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TEILDOKUMENT:


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1. Einleitung


Der EG-Binnenmarkt, die Wiedervereinigung und die Öffnung Osteuropas haben zu einem dramatischen Anstieg der Pkw- und Güterverkehrsströme in Deutschland geführt. Dabei ist noch kein Ende dieser Entwicklung absehbar. Im Gegenteil: Nach jetzt vorliegenden Prognosen wird die Anzahl der Pkw bis zum Jahr 2010 in den westdeutschen Ländern von jetzt rund 31 Mio. auf 37 Mio. ansteigen.

Auch die fünf neuen Bundesländer sehen sich durch den sprunghaften Anstieg des Pkw-Bestandes seit 1989 mit gravierenden Verkehrsproblemen konfrontiert. Zur Zeit der Wende lag die Pkw-Motorisierung in der damaligen DDR bei etwa 220 Pkw/1000 Einwohner. Die gleiche Motorisierung hatte die westdeutsche Bevölkerung Anfang der 70er Jahre – also 17 bis 18 Jahre früher. Bis heute – in nur 5 Jahren – hat sich der Pkw-Bestand in den neuen Bundesländern verdoppelt, eine Tatsache, welche die Suche nach Alternativen dringend notwendig macht.

Mit einem weiteren starken Anwachsen des Pkw-Bestandes in den neuen Bundesländern ist zu rechnen, so daß im Jahr 2010 insgesamt rund 47 Mio. Pkw in der Bundesrepublik zugelassen sein werden. Die durch den motorisierten Verkehr hervorgerufenen Probleme werden damit weiter zunehmen. Neben der Schadstoff- und Lärmbelastung besteht gerade in den Städten auch die Gefahr eines weiteren Flächenverbrauchs.

Auch im Westen gab es eine stürmische Entwicklung der Motorisierung, und doch hatte man Zeit sich darauf einzustellen. Trotzdem sind viele Lösungsansätze der 60er und 70er Jahre städtebaulich unbefriedigend. Nie aber gab es eine so sprunghaft wachsende Motorisierung wie in den neuen Bundesländern von 1989/90 bis heute: Das Abstellen der Autos ist in den ostdeutschen Städten zum Hauptproblem des Stadtverkehrs geworden; das Wohnumfeld wird von abgestellten Autos dominiert; historische und städtebaulich wertvolle Straßen und Plätze sind zu Parkplätzen degradiert.

Das älteste Parkhaus in den alten Bundesländern wurde 1956 in Frankfurt am Main (Parkhaus Hauptwache) gebaut; es steht inzwischen unter Denkmalschutz. Frankfurt hat heute in der Innenstadt 21.500 Stellplätze, davon

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10.000 in Parkhäusern und Tiefgaragen und 7.700 private, so daß etwa 3.800 auf öffentliche Straßen und Plätze entfallen.

In der ehemaligen DDR gab es – von Berlin abgesehen – keine Tiefgaragen und Parkhäuser. Trotzdem verfügte Leipzig im Zentrum über 7.800 Stellplätze und Dresden sogar über 14.200 – alle ebenerdig auf Straßen und Plätzen.

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2. Die gegenwärtige Situation in den Städten

Das Tagungsthema "Innovative Technologie für den ruhenden Verkehr in Stadtzentren und verdichteten Wohngebieten" hat grundsätzliche und aktuelle Bedeutung für alle Großstädte und für viele Mittelstädte der hochmotorisierten Länder, die mit den Problemen des ruhenden Verkehrs konfrontiert sind. Nichts hat das Bild der Straßen in unseren Städten in den letzten 30 Jahren mehr verändert als die hier abgestellten Autos. Das Wohnumfeld – selbst im Hof – wurde vom Auto erobert, Grünflächen in Parkplätze umfunktioniert.

Diese Entwicklung, die vor allem in Ballungsräumen zu einer Verschärfung der Probleme führte, läßt den Straßenverkehr zu einem zentralen Punkt der Kommunalpolitik werden, hinter den andere wichtige Belange der Städte zunehmend zurücktreten.

Neuzeitliche Stadtentwicklungsplanung setzt unter Einbeziehung eines stadtverträglichen Individualverkehrs eine angemessene Bewältigung der Problematik des ruhenden Verkehrs voraus. Nicht nur aus ökonomischen, sondern auch aus ökologischen und städtebaulichen Gründen wird dem schonenden Umgang mit der Ressource "Verkehrsfläche" immer mehr Bedeutung zugemessen.

Parkprobleme werden häufig verkürzt aus der Sicht des Autofahrers gesehen, der nicht schnell genug, direkt an seinem Ziel einen billigen Parkstand findet. Parkprobleme sind aber auch – meist viel härtere – Probleme für andere Straßennutzer: Rettungsfahrzeuge werden durch parkende Pkw an wichtigen Zufahrten an einem schnellen Einsatz gehindert, eine Verzögerung, die fatale Folgen haben kann. Fußgänger ärgern sich über zugeparkte Gehwege und Radfahrer über blockierte Radwege, Busse und Straßenbahnen werden behindert, Anlieferern und Dienstleistenden werden die Ladezonen zugestellt.

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Viele Städte, Kreise und Gemeinden betreiben deshalb bereits seit Jahren eine ökologisch orientierte Verkehrsplanung. Die Einrichtung von Fußgängerzonen, Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Konzepte zur Entlastung der Innenstädte werden in allen größeren Städten praktiziert. Die heutige kommunale Verkehrsplanung geht von der Zielvorstellung aus, daß die Attraktivität und Funktionsfähigkeit einer Stadt als Lebensraum, Zentrum der Kultur, Wirtschaft und Begegnung nur erhalten oder wiedergewonnen werden kann, wenn der motorisierte Individualverkehr und der Güterverkehr gerade in den Ballungsräumen begrenzt werden.

Angesichts der ständig zunehmenden Motorisierung muß eine integrierte Stadt- und Verkehrsplanung gerade im Nahbereich durch geeignete Stadtstrukturen ("Politik der kurzen Wege") versuchen, überflüssigen Kraftfahrzeugverkehr zu vermeiden. Durch einen massiven Ausbau und eine konsequente Vorrangpolitik für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) muß versucht werden, größere Anteile des Individualverkehrs vom Auto auf den ÖPNV zu verlagern. Der dann noch verbleibende Verkehr muß, auf ein für das Funktionieren der Stadt notwendiges Maß reduziert, durch ein städtisches Verkehrsmanagement gelenkt und geordnet werden.

Für die Verkehrsplanung ergibt sich daraus auch die Deckung des notwendigen Stellplatzbedarfes als Aufgabe. Dabei haben die ebenerdigen Stellplätze – als kostengünstigste Variante – den größten Flächenverbrauch. Eine befriedigende ebenerdige Lösung ist demnach in verdichteten und hochverdichteten Bereichen nicht möglich, vielmehr sollte eine Verlagerung des ruhenden Verkehrs von der Straße in mehrgeschossige Parkanlagen erfolgen.

In Ballungszentren wird es zukünftig immer schwieriger, den Mangel an Pkw-Stellfläche durch konventionelle Lösungen wie den Bau von Parkhäusern und Tiefgaragen auszugleichen. Ein Ausweg aus dieser Problemzone könnte eine zunehmende Berücksichtigung mechanischer, automatischer Parksysteme sein, die ohne aufwendigen Flächen- und Raumbedarf, sicher und komfortabel eine Unterbringung der Fahrzeuge ermöglichen.

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3. Der ruhende Verkehr als Problem

Die oben beschriebene Motorisierungsentwicklung führt in Ost und West zu einem ständig steigenden Bedarf an Anlagen für den ruhenden Verkehr. In weiten Teilen des Stadtgebietes treten Parkprobleme auf.

Die öffentlichen und privaten Parkplätze im Stadtzentrum, aber auch in Wohngebieten, an Arbeitsstätten und in Erholungsgebieten sind zu den jeweiligen Spitzenzeiten voll ausgelastet. Dadurch steigt die Anzahl der Verstöße gegen Park- bzw. Halteverbote und ein Abstellen der Fahrzeuge auf dafür nicht vorgesehenen Flächen. Diese Probleme haben gerade die Städte in den neuen Bundesländern in den letzten Jahren verstärkt erfahren müssen. Die Parkprobleme stellen sich allerdings in verschiedenen Städten recht unterschiedlich dar.

In den Kommunen der neuen Bundesländer, die seit 1989 eine sprunghaft gewachsene Motorisierung zu verkraften hatten, ist ein allgemeines Stellplatzdefizit zu verzeichnen. Der hohe Anteil von Straßenparkern macht eine rasche Ergänzung der Verkehrsinfrastruktur durch Parkhäuser oder Tiefgaragen notwendig. Zentrale Problembereiche sind dabei die Innenstädte und die vorhandenen Großsiedlungen.

In der Stadt Dresden übersteigt der Bedarf an Stellplätzen in Wohngebieten den Bestand häufig um das Zweifache. Im Stadtzentrum stehen 14.700 Stellplätze zur Verfügung, die für den sprunghaft angestiegenen Verkehr jedoch bei weitem nicht ausreichen.

In anderen Städten der neuen Bundesländer treten Parkprobleme in ähnlicher Intensität auf. So beträgt zum Beispiel die Abdeckung an Stellplätzen, bezogen auf die vorhandenen Wohneinheiten, in Rostock zwischen 30 % (Stadtzentrum) bis 72 % in bestimmten Stadtvierteln.

Im Gegensatz dazu hatten westdeutsche Städte mehr Zeit, sich auf die steigende Motorisierung einzustellen. Der Bedarf an Stellplätzen in den Innenstädten ist hier weitgehend gedeckt, jedoch können viele Lösungsansätze der 60er und 70er Jahre städtebaulich nicht überzeugen.

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Die Hauptproblemgebiete des Parkens in den Städten der alten Bundesländer liegen in den innenstadtnahen Wohn- und Mischgebieten. Hier haben die Belastungen und Behinderungen durch parkende Fahrzeuge und parkplatzsuchende Autofahrer die Belastungsdimensionen des fließenden bzw. sich stauenden Autoverkehrs erreicht. In den dichten Wohn- und Mischgebieten aus den Gründerjahren sind allein die Autos der Bewohner unter ökologisch, ästhetisch und funktional vertretbaren Bedingungen nicht unterzubringen.

Zur stadtverträglichen Unterbringung der Bewohner-Pkw wird hier sicher die eine oder andere Quartiergarage beitragen müssen. Dazu eignen sich kleine mechanische bzw. automatisierte Anlagen – in Baulücken oder unter Straßen – ganz besonders.

Auch in den neuen Bundesländern gehören die dichten innenstadtnahen Wohn- und Mischgebiete – nach den Innenstädten und Plattensiedlungen – zu den Hauptproblemgebieten des Parkens, da der ruhende Verkehr hier bislang nahezu vollständig zu ebener Erde bewältigt werden muß.

In den neuen Bundesländern müssen folglich Parkhäuser und Tiefgaragen gebaut werden, um Straßen und Plätze wieder von Autos zu befreien. Wichtig ist dabei, daß keine Parkbauten auf "zufälligen" Grundstücken an falschen Standorten entstehen – beispielsweise innerhalb der Stadtzentren anstatt am Innenstadtring.

Die Probleme mit dem ruhenden Verkehr in Ost und West sind nicht generell vergleichbar. Unterschiede ergeben sich vor allem in der Frage der Finanzierung der Parkanlagen. In den Kommunen der alten Bundesländern sind Ablösemittel zur Errichtung von Anlagen für den ruhenden Verkehr häufig vorhanden. In den Innenstädten liegen die Parkgebühren meist deutlich über denen in den neuen Bundesländern. Diese höheren Gebühren ziehen häufig auch eine schärfere Kontrolle der Einhaltung von Parkbeschränkungen nach sich. Die Bewirtschaftung der Stellplätze in den Stadtzentren in den neuen Bundesländern dagegen ist noch nicht überall flächendeckend, die Kontrolle des ruhenden Verkehrs erfolgt nur in wenigen Stichproben.

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4. Spezifik der neuen Bundesländer

Im Osten Deutschlands verlief die Motorisierungsentwicklung bis in die Mitte der 60er Jahre hinein gegenüber dem Westen verhalten. Die Verkehrsplanung erkannte allerdings auch hier, daß Straßenverkehrsanlagen für den fließenden und ruhenden Verkehr zukunftsorientiert geschaffen werden müßten.

Die Pkw-Motorisierung wurde durch die Plan-(Mangel)-Wirtschaft im Osten Deutschlands nicht als stabilisierender Wirtschaftsfaktor empfunden. Immer länger werdende Bestellzeiten für Neuwagen und die schonende Behandlung der Fahrzeuge bei wenig Innovation führten zu relativ geringen jährlichen durchschnittlichen Fahrleistungen.

Das von der Technischen Universität Dresden initiierte und von vielen Städten in der ehemaligen DDR organisierte System repräsentativer Verkehrsbefragungen (SrV) – vergleichbar, aber nicht identisch mit dem westdeutschen KONTIV (Kontinuierliche Verkehrserhebungen) – zeigte, seit 1972 bis 1987 im fünfjährigen Turnus durchgeführt, eine relativ konstante Jahresfahrleistung der Pkw von 10.000 km. Der modal-split ÖPNV-Benutzung zu Pkw-Benutzung entwickelte sich in diesem Zeitraum von 70 zu 30 auf 60 zu 40, wobei nur geringe Unterschiede zwischen dem Tagesverkehr und dem Berufsverkehr festzustellen waren.

1991 und 1994 wurde dieses SrV in den Städten der neuen Bundesländer nochmals in weiterentwickelter Form durchgeführt. In Potsdam, einer Stadt mit durchschnittlichen Ergebnissen, stieg die durchschnittliche Jahresfahrleistung 1991 auf 13.500 km und 1994 auf 15.000 km, das Verhältnis öffentlicher Verkehr zu Individualverkehr hatte sich 1991 auf 40 zu 60 umgekehrt und blieb auch 1994 so bestehen.

Die Motorisierungskennziffer hatte 1989 den Wert von 230 Pkw/1000 Einwohner erreicht. Sie sprang bis 1991 auf 300 Pkw/1000 Einwohner und 1994 auf 350 Pkw/1000 Einwohner. Infolge der hohen als Geschäftswagen laufenden Anzahl von Pkw ist die Motorisierungskennziffer 392 Pkw/1000 Einwohner.

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Und hier liegt das Problem. Die Angleichung der Motorisierung an die Verhältnisse in den westlichen Bundesländern erfolgt rasant. Während durch verkehrsorganisatorische Maßnahmen der fließende Verkehr und auch der ruhende Verkehr am Tage beeinflußt werden kann, kann man den Bedarf an Abstellflächen für die Fahrzeuge der Bewohner in der Nähe ihrer Wohnung praktisch nicht beeinflussen.

Unproblematisch ist das nur in locker bebauten Stadt- und Siedlungsgebieten mit Einwohnerdichten bis zu ca. 100 Einwohner/ha zu realisieren. Die großen monostrukturierten Wohngebiete der 70er und 80er Jahre mit Einwohnerdichten von 250 - 300 Einwohner/ha müssen mit Pkw-Abstellplätzen nachgerüstet werden.

20 bis 25 % der Einwohner der neuen Bundesländer leben in Neubau-Großsiedlungen, in den alten Bundesländern sind es etwa 3 %. In den Plattensiedlungen der ostdeutschen Städte gibt es etwa 1,16 Millionen Wohnungen an 125 Standorten, die in den nächsten Jahren nachgebessert werden müssen. Denn bei allen architektonischen und technischen Mängeln der Gebäude, fehlenden Wohnfolgeeinrichtungen und gestalterischen und funktionalen Defiziten im Wohnumfeld stellen die Plattensiedlungen einen auch künftig unverzichtbaren Wohnungsbestand dar.

Über viele Jahre glaubte man in der DDR an Motorisierungssättigungen. Ausstattungsrichtlinien für Anlagen des ruhenden Verkehrs für Wohnungsbaugebiete geben hier Hinweise zu solchen Planungshorizonten.

Die Verkehrsplanung der DDR hatte eine Sättigungsmotorisierung von 350 Pkw/1000 Einwohner in einer technischen Norm festgeschrieben. Aber nur ein Bruchteil davon wurde in den Plattensiedlungen bei der Bemessung der Abstellflächen zugrunde gelegt. Schon zu DDR-Zeiten war Parkraum knapp. Allerdings gibt es Fälle, in denen Flächen für eine spätere Erweiterung ebenerdiger Abstellflächen vorgesehen wurden, die als zwischenzeitliche Grünflächen konzipiert waren, manchmal aber eher wie Brachflächen aussehen.

Es wäre falsch, die Parkraumfrage in den Plattensiedlungen nur quantitativ unter dem technischen Aspekt des Autoabstellens zu betrachten. Vielmehr hatten die vorhandenen großen, aber engen Garagenhöfe vielfältige soziale Funktionen. Hier traf man sich, bastelte am alten Trabi und half sich gegen-

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seitig mit Rat, Tat und Ersatzteilen. Eine nostalgische Erinnerung – mehr wird wohl auf Dauer nicht bleiben.

Voraussetzung für ein besseres Wohnumfeld, für den Erhalt von Grünflächen sind praktikable und bezahlbare Lösungen zur Unterbringung der Autos der Bewohner. Längst haben die abgestellten Autos jeden Zipfel befahrbarer Grün- und Aufenthaltsfläche besetzt.

Lösungen werden ohne mehrgeschossige Abstellanlagen als Parkhäuser oder Tiefgaragen nicht möglich sein. Eine Faustregel besagt, daß man bis zu Geschoßflächenzahlen von etwa 0,5 die erforderlichen Parkstände ebenerdig in Abstimmung mit anderen Belangen einigermaßen befriedigend unterbringen kann. Die Plattensiedlungen sind zum Teil aber erheblich dichter gebaut worden und gleichzeitig ist auch die Belegung höher als in vergleichbaren Großsiedlungen der alten Bundesländer.

Nach Richtlinien der späten 50er Jahre, die an Vorkriegsrichtlinien anknüpften, sollten in Neubaugebieten 125 Garagenstellplätze/1000 Einwohner und 45 Freiabstellplätze ausgewiesen werden. Man ging davon aus, daß ein Pkw in einer Garage abzustellen ist. Daraus ergibt sich, daß man von einem Motorisierungsgrad von 8 Einwohner/Pkw bzw. einer Motorisierungskennziffer von 125 Pkw/1000 Einwohner ausging. Rechnet man die Freiabstellplätze hinzu, so waren offizielle Reserven vorhanden, die eine Entwicklung auf 170 Pkw/1000 Einwohner bzw. eine Motorisierung von 6 Einwohner/Pkw zuließen.

(Die Reserven sind noch etwas größer, wenn man heutige Maßstäbe für die Flächen des fließenden Verkehrs ansetzt.)

Straßen für den Zweirichtungsverkehr waren mit 6 m Breite (Wohn-Sammelstraße) und 5,5 m (Anliegerstraße) zu bemessen. Allerdings wurde auch häufig der sogenannte "befahrbare Wohnweg" mit 3,0 - 3,5 m Breite angewendet. Mit dem Erschließungssystem "befahrbarer Wohnweg" ausgestattete Wohngebiete haben heute die größten Probleme.

Ein anderer Gesichtspunkt ist die Betrachtung der Ausstattung von Wohngebieten mit Stellflächen bezogen auf die Anzahl der Wohnungen. In diesen Planungsjahren wurde bei den durchschnittlich 55 - 60 m2 großen Wohnungen

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mit einer Belegungsquote von 3,5 Einwohnern/Wohnung gerechnet. Daraus ergibt sich, daß für 1000 geplante Einwohner 285 Wohnungen gebaut wurden.

In diesen 285 Wohnungen wohnen heute in der Regel 620 Einwohner! Das heißt, die Belegungsquote beträgt heute nur noch 2,2 Einwohner/WE. Die vorhandene Ausstattung beträgt danach mehr als 170 Plätze pro 285 Wohnungen – ist also mit reichlich 0,6 Stellplätze/WE etwas günstiger.

Die Brandenburgische Bauordnung verlangt für Wohnungen unter 100 m2 einen Stellplatz/WE. Die Verkehrsplaner im Osten Deutschlands forderten die Ausstattung neuer Wohngebiete mit Stellplätzen in dieser Größenordnung seit Beginn der 70er Jahre. Seit Mitte der 70er Jahre wurde eine entsprechende Richtlinie angewandt. Dabei war der Bedarf für den Zeitraum von fünf Jahren nach Fertigstellungstermin sofort zu realisieren, und für den danach entstehenden Bedarf sollten Reserveflächen ausgewiesen werden.

Das geschah entweder indem auf Parkplätzen später Parkpaletten bzw. mehrgeschossige Parkanlagen entstehen sollten oder zunächst begrünte Flächen ausgewiesen wurden. Praktisch sind die begrünten Flächen jedoch später mit Wohnungen bebaut worden. Parkpaletten und mehrgeschossige Anlagen sind nur in wenigen Ausnahmefällen entstanden.

So können wir heute feststellen, daß im Osten Deutschlands in den kompakten Neubauwohngebieten der 70er und 80er Jahre pro Wohnung nicht mehr als 0,7 Stellplätze vorhanden sind. Die geplante Belegungsquote betrug in der Regel 2,8 Einwohner/WE. Das heißt bei Neubauwohngebieten, die in den größeren Städten im Osten oft 25 - 50 % des Wohnungsbestandes überhaupt darstellen, ist der Bedarf bis zu 250 Pkw/1000 Einwohner bzw. bis zu einem Motorisierungsgrad von 4 Einwohner/Pkw gedeckt worden.

Bis jetzt haben diese Großsiedlungen meist eine ausgezeichnete Mischung der Bewohner. Das kann sich jedoch rasch ändern, wenn gut gestellte Gruppen und Schichten in Folge nachlassender Attraktivität in großer Anzahl abwandern. Dann kann es in zirkulären Prozessen in kurzer Zeit zu Slums und Ghettos kommen, wie wir sie in den USA, in England oder in Frankreich mit Schrecken beobachten.

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Um diesen Entmischungsprozess aufzuhalten oder zumindest zu verlangsamen, ist es notwendig, in den Großsiedlungen auch Einkaufszentren, Treffpunkte und kulturelle Einrichtungen anzusiedeln oder zu erhalten. Ebenso sind zahlreiche Arbeitsplätze, d.h. Büros, Praxen und sonstige Dienstleistungen der verschiedensten Art erforderlich. Das bedeutet aber, daß die weitflächigen Parkplätze und Garagenhöfe eingeschränkt werden, unter Umständen aber auch zahlreiche zusätzliche Stellplätze zu schaffen sind. Das ist ebenfalls nur mit Überlagerung, vor allem mit Tiefgaragen möglich

Weitere Problemgebiete in den Städten der neuen Bundesländern sind auch die stark überbauten Gebiete aus der Gründerzeit und die Stadtzentren. In den Gründerzeitgebieten stehen praktisch nur der Straßenraum und einige Hofräume zur Lösung des Problems der Abstellung der Bewohnerfahrzeuge zur Verfügung. Außerdem sollen diese Räume auch andere Ansprüche befriedigen, zum Beispiel Kinderspiel, Aufenthalt und Feierabenderhohlung der Einwohner.

Daneben hat die gewerbliche Wirtschaft auch in diesen Räumen Ansprüche für ihre Wirksamkeit. Geht man davon aus, daß man die Straßenräume unter Berücksichtigung des Großgrüns und minimaler funktioneller Forderungen für den fließenden Kfz-, Rad- und Fußgängerverkehr optimal für den ruhenden Verkehr gestalten will, so erreicht man 0,25 bis 0,5 Stellplätze pro WE!

Der Verfall dieser Bausubstanz (das ist die Regel im Osten) hat dazu geführt, daß durch die geringe Einwohnerdichte und die Sozialstruktur bis 1989 das Problem des Fehlbedarfs an Stellplätzen nur wenig zu Tage trat, obwohl seitens der Planer das Problem analysiert wurde, da allgemein die Notwendigkeit der weiteren Nutzung dieser Bausubstanz erkannt worden war.

In den Gründerzeitgebieten, die bis zum 1. Weltkrieg entstanden sind, wird die Wohnfunktion nach wie vor überwiegen, selbst wenn bei den derzeitigen Sanierungen oft nur die Umwandlung von Wohnungen in Gewerbeflächen rentabel ist. Der Nachrüstungsbedarf für Anlagen für den ruhenden Verkehr liegt bei über 50 %. Hier helfen nur mehrgeschossige Anlagen, die als Lückenbebauung in die vorhandenen Strukturen einzufügen sind.

Für die Innenstädte und Stadtzentren in den neuen Bundesländern kann man für größere Städte in der Regel zwei Kategorien bilden:

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  1. Große Kriegszerstörungen führten bei Neuaufbau zu einer völlig neuen Stadtstruktur (Berlin-Ost, Dresden – mit Ausnahme des historischen Zentrums, Potsdam – bewußte Ausrottung preußischer Wurzeln, Magdeburg) bzw. relativ großzügige Neubebauung unter Beachtung historischer Bezüge (Rostock, Cottbus, Frankfurt/Oder, Neubrandenburg).

  2. Bei den großen Städten im Osten sind auch viele vom Krieg verschont geblieben. Der Bombenkrieg verschonte im wesentlichen z.B. Erfurt, Halle, Leipzig, Schwerin, und außerdem wurden diese Städte auch nicht gegen die Rote Armee verteidigt. Greifswald und Görlitz hatten ebenfalls keine nennenswerten Kriegsschäden. Bei Greifswald ist der Patriotismus von Petershagen ein Symbol. Dennoch verfielen auch hier die Innenstädte, als spätestens in den 60er Jahren die Privatinitiative der Eigentümer erlahmte.

Auf die Probleme des "Ruhenden Verkehrs" bezugnehmend gibt es dabei wenig Unterschiede. In beiden Fällen gibt es einen ca. fünfzigprozentigen Anteil, von Langzeitparkern mit einer Aufenthaltsdauer von mehr als vier Stunden (Beschäftigte der Innenstädte). Sie werden durch Bewirtschaftung (Gebühren und zeitliche Beschränkung der zulässigen Parkdauer) zurückgedrängt, um Besuchern und Einkäufern Platz zu machen.

Diese Notwendigkeit der verstärkten Beachtung des Besuchs- und Einkaufsverkehrs in der Innenstadt wird begründet durch die fast hemmungslose Ansiedlung von Fachmärkten, Verbrauchermärkten und Einkaufszentren auf der "grünen Wiese". Damit werden die Stadtzentren, die für uns in Europa das Herz der Städte in wirtschaftlicher, kultureller und historischer Sicht darstellen, schwer getroffen.

Und es sind nicht nur die Zentren betroffen, sondern in den Großstädten auch die oft besonders liebenswerten Stadtteile mit den meist sehr interessanten Stadtteilzentren, die vor allem im vorigen Jahrhundert entstanden sind. Eine von zahlreichen Bedingungen für eine günstige Entwicklung in den Stadtzentren und den Stadtteilzentren ist eine gewisse Basis von Stellplätzen, nicht gerade in den Zentren selbst, aber am Rand oder in der Nähe.

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Die Stadt Dresden hat zur Lösung der Probleme im ruhenden Verkehr ein gesamtstädtisches Parkraumprogramm beschlossen, dessen Ziel es ist, die Stadt Dresden als Wohn- und Arbeitsplatzstandort sowie als Einkaufs-, Dienstleistungs-, Verwaltungs- und Touristenzentrum zu erhalten.

Der sogenannte "notwendige" Verkehr soll nach wie vor in der Stadt Parkraummöglichkeiten finden. Im Mittelpunkt dieses Konzeptes steht neben einer flächendeckenden Parkraumbewirtschaftung durch die Erhebung von Parkgebühren, der Begrenzung der Parkdauer und der Einführung von Anwohnerparkregelungen, der Aufbau eines Park & Ride- und Parkleitsystems und die konsequente Umsetzung der Anforderungen der Garagen- und Stellplatzsatzung der Landeshauptstadt Dresden.

In dieser Satzung ist der notwendige Stellplatzbedarf im Zusammenhang mit der Errichtung von baulichen Anlagen bestimmt. Für die erweiterte Innenstadt wurde eine Beschränkung zur Herstellung privater Stellplätze unter Beachtung der Prioritätensetzung für einzelne Benutzergruppen festgelegt:

  • Absicherung des Parkraumbedarfs für Anwohner
  • Bereitstellung von Stellplätzen für Behinderte
  • Abdeckung des erforderlichen Bedarfs für den Wirtschaftsverkehr
  • Bereitstellung von Stellplätzen für den Einkaufs- und Besucherverkehr
  • eingeschränkte Stellplatzmöglichkeiten für den Berufsverkehr.

Die Finanzierung dieser Vorhaben erfolgt über die Ablösebeträge, die der Bauherr zur Erfüllung seiner gesetzlichen Stellplatzverpflichtungen zu zahlen hat. Gem. § 49 der Sächsischen Bauordnung sind diese Geldbeträge für Anlagen des ruhenden Verkehrs und für investive Maßnahmen des ÖPNV und des Fahrradverkehrs zu verwenden. Darüber hinaus enthält die Satzung auch noch Anforderungen an die Gestaltung von Stellplätzen und Garagen. Eine intensive Begrünung der Parkierungseinrichtungen wird zum Regelfall erhoben.

Trotz dieses richtigen Ansatzes zur Bewältigung des ruhenden Verkehrs fehlt gerade in den Städten der neuen Bundesländer häufig noch eine konsequente Parkraumpolitik. Aus einer Umfrage, die der Bundesverband der Park- und Garagenhäuser mit Unterstützung des Deutschen Städtetages in diesem Jahr durchgeführt hat und an der sich 38 ostdeutsche Städte mit über 50.000 Ein-

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wohnern beteiligt haben, ergibt sich, daß noch fast 40 % dieser Städte jeweils über 1000 Parkstände in den Innenstadtbereichen nicht bewirtschaftet haben.

73 % der befragten Städte verfügen auch nicht über ein Innenstadtparkhaus. Die Parkgebühren für das Parken auf öffentlichen Straßen übersteigen selbst in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern überwiegend nicht 1,- DM pro Stunde. Im Verhältnis zu den Grundstücks- und Bodenpreisen privater und öffentlicher Grundstücke in Ostdeutschland ist diese Gebühr viel zu niedrig und damit kein wirksames Instrument zur Regulierung des ruhenden Verkehrs.

Allerdings – und das ist positiv – verfügen 83 % der befragten Städte über einen Generalverkehrsplan und die Hälfte der Städte über Stellplatz- und Stellplatzablösesatzungen. Aus der Umfrage ergibt sich, daß der Bedarf an öffentlichen und privaten Parkanlagen in nahezu allen Kommunen sehr groß ist. Viele Städte beabsichtigen, das Straßenrandparken durch Parkhausparken zu ersetzen.

Eine völlige Verdrängung des Autoverkehrs aus der Stadt ist nicht möglich und nicht beabsichtigt. Allerdings wollen die Städte auch in den neuen Bundesländern vor allem die Nutzung der Verkehrsmittel des Umweltverbundes verstärkt fördern. Fast alle befragten Städte wünschen sich eine verstärkte Zusammenarbeit von privaten Investoren und der Stadt für den Bau und den Betrieb von Stellplatzanlagen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Februar 2002

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