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[Seite der Druckausgabe: 29 / Fortsetzung]


7. Die Diskussion einer ökologischen Steuereform in Unternehmen und Verbänden

Zahlreiche Unternehmer, Gewerkschafter und Verbandsvertreter stehen den Überlegungen zu einer ökologischen Steuerreform sehr skeptisch gegenüber. Entsprechende Initiativen zur Einführung einer ökologischen Steuerreform gibt es aber zum Beispiel von seiten des Bundesverbandes Junger Unternehmer (BJU), der sich offensiv für eine ökologische Umgestaltung der Marktwirtschaft einsetzt und gemeinsam mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) ein "Plädoyer für eine ökologisch orientierte Soziale Marktwirtschaft" (1993) vorgelegt hat.

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7.1 Bundesverband Junger Unternehmer

Ein wichtiger Vorteil einer ökologischen Steuerreform ist aus Sicht des BJU die Herstellung verläßlicher Rahmenbedingungen insbesondere für Investi-

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tionen im Umweltbereich, die derzeit zum Teil noch unterbleiben, weil die Kosten für Energie noch zu gering sind. Eine Energiebesteuerung würde hier die nötigen Preissignale setzen, an die sich die Unternehmer jeweils individuell und aufgrund eigener Entscheidung anpassen können. Auf seiten der Verbraucher würden erwünschte Nachfrageänderungen - zu Lasten energieintensiver und zugunsten umweltschonender Produkte - eintreten, wenn die durch eine Öko-Steuer erhöhten Kosten von den Unternehmen weitergegeben werden.

Auch der BJU hält ein Instrumentenmix unter Einbeziehungen des Ordnungsrechtes sowie sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile der einzelnen Instrumente für erforderlich. Eine Energiebesteuerung allein verteuere zwar die für die Unternehmen wesentlichen Inputfaktoren wie Öl, Gas, Strom, Verpackungsmaterial, hätte aber im Entsorgungsbereich - zum Beispiel bei der Abwasserentsorgung - keine Folgen. Darüber hinaus wird die "Zielgenauigkeit" einer Energiesteuer im Hinblick auf die angestrebten Verbesserungen der Umweltsituation eher skeptisch beurteilt, weil die Reaktions- und Substitutionsmöglichkeiten der Wirtschaftssubjekte nicht eindeutig vorherbestimmt werden können. Jeweils neue Vorgaben von Seiten der Umweltpolitik zur Erreichung bestimmter Umweltziele würden dann jedoch zu einer großen Verunsicherung von Unternehmern und Verbrauchern führen und somit negative ökonomische Effekte bewirken. Langfristige Planbarkeit ohne permanente Korrekturen von seiten des Gesetzgebers sind die Grundvoraussetzungen für eine ökologische Steuerreform.

Die Ausgabe von Umweltnutzungsrechten (Zertifikaten) wird in der gemeinsamen Studie mit dem BUND [Fn. 4: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)/Bundesverband junger Unternehmer in der ASU e.V. (BJU) (1993): Plädoyer für eine ökologisch orientierte Soziale Marktwirtschaft, Bonn.] als das effizienteste ökonomische Instrument zur ökologischen Korrektur des Preissystems bezeichnet. Durch die festgelegte jährliche Abnahme des Wertes dieser Zertifikate wird eine ökologisch erwünschte Anpassungsreaktion erzielt. Umweltsteuern und -abgaben werden als zweitbeste Möglichkeit bezeichnet, da sie nicht an Mengenziele gebunden sind und keinen Knappheitspreis bilden. Durch nicht vorhersehbare Anpassungsreaktionen der Besteuerten kann es zu Fehlentwicklungen kommen, was die Effizienz dieses Instruments vermindert. Umweltabgaben sind daher an Quantitätsziele zu binden und dem Zielerreichungsgrad regelmäßig anzupassen.

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Aus einzelwirtschaftlicher Perspektive sind natürlich die mit jedem ökologischen Steuerungsinstrument verbundenen Kostenbelastungen das größte Problem, zumal in vielen (energieintensiven) Unternehmen und Branchen keine oder nur geringe Ausweich- und Substitutionsmöglichkeiten bestehen, um den hohen Abgaben auf Energie zu entgehen. Hier sind nach Ansicht des BJU Verlagerungen einzelner Produktionen in Länder mit niedrigeren Umweltstandards zu befürchten. Ob dieser Effekt durch entsprechende Stützungsmaßnahmen einzelner Branchen abgeschwächt werden sollte, ist noch nicht endgültig ausdiskutiert.

Es spricht aber auch viel dafür, daß sich für eine Vielzahl von Unternehmen die Wettbewerbssituation im internationalen Bereich verbessert. Die mit einer ökologischem Steuerreform einhergehenden Anreiz zur Entwicklung umweltschonender Technologie und Verfahren sind eine wettbewerbsstrategische Chance für die gesamte Volkswirtschaft, sich mit zukunftsfähigen Produkten auf den internationalen Märkten besser zu plazieren. Besonders vor diesem Hintergrund wird die generell ablehnende Haltung der Wirtschaftsverbände zur ökologischen Steuerreform kritisiert. Die Verbände hätten die Aufgabe, unter ihren Mitgliedern auf eine größere Akzeptanz gegenüber martkwirtschaftlichen Lösungen im Umweltbereich hinzuwirken.

Der BJU fordert auch von der Politik eindeutige Entscheidungen, die den Unternehmen eine verläßliche Handlungsbasis ermöglichen müssen.

Die Arbeitsmarkteffekte einer ökologischen Steuerreform werden zurückhaltend bewertet, da die Erwartungshaltung der Unternehmen, daß Arbeit auch in Zukunft noch stärker belastet wird, auch durch Ankündigungen einer Reduzierung der Lohnnebenkosten nicht grundsätzlich verändert wird, zumal es in der Wirtschaft generell die Befürchtung gibt, daß das Aufkommen einer Energiesteuer nicht zu entsprechenden Entlastungen der Unternehmen, sondern -angesichts der Defizite der öffentlichen Haushalte - zur Finanzierung weiterer Staatsausgaben verwendet wird. .

Auch der BJU erkennt das Argument von Kritikern an, daß in Deutschland die Effizienz von Maßnahmen zur Senkung der Umweltbelastung sehr viel geringer ist als in Ländern, wo aufgrund niedriger Standards ein viel höheres Emissionsniveau zu verzeichnen ist. Mit den gleichen Mitteln könnten dort erheblich größere Entlastungswirkungen erzielt werden. Gleichzeitig haben viele Tagungsteilnehmer aber auch deutlich darauf hingewiesen, daß die

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Industrieländer in dieser Frage eindeutig in der moralisch schlechteren Position seien und ohne eigenes Beispiel kaum eine Verhaltensveränderung in anderen Ländern zu erzielen sei.

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7.2 Gewerkschaften

Die Gewerkschaften bzw. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatten bislang sicherlich keine Schrittmacherfunktion in der Diskussion um umweltschonenderes Wirtschaften. Die Umweltproblematik gewinnt bei den Gewerkschaften aber insofern eine immer größere Bedeutung, als die originäre Aufgabe der Gewerkschaften - die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen - zum Beispiel durch solche Konzepte wie die ökologische Steuerreform nicht unberührt bleibt.

Bereits 1991 hat eine Arbeitsgruppe beim DGB-Hauptvorstand eine allgemeine Energieabgabe auf nicht regenerierbare Energieträger empfohlen, die langfristig und möglichst auf europäischer und internationaler Ebene eingeführt werden sollte. Das Konzept beinhaltet Ausgleichszahlungen für besonders betroffene Branchen und Personengruppen, die durch eine derartige Abgabe stark belastet würden. Das Konzept der C02-Steuer wird demgegenüber nicht weiterverfolgt, da man davon nur Substitutionseffekte zwischen einzelnen Energieträgern, nicht aber generelle Einsparungseffekte erwartete. Das Aufkommen der Energiesteuern sollte in jedem Fall zur Förderung der Energieeffizienz und neuer Verfahren der Kraft-Wärme-Kopplung verwendet werden.

Daneben gibt es im Hinblick auf Energiesteuern und Abgaben in den Gewerkschaften aber auch durchaus skeptische Einschätzungen. Es wird befürchtet, daß dabei die Finanzierungs- und nicht die Lenkungsfunktion im Vordergrund steht. Besonders die in der Diskussion immer wieder hervorgehobenen regressiven Wirkungen, die eine Energiesteuer haben könnte, also eine relativ höhere Belastung unterer Einkommensgruppen, wird von den Gewerkschaften negativ bewertet.

Offene Fragen für den DGB sind, inwieweit eine ökologische Steuerreform den Spielraum für Tarifverhandlungen eingeschränkt, ob dadurch in das bestehende Sozialversicherungssystem eingegriffen wird und wieviele Arbeitsplätze in den Problembranchen verloren gehen bzw. wie ein Ausgleich in den Problemregionen erfolgen kann.

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Die Diskussion im DGB ist heute durchaus offen: Während die ÖTV und GREENPEACE gemeinsam eine ökologische Steuerreform vorschlagen und sich dabei insbesondere auf die DIW-Studie stützen, haben sich bei einigen Industriegewerkschaften doch sehr viel kritischere Positionen herausgebildet.

So ist die IG Bergbau und Energie gegenüber einer allgemeinen Energiesteuer durchaus aufgeschlossen und schlägt - ähnlich der DIW-Studie - langsam und kontinuierlich steigende Abgaben auf Primärenergie vor, wie sie auch von der EG-Kommission bereits genannt wurden. Das Aufkommen wäre zum Beispiel auch eine Quelle für die Finanzierung des Kohlepfennigs, der gemäß einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zukünftig aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden muß.

Nach einer von der IG Chemie-Papier-Keramik herausgegebenen Studie [Fn. 5: IG Chemie-Papier-Keramik (Hrsg.) (1994): Wirtschafts- und Lebensstandort Deutschland. Elemente ökologisch sozialer Marktwirtschaft, Buchdruckwerkstätten, Hannover.], muß sich die Umweltpolitik auf die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft stützen. Dabei wird ein starker Staat gefordert, der klare Umweltschutzziele vorgibt und der rechtliche und ökonomische Rahmenbedingungen setzt. Zentrale Aspekte dabei sind unter anderem die Verteuerung der Umweltnutzung und die geeignete Spezifizierung von Eigentumsrechten. Der durch eine marktkonforme Umweltpolitik bewirkte Strukturwandel muß durch ein umweltschonendes Wirtschaftswachstum unterstützt werden und zu positiven Beschäftigungseffekten führen.

Ein zentraler Anknüpfungspunkt für eine ökologisch und sozial verantwortliche Marktwirtschaft ist eine Umgestaltung des bestehenden Steuersystems, das Arbeitslosigkeit und Umweltzerstörung begünstigt. Dabei muß ein Kompromiß zwischen der Berechenbarkeit und der Flexibilität neuer Steuern geschaffen werden. Dies darf jedoch nicht zu einer Aufblähung des Steuersystems führen, sondern erfordert die gleichzeitige Senkung oder Streichung bestehender Steuern.

Für die Erreichung der obersten Ziele - Abbau der Arbeitslosigkeit und besserer Schutz der Umwelt - greift nach Ansicht der Autoren der häufig diskutierte Vorschlag einer Energiesteuer mit gleichzeitiger Senkung der Lohnkosten zu kurz. Der Energieverbrauch sei ein wichtiger, aber nicht der einzige Indikator für Umweltverbrauch; er ist zudem nicht sehr "treffsicher", da die einzelnen Energieträger unterschiedliche Belastungen verursachen. Daher müssen in einer ökologischen Steuerreform auch Emissionen und schadensträchtige Stoffströme einbezogen werden.

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Der Erhöhung der Mineralölsteuer um z.B. 0,50 DM p.a. wird ebenfalls kein großer Erfolg zugetraut, weil die Preiselastizitäten der Kraftstoffnachfrage aufgrund der vorhandenen räumlichen Strukturen gering sind. Eine Erhöhung der Mineralölsteuer kann aber zu einer Umstrukturierung und technologischen Verbesserung beitragen.

Ein nationaler Alleingang der Umweltpolitik wird abgelehnt und als schädlich betrachtet, wenn es dadurch zu keiner Verbesserung der globalen Umweltsituation kommt, gleichzeitig aber nationale Standortnachteile entstehen und Arbeitsplätze zerstört werden. Zur Lösung dieses Problems werden international konzertierte Aktionen vorgeschlagen.

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7.3 Wirtschaftsverbände

Die weitgehendste Kritik an den Überlegungen zu einer ökologischen Steuerreform kommt derzeit von den Wirtschafts- bzw. Industrieverbänden. Aus der in Hannover vorgestellten Sicht des Instituts der deutschen Wirtschaft sollen mit einer ökologischen Steuerreform vier Ziele erreicht werden:

  1. Umweltschutz: Verbesserung der Umweltsituation,

  2. Energieverbrauch: Rationelle Energienutzung und Entwicklung alternative Energieträger,

  3. Beschäftigung: Schaffung neuer Arbeitsplätze,

  4. Staatseinnahmen: Erzielung und Sicherung höherer Einnahmen für die öffentlichen Haushalte.

Allerdings wird bezweifelt, daß mit einer ökologischen Steuerreform diese Ziele erreicht werden können:

1 Umweltschutz:

Hinter dieser Zielsetzung steht, so das IdW, die ökonomisch richtige Idee, umweltbelastende Aktivitäten der Produzenten und Konsumenten mit Steuern so zu belasten, daß sie sich umweltfreundlicher verhalten, also nach Möglichkeit der Steuerbelastung ausweichen. Bisher ist es aber nicht gelungen, Konzepte für Umweltsteuern zu entwickeln, die die gewünschten ökologischen Lenkungseffekte erreichen. Es fehlen die ökonomischen und ökologischen Maßstäbe, nach denen die Öko-Steuern bemessen werden können.

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Die meisten Öko-Steuer-Vorschläge gehen von einem geringen ökologischen Lenkungseffekt aus, operieren aber mit relativ hohen fiskalischen Effekten. Das geschätzte Öko-Steueraufkommen der aktuellen Reformvorschläge schwankt zwischen 40 und 200 Mrd. DM, das sind zwischen 6% und 28% des gesamten jährlichen Steueraufkommens. Das Aufkommen soll in den meisten Fällen aus allgemeinen Energiesteuern gedeckt werden.

Eine Umweltsteuer, die auch ökologisch Sinn macht, müßte folgenden Kriterien genügen:

  • Emissionsnähe: Zwischen der Steuer und einer bestimmten Umweltbelastung muß ein direkter Zusammenhang bestehen. Zum Beispiel müßte zur Verringerung der Luftverschmutzung die Emission auch direkt besteuert werden, etwa durch eine emissionsbezogene Kfz-Steuer.

  • Relevanz: Es muß ein ökologisches Problem definiert werden, für dessen Lösung technischer und ökonomischer Spielraum besteht. Die Stickoxidemissionen können zum Beispiel durch den Einbau von Katalysatoren in Kraftwerken oder Automobilen ve rmieden werden.

  • Wettbewerbsneutralität: Die fiskalische Belastung muß im internationalen Gleichschritt eingeführt werden, zum Beispiel in Form einer europaweiten C02-Steuer.

  • Staatsquotenneutralität: Das Abgabenaufkommen muß so eingesetzt werden, daß auch das jeweilige umweltpolitische Ziel unterstützt wird. Der Einbau von Katalysatoren etwa wird steuerlich begünstigt und aus dem Öko-Steueraufkommen finanziert.

  • Deregulierung: Die Einführung von Umweltsteuern kann nicht einfach auf das dichte ordnungsrechtliche Netz im Umweltschutz draufgesattelt werden. Ein Steuerung über Umweltabgaben muß zu Erleichterungen beim Ordnungsrecht führen.

Umweltsteuern sind also kein Patentrezept, das auf alle Umweltprobleme paßt. Da alle umweltpolitischen Instrumente Vor- und Nachteile aufweisen, wird sich die Umweltpolitik auf einen gut abgewogenen Instrumenten-Mix gründen müssen.

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2. Energieverbrauch:

Die aktuellen Reformvorschläge konzentrieren sich auf eine zusätzliche Besteuerung des Energieverbrauchs. Die Energiesteuern, die schon heute die dritte Säule der staatlichen Einnahmen bilden, sollen noch weiter erhöht werden. Damit haben sich die Öko-Steuer-Vorschläge von dem Ziel verabschiedet, spezielle Umweltprobleme mit Hilfe fiskalischer Instrumente bekämpfen zu wollen. Im Vordergrund steht nicht mehr eine Emissionssteuer, die eine genau definierte Umweltbelastung besteuern will, sondern eine Ressourcensteuer. Dadurch wird die ökologische Treffsicherheit eingeschränkt: Energie ist Voraussetzung für das Funktionieren der Wirtschaft und als Inputfaktor kein Schadstoff, an dem eine bestimmte Umweltbelastung exakt gemessen werden könnte.

Kaum richtig abzuschätzen sind auch die Wirkungen auf den Energieverbrauch durch eine Erhöhung von Energiesteuern: Ein Energiespareffekt kann nur dort erwartet werden, wo Ausweichreaktionen technischer und ökonomischer Art gegeben sind: Diese Energie-Einsparpotentiale sind in den einzelnen Haushalten und in den verschiedenen Wirtschaftssektoren so unterschiedlich, daß eine allgemeine Energiesteuer zwangsläufig über- oder untersteuert. Auf die Industrie entfällt nur ein Viertel des gesamten Endenergieverbrauchs, dennoch soll sie in fast allen Öko-Steuer-Vorschlägen die Hauptlast tragen.

Im Bereich des industriellen Energieverbrauchs ist eher mit Überreaktionen auf eine weitere Energieverteuerung durch Steuern zu rechnen. Das gilt auf jeden Fall für die energieintensiven Industriezweige, auf die der überwiegende Teil des industriellen Energieverbrauchs entfällt. Allein die Eisenschaffende Industrie, die Chemie- und die Metallindustrie decken etwa die Hälfte des industriellen Energieverbrauchs ab. Sie müßten auch den überwiegenden Teil der neuen Energiesteuern zahlen. Zu Überreaktionen wird es vor allem aus zwei Gründen kommen:

  • Im Vergleich zu wichtigen Konkurrenzländern herrscht in der Bundesrepublik Deutschland ohnehin ein hohes Energiepreisniveau. Das gilt namentlich für die industriellen Strompreise. Zwei Drittel der industriellen Energiekosten sind Stromkosten.

  • Der ökonomische Umgang mit Energie hat bereits einen festen Stellenwert im betrieblichen Rationalisierungsprozeß der Unternehmen und

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    muß nicht erst durch künstliche Preissteigerungen herbeigeführt werden.

Von 1960 bis 1993 hat sich die Energieproduktivität der Industrie kontinuierlich verbessert. Der Energieverbrauch je 1.000 DM Bruttowertschöpfung ging von 269 kg SKE (Steinkohleeinheiten) auf knapp 120 kg SKE zurück. Dieser Rationalisierungsprozeß hat allerdings auch seine Grenzen. Nach dem hohen technischen Stand in den energieintensiven Wirtschaftszweigen ist nur eine minimale zusätzliche Reduzierung möglich. Selbst eine starke Verteuerung der Energie könnte allenfalls die Ausschöpfung dieses geringen Sparpotentials beschleunigen, nicht jedoch das Potential ausweiten. Die Einführung einer Energiesteuer hätte deshalb nur erhebliche Kostensteigerungen für die energie- und rohstoffintensiven Branchen zur Folge.

Das "Steuern mit Energiesteuern" hat aber noch einen weiteren wesentlichen "Schönheitsfehler": Allgemeine Energiesteuern führen letztlich zu einer politisch verursachten Verzerrung der Preise auf den Energiemärkten. Ein Anstieg der Energiepreise um 5 Prozent jährlich würde bedeuten, daß sich die Energiepreise nach fünf Jahren bereits um 28%, nach zehn Jahren um 63% und nach 15 Jahren um 108% erhöht haben. Dabei steigt, wenn der Ausgangspreis unverändert bleibt, der Anteil der Steuern am Endpreis bereits auf über die Hälfte an. Die Folge wäre eine systematische Aushöhlung der marktwirtschaftlichen Lenkungsfunktion im Energiebereich.

3. Beschäftigung:

Ein geringer ökologischer Lenkungseffekt und das daraus resultierende hohe Steueraufkommen ist in den Öko-Steuer-Reformplänen die Voraussetzung für die Realisierung der beschäftigungspolitischen Ziele: Das Öko- bzw. Energiesteueraufkommen soll dazu verwendet werden, um die Kosten des Faktors Arbeit zu senken. Das Prinzip ist. energieintensive Wirtschaftszweige werden durch die Steuer belastet, arbeitsintensive Wirtschaftszweige werden durch Senkung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung entlastet. Daraus ergibt sich allerdings das Kuriosum, daß die Stahlindustrie oder die chemische Industrie die Entlastungen der Lohnnebenkosten bei den arbeitsintensiven Branchen wie den Banken und Versicherungen oder bei den Postdiensten zahlt.

Zudem fragt sich, ob mit Energiesteuererhöhungen auf der einen Seite und Arbeitskostenentlastungen auf der anderen Seite die Ziele Energiesparen und

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Schaffung von Arbeitsplätzen überhaupt parallel erreicht werden können. Sowohl die Installation von Energiespartechniken wie auch die Schaffung neuer Arbeitsplätze erfordert den Einsatz von Kapital. Das heißt: Die Wirtschaftspolitik darf nicht die Finanzkraft potentieller Investoren schwächen, sondern sie muß generell für günstige Investitionsbedingungen sorgen.

4. Staatseinnahmen:

Die Pläne zur Öko-Steuerreform laufen letztlich auf eine Verschiebung der Steuerlast von der direkten zur indirekten Besteuerung hinaus. Dabei soll die indirekte Komponente vor allem durch eine Erhöhung der Energiesteuer aufgestockt werden. Daraus ergeben sich zwei grundsätzliche Probleme:

Aus der Sicht des Finanzministers müssen Steuern "nachhaltig ergiebig" sein ("Finanzierungsfunktion von Steuern"). Das ist die Voraussetzung für die kontinuierliche, mittel- bis langfristige staatliche Finanzplanung. Umweltabgaben und Öko-Steuern erfüllen diese Aufgabe mit steigenden Steuersätzen immer weniger. Je höher der Steuersatz ist. desto besser kommt ihre Lenkungsfunktion zum Tragen und die Bemessungsgrundlage sinkt.

Ein wachsendes Aufkommen indirekter Steuern durch die Anhebung der Energiesteuer gerät auch mit dem Grundsatz in Konflikt, daß Bürger und Unternehmen nach ihrer Leistungsfähigkeit besteuert werden sollen. Bei der Energiesteuer ist der Zusammenhang zwischen Bemessungsgrundlage und Steuerkraft aufgehoben: Wer viel Energie verbraucht, wird als wirtschaftsstark und deshalb zahlungskräftig eingestuft - ungeachtet seiner tatsächlichen Erträge.

Die gesamtwirtschaftliche Bilanz einer ökologischen Steuerreform, die auf einer kräftigen Anhebung allgemeiner Energiesteuern aufbaut, kann an den gesamtwirtschaftlichen Zielen des "Magischen Vierecks" gemessen werden:

Wenn Energiesteuern im nationalen Alleingang angehoben werden, können die Unternehmen sie im Preis nicht abwälzen und es kommt zu einer einseitigen Belastung der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb. Die Absatz- und Gewinnerwartungen verschlechtern sich, so daß Investitionen unterbleiben. Die Folge: Wachstum und Beschäftigung gehen zurück.

Energiesteuern, die ökologisch kaum lenken, führen zu hohen Staatseinnahmen. Ein Pfennig Mineralölsteuererhöhung führt zu 700 Mio. DM zusätzlichen

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Steuereinnahmen. Das heißt, es wird Kaufkraft abgeschöpft. Die gesamtwirtschaftlichen Wachstumsverluste und der damit einhergehende Rückgang des verfügbaren Einkommens werden - in Verbindung mit der erwarteten regressiven Wirkung der Energiesteuer - vor allem die niedrigen Einkommensklassen besonders belasten.

Energiepreissteigerungen gehen erfahrungsgemäß mit einer beschleunigten Inflation einher. Die beiden Ölpreiskrisen 1973 und 1979/80 haben das schicksalhaft gezeigt.

Die ökologische Steuerreform erhöht die Produktionskosten inländischer Hersteller, ohne daß die Preise dem folgen können, während die ausländische Konkurrenz davon unberührt bleibt. Die terms of trade verschlechtern sich und die Handelsbilanz gerät tendenziell ins Defizit.

Unter dem Titel "Umsteuern mit Öko-Steuern" (Köln 1994) hat der Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) eine eigene Studie zur ökologischen Steuerreform vorgelegt. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, daß sich die Reformpläne vom eigentlichen Pfad der ökologischen Steuerung über den Markt entfernt haben und fiskalische Aspekte im Vordergrund stehen. Dabei wächst die Gefahr, daß ein großer Teil des Öko-Steuer-Aufkommens letztlich zur Finanzierung der allgemeinen Staatsaufgaben verwendet wird, was sich nicht oder sogar negativ auf den Umweltschutz auswirke. Es werden mehrere Schlußfolgerungen hinsichtlich der einzelnen Effekte und Umsetzungskonzepte gezogen, die auch die grundlegende Begründung dieses umweltpolitischen Instruments in Frage stellen. Die einzelnen Ergebnisse und ihre Begründungen werden in 17 Schlußfolgerungen (Zitate) aufgeführt:

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  1. Schon heute tragen Unternehmen und Haushalte einen großen Teil der anfallenden Umweltschutzkosten.

  2. Die Wirtschaft mit Umweltsteuern zu lenken, führt zu einem ökonomisch kostspieligen Einstieg in die ökologische Planwirtschaft.

  3. Es gibt zwar eine wirtschaftstheoretische Begründung (Pigou-Steuer) für eine ökologische Korrektur der marktwirtschaftlichen Preisbildung, aber keinen praktischen Maßstab für "ökologisch gerechte" Preise.

  4. Energie und Rohstoffe sind die Voraussetzung für das Funktionieren einer Wirtschaft, ihre Preise sind Schlüsselkosten im internationalen Wettbewerb. Die Ressourcen- und/oder Energieintensität der Volkswirtschaft ist deshalb kein verläßlicher Maßstab für die ökologische und ökonomische Beurteilung von Öko-Steuern.

  5. Umweltabgaben oder Öko-Steuern, die ganze Ressourcenströme lenken sollen, passen ordnungspolitisch nicht in eine marktorientierte Umweltpolitik.

  6. Umweltabgaben oder Öko-Steuern führen nur zu hohen Staatseinnahmen und haben daher in der Regel nur geringe ökologische Lenkungseffekte. Damit sind sie von der eigentlichen Pigou'schen Steueridee weit entfernt.

  7. Die Vorstellung, daß eine ökologische Steuerreform zu mehr Beschäftigung führt, ist unrealistisch. Vielmehr ist das Gegenteil zu befürchten.

  8. Die politischen Motive für eine ökologische Steuerreform haben mit Umweltverbesserungen wenig zu tun. Im Vordergrund stehen finanzpolitische und beschäftigungspolitische Aspekte sowie die Lenkung des Energie- und Rohstoffeinsatzes.

  9. Die heute diskutierten Öko-Steuer-Reformpläne wollen die verschiedenen Ziele weniger über die zielgerechte Ausgestaltung von Umweltabgaben oder Öko-Steuern erreichen, sondern vielmehr über die Umverteilung relativ hoher Aufkommen einzelner Ressourcensteuern, insbesondere der Energiesteuer.

  10. Das DIW-Modell ist auf eine stetig steigende Erhöhung der Energiesteuern angelegt, deren ökologische und ökonomische Wirkungen von den Gutachtern wirklichkeitsfern interpretiert werden.

  11. Die Schlußfolgerung des DIW, daß eine ökologische Steuerreform im nationalen Alleingang machbar sei und ökologisch wie ökonomisch nur Vorteile bringe, ist angesichts wirklichkeitsferner Annahmen und methodischer Ungereimtheiten in den Modellrechnungen nicht haltbar.

  12. Die aktuellen Öko-Steuer-Reformpläne, die sich auf eine allgemeine Energiesteuer gründen, lassen sich nicht mit ökologischen Lenkungseffekten rechtfertigen.

  13. Energiesteuern können nur bei sehr hohen Steuersätzen den Energieverbrauch der privaten Haushalte lenken. Davon werden die Bezieher kleinerer Einkommen besonders betroffen.

  14. Die energieintensiven Branchen haben in Deutschland weder technologische noch ökonomische Spielräume, einer Energiesteuer auszuweichen.

  15. Eine allgemeine Energiesteuer ist ein ökologisches Schmalspur-Instrument. das Teilen der Wirtschaft die Existenzgrundlage entzieht.

  16. Eine Öko-Steuerreform mit kontinuierlich steigenden Energiesteuern wird sich negativ auf die gesamtwirtschaftlichen Ziele Wachstum, Vollbeschäftigung, Geldwertstabilität und außenwirtschaftliches Gleichgewicht auswirken.

  17. Eine ökologische Steuerreform ist finanzwirtschaftlich unsolide und steuerpolitisch verfehlt.

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Eine Öko-Steuerreform, die auf eine drastische Anhebung allgemeiner Energiesteuern aufbaut, mache also ökologisch kaum Sinn. Sie hätte aber weitreichende negative ökonomische Effekte. Diese Schlußfolgerung ist, so der BDI, kein Votum gegen notwendigen Umweltschutz, sondern für ökologisch effektive und ökonomisch effiziente Maßnahmen. Dazu zählen zum Beispiel die Verbesserung der Rahmenbedingungen für das Umweltmanagement in den Unternehmen.


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