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TEILDOKUMENT:
[Seite der Druckausgabe: 17 / Fortsetzung] 4. Der Anteilsbesitz der Banken 4.1 Bewertung des Anteilsbesitzes der Banken Zentrale Bedeutung bei der Diskussion um die Macht der Banken hat der Anteilsbesitz der Banken. Anders als in anderen Rechtssystemen ist es deutschen Universalbanken erlaubt, sich an anderen Unternehmen (Banken und Nichtbanken) zu beteiligen. In der Praxis verfügen heute sowohl die großen privaten Banken als auch öffentlich-rechtliche Institute wie die Westdeutsche Landesbank (West LB) über einen umfangreichen Anteilsbesitz. So hält beispielsweise die Deutsche Bank AG fast 25 Prozent am Grundkapital des größten deutschen Industrieunternehmens, der Daimler-Benz AG. Der Marktwert allein dieser Beteiligung beläuft sich laut Deutsche-Bank-Geschäftsbericht 1995 auf rund 9 Mrd. DM. Neben ihrer Daimler-Benz-Beteiligung nennt die Bank weitere 30 "wesentliche Beteiligungen". Dazu gehören rund 25 Prozent an der Philipp Holzmann [Seite der Druckausgabe: 18] AG, einem der weltweit führenden Bauunternehmen, knapp 17 Prozent an der Metallgesellschaft AG, 10 Prozent an Europas größtem Warenhauskonzern, der Karstadt AG, zu dem seit 1994 auch die Hertie-Gruppe gehört, 10 Prozent an Deutschlands größtem Reifenhersteller, der Continental AG, stattliche Beteiligungen zwischen 5 und 10 Prozent an den drei größten deutschen Versicherungskonzernen des Landes, der Allianz, der Münchener Rück und der Aachener und Münchener Versicherungsgruppe sowie ein Anteil von gut 5 Prozent an der fünftgrößten deutschen Bank, der Bayerischen Vereinsbank AG. Der erhebliche Einfluß der Banken auf Wirtschaftsunternehmen ist nach Einschätzung von Kritikern höchst problematisch, da es in der Praxis leicht zu Interessenkonflikten mit anderen Funktionen der Bank als Kreditgeber oder Emissionshaus kommen könne. Ordnungspolitisch sei es zudem höchst bedenklich, wenn Banken an Unternehmen beteiligt sind, die miteinander in Wettbewerb stehen. Der große Einfluß der Banken auf deutsche Unternehmen könne insofern konkrete Störungen des Wettbewerbs zur Folge haben. Ein Vertreter eines Bankenverbandes betont, daß der Anteilsbesitz der privaten Banken in der öffentlichen Diskussion in der Regel weit überschätzt werde. Einer Erhebung des Bankenverbandes zufolge habe der Anteilsbesitz der zehn größten privaten Banken am Grundkapital aller Kapitalgesellschaften Deutschlands Ende 1994 lediglich 0,4 Prozent betragen. Ende 1986 seien dies dagegen noch 0,7 Prozent, zehn Jahre zuvor sogar 1,3 Prozent gewesen. Diese Zahlen belegten, daß die größten Privatbanken ihren Anteilsbesitz entgegen der herrschenden Meinung in den letzten Jahren kontinuierlich abgebaut hätten - eine entsprechende Zusage hatte der Bundesverband deutscher Banken 1979 nach Vorlage des Berichts der Bankenstrukturkommission gemacht. Der Nominalwert des Beteiligungskapitals der zehn größten privaten Banken habe sich Ende 1994 auf einen Betrag von rund 2 Milliarden DM belaufen. Alleine das Nominalkapital des Chemiekonzerns BASF AG habe zum gleichen Zeitpunkt rund 3 Milliarden DM betragen. Auch dies widerlege eindrucksvoll die These vom angeblich gigantischen Anteilsbesitz der Banken. [Seite der Druckausgabe: 19] Ein Wissenschaftler bestätigt diese Zahlen des Bankenverbandes. Er verweist jedoch darauf, daß die dabei gewählte Bezugsgröße, nämlich das Grundkapital aller Kapitalgesellschaften in Deutschland, völlig ungeeignet sei, um die Frage nach dem Grad des Einflusses der Banken auf die deutsche Wirtschaft zu beantworten. Schließlich zählen zu den Kapitalgesellschaften neben den Aktiengesellschaften auch alle Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH), eine Rechtsform, die vor allem von mittelständischen Unternehmen gewählt wird. Drei Fünftel des gesamten Nominalkapitals aller deutschen Kapitalgesellschaften entfallen auf die rund 650.000 im Handelsregister eingetragenen GmbHs. Bei der Diskussion um die Macht der Banken gehe es jedoch nicht um den Umfang des Anteilsbesitzes der Banken an mittelständischen Unternehmen, sondern um die Beteiligungen der Banken an den großen Aktiengesellschaften, die volkswirtschaftlich eine erhebliche Bedeutung haben. Nähme man statt der vom Bankenverband präferierten Bezugsgröße die aller deutschen Aktiengesellschaften, so ergebe sich ein grundsätzlich anderes Bild. Laut Depotstatistik der Deutschen Bundesbank betrug der Anteil der Banken am Nominalkapital aller Aktiengesellschaften Ende 1994 8,4 Prozent bzw. 17,3 Milliarden DM. Ende 1984 lag der Anteil der Banken dagegen nur bei 7,6 Prozent bzw. 7,7 Milliarden DM. Ergänzt man diese Zahlen um den Aktienbesitz der bankeigenen Kapitalanlagegesellschaften, so erhöht sich der prozentuale Anteil der Banken am Aktienumlauf 1984 um 2,8 Milliarden bzw. 2,7 Prozent auf insgesamt 10,3 Prozent des Grundkapitals, bzw. 1994 sogar um 5,4 Prozent auf 13,8 Prozent. Insgesamt gesehen habe sich demnach der Anteil der Banken am Aktienumlauf von 10,3 Prozent Ende 1984 auf 13,8 Prozent Ende 1994 deutlich erhöht. Nach Einschätzung eines Wissenschaftlers belegen diese Zahlen unzweifelhaft, daß sich der Anteilsbesitz der Banken an deutschen Aktiengesellschaften in den letzten zehn Jahren entgegen den Verlautbarungen des Bankenverbandes erhöht habe. Ein SPD-Politiker verweist auf kürzlich vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) vorgelegte Zahlen zum Aktienbesitz in Deutschland. Diese Zahlen widersprechen eindeutig der Behauptung des Bankenverbandes, wonach der Anteilsbesitz der Banken seit Ende der siebziger Jahre erheblich reduziert worden sei. Laut DAI sei der Anteil der [Seite der Druckausgabe: 20] Banken an börsennotierten Aktiengesellschaften in diesem Zeitraum um 50 Prozent gestiegen; der Anteil der eng mit den Banken verflochtenen Versicherungen habe sich in diesem Zeitraum sogar verdoppelt. Zu diesen direkt von den Banken und Versicherungen gehaltenen Anteile müßten dann noch die Beteiligungen hinzugerechnet werden, die von Banken und Versicherungen in nichtbörsennotierten Vorschaltgesellschaften gepoolt sind. Das Problem der Macht der Banken habe sich insofern keineswegs vermindert, sondern verstärkt. Ein Vertreter eines Bankenverbandes verteidigt die Zahlen seines Verbandes. Es gehe bei der Diskussion um die Macht der Banken eben gerade um die Frage nach dem Einfluß der Banken auf die deutsche Wirtschaft als ganzes. Und schließlich bestehe die deutsche Wirtschaft nicht nur aus den großen Aktiengesellschaften wie Siemens, Daimler-Benz oder Hoechst. Aber auch bei diesen Gesellschaften hätten die Banken bestehende große Beteiligungen in vielen Fällen abgebaut. Die Zahl der von Banken gehaltenen Beteiligungen von mehr als 25 Prozent des Grundkapitals sei in den letzten Jahren deutlich rückläufig. Unter den hundert größten deutschen Unternehmen gebe es nur noch zwei Unternehmen, beides Sanierungsfälle, bei denen die Banken mehr als 25 Prozent der Anteile halten. Der Bankenverband räumt ein, daß es Mitte der siebziger Jahre in der Tat in Teilbereichen der deutschen Wirtschaft eine Anhäufung von Anteilsbesitz der Banken gegeben habe. Diese Anteile seien jedoch konsequent abgebaut worden. Ein CDU-Politiker unterstreicht diese Position. Seiner Einschätzung nach müsse der Bewertung des Bankenverbandes zugestimmt werden, wonach der Anteilsbesitz der Banken an börsennotierten Nichtbankenunternehmen in den letzten Jahren rückläufig und insgesamt längst nicht so hoch sei, wie dies immer wieder unterstellt werde. Dieser Bewertung entgegnet ein Wissenschaftler, daß die Deutsche Bank zwar beispielsweise bei Daimler-Benz ihren Anteilsbesitz auf unter 25 Prozent reduziert habe, nämlich auf 24,4 Prozent, aber daß aus dem Restbestand der aufgelösten Mercedes Holding bei der Dresdner Bank und der Commerzbank noch Aktienpakete lägen, die den Bankenbesitz auf deutlich über 25 Prozent hievten. Dazu müßten dann auch nicht die von den bankeigenen Kapitalanlagege- [Seite der Druckausgabe: 21] sellschaften gehaltenen Anteile hinzugerechnet werden. Bei der Allianz hielten die Banken ungefähr 40 Prozent des Kapitals, und die Allianz wiederum sei mit ihren Aktienpakten an Industrieunternehmen mit Prozentsätzen beteiligt, die alleine die Angaben des Bankenverbandes weit überstiegen. Aus diesem Grund sei den Banken natürlich daran gelegen, Banken und Versicherungen stets getrennt zu behandeln, weil auf diese Weise ohne die indirekt über die Versicherungen gehaltenen Beteiligungen Zahlen herauskommen, die den tatsächlichen Anteil der insgesamt gehaltenen Anteilen erfolgreich verschleiern. Ein SPD-Politiker unterstreicht die Notwendigkeit, Banken und Versicherungen wegen ihrer wechselseitigen Verflechtungen bei den anstehenden Gesetzesänderungen einheitlich zu behandeln. Ein Vertreter eines Bankenverbandes moniert, daß die Diskussion über den Anteilsbesitz der Banken auf einem sehr dünnen empirischen Fundament stattfindet. Ein Wissenschaftler teilt diese Einschätzung, sieht jedoch die Hauptverantwortung für den Mangel an empirischen Erkenntnissen bei den Banken. Es sei ausgesprochen verdrießlich, daß sich die Banken bislang beharrlich weigerten, die notwendigen Daten transparent zu machen. Ein großer Teil der heute bekannten Informationen sei schließlich nicht aufgrund einer offensiven Offenlegungspraxis der Banken bekannt geworden, sondern erst nachdem Aktionärsvertreter vor deutschen Gerichten diese Offenlegung erwirkt haften. Resultat dieser erstaunlichen Zurückhaltung der Banken sei, daß eine seriöse empirische Auseinandersetzung kaum möglich ist. Stets fehlten an irgendeiner entscheidenden Stelle wichtige Daten. Da sich an der Vernebelungsstrategie der Banken und Versicherungen bislang substantiell nichts geändert habe, sei es weiterhin unerläßlich, daß Aktionärsvertreter empirische Wirtschaftsforschung mittels der Gerichte betreiben. Die im Zweiten Finanzmarktförderungsgesetz seit 1995 vorgeschriebenen Offenlegungspflichten hätten die unhaltbare Situation zwar verbessert, seien jedoch längst nicht ausreichend. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, um weitere Transparenz in das Beteiligungsgeflecht der Banken und der eng mit ihnen verbundenen Versicherungskonzerne zu bringen. Ein SPD-Politiker unterstützt diese Kritik und betont, daß es erweiterter gesetzlicher Offenlegungspflichten bedarf, um endlich [Seite der Druckausgabe: 22] die notwendige Transparenz in die Frage des Beteiligungsbesitzes der Banken und Versicherungen zu bringen. Ein Vertreter eines Bankenverbandes betont, daß es bei der Bewertung des Anteilsbesitzes der Banken von entscheidender Bedeutung sei zu prüfen, wieso Banken überhaupt Anteile einer Gesellschaft erwerben. Der Erwerb und das Halten von Anteilen an Unternehmen spiele für die Banken vor allem eine wichtige stabilisierende Rolle für den Ertragsausgleich und fungiere als Risikopolster für die Bank. Schließlich seien die Banken ein Wirtschaftszweig, der auf risikobehaftete Geschäfte angelegt sei. Außerdem diene der Erwerb von Beteiligungen vor allem der Sanierung von Unternehmen, der Unterstützung strukturell kapitalschwacher mittelständischer Unternehmen, der Vorbereitung von Privatisierungsmaßnahmen und der Übernahme von Anteilen zum Zwecke der Plazierung. Oftmals würden Banken Anteile von Unternehmen übernehmen, wenn sich diese in schwierigen wirtschaftlichen Situationen befänden. Viele ihrer Beteiligungen seien entstanden als Beitrag der Banken zur Rettung eines vor dem Konkurs stehenden Unternehmens. So konnten beispielsweise die Kölner Deutz AG (bis 1996 Klöckner-Humboldt-Deutz) oder die Metallgesellschaft nur durch ein erhebliches Engagement der Banken vor dem Konkurs gerettet werden. Und oftmals seien es gerade die Politiker, die die Banken in Krisensituationen dazu drängten, sich an der Sanierung eines Unternehmens zu beteiligen. Umso befremdlicher sei es, daß dieselben Politiker die Banken auf der anderen Seite für ihre Beteiligung an Unternehmen kritisierten. In diesem Kontext stelle sich die Frage, ob Banken in anderen Banksystemen oder Ländern in vergleichbar vielen Fällen zu Sanierungsbeiträgen bereit wären. Immerhin hätten die privaten Banken ihren Beitrag zur sogenannte Bankenmilliarde zum Aufbau Ost mit rund 400 Millionen DM erbracht. Die privaten Banken wären zu diesem Zweck vierzehn Mehrheitsbeteiligungen an ostdeutschen Unternehmen eingegangen. Ein FDP-Politiker betont, daß die Bankenmilliarde nichts mit dem Themenkomplex Anteilsbesitz der Banken zu tun hat. Hier sei den Banken etwas Falsches abverlangt worden, und die Banken hätten ihrerseits etwas Falsches zugesagt. Es gehöre eben nicht zu den Aufgaben von Banken, in dieser Form in den Aufbau von Unterneh- [Seite der Druckausgabe: 23] men zu investieren. Auch der Hinweis auf die wichtige Bedeutung von Banken in Sanierungsfällen sei wenig überzeugend. Zwar kenne das US-amerikanische Rechtssystem keine industriellen Beteiligungen von Banken an Industrieunternehmen, aber selbstverständlich lasse es die Beteiligung der Banken bei Sanierungsfällen zu, bei denen die Beteiligungen dann jedoch nach einem bestimmten Zeitraum wieder abgebaut werden müssen. 4.2. Reformvorschläge Der von der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegte Entwurf eines Transparenz- und Wettbewerbsgesetzes sieht den Abbau des Beteiligungsbesitzes der Banken und Versicherungen auf maximal 5 Prozent vor. Bestehende Beteiligungen sollen kontinuierlich innerhalb einer Fünf-Jahres-Frist abgebaut werden. Ausnahmen sollen nach Vorstellung der SPD nur noch für den Erwerb von Beteiligungen an Unternehmen mit bankbezogenen Hilfsdiensten oder in Sanierungsfällen gelten, wobei die Beteiligung spätestens nach 5 Jahren wieder zu veräußern sei, sowie für Beteiligungen an Wagnisfinanzierungsgesellschaften oder für den sogenannten Handelsbestand, der aus der Übernahme und Unterbringung von Aktienemissionen verbunden ist. Stimmrechte aus diesem Handelsbestand dürften jedoch nicht ausgeübt werden. Ein Vertreter eines Bankenverbandes weist die Forderungen nach einer Begrenzung des Anteilsbesitzes der Banken zurück. Ein solcher Schritt hätte nach seiner Auffassung erhebliche negative Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft. Er könne sich nicht vorstellen, daß die Banken nach Inkrafttreten einer solchen Regelung noch bereit wären. Unternehmen in Krisensituationen zu unterstützen. Ein CDU-Politiker unterstreicht diese Position. Auch er befürchtet, daß die Banken bei einer gesetzlichen Vorschrift zur Veräußerung ihrer Beteiligungen zukünftig nicht mehr bereit seien, Unternehmen in Krisen zu helfen und die Sanierung zu übernehmen. Zwar seien auch in der Koalitionsarbeitsgruppe Bedenken gegen den großen dauerhaften Anteilsbesitz der Banken geäußert worden, die Arbeitsgruppe sei jedoch bei der Diskussion über mögliche Wege einer Beschränkung des Anteilsbesitzes auf eine Reihe praktischer [Seite der Druckausgabe: 24] und rechtlicher Schwierigkeiten gestoßen. So habe sich die Position durchgesetzt, daß ein Abbau des vorhandenen Anteilsbesitzes der Banken an Nichtbanken aus verfassungsrechtlichen Gründen wohl nur bei einer steuerlichen Flankierung denkbar sei. Eine solche steuerliche Flankierung des Abschmelzens des hohen dauerhaften Beteiligungsbesitzes der Banken ließe sich beispielsweise durch eine Neuauflage des § 6 b) EStG oder entsprechende bilanzrechtliche Anreize bewerkstelligen. Solche Regelungen seien jedoch im Einzelfall problematisch. Schließlich seien diese Überlegungen verworfen worden, da eine steuerliche Bevorzugung der Großbanken abgelehnt wurde. Ein FDP-Politiker unterstreicht, daß ein Veräußerungsgebot für die Banken ohne steuerlich flankierende Maßnahmen verfassungsrechtlich nicht machbar sei. Ein Wissenschaftler widerspricht dieser Einschätzung. Schließlich handle es sich bei der Veräußerung von Bankbeteiligungen um die Aufdeckung von stillen Reserven. Deshalb bestehe keine Notwendigkeit, nach einer steuerlichen Privilegierung zu rufen oder gar die Verfassungswidrigkeit der erzwungen Beteiligungsveräußerung zu reklamieren. Hintergrund der genannten Verfassungsbedenken sei offenbar die Auffassung, der Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 GG verbiete eine lediglich Kreditinstitute beschränkende Regelung, da auch andere Unternehmen insbesondere über Vorschaltgesellschaften bedeutende Beteiligungspakete hielten. Bei einer derartigen Grundgesetzinterpretation werde jedoch übersehen, daß die Banken anders als andere zum Vergleich herangezogene Unternehmen über ganz besondere Einflußmöglichkeiten wie das Depotstimmrecht sowie die bankeigenen Kapitalanlagegesellschaft und Versicherungsunternehmen verfügten und damit in Interessenkonflikte geraten könnten, die bei anderen Unternehmen in dieser Form nicht auftreten könnten. Augrund dieser beispiellosen Einflußkumulation könnten Kreditinstitute eben doch verfassungsrechtlich unbedenklich zum Gegenstand einschränkender Gesetze gemacht werden. Denn wenn es aus Gründen der Beseitigung von Mißständen notwendig sei, den Kreditinstituten die gleichzeitige Ausübung bestimmter Geschäftszweige zu untersagen, sei die Besteuerung realisierter stiller Reserven, die ja lediglich die Beendigung eines Besteuerungsaufschubs darstelle, ein alle Unternehmen treffender, steuersystematisch notwendiger Vorgang, der gegenüber anderen [Seite der Druckausgabe: 25] Marktaufgabegründen keinerlei Privilegien rechtfertige. Einen verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz, mit Mißständen verbundenen Geschäften unbegrenzt mit dem Steuervorteil "stille Reserven" nachgehen zu können, gäbe es nicht. Zugleich impliziere die These der Verfassungswidrigkeit, daß das Kapitalmarktrecht der USA nicht mit der deutschen Verfassung kompatibel sei. Dabei könne kein Zweifel daran bestehen, daß sich die USA im verfassungsrechtlichen Schutz der wirtschaftlichen Freiheit ihrer Bürger kaum von anderen Nationen übertreffen lassen. Allerdings nehmen in den USA der Schutz des Wettbewerbs und die Kontrolle der Marktteilnehmer bei Interessenkonflikten als wesentliche Voraussetzungen der Wohlfahrtswirkungen eines Marktsystems einen ihrer Bedeutung entsprechenden Platz in Gesetzgebung und Rechtssprechung ein. Ein CDU-Politiker ergänzt, daß sich bei den Beratungen der Koalitionsarbeitsgruppe herausgestellt habe, daß sich der Abbau der Beteiligungen rechtssystematisch nicht problemlos durchführen ließe. Eine Änderung des Kreditwesengesetzes (KWG), wie es die SPD in ihrem Gesetzentwurf vorschlage, empfehle sich nicht, da das KWG eine andere Zielrichtung verfolge als das generelle Unternehmensrecht. Zudem habe die Arbeitsgruppe die Schaffung einer "Lex Banken", eines ausschließlich nur die deutschen Banken betreffenden Gesetzes, als problematisch erachtet, da es zu einem weiteren Marktungleichgewicht zwischen den deutschen Banken einerseits sowie ausländischen Banken und generell Versicherungen andererseits führen würde. Denn der deutsche Gesetzgeber könne zwar die Beteiligungsmöglichkeiten deutscher Kreditinstitute an Nichtbanken regeln, nicht aber die Beteiligungsmöglichkeiten ausländischer Kreditinstitute an inländischen Unternehmen. Es sei jedoch aus Sicht der Regierungskoalition nicht erstrebenswert, dazu beizutragen, daß deutsche Kreditinstitute in ihrer Funktion als Anteilseigner deutscher Großunternehmen durch ausländische Kreditinstitute ersetzt würden, die möglicherweise ganz andere Unternehmensphilosophien und Anlagevorstellungen hätten. Eine Einbeziehung der Versicherungsunternehmen in die Diskussion, wie es die SPD fordere, habe die Koalitionsarbeitsgruppe jedoch für nicht sinnvoll erachtet. [Seite der Druckausgabe: 26] Aus den genannten Gründen habe sich die Koalitionsarbeitsgruppe daher mehrheitlich dafür ausgesprochen, keine gesetzlichen Maßnahmen zur Begrenzung oder gar zum Abbau des Anteilsbesitzes der Banken zu ergreifen. Die Koalition hoffe jedoch, daß sich die Banken von sich aus von diesen Beteiligungen lösen. Es sei bekannt, daß die Banken dies prinzipiell wollen, da sie teilweise Beteiligungen halten, die mit ihrem Geschäft nichts zu tun haben, und die ihnen teilweise in den letzten Jahren nicht viel Freude gemacht haben. Wenn diese Einschätzung zuträfe, dann sei zu hoffen, daß die Banken das Problem von sich aus lösten. Die Koalitionsarbeitsgruppe habe jedoch vereinbart, daß das Thema Beteiligungsbesitz der Banken auf Wiedervorlage liege. Ein FDP-Politiker betont, daß er mit dem in der Koalitionsarbeitsgruppe mehrheitlich beschlossenen Vorschlag, den großen dauerhaften Anteilsbesitz der Banken nicht gesetzlich zu verringern, nicht zufrieden sei. Er begrüße insofern den von der rheinland-pfälzischen Landesregierung in den Bundesrat eingebrachten Vorschlag, den Neuerwerb von Banken auf zehn Prozent des Grundkapitals zu beschränken und für den Altbesitz auf eine Selbstverpflichtung der Banken zum Abbau dieser Beteiligungen hinzuwirken. Dies sei ein erwägenswerter, wenngleich im Hinblick auf die angestrebte Selbstverpflichtung vermutlich unrealistischer Vorschlag. © Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001 |