27.000,- DM bzw. bis zu 1.600,- DM für Ehepaare mit einem Einkommen bis zu 54.000,- DM. Anstelle der Bausparprämie können alternativ, ohne Einkommensgrenzen, 50 Prozent der Bausparbeiträge als Sonderausgaben geltend gemacht werden.

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2.1.3. Weitere nicht-steuerliche Förderinstrumente

Neben der indirekten/steuerlichen und der direkten Eigentumsförderung können noch zusätzliche nicht-steuerliche Förderinstrumente der Wohnungsbauförderung differenziert werden. Hierzu zählen insbesondere Maßnahmen zur Kostensenkung im Wohnungsbau und die vermehrte Ausweisung von Bauland. Hohe Bau- und Grunderwerbskosten hemmen eine breite Wohneigentumsbildung nachhaltig und werden für die niedrige Eigentumsquote mitverantwortlich gemacht. Die Notwendigkeit von Kostensenkungsmaßnahmen, insbesondere in den Ballungsregionen, ist daher weitestgehend unstrittig, sie wird durch einen Blick auf die Kostensteigerungen der Vergangenheit verdeutlicht. Anfang der neunziger Jahre war bereits ein monatliches Haushaltseinkommen von über 5.000,- DM notwendig, um in den Ballungsräumen ein Eigenheim erwerben zu können, im Bundesdurchschnitt hingegen "nur" von 3.850,- DM.

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2.2. Kritik an der derzeitigen Wohneigentumsförderung

Die Kritik an der derzeitigen Wohneigentumsförderung bezieht sich insbesondere auf die indirekten Förderinstrumente und dabei vornehmlich auf die Förderung nach Paragraph 10e EStG. Die wesentlichen Kritikpunkte lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • durch den Abzug von der Bemessungsgrundlage anstatt von der Steuerschuld werden die Bezieher hoher Einkommen deutlich besser gestellt als die Bezieher geringer und mittlerer Einkommen. Die steuerliche Entlastungswirkung steigt progressiv an und die Förderung kann bei Steuerpflichtigen mit hohem Einkommen bis zu 70.000,- DM erreichen. Im unteren Bereich des Einkommensteuertarifs ist die Wirkung dagegen sehr gering, da sich hier nur der Eingangssteuersatz auswirkt;

  • diese Besserstellung der Bezieher hoher Einkommen führt dazu, daß die Fördermittel auf Personen konzentriert werden, die auch ohne staatliche Förderung in der Lage wären, Wohnei-

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    gentum zu erwerben und im Gegenzug Schwellenhaushalte aus der Förderung ausgeschlossen werden;

  • diese Tendenz verstärkt sich insbesondere in den neuen Bundesländern, wo die niedrigeren Einkommen zu einer nur stark eingeschränkten Wirkung der indirekten Förderung führen;

  • die derzeitige Förderung ist familienpolitisch bedenklich, da die Entlastungseffekte durch Baukindergeld unzureichend sind und erst bei höheren Jahreseinkommen spürbar werden. So kann eine Ein-Kind-Familie das ihr zustehende Baukindergeld bereits bei einem Einkommen von 56.000,- DM voll ausschöpfen, während eine Fünf-Kind-Familie dies erst bei einem Einkommen von 92.000,- DM kann;

  • angebotspolitische Bedenken werden hinsichtlich des Fehlens einer regionalen Komponente geäußert. Die bisherige Förderung trägt den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in Ballungsräumen nicht Rechnung und führt zu einer "Überförderung" im ländlichen Raum und unzureichender Förderung in Ballungsgebieten;

  • die praktische Handhabung der indirekten Förderung nach Paragraph 10e EStG wird als kompliziert und arbeitsaufwendig angesehen und führt zu einer hohen Belastung der Finanzbehörden.

Daß die derzeitige Wohneigentumsförderung nur unzureichend wirke, wird nach Ansicht der Kritiker durch aktuelle Zahlen bestätigt. Während 1980 von 400.000 fertiggestellten Wohnungen noch 250.000 von Selbstnutzern bezogen wurden und 150.000 vermietet wurden, hat sich dieses Verhältnis mittlerweile umgekehrt.

An der derzeitigen Vorsparförderung im Rahmen der Wohnungsbauprämie wird insbesondere kritisiert, daß die zwanzig Jahre alten Einkommensgrenzen von 27.000,- DM bzw. 54.000,- DM viel zu niedrig sind. Dies führt zu der paradoxen Situation, daß ein großer Teil derjenigen Haushalte, die wohnberechtigt im sozialen Wohnungsbau sind, bei der Vorsparförderung nicht mehr berücksichtigt werden können. Die Einkommensgrenzen bedürfen daher nach weit verbrei-

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teter Auffassung dringend einer Anpassung nach oben. Nur so sei zu gewährleisten, daß die Wohnungsbauförderung durch eine effiziente Förderung der Eigenkapitalbildung hinreichend unterstützt wird. Daß dies dringend notwendig ist, zeige sich auch daran, daß der Eigenkapitalanteil der Bauherren in den letzten 15 Jahren von 40 Prozent auf 25 Prozent gesunken ist.

An der direkten Eigentumsförderung wird insbesondere ihre verteilungspolitisch fragwürdige Wirkung kritisiert. So zeigen Untersuchungen, daß von den entsprechenden Vergünstigungen, insbesondere des Zweiten Förderweges, alle Einkommensgruppen gleichmäßig, die unteren Einkommensgruppen sogar unterproportional profitiert haben.

Ein entscheidendes Ziel der Reform der staatlichen Wohneigentumsförderung wird insgesamt in der effizienteren Gestaltung der Instrumente sowie in der Schaffung langfristig kalkulierbarer Rahmenbedingungen sowohl für Investoren als auch für die Nachfrager nach Wohnraum gesehen. Dabei wird auch auf die Notwendigkeit einer möglichst raschen Umsetzung der Reform verwiesen, um einem bereits zu beobachtenden Attentismus entgegenzuwirken.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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