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4. Unternehmensgründung und Unternehmensfinanzierung aus praktischer Sicht




4.1 Unternehmensgründung und Inanspruchnahme der öffentlichen Förderung aus Sicht der unternehmerischen Praxis

Aus Sicht der Geschäftsführerin der Spremberger Tuche GmbH ist ein überzeugendes Unternehmenskonzept – ausgehend von den Erfahrungen und Kenntnissen in einem bestimmten Bereich – die unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgversprechende Unternehmensgründung. Der zweite Schritt besteht darin, mit diesem Konzept eine Hausbank von der Tragfähigkeit und den wirtschaftlichen und finanziellen Erfolgsaussichten der geplanten Unternehmensgründung zu überzeugen. Gerade in Branchen, die in ihren Erfolgsaussichten insgesamt eher skeptisch gesehen werden, ist die Qualität des Unternehmenskonzepts von herausragender Bedeutung.

Die Zusammenarbeit mit einer Hausbank dürfte in der Regel eine notwendige Voraussetzung sein, um die nächsten Schritte einer Unternehmensgründung erfolgreich zu bewältigen. Erst nach der Überzeugung einer Hausbank, die das Unternehmenskonzept mitträgt, sollte die Sichtung der Förderprogramme, die für die weiteren Schritte der Unternehmensgründung nützlich sind, und die Beantragung der Fördermittel erfolgen. In dieser Phase kann auch die Einschaltung der zuständigen regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft und der Industrie- und Handelskammer sehr nützlich sein. Diese Institutionen verfügen im allgemeinen über einen guten Überblick über die Fördermöglichkeiten und können auch kompetente Ansprechpartner bei Behörden und Förderinstitutionen vermitteln.

Bei der Erarbeitung und Zusammenstellung des Finanzierungskonzepts ist es notwendig und möglich, unterschiedliche Bausteine zusammenzufügen. In einem beispielhaft diskutierten Fall können dies sein:

  1. Das Bürgschaftsprogramm der jeweiligen Landesregierung. Die Inanspruchnahme eines Bürgschaftsprogramms ist dann besonders wichtig, wenn die

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    Gründer über sehr geringes Eigenkapital und keine werthaltigen Sicherheiten verfügen.

  2. Das Eigenkapitalhilfeprogramm des Bundes. Dies Programm stellt Kapital zu sehr günstigen Konditionen zur Verfügung. Aus Sicht von Unternehmensgründern ist problematisch, daß für Gründer die Höchstsumme bei 700 000 DM liegt, während für Privatisierer bzw. Reprivatisierer bis zu 2 Mill. DM zur Verfügung gestellt werden können.

  3. Fördermittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur. In Brandenburg beträgt der Fördersatz je nach Region bis zu 23 %. Die Bearbeitung erfolgt durch die Investitionsbank des Landes Brandenburg.

  4. Mittel aus dem ERP-Programm und aus dem Ergänzungsprogramm der Deutschen Ausgleichsbank.

  5. Ein Darlehen der Hausbank, wobei für diesen Kredit in der Regel mit einem schnelleren Beginn der Tilgung als bei den Mitteln aus Förderprogrammen gerechnet werden muß.

Dieses Beispiel verdeutlicht, daß die Zusammenstellung des Finanzierungskonzepts ein komplexer Prozeß sein kann, in den viele Akteure einbezogen sind. Entsprechend sind viele Abstimmungs- und Koordinierungsprobleme zu lösen. Dabei ist vor allem auch die zeitlich abgestimmte Folge der einzelnen Schritte wichtig. In diesem Prozeß kommt der zügigen Bearbeitung und Entscheidung über beantragte Fördermittel eine große Bedeutung zu. Verzögerungen bei einzelnen Finanzierungskomponenten können den Gründungsprozeß gefährden, zumindest aber die Kosten deutlich erhöhen. Bei den Förderträgern der Bundes- und Landesprogramme wird versucht, dieser Tatsache im Rahmen der gegebenen Vorschriften Rechnung zu tragen. In Einzelfällen kann es dennoch zu für den Gründungsprozeß problematischen Verzögerungen kommen. Negative Erfahrungen werden in dieser Hinsicht oft mit Förder-

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Programmen der EU gemacht, die einerseits einen großen Beantragungsaufwand erfordern, bei denen andererseits der Ausgang und die Entscheidungsfrist schwer kalkulierbar sind.

Zusammengefaßt wurde aus praktischer Sicht nochmals betont, daß die Qualität des Unternehmenskonzepts und des Unternehmers die wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgsversprechende Unternehmensgründung sind. Nicht zu vernachlässigen seien die Rahmenbedingungen am Standort, zu denen die Qualifikation der Beschäftigten aber auch die Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Unternehmen zählen. Die Erarbeitung und Umsetzung des Finanzierungskonzepts – in Zusammenarbeit mit der Hausbank und mit den Förderinstitutionen – seien ein wichtiger, aber immer erst der zweite Schritt.

4.2 Unternehmensfinanzierung – Erfahrungen und Problemfelder aus Sicht der Hausbank

Die Entscheidung der Hausbank über die Bereitstellung von Finanzierungsmitteln erfolgt in erster Linie auf der Grundlage eines Kriterienkatalogs. Dieser Katalog umfaßt – nach Aussagen einer Vertreterin der Grundkreditbank Berlin – in der Regel die Beurteilung der

  • Person des Unternehmers,

  • der Branche und Konkurrenzsituation des Unternehmens,

  • der bisherigen wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung,

  • des Unternehmenskonzepts und der Prognose der zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Person des Unternehmers

Die Beurteilung der Person eines Unternehmers fällt dann leichter, wenn bereits die Erfahrung einer längeren vertrauensvollen Zusammenarbeit vorliegt. Diese Voraussetzung fehlt naturgemäß bei Existenzgründern und bei vielen jungen Unternehmen in den neuen Ländern. Zu den wichtigen Kriterien zählen fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse, Kreativität und Initiative, Menschenkenntnis sowie ein Gespür für den Markt und für den Umgang mit Kunden und Mitarbeitern.

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Branche und Konkurrenzsituation

Angesichts eines dynamischen Strukturwandels wird die Aufgabe der Banken, die Entwicklungsperspektiven von Branchen einzuschätzen, zunehmend schwieriger. Dessen ungeachtet beurteilen die Banken insgesamt bzw. die jeweilige Hausbank das wirtschaftliche Entwicklungspotential und die Ertragsperspektiven bestimmter Marktbereiche sehr differenziert. Dies bedeutet in der Konsequenz, daß nicht jedes Unternehmen jeder Branche als gleichermaßen finanzierungsfähig eingeschätzt wird.

Beispielhaft führt dies dazu, daß bei der Entscheidung über die Finanzierung von Unternehmenskonzepten aus den Bereichen Tourismus, Gastronomie und Hotellerie teilweise schmerzhafte Erfahrungswerte aus den alten Ländern eine Rolle spielen. Erfahrungsgemäß steht in diesen Bereichen die Kostenintensität der Finanzierung angesichts häufig fehlender infrastruktureller Rahmenbedingungen oft in krassem Gegensatz zu den realistischerweise zu erwartenden nachhaltigen Erträgen.

Wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung

Am leichtesten fällt die vergangenheitsbezogene Beurteilung der wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung des Unternehmens. Aber auch dieses Kriterium hilft nicht in jedem Fall weiter. Zum einen fehlt diese Beurteilungsmöglichkeit bei Unternehmensgründungen oder sehr jungen Unternehmen, zum anderen besteht für die Banken das Risiko, daß ein bisher erfolgreich operierendes Unternehmen durch unternehmerische Fehlentscheidungen oder durch externe Einflüsse in finanzielle Krisensituationen geraten kann, die sich im schlimmsten Fall zu einer Existenzbedrohung für das Unternehmen entwickeln. In den neuen Ländern zählen zu diesen externen Einflüssen vor allem das unvorhergesehene Wegbrechen von Absatzmärkten und in zunehmendem Umfang Forderungsausfälle.

Für eine risikofreudige Kreditentscheidung der Hausbank ist die Erfahrung über das Verhalten des Unternehmers in Krisensituationen ein wichtiger Maßstab, der bei jungen Unternehmen oder noch kurzfristigen Hausbankbeziehungen leider fehlt.

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Eine wichtige Voraussetzung zur Bewältigung von Krisensituationen ist ein funktionierendes internes Rechnungswesen. Obwohl die Komplexität sicher der Unternehmensgröße angepaßt sein muß, gilt dennoch in jedem Fall, daß fehlende Informationen fehlende Möglichkeiten der schnellen Reaktion bedeuten. Wichtige Instrumentarien wie Kostenstellenrechnung, Investitions- und Finanzplanung sowie Liquiditätsplanung ermöglichen dem Unternehmen festzustellen,

  • welche Bereiche des Unternehmens rentabel arbeiten,

  • wo bzw. bei welchen Produkten deutliche Umsatzveränderungen eingetreten sind,

  • welche Aufträge in der Kalkulation kostendeckend sind bzw. tatsächlich kostendeckend abgewickelt wurden,

  • welcher Liquiditätsbedarf in der Zukunft erforderlich ist.

Um die Liquidität zu sichern, ist eine zeitnahe Rechnungslegung sowie eine gut funktionierende Debitorenbuchhaltung nebst Mahnwesen eine wichtige Voraussetzung. Ebenfalls hilfreich, aber letztlich vom Unternehmen nur schwer zu beeinflussen, wäre eine verbesserte Zahlungsmoral vor allem auch der öffentlichen Auftraggeber.

Unternehmenskonzept

Wichtige Bestandteile eines Unternehmenskonzepts sind Aussagen des Unternehmers zu den wichtigen Entscheidungsgrößen

  • Markt,

  • Konkurrenzsituation,

  • wirtschaftliche und finanzielle Entwicklungspotentiale des Unternehmens.

Die Qualität des Konzepts, daß in der Regel vom Unternehmer selbst stammen sollte, gibt der Bank gleichzeitig wieder Anhaltspunkte zur Beurteilung der Unternehmerpersönlichkeit. Dieses Bild kann durch Betriebsbesichtigungen abgerundet werden. Letztlich ist für die Hausbank wichtig, daß das Bild des Unternehmers und das Unternehmenskonzept stimmig sein müssen.

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Besicherung der Unternehmensfinanzierung

Die Frage der Sicherheiten darf für eine Bank keine Nebensache sein, Die Bedeutung der Sicherheiten resultiert nicht nur aus dem Bestreben der Bank, ihre Risiken bei der Unternehmensfinanzierung abzufedern, sondern ergibt sich auch aus Kreditvergaberichtlinien, die verlangen, daß längerfristige Finanzierungen durch langfristig werthaltige Sicherheiten unterlegt sein müssen.

Dennoch wird eine Bank auch bei vorhandenen Sicherheiten oder Absicherungsmöglichkeiten durch öffentliche Bürgschaften nicht zur Unternehmensfinanzierung bereit sein, wenn sie nicht vom Unternehmenskonzept überzeugt ist, d.h. wenn sie die oben genannten Entscheidungskriterien nicht positiv beurteilt hat. Allerdings darf man von einer Bank, die fremdes Geld verleiht, nicht die gleiche Risikobereitschaft erwarten, die ein Unternehmer für sein Unternehmen einzugehen bereit ist. Diese Ausführungen dürfen nicht den Eindruck erwecken, daß die Probleme der Unternehmensfinanzierung die Erfolgsaussichten übersteigen: Dagegen sprechen die vielen Unternehmensgründungen, die bisher – in der Regel mit Hilfe einer Hausbank – auf den Weg gebracht wurden. Hierfür waren neben der Person des Unternehmers und der Qualität des Unternehmenskonzepts auch die öffentlichen Programme zur Stärkung der Eigenkapitalbasis und zur Schonung der Unternehmensliquidität hilfreich.

Entwicklung einer partnerschaftlichen Beziehung zwischen Unternehmer und Hausbank

Wichtig für eine langfristig erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hausbank ist die Entwicklung einer partnerschaftlichen Beziehung. Zu einer solchen Entwicklung trägt eine rechtzeitige und regelmäßige Kommunikation bei. Eine zeitnahe Information über die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung des Unternehmens erlaubt es der Hausbank, auch ihre Erfahrungen einzubringen, um z.B. Liquiditätsprobleme rechtzeitig zu erkennen. Dies macht es leichter, die Finanzierungswünsche schneller und unternehmensgerechter zu erfüllen. Erfahrungsgemäß stärken ein intensives Zusammenwirken und eine regelmäßige Kommunikation die Vertrauensbildung zwischen Unternehmen und Hausbank.

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5. Neue Möglichkeiten in Förderprogrammen zur Finanzierung mittelständischer Unternehmensgründungen und -festigungen

Der Aufbau des Mittelstands in den neuen Ländern wird – wie beschrieben – durch ein breit gefächeltes Förderspektrum des Bundes und der Länder unterstützt. Zunehmend wird deutlich, daß Defizite in der Kapitalausstattung eines der drängendsten Probleme für die mittelständischen Unternehmen darstellen. Mangelndes Eigenkapital stellt nicht nur für die Existenzgründer ein Problem dar, die Unterkapitalisierung erweist sich auch für junge, wachsende Unternehmen als eine schwerwiegende Hypothek. Sie ist oft auch eine Ursache für existenzbedrohende Liquiditätskrisen, in die die jungen Unternehmen in Ostdeutschland in zunehmendem Maße geraten.

Die wirtschaftspolitischen Akteure in Bund und Ländern reagieren auf diese sich ändernden Problemlagen des Mittelstandes, indem sie bestehende Förderprogramme an geänderte Bedingungen anpassen oder neue Förderinstrumente entwickeln. Im folgenden werden beispielhaft zwei Förderprogramme vertieft dargestellt. Zum einen als Beispiel für ein in den Konditionen angepaßtes Bundesprogramm die Partnerschaftkapital-Variante im Rahmen der Eigenkapitalhilfe. Zum anderen als Beispiel für neu geschaffene Landesprogramme das Liquiditätssicherungsprogramm des Landes Brandenburg.

5.1 Eigenkapitalhilfe für unternehmerische Partnerschaften

Dieses Programm ist ein Bestandteil der drei Existenzgründungs- und Festigungsprogramme, die von der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) vergeben werden:

  • ERP-Existenzgründungsprogramm,

  • DtA-Existenzgründungsprogramm,

  • Eigenkapitalhilfe für Existenzgründungen, Festigungen und Partnerschaften.

Nach Erfahrungen eines Vertreters dieser Bank bereiten Ressourcen-Defizite in den Bereichen Kapitalausstattung und Managementkapazität und -qualität vielen jungen mittelständischen Unternehmen in den neuen Ländern mitunter erhebliche Schwierigkeiten. Als aussichtsreiche Strategie zur Lösung solcher Probleme bieten sich unternehmerische Partnerschaften mit

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Investoren an, die über Kapital und Managementerfahrung verfügen. Das Bundesministerium für Wirtschaft unterstützt seit Herbst 1993 Kapitalbeteiligungen unternehmerisch kompetenter Partner an ostdeutschen mittelständischen Unternehmen. Ziel der Partnerschaftskapital-Hilfe ist es also, unternehmerisch kompetente Investoren für eine Minderheitsbeteiligung an mittelständischen Unternehmen in den neuen Ländern zu gewinnen. Dem ostdeutschen Unternehmen fließen mit dieser Maßnahme Eigenkapital, Partnerschafts-Eigenkapitalhilfedarlehen und Know-how zu. Dem neugewonnenen Partner bietet dies Programm die Chance, sich an kleinen und mittleren Unternehmen in den neuen Ländern mit Risikokapital und Managementkompetenz zu beteiligen.

Für die Partnerschaftskapital-Hilfe gelten folgende Konditionen:

  • Die Partnerschaftseinlage muß mindestens 100 000 DM betragen, die Beteiligung soll 49 % nicht überschreiten. Die Einlage muß langfristig, mindestens jedoch fünf Jahre, gebunden sein.

  • Das Partnerschaftsdarlehen wird bis zum 2,5fachen der Partnerschaftseinlage gewährt, der Höchstbetrag beträgt 5 Mill. DM. Mindestens 70 % des Darlehens müssen investiv (einschließlich Material- und Warenlageraufstockung) verwendet werden.

  • Die Laufzeit beträgt 20 Jahre, nach 10 Jahren wird in 20 gleichen Halbjahresraten getilgt.

  • Das Darlehen ist in den ersten drei Jahren zinsfrei. Vom 4. bis 6. steigt der Zins von 2 % auf 5 %, ab dem 7. Jahr gilt der marktübliche Zins.

  • Das Darlehen hat Eigenkapitalcharakter: Es sind keine Sicherheiten erforderlich, die Anteilseigner stellen ihr Engagement für die Rückzahlung in der Regel durch eine quotale selbstschuldnerische Haftung dar.

Aktuell sind folgende Programmneuerungen wirksam:

  1. Bis zu 49% des Partnerschaftsdarlehens sind auch für Betriebsmittel einsetzbar.

  2. Mehrheitsbeteiligungen sind möglich, wenn eine Option zum Rückerwerb vereinbart wird und großer Umstrukturierungsbedarf besteht.

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  3. Werthaltige Sacheinlagen können als Partnerschaftseinlage akzeptiert werden.

  4. Ausnahmen von der quotalen selbstschuldnerischen Haftung sind bei einer gleichzeitig geringeren Zinsverbilligung möglich.

  5. Auch größere ostdeutsche Unternehmen mit jetzt bis zu 500 Beschäftigten können gefördert werden.

Die Deutsche Ausgleichsbank versteht sich im Rahmen ihres Förderauftrags auch als Moderator bei der Partnerfindung. Die in der Niederlassung Berlin angesiedelte Partnerschaftskapital-Agentur erfüllt – unterstützt durch eine elektronische Datenbank – die Funktion einer Kooperationsbörse, um den schwierigen Weg zu unternehmerischen Partnerschaften zu ebnen.

Als Zwischenbilanz des Programms ist festzuhalten, daß bislang weitaus mehr ostdeutsche Unternehmen Interesse an einer Partnerschaft angemeldet haben (über 700 Unternehmen) als beteiligungswillige Partner für ein Engagement in den neuen Ländern (rund 300).

Bis November 1994 konnten 55 Kapitalbeteiligungen mit Partnerschaftskapital-Hilfedarlehen in einer Gesamthöhe von 45 Mill. DM gefördert werden. Ein Drittel der Unternehmen sind aus einer Privatisierung hervorgegangen. Die durchschnittliche Größenordnung eines Partnerschaftskapital-Hilfedarlehens liegt bei rund 800 000 DM. Die im Zuge der Kapitalbeteiligung in Angriff genommenen Investitionskonzepte lösen einen Kapitalbedarf in Höhe von rund 170 Mill. DM aus.

Die in Zusammenarbeit mit den Partnern vereinbarten Investitionskonzepte haben insbesondere folgende Ziele zum Inhalt:

  • Ausbau der Marktposition,

  • schnellere Markterschließung,

  • Verbesserung des Zugangs zu in- und ausländischen Märkten,

  • Produktivitätssteigerung,

  • Kostensenkung,

  • Qualitätssicherung oder -verbesserung,

  • Verbesserung der Betriebsführung und des Controlling.

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Die geförderten Unternehmen beschäftigen rund 2 500 Arbeitnehmer und konnten dank der erweiterten Kapital- und Managementressourcen im Durchschnitt sowohl den Umsatz als auch die Beschäftigung erheblich ausdehnen.

So wie die Kooperationsmotive so bieten auch die Ausprägungsformen der unternehmerischen Partnerschaften ein differenziertes Bild. Zusammengefaßt lassen sich die Ausprägungsformen in drei etwa gleichgroße Gruppen einteilen.

1 Management-buy-in

Ungefähr jedes dritte antragstellende Unternehmen hat die Geschäftsleitung um einen neuen Partner erweitert, der Kapital, Fachkompetenz und unternehmerische Erfahrung einbringt.

2 Strategische Allianzen

Erfreulich viele Partnerschaften mit Unternehmen des In- und Auslandes sind als horizontale Kooperationen zwischen Unternehmen der gleichen Branche zu identifizieren. Den ostdeutschen Unternehmen gelingt hierdurch vielfach der Vorstoß in neue Märkte, größere Losgrößen usw., die ihnen sonst oft verschlossen sind.

3 Vertikale Kooperationen

Zu einem Drittel führt die Partnerschaft zu vertikalen Kooperationen. Es sind häufig vorgelagerte Hersteller und Dienstleister, die an der Leistungsfähigkeit des geförderten ostdeutschen Unternehmens ein großes Interesse haben.

Die Unternehmen in den neuen Ländern, die sich im Rahmen dieses Programms für unternehmerische Partnerschaften entscheiden, teilen nicht die Vorbehalte, die gegenüber solchen Kooperationen auch zu hören sind. Vor allem die Sorge um die unternehmerische Eigenständigkeit hält Unternehmen davon ab, solche Partnerschaften einzugehen. Diese

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Vorbehalte bestehen in vielen Fällen auch gegenüber einer Zusammenarbeit mit den landeseigenen Beteiligungsgesellschaften (vgl. Abschnitt 6.2).

5.2 Liquiditätssicherungsprogramm des Landes Brandenburg

Das Land Brandenburg hat im Sommer 1994 für mittelständische Unternehmen des Landes ein Liquiditätssicherungsprogramm (LISI) aufgelegt. Die Darlehensvergabe erfolgt über die InvestitionsBank des Landes Brandenburg. Nach Darstellung eines Vertreters dieser Bank besteht das wesentliche Ziel des Programms darin, die Liquiditätsengpässe kleiner und mittlerer Unternehmen zu überbrücken. Als wesentliche Ursachen der finanziellen Engpässe der betroffenen Unternehmen werden die geringe Eigenkapitalbasis und das Fehlen ausreichender Sicherheiten gesehen.

Die Förderung wendet sich an Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten und 40 Mio. DM Jahresumsatz. Diese Grenzen gelten auch für Gesellschafter mit mehr als 25 % Beteiligung, so daß das Programm auf konzernungebundene Unternehmen beschränkt ist. Das Unternehmen soll positive Zukunftsperspektiven besitzen und es darf sich um keine Neugründung handeln.

Es können folgende Maßnahmen gefördert werden:

  • Vorfinanzierung von Aufträgen (Laufzeit bis 1 Jahr). Die Aufträge müssen mit Angabe der Kosten eingereicht werden.

  • Ausgleich von Forderungsausfällen (Laufzeit bis 2 Jahre). Förderfähig sind unbezahlte Rechnungen, die länger als 6 Monate fällig sind und für die ein Mahnverfahren nachgewiesen werden kann.

  • Ausgleich von Absatzeinbrüchen (Laufzeit bis 2 Jahre). Die Gründe für die Absatzeinbrüche müssen dargestellt und durch Vergleichszahlen belegt sein.

  • Umschuldung und Konsolidierung (Laufzeit bis 5 Jahre). Gefördert wird eine Umschuldung des Anlagevermögens, wenn dieses kurzfristig finanziert wurde. Eine Umschuldung von Lieferantenverbindlichkeiten ist nicht förderfähig.

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Übersicht 2
Antragsverfahren Liquiditätssicherungsprogramm



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Die Förderung geschieht durch die einmalige Gewährung eines Darlehens zu einem aktuellen Zinssatz. Die Höhe des Darlehens kann bis zu 80 % der Bemessungsgrundlage (25 % der letzten Bilanzsumme, jedoch maximal 2,5 Mill. DM) betragen. Das maximale Darlehen beträgt damit 2 Mill. DM.

Der wesentliche Kern der Förderung ist keine Zinssubvention, sondern die Übernahme eines Finanzierungsrisikos über das hinaus, was die Hausbank zu übernehmen bereit ist. Die Intention des Programms ist die Erhöhung der Unternehmensliquidität in jenen Fällen, in denen andere Möglichkeiten zur Behebung dieser Problemlage fehlen, aber ein tragfähiges Gesamtkonsolidierungskonzept vorliegt. In diesem Sinne muß die Hausbank bestätigen, daß ihre eigenen Kredite durch das Liquiditätssicherungsdarlehen nicht zurückgeführt werden. Auch darf dieses Darlehen nicht zur Ausweitung der Kapazitäten genutzt werden. Bei einer Darlehensgewährung von über 1 Mill. DM muß das Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen eingeholt werden.

Die Inanspruchnahme des Liquiditätssicherungsprogramms war bisher sehr rege. Zum Stand Anfang Dezember 1994 wurden 346 Anträge mit einem Volumen von 191,5 Mill. DM gestellt. Die Anträge kamen aus allen Bereichen der Wirtschaft, wobei das Baugewerbe mit 31 %, das Verarbeitende Gewerbe mit 26 % und der Groß- und Einzelhandel einschließlich Kfz-Handel mit 24 % dominierten.

Es wurden 141 Entscheidungen über Darlehensgewährung gefällt, davon 71 Zusagen (mit einem Volumen von 52 Mill. DM) und 70 Ablehnungen (41 Mill. DM). Bei den geförderten Fällen dominierten als Verwendungszweck des Darlehens der Ausgleich von Forderungsausfällen (36,6%) und die Vorfinanzierung von Aufträgen (35,2%). In den Unternehmen, deren Existenzsicherung durch dieses Programm gefördert wurde, arbeiteten insgesamt 3 400 Personen.

In Vorbereitung befindet sich ein Konsolidierungsprogramm für von der Treuhandanstalt privatisierte und reprivatisierte Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft mit bis zu 250 Beschäftigten und bis zu 40 Mill. DM Jahresumsatz (mit Ausnahmemöglichkeiten in beson-

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deren Fällen). Die geförderten Maßnahmen, Bedingungen, Konditionen und Verfahren sollen dem Liquiditätssicherungsprogramm entsprechen. Beide Programme sind nicht kombinierbar. Auf das Land Brandenburg entfallen von insgesamt 500 Mill. DM, die von der Treuhandanstalt zur Verfügung gestellt werden, 70 Mill. DM.

Auch in den anderen neuen Ländern sind entsprechende Programme in Vorbereitung, wobei von den Mitteln der Treuhandanstalt auf Berlin 40 Mill. DM, auf Mecklenburg-Vorpommern 65 Mill. DM, auf Sachsen 160 Mill. DM, auf Sachsen-Anhalt 80 Mill. DM und auf Thüringen 85 Mill. DM entfallen. Die neuen Länder haben sich geeinigt, die Konsolidierungsfonds um insgesamt 250 Mill. DM aufzustocken, die für sonstige kleine und mittlere Unternehmen reserviert sind.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2002

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