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[Seite der Druckausgabe: 53 / Fortsetzung]


VIII. Vorbereitung der ostdeutschen Gemeinden auf die Einführung von Mietspiegeln

1. Stadt Suhl


Wegen ihrer Rolle als Bezirksstadt und Zentrum im Südwesten der DDR ist die Stadt Suhl vom DDR-Wohnungsbau geprägt. 85 vH des Wohnungsbestandes befinden sich in der Hand von zwei Großvermietern (Wohnungsbaugenossenschaft Rennsteig und GeWo Suhl).

In Suhl hatte man die ursprüngliche Ankündigung, die Vergleichsmiete bereits Mitte 1995 einführen zu wollen, wörtlich genommen und die Vorbereitungen für die Auf-

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stellung eines Mietspiegels im Januar 1995 aufgenommen.

Die Wohnlagenzuordnung wurde vom Suhler Arbeitskreis im vorhinein normativ festgelegt. Eine Wohnlagenkarte mit drei Kategorien von Wohnlagen wurde erstellt. Dieses methodische Vorgehen ist weniger kritikwürdig, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Für die Wohnungen mit Preisbindungen können Informationen über die Wohnlagepräferenzen nicht aus den gezahlten Mietpreisen entnommen werden. Eine pauschale Zuordnung der Wohnungen mit Preisbindungen zu der einfachen Wohnlagenkategorie oder ein Verzicht auf eine Differenzierung nach der Wohnlage wäre nicht weniger willkürlich gewesen als die Ermessensvorgaben des Arbeitskreises. Bei der Wiederaufnahme der Arbeiten am Suhler Mietspiegel werden freilich die von der Übergangsvorschrift ermöglichten und mit der Vermietungsstrategie der Wohnungsbaugenossenschaft Rennsteig realisierten Mietpreisdifferenzierungen nach der Lage zu berücksichtigen sein.

Nachdem man sich über die Einrichtung von vier Größenklassen und drei Klassen für die Ausstattung und über entsprechende Zuordnungsvorschriften geeinigt hatte, erhielten die Teilnehmer des Arbeitskreises den Auftrag, jeweils eine Mietpreisübersicht für ihren eigenen Wohnungsbestand zu erstellen. Auf dieser Stufe ist das Suhler Mietspiegelprojekt dann freilich wegen der Verschiebung des Einführungstermins stehengeblieben.

Die Vereinbarung von normativen Setzungen über die Gliederung des Mietspiegels und die Zuordnungsvorschriften schon vor der Datenerhebung kann innerhalb des Plattenwohnungsbestandes akzeptiert werden. Die

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Kombinationen der Wohnwertmerkmale Größe und Ausstattung, die vorkommen können, sind bei den Plattenwohnungen wegen der Einheitlichkeit der Bauweisen im vorhinein bekannt.

Das Vorgehen des Suhler Arbeitskreises kann grundsätzlich von anderen Städten nachgeahmt werden. Eine mit Hilfe von ggf. zielgerichtet auszubauenden Datenbanken der Großvermieter erstellte Mietpreisübersicht über den Plattenwohnungsbestand am Ort kann durchaus ein erster Schritt auf dem Weg zu einem Mietspiegel sein. Das Ermessen des Arbeitskreises, im vorhinein Festlegungen über den Einfluß bestimmter Wohnwertmerkmale zu treffen, ist dann besonders groß, wenn - anders als in Suhl - die Preisbindungen noch effektiv sind. Die Effektivität der Mietbegrenzungen äußert sich darin, daß die Mieterhöhungsmöglichkeit nach der Übergangsvorschrift unabhängig von Lage und Ausstattung der Wohnungen in vollem Umfang am Markt erzielt werden kann. Der Arbeitskreis muß freilich von Anfang an die spätere Zuordnung zu den frei vereinbarten Mieten sowie zu den gebundenen Mieten für Vorkriegswohnungen im Auge behalten.

Das Suhler Beispiel zeigt, daß Mietspiegel auf einer repräsentativen Datengrundlage zu geringen Kosten erstellt werden können, wenn die Großvermieter und die Stadt zusammenwirken. Für die Großvermieter entsteht letzten Endes auch dann kein zusätzlicher Aufwand, wenn sie zusätzliche Daten erheben, denn die entsprechenden Daten müßten später doch wohnungsbezogen bereitgestellt werden, um die Zuordnung der Wohnungen zu den Tabellenfeldern des Mietspiegels vornehmen zu können. Nach den Erfahrungen in Suhl sollte eine Person oder eine

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Stelle mit ausreichender Fachkompetenz als Koordinator benannt werden. Ob es sich dabei um einen qualifizierten Innenseiter oder um einen externen Berater handle, sei von untergeordneter Bedeutung.

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2. Stadt Leipzig


Anders als in Suhl stellt sich die Ausgangssituation in Leipzig dar. Hier hat die Übergangsvorschrift nicht zu einer wohnwertabhängigen Spreizung der gebundenen Mieten geführt, da hier in aller Regel die um 15 vH erhöhten Mieten am Markt durchgesetzt werden konnten. Außerdem ist wegen der Größe der Stadt und wegen der heterogenen Struktur ihres Wohnungsbestands die Markttransparenz geringer.

Der Vertreter der Stadt wies darauf hin, daß die westdeutschen Erfahrungen mit der Erstellung von Mietspiegeln nur eingeschränkt auf die ostdeutschen Verhältnisse übertragbar seien. Die in einem Schritt zu vollziehende Überführung so großer Teilbestände aus der Bindung in das Vergleichsmietensystem sei beispiellos.

Der Leipziger Mietspiegel wird auf der Grundlage einer Repräsentativerhebung erstellt werden (vgl. Anhang 2). Die Datenerhebung wird durch geschulte Interviewer der Stadt bei den Mietern vorgenommen. Befragungen der Vermieter will man nur vereinzelt zu Kontrollzwecken durchführen. Dieses sehr aufwendig Vorgehen bei der Datenerhebung kann besonders kleineren Städten kaum zur Nachahmung empfohlen werden. Kleinere Städte sollten, dem Suhler Beispiel folgend, nach Möglichkeit auf

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die Datenbestände der Großvermieter oder andere bereits vorhandene Datenquellen zurückgreifen.

Was das Mischungsverhältnis anbelangt, hat der Leipziger Arbeitskreis sich schließlich auf einen Anteil der neu abgeschlossenen Mieten von 25 vH geeinigt, was wohl über ihrem empirisch meßbaren Anteil liegen dürfte. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieses Vorgehen ohne weiteres zur Nachahmung empfohlen werden kann, da in der Frage des Abweichens von der empirisch meßbaren Verteilung Rechtsunsicherheit herrscht. Im Zweifel sollte man sich an die empirisch gegebene Verteilung halten.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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