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[Seite der Druckausgabe: 11 / Fortsetzung]

4. Facetten von Bankenmacht

Unter dem Terminus "Macht der Banken" werden in der augenblicklichen Diskussion eine Reihe von unterschiedlichen, teilweise sogar widersprüchlicher Faktoren subsumiert. Dies beginnt bei den teilweise sehr subjektiven Erfahrungen des Kunden gegenüber seiner Bank. Der Kunde, der seiner Bank seine ökonomischen Verhältnisse offenlegen muß, sieht sich mit einem mächtigeren Geschäftspartner konfrontiert; eine Diskrepanz, die um so größer wird, um so weniger lukrativ der Kunde ist. Was aus Sicht der Bank eine notwendige Bonitätsprüfung ist, mag aus dem subjektiven Blickwinkel des Kunden bereits Machtmißbrauch sei.

Daneben vermelden Verbraucherschützer zunehmend Bedenkliches. Trotz steigender Bedeutung des Girokontos wird einer wachsenden Zahl von Menschen von Banken die Eröffnung eines Kontos verweigert oder ein bestehendes Konto bereits bei vergleichsweise nichtigen Anlässen gekündigt. Hauptbetroffene dieser Entwicklung sind sozial schwache Menschen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, für die die fehlende Kontoverbindung zum weiteren Problem werden kann. Darüber hinaus kommt es vermehrt zu Klagen über die Kreditvergabe von Banken. Verbraucherschützer berichten über Fälle, in denen Menschen von Bankberatern regelrecht zur Aufnahme von Krediten gedrängt worden sind, die ihnen dann zum Verhängnis wurden. Und mittelständische Unternehmer klagen andererseits über eine zu restriktive Kreditvergabe. Vertreter von Banken verweisen auf den Rechtsweg, um im Fall einer nachgewiesenen Fehlberatung zum Recht zu kommen. Fehler seien natürlich auch bei Banken nicht ausgeschlossen.

Aber im Mittelpunkt der aktuellen Diskussion um die "Macht der Banken" stehen andere Faktoren als das Verhältnis der Individualkunden zu den Banken. Es geht um die Frage, ob Banken in Deutschland mittels ihrer diversen Funktionen eine unter Wettbewerbsgesichtspunkten problematische Machtfülle innerhalb des Wirtschaftssystems als Ganzes einnehmen. Wirtschaftliche Machtpositionen können in einer Marktwirtschaft dann nicht ausufern, wenn der Wettbewerb als Korrektiv funktioniert. Banken, die versuchen. Marktchancen zu nutzen, werden in einem funktionierenden Wettbewerb von ihren Konkurrenten in die Schranken verwiesen. Aber bei der Frage nach der wirtschaftlichen "Macht der Banken" in der deutschen Wirtschaft geht es nicht darum, ob der Wettbewerb der Banken um lukrative Privat- oder Geschäftskunden funktioniert oder nicht. Hier geht es um Aspekte und Probleme, die der Wettbewerb nicht automatisch korrigieren kann. Dies gilt beispielsweise für die Fragen nach der Berechtigung des Vollmachtsstimmrechts der Banken oder die von Bankenvertretern eingenommenen Aufsichtsratsmandate. Die zentrale Frage lautet deshalb, ob die bestehenden Probleme

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durch Wettbewerb und Gegenmacht gelöst sind oder gelöst werden können. Wenn dies nicht der Fall ist, dann ist der Gesetzgeber gefordert, die notwendigen oder gewünschten Korrekturen vorzunehmen. Hier hat es in der Vergangenheit bereits Maßnahmen gegeben, wie die sogenannte "Lex Abs", in der die Zahl der pro Person zulässigen Aufsichtsratsmandate erstmals auf maximal 10 konzernfremde Mandate beschränkt wurde.

Führende Repräsentanten der Banken haben in der Vergangenheit die Existenz von Bankenmacht durchaus eingestanden. Alfred Herrhausen, der im November 1989 von RAF-Terroristen ermordete damalige Vorstandssprecher der Deutschen Bank, hatte gesagt: "Wer leugnet, daß Banken Macht haben, sagt nicht die Wahrheit". Und an anderer Stelle sagte Herrhausen: "Jede Machtposition, sei sie auch akzeptabel, begrenzt und gefährdet, kann mißbraucht werden. Gehen die Banken mit der ihnen zur Verfügung stehenden Macht denn wirklich verantwortungsbewußt um? Mit dieser zweifelnden Frage meldet sich die sensible Öffentlichkeit zu Wort. Die Frage ist zu Recht gestellt und sollte auch nicht verstummen".


©Friedrich Ebert Stiftung| Webmaster | technical support | net edition fes-library | Dezember 1999

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