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[Seite der Druckausgabe: 44 / Fortsetzung]


7. Verbesserung der Aufsichtsratsarbeit

7.1. Bewertung des deutschen Aufsichtsratssystems

Ein weiterer zentraler Komplex bei der Diskussion über die Macht der Banken ist der Bereich "Aufsichtsräte". Der Gesetzgeber schreibt dem Aufsichtsrat in deutschen Aktiengesellschaften eine zentrale Funktion zu. Der Aufsichtsrat ist das zwingend vorgeschriebene Kontrollorgan der Gesellschaft, Instrument der Überwachung der Tätigkeit des Vorstands und der Mitbestimmung der Arbeitnehmer. Seine gesetzlichen Hauptaufgaben sind die Bestellung und Abberufung der Vorstandsmitglieder und die laufende Überwachung der Geschäftsführung sowie die Prüfung des Jahresabschlusses. Nach bisher geltendem Recht darf eine Person bis zu zehn Aufsichtsratmandate gleichzeitig ausüben; fünf weitere Mandate können zusätzlich übernommen werden, soweit es sich dabei um Tochterunternehmen handelt. Die Mitglieder des Aufsichtsrats werden in der Hauptversammlung von den Aktionären gewählt. Seit Einführung des Mitbestimmungsgesetzes im Jahre 1976 entsenden zudem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Gesellschaften mit mehr als 2.000 Mitarbeitern die gleiche Zahl von Vertretern in den Aufsichtsrat - in der Montanindustrie besteht eine Sonderregelung. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat im Aufsichtsrat doppeltes Stimmrecht.

Das deutsche Aufsichtsratssystem ist in den letzten Jahren in Mißkredit gekommen. Bei vielen spektakulären Unternehmenskrisen und

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-zusammenbrüchen der letzten Jahre hatten die Aufsichtsräte jahrelanges Mißmanagement geduldet oder sogar mitgetragen, in Einzelfällen wurden dem Unternehmen schadende oder sogar kriminelle Handlungen einzelner Manager durch dezentes Wegschauen begünstigt. So konnte etwa das Management unter dem Bremer Vulkan-Vorstandsvorsitzenden Friedrich Hennemann jahrelang für die Ostwerften des Konzerns bestimmte Subventionen zweckentfremdet in die defizitären westdeutschen Konzernteile umleiten; geschönte Bilanzen wurden vom Aufsichtsrat mehrfach abgesegnet. Nach mehrjähriger Mißwirtschaft mußte der Bremer Vulkan im Februar 1996 das Vergleichsverfahren einleiten. Drei Monate später wurde das Anschlußkonkursverfahren eröffnet. Welche Teile des Werftenverbundes im Laufe des Verfahrens noch gerettet werden können, ist heute noch ungewiß. Nahezu sicher ist jedoch, daß die Aufsichtsräte des Werftenverbundes nicht mit Sanktionen für ihre Fehlleistungen rechnen müssen, während Tausende von Arbeitnehmern um ihren Arbeitsplatz bangen müssen.

Viele Kritiker sehen auch beim Aufsichtsrat des Bremer Vulkan eine erhebliche Mitschuld am Zusammenbruch des Werftenverbundes. "Der Aufsichtsrat hatte die Pflicht zu prüfen", betonte der Präsident der Treuhand-Nachfolgeorganisation Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS), Heinrich Hornef. Seiner Auffassung nach werde sich kaum einer in den verantwortlichen Gremien des Bremer Vulkan damit "herausreden können, der Hennemann habe das alles alleine gemacht". Auch im Aufsichtsrat des Bremer Vulkan spielten Vertreter der Banken eine wichtige Rolle. Gleich vier Bankenvertreter der Commerzbank, der Dresdner Bank und der BHF-Bank waren im Aufsichtsrat vertreten. In einer Stellungnahme schreibt die BvS, daß die drei Banken "in mehrfacher Weise" am Zusammenbruch des Konzerns beteiligt waren. Vor allem die Commerzbank habe dabei nach Auffassung der BvS "Einblick in die Finanzlage, insbesondere die Liquiditätslage" des Werftenverbunds gehabt haben. Die im Aufsichtsrat vertretenen Bankenvertreter hätten eine entsprechend große Verantwortung gehabt. Sie hätten die von ihnen genehmigten Entscheidungen im Aufsichtsrat mitzuverantworten. Denn das Verhalten der Aufsichtsratsmitglieder sei "trotz der persönlichen Mitgliedschaft im Aufsichtsrat unternehmerisch der jeweiligen Bank zuzurechnen".

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Auch bei Deutschlands größtem Industrieunternehmen, der Daimler-Benz AG, mußte sich der Aufsichtsrat der Gesellschaft im Frühjahr 1996 heftige Kritik anhören. Viele Kritiker machten den Daimler-Aufsichtsrat mitverantwortlich für die gigantischen Verluste, die das Unternehmen als Folge der gescheiterten Unternehmenspolitik realisieren mußte. Schließlich hatte der Daimler-Aufsichtsrat alle "wichtigen Entscheidungen" in den entscheidenden Jahren einstimmig gefällt, wie der Daimler-Aufsichtsratsvorsitzende, Deutsche-Bank-Vorstandssprecher Hilmar Kopper, vor der Hauptversammlung im Mai 1996 offen eingestand. Und auch im diesem Aufsichtsrat, dem zweifellos wichtigsten Kontrollgremium der deutschen Wirtschaft, spielen die Bankenvertreter eine wichtige Rolle. Neben Deutsche-Bank-Chef Hilmar Kopper sitzen hier auch die Vorstandssprecher der beiden anderen Großbanken und ein weiteres Vorstandsmitglied der Deutschen Bank.

Die Fälle Bremer Vulkan und Daimler-Benz sind für Kritiker lediglich zwei aktuelle Beispiele für ein in den letzten Jahren verstärkt auftretendes Phänomen in deutschen Aktiengesellschaften. In Krisensituationen von Unternehmen zeigten sich selbst prominent besetzte Aufsichtsräte überfordert; von aufgetretenen Schieflagen hatten sie nichts mitbekommen und keine Maßnahmen zur Verhinderung von Krisen ergriffen. Der Vorstand habe sie nicht ausreichend informiert, lautete in diesen Fällen die stereotype Entschuldigung der Aufsichtsräte. Im Mittelpunkt der Diskussion stehen auch hier die Banken. Ihre Vertreter stellen in den Aufsichtsräten der 30 Dax-Gesellschaften, auf die 53 Prozent des Grundkapitals der insgesamt an der deutschen Börse gehandelten Aktiengesellschaften entfällt, 73 Aufsichtsratsmitglieder, darunter in 13 Fällen sogar den Vorsitzenden. Jeder vierte Aufsichtsrat kommt bei diesen Gesellschaften aus einer Bank.

Ein Vertreter eines Bankenverbandes weist diese Kritik zurück. Seiner Auffassung nach werde die Rolle von Bankenvertretern in den Aufsichtsräten deutscher Unternehmen weit überschätzt. Einer Erhebung des Bundesverbandes deutscher Banken zufolge gab es Ende 1993 in den 100 größten deutschen Unternehmen 1.561 Aufsichtsratsmandate. Davon entfielen auf Angehörige der privaten Banken

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lediglich 99 Mandate; dies entspreche einem Anteil von rund 6 Prozent. Diese Zahlen belegten eindeutig, daß die Bankenvertreter in den Aufsichtsräten nur eine kleine Minderheit ohne besondere Privilegien und Rechte darstellten. Zudem sei die Zahl der Bankenvertreter rückläufig; fünf Jahr zuvor hätten Vertreter der privaten Banken noch 104 Mandate eingenommen. Dagegen sei die Zahl der von den Arbeitnehmern in die Kontrollgremien der 100 größten Unternehmen im selben Zeitraum von 729 auf 760 Mandate angewachsen; 211 Mandate entfielen dabei auf externe Arbeitnehmervertreter, die von Gewerkschaften in die Unternehmen entsandt werden. Bei der Bewertung der Präsenz von Bankenvertretern in den Aufsichtsräten müsse zudem bedacht werden, daß die Initiative für die Besetzung eines Aufsichtsratsmandates durch einen Bankenvertreter in der Regel von den Unternehmen selbst ausgehe. Häufig sei es nicht einfach für Banken, sich diesen Wünschen zu verschließen.

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7.2 Reformvorschläge

Vor dem Hintergrund der großen Zahl von Unternehmenskrisen in den letzten Jahren, bei denen Aufsichtsräte offensichtlich überfordert waren, herrscht zwischen der SPD-Bundestagsfraktion und den Regierungsfraktionen Einigkeit darüber, daß das deutsche Aufsichtsratssystem verbessert werden müsse. Über die hierzu zu ergreifenden Maßnahmen besteht jedoch ein erheblicher Dissens.

Die SPD will die Zahl der pro Person zulässigen Mandate generell auf maximal fünf beschränken. Wegen der großen Bedeutung des Aufsichtsratsvorsitzes und des erheblichen Arbeitsaufwandes soll dieses Amt dabei doppelt gezählt werden. Eine solche zahlenmäßige Beschränkung der pro Person zulässigen Zahl an Aufsichtsratsmandaten ist nach Auffassung der SPD notwendig, da die bisherige Praxis dazu geführt habe, daß sich eine kleine Gruppe von Multi-Aufsichtsräten gegenseitig kontrolliere. Dadurch sei ein wechselseitiges System von Abhängigkeiten entstanden, das die vom Aktienrecht geforderten Aufsichtsanforderungen ausheble. Hinzu käme, daß vielen dieser Multi-Aufsichtsräte, die in der Regel neben ihren zehn bis fünfzehn Aufsichtsratsmandaten auch noch einen verantwortungsvollen Posten im Vorstand eines Wirtschaftsunternehmens

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wahrzunehmen haben, schlichtweg die Zeit für eine qualifizierte Aufsichtsratstätigkeit fehle. Die zahlreichen Fälle unaufmerksamer oder überforderter Aufsichtsräte in den letzten Jahren dokumentiere dieses Defizit nachdrücklich. Die bestehende Ausnahmeregelung für Tochterunternehmen will die SPD generell streichen, da es in Hinsicht auf die gewünschte qualifizierte Aufsichtstätigkeit unerheblich sei, ob es sich um ein konzernfremdes oder konzerneigenes Unternehmen handle. Das Beispiel der Kölner Unternehmens KHD, bei dessen Tochterunternehmen Humboldt Wedag AG das Management durch dreiste Bilanzfälschungen Milliardenverluste kaschierte, verdeutliche diese Situation eindrucksvoll. Der Aufsichtsrat der Humboldt Wedag AG - zu dem auch der Vorstandsvorsitzende und der Finanzchef des Mutterunternehmens KHD gehörte - hatte von den Bilanzfälschungen nichts gemerkt. Die Kontrolltätigkeit der Aufsichtsräte von Humboldt Wedag hatte sich im Jahre 1995 auf gerade mal zwei Sitzungen beschränkt, wobei die Sitzungen jeweils nicht länger als 25 Minuten dauerten. Außerdem will die SPD die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten in konkurrierenden Unternehmen generell untersagen. Durch die Übernahme von Aufsichtsratmandanten in Unternehmen, die miteinander in einem direkten oder indirekten Wettbewerb ständen, würden die im Aktienrecht vorgesehenen Kontrollfunktionen des Aufsichtsgremiums ad absurdum geführt. Die Feststellung einer Konkurrenzsituation und die Untersagung der Wahrnehmung von Mandaten in konkurrierenden Unternehmen soll dabei dem Kartellamt übertragen werden. Das Kartellamt könne bei seiner konkreten Entscheidung den jeweiligen Gegebenheiten oder branchenspezifischen Besonderheiten gerecht werden.

Darüber hinaus sieht der SPD-Gesetzentwurf eine Verschärfung der Haftung und Maßnahmen zur Steigerung der Qualität der Aufsichtsratsarbeit vor. Dazu gehört unter anderem die Vorschrift, daß die Vorlagen für die Bilanzsitzung - Jahresabschluß, Lagebericht und Abschlußprüfungsbericht - zukünftig jedem Aufsichtsratsmitglied zwingend zur Verfügung gestellt werden müssen. Die bisherige Regelung sieht lediglich vor, daß die Aufsichtsratsmitglieder diese Vorlagen in den Räumen der Gesellschaft einsehen dürfen. In der Praxis führt dies dazu, daß Aufsichtsräte, oftmals insbesondere die Arbeitnehmervertreter, nicht über die ausreichende Möglichkeit

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verfügen, die Vorlagen für die Bilanzsitzung eingehend studieren zu können Außerdem soll die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Wirtschaftsprüfer verbessert werden. Deshalb soll die Teilnahme des Wirtschaftsprüfers an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrates zwingend vorgeschrieben werden. Schließlich soll die Haftung für Aufsichtsratsmitglieder durch eine Erleichterung der für die Bestellung von Sonderprüfern und die Geltendmachung von Ersatzansprüche notwendigen Quoren verschärft werden.

Grundsätzlich haften Vorstands- und Aufsichtratmitglieder bereits heute für die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung. Die hohen aktienrechtlichen Anforderungen für die Bestellung von Sonderprüfern und die Geltendmachung von Ersatzansprüchen haben jedoch dazu geführt, daß eine Haftung der Mitglieder der Unternehmensverwaltung selbst bei schwersten Verstößen gegen ihre Pflichten de facto in Deutschland nicht besteht. Ein Wissenschaftler bezeichnet das bestehende Haftungssystem für Unternehmensverwaltungen daher als "klassischen Papiertiger im Aktienrecht". Denn nach geltendem Recht bedarf es eines Anteils von 10 Prozent des Grundkapitals, um eine Sonderprüfung oder die Geltendmachung von Schadenersatzforderungen zu erwirken. Eine Minderheit von 10 Prozent des Grundkapitals sei bei Publikumsgesellschaften ohne Mitwirkung der Depotbanken jedoch nicht für eine Haftungsklage organisierbar. Da die Depotbanken häufig Mitglieder in die Unternehmensverwaltung entsendeten, seien sie an Haftungsrisiken für deren Tätigkeit nicht interessiert. Anders als in ausländischen Rechtsordnungen wie etwa dem der USA sei damit die Haftung von Vorstand und Aufsichtsrat in Deutschland de facto nicht existent. Um Haftungsklagen auch gegen die Unternehmensverwaltungen von Großunternehmen zu ermöglichen, will die SPD den hierfür notwendigen Aktienanteil auf 5 Prozent des Grundkapitals oder Aktien im Nennwert von 1 Mio. DM absenken.

Ein CDU-Politiker führt aus, daß sich die Koalitionsarbeitsgruppe nach eingehenden Beratungen gegen eine Beschränkung der pro Person zulässigen Höchstzahl an Aufsichtsratsmandaten ausgesprochen habe. Diese Entscheidung müsse vor dem Hintergrund gesehen werden, daß das Ziel der von der Koalitionsarbeitsgruppe erarbeiteten Vorschläge die "Professionalisierung" der Aufsichtsratstätigkeit

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sei. Gerade für professionelle Aufsichtsräte, die sich ausschließlich ihren Aufsichtsratsmandaten widmeten, seien die derzeit zulässigen fünfzehn Mandate jedoch eine angemessene Höchstzahl. Eine weitere Reduzierung der Höchstgrenze würde somit der angestrebten Professionalisierung zuwiderlaufen. Eine pauschale Reduzierung würde zudem die Besonderheiten und Unterschiedlichkeiten der einzelnen Unternehmen nicht berücksichtigen. Schließlich würde die Reduzierung der Mandate gerade die Banken, gegen die sich ja die Kritik hauptsächlich richte, nicht treffen, da diese ohne Zweifel in der Lage wären, eventuell anfallende Vakanzen mit anderen Personen aus ihren Führungsgremien zu besetzen. Zukünftig sollen jedoch der Vorsitz und der stellvertretende Vorsitz in einem Aufsichtsrat wegen der erheblichen Bedeutung dieser Mandate doppelt gezählt werden. Die doppelte Anrechnung des stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzenden, der ja als reiner Abwesenheitsvertreter fungiert, erfolge dabei aus Gründen der Ausgewogenheit. Auch bei der bisherigen Sonderregelung für konzerninterne Mandate soll nach Vorstellung der Koalitionsarbeitsgruppe nichts geändert werden. Bei diesen Mandaten soll auch keine Doppelanrechnung erfolgen. Die Überwachung von Tochterunternehmen zähle zur typischen Vorstandstätigkeit, die sinnvollerweise im Aufsichtsrat der Tochter ausgeübt werden könne.

Um die Effizienz der Aufsichtsräte zu verbessern, sollen die Gremien zukünftig verkleinert werden. Nach Einschätzung der Koalitionsarbeitsgruppe sei eine solche Maßnahme ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Arbeitsqualität der Aufsichtsräte. Statt der bisher gesetzlich vorgeschrieben 20 Mitglieder soll der Aufsichtsrat zukünftig nur noch zwölf Mitglieder haben. Bei Unternehmen mit mehr als 10.000 Arbeitnehmern besteht jedoch die Möglichkeit, daß die Satzung eine Größe von 16 oder 20 Mitgliedern festschreibt. Diese Verkleinerung der Aufsichtsräte hat nach Einschätzung der Koalitionsarbeitsgruppe keine negativen Auswirkungen auf die Mitbestimmung. Zudem soll die gesetzlich vorgeschriebene Mindestzahl von Aufsichtsratssitzungen auf vier Sitzungen pro Geschäftsjahr erhöht werden. Dies gelte jedoch lediglich für börsennotierte Gesellschaften. Außerdem will die Koalitionsarbeitsgruppe, ebenso wie die SPD, die Zusammenarbeit zwischen Aufsichtsrat und Abschlußprüfer verbessern. Künftig soll der Auftrag an die Abschlußprüfer durch den

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Aufsichtsrat, und nicht wie derzeit vom Vorstand des Unternehmens, erfolgen, damit der Aufsichtsrat die notwendigen Prüfungsschwerpunkte vorgeben kann. Außerdem sollen Teilnahme- und Redepflicht des Abschlußprüfers an der Bilanzsitzung des Aufsichtsrats vorgeschrieben werden. Der Bericht der Abschlußprüfer, der Jahresabschluß und der Lagebericht sollen zudem zukünftig allen Aufsichtsratsmitgliedern "ausgehändigt" werden, damit die Information aller Aufsichtsratsmitglieder gewährleistet ist. Der Aufsichtsrat kann jedoch beschließen, daß die Unterlagen lediglich den Mitgliedern eines Ausschusses, beispielsweise einem Bilanzausschuß, ausgehändigt werden. Zudem sollen die Rechenschaftspflichten des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat hinsichtlich zukunftsorientierter Planungen erweitert werden.

Ebenso wie die SPD strebe auch die Koalitionsarbeitsgruppe an, das für das Klageerzwingungsverfahren im Rahmen der Geltendmachung von Haftungsansprüchen gegen Aufsichtsratsmitglieder notwendige Quorum abzusenken. Die von der SPD vorgeschlagene generelle Absenkung der notwendigen Voraussetzung gehe der Regierungskoalition jedoch zu weit. Sie will die Möglichkeit zur Klageerzwingung nur in Fällen grober Pflichtverletzungen der Verwaltung erleichtern. In diesen Fällen soll zukünftig bereits eine Minderheit ein Klageerzwingungsverfahren erwirken können, die 5 Prozent des Grundkapitals oder Aktien im Nennwert von 2 Millionen DM repräsentiert. Damit die Vergütung der Aufsichtsräte der angestrebten Professionalisierung gerecht werden können, soll die Aufsichtsratsvergütung nach Meinung eines CDU-Politikers künftig körperschaftssteuerlich voll absetzbar sein. Die Koalitionsarbeitsgruppe habe sich zudem gegen eine Regelung zur Beschränkung der Wahrnehmung von Mandaten in konkurrierenden Unternehmen ausgesprochen. Kandidaten für das Amt eines Aufsichtsrats sollen aber zukünftig der Hauptversammlung ihre hauptberufliche Tätigkeit sowie ihre Mandate in deutschen Aufsichtsräten und vergleichbaren ausländischen Gremien offenlegen. Damit läge es in der Kompetenz der Hauptversammlung, mögliche Interessenkollisionen bei der Wahl eines Kandidaten zu bewerten. Ein Vertreter eines Bankenverbandes begrüßt die Vorschläge der Koalitionsarbeitsgruppe. Die Banken würden sich den Wünschen nach einer verstärkten Transparenz nicht verschließen.

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Ein SPD-Politiker bezeichnet die Pläne der Koalitionsarbeitsgruppe dagegen als unzureichend. Kein einziger der derzeitigen Multi-Aufsichtsräte müßte aufgrund der neuen Doppelanrechnung von Aufsichtsratsvorsitz und stellvertretendem Vorsitz auch nur ein einziges Mandat abgeben. Es sei offensichtlich, daß die Bundesregierung nicht gewillt sei, die bestehenden Strukturen im Netzwerk der deutschen Multi-Aufsichtsräte zu verändern. Die Vorschläge der Koalitionsarbeitsgruppe beschränkten sich auf bloße Kosmetik. Ob dies jedoch ausreiche, um die bislang unzureichende Kontrolltätigkeit der Aufsichtsräte substantiell zu verbessern, sei höchst unwahrscheinlich. Die von der Regierungskoalition vorgesehene Verkleinerung der Aufsichtsräte sei zudem der durchsichtige Versuch im Zuge der Aktienrechtsreform die Mitbestimmung auszuhöhlen.

Ein FDP-Politiker unterstützt den Vorschlag der Koalitionsarbeitsgruppe. Vor allem die Doppelzählung des Aufsichtsratsvorsitzes sei eine sehr vernünftige Maßnahme. Dies könne jedoch nicht für die geplante Doppelanrechnung des stellvertretenden Vorsitzes gelten. Außer den "Gründen der Ausgewogenheit", mit der offensichtlich die Arbeitnehmervertreter getroffen werden sollten, die in vielen Aufsichtsräten den stellvertretenden Vorsitzenden stellten, sei sie sachlich nicht zu begründen.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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