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[Seite der Druckausgabe: 13]


V. Die Bedeutung der Mietspiegel innerhalb des Vergleichsmietensystems

1. Wohnungspolitische Bedeutung von Mietspiegeln


Mietspiegel sind im Rahmen des Vergleichsmietensystems das ideale Mittel zum Auffinden der Vergleichsmiete für eine bestimmte Wohnung. Ein Mietspiegel ist eine tabellenförmige Darstellung der regionalen Mietpreisstruktur nach den Wohnwertmerkmalen des MHRG (Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit, Lage). Die für eine bestimmte Wohnung maßgebliche Vergleichsmiete kann dem Mietspiegel durch Aufsuchen des zutreffenden Tabellenfelds entnommen werden. Ggf. sind bei einzelnen Wohnwertmerkmalen Zuschläge oder Abschläge zum Tabellenwert zu berücksichtigen.

Man unterscheidet empirisch-repräsentative Mietspiegel, die auf einer nach anerkannten statistischen Methoden ausgewerteten Primärerhebung der Mietpreisstruktur am Ort basieren und sog. 'ausgehandelte Mietspiegel', die eine Mietpreisstruktur wiedergeben, auf die sich die beteiligten Verbände der Mieter- und der Vermieterseite geeinigt haben. In der Praxis der Mietspiegelerstellung sind häufig Mischformen anzutreffen. Dabei handelt es sich um Mietspiegel mit einer empirischen Datengrundlage, die freilich nicht den strengen Maßstäben der statistischen Methodenlehre standhält. Doch sind die in diesen 'qualifizierten ausgehandelten Mietspiegeln' angegebenen Mieten ohne Zweifel nicht willkürlich festgesetzt. Lediglich die Ermessensspielräume, die sich auf Grund der minderen Qualität der Datengrundlagen eröffnen, werden in solchen Mietspiegeln nach Maßgabe von Verhandlungsergebnissen ausgefüllt.

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Den strengen Anforderungen der Rechtsprechung an ein Beweismittel im Mieterhöhungsprozeß werden am ehesten empirisch-repräsentative Mietspiegel gerecht - in manchen Fällen offenbar nicht mal diese. Die im Mietspiegel angegebenen Mietpreise sind freilich auch im Falle einer empirischen Erhebung künstliche Referenzpreise. Sie sind nicht etwa mit den aktuellen Neuvertragsmieten gleichzusetzen.

Die in einem empirisch-repräsentativen Mietspiegel angegebenen Mieten sind eine Mischung aus Neuvertragsmieten und erhöhten Bestandsmieten. Die Bestandsmieten werden einschließlich der Umlagen für Modernisierung und Kapitalkostenerhöhungen erfaßt. Auch Mieterhöhungen im Rahmen von Staffelmietvereinbarungen oder Index-Mieten sowie Erhöhungen auf Grund freiwilliger Vereinbarungen gehen in die Mietspiegel ein.

Obwohl es für die Gemeinden keine Pflicht zur Aufstellung von Mietspiegeln gibt, kann die Bedeutung von Mietspiegeln für die reibungslose Organisation der Wohnungsmärkte kaum überschätzt werden. Die wichtigste Funktion der Mietspiegel liegt in der Schaffung von Transparenz und Rechtssicherheit für das Mieterhöhungsverfahren. Im Idealfall wird das Instrument von Mietern wie Vermietern so weit akzeptiert, daß kaum Zustimmungsprozesse angestrengt werden.

Die Mietspiegel haben eine wesentliche Bedeutung für das System des Mieterschutzes. Der Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft wies darauf hin, daß der Mieter mit Hilfe eines Mietspiegels auf einfache und kostengünstige Weise den Bezug eines Mieterhöhungsverlangens und die Ortsüblichkeit des verlangten Mietzinses prüfen

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könne. Bei Neuabschlüssen können die Mieter mit Hilfe eines Mietspiegels prüfen, ob der verlangte Mietzins innerhalb der von § 5 Wirtschaftsstrafgesetz zugelassenen Spanne oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt und ggf. noch nach Vertragsschluß die Herabsetzung des Mietzinses verlangen.

Die Termine für den Ablauf der Preisbindungen in Ostdeutschland stehen fest (wichtigster Termin: 1.1.1998). In den ostdeutschen Städten sind Mietspiegel für die Zeit danach schon deshalb von Bedeutung, weil Mieter und Vermieter hier in der Regel noch nicht an den Umgang mit dem Vergleichsmietensystem gewöhnt sind. Bei einem abwartenden Verhalten der Verantwortlichen droht große Rechtsunsicherheit.

Der Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft hält die Mietspiegel für das am besten handhabbare Mittel zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens. Von den drei in § 2 MHRG genannten Begründungsmitteln kommen als Beweismittel im Mieterhöhungsprozeß nur Sachverständigengutachten und Mietspiegel in Frage. Doch können die Sachverständigengutachten nicht alle wohnungspolitischen Funktionen eines Mietspiegels wahrnehmen. Gegenüber den einzelfallbezogenen Sachverständigengutachten kann ein Mietspiegel als ein Rationalisierungsinstrument angesehen werden. Es herrschte allgemeiner Konsens, daß es wünschenswert sei, daß in möglichst vielen ostdeutschen Gemeinden Mietspiegel erstellt werden.

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2. Verbreitung von Mietspiegeln in Westdeutschland


Die Verbreitung von Mietspiegeln hängt in erheblichem Maße von der Ortsgröße ab. Nach den Erhebungen der Hamburger Forschung und Beratung für Wohnen, Immobilien und Umwelt GmbH (F+B Hamburg) haben unter den Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern mehr als 80 vH einen Mietspiegel. In den Mittelstädten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern liegt der Anteil der Städte mit Mietspiegeln noch bei 59,1 vH, in den Gemeinden mit 30.000 bis 50.000 Einwohnern immerhin noch bei 44,4 vH. Die Verbreitung von Mietspiegeln ist mithin nicht auf die heterogenen und ausdifferenzierten Wohnungsmärkte von größeren Städten beschränkt, wo für einen Mietspiegel als Instrument zur Schaffung von Markttransparenz ein unabweisbarer Bedarf besteht.

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Die Korrelation des Verbreitungsgrades mit der Ortsgröße kann damit erklärt werden, daß größere Städte eher zur Finanzierung eines Mietspiegels in der Lage sind. Sie sind jedoch auch eher geneigt, den Mietspiegel normativ als ein wohnungs- und sozialpolitisches Instrument zu verstehen. Die Verbände und die Stadtverwaltung sind in größeren Gemeinden eher in der Lage, in einem Arbeitskreis Mietspiegel mitzuarbeiten.

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3. Differenzierung nach den Wohnwertmerkmalen des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe


Die Erhebungsmethode und die Gliederung von Mietspiegeln sind nicht verbindlich geregelt. Dem Mietspiegeiersteller wurden lediglich unverbindliche Hinweise des Bauministeriums (letzte Aktualisierung 1980) an die Hand gegeben. Verbindlich sind nur die wenigen Gestaltungsvorgaben des MHRG. Als Folge dieser geringen Regelungsdichte herrscht in der Praxis der Mietspiegelerstellung eine große Methodenvielfalt.

Allein die Differenzierung nach dem Wohnwertmerkmal Baualter wird in allen Mietspiegeln vorgenommen - freilich werden zwischen zwei und zwölf Baujahrgruppen gebildet. Bei den Wohnwertmerkmalen Ausstattung, Lage und Größe finden sich jeweils Mietspiegel, die in wenigstens einer Beziehung gar nicht differenzieren. Soweit nicht eine Differenzierung durch ein System von Zuschlägen und Abschlägen außerhalb der Haupttabelle vorgenommen wird, gelten solche Mietspiegel nur für einen standardisierten Teilbestand. Mieterhöhungsverlangen für nicht erfaßte Wohnungen mit vom Durchschnitt deutlich

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abweichender Merkmalsausprägung dürfen nicht auf einen solchen Mietspiegel gestützt werden.

Abb.2: Differenzierung der Raster-Merkmale in Tabellenmietspiegeln


Anzahl der
prägung

Merkmalsaus-


Minimum

Maximum

Baualter

2

12

Ausstattung

0

6

Wohnlage

0

4

Wohnungsgröße

0

7

Quelle: F+B Mietspiegelarchiv

In den ausgehandelten Mietspiegeln finden sich oft idealisierende Mietpreisstrukturen. Es werden bisweilen Mietwerte für Merkmalskombinationen angegeben, die nur auf einzelne Wohnungen zutreffen. Außerdem werden im Vergleich zu den empirisch ermittelten Mietspiegeln oft auffällig viele Wohnlageklassen gebildet. Manche ausgehandelte Mietspiegel in Kleinstädten enthalten vier Wohnlageklassen mit allerdings von Klasse zu Klasse eher geringen Unterschieden in den Mietpreisen. Der empirisch ermittelte Hamburger Mietspiegel enthält dagegen nur zwei Wohnlageklassen mit Preisdifferenzen zwischen 0,80 und 1,50 DM.

Die Differenzierungsmöglichkeiten in einem empirisch ermittelten Mietspiegel sind erfahrungsgemäß begrenzt. Aus methodischer Sicht ist es nicht vertretbar, Mieten für Teilbestände im Mietspiegel auszuweisen, die weniger als

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l vH des Gesamtbestandes ausmachen. Die 'Mikro-Differenzierung' muß im Rahmen von Ermessensspielräumen bei der Ausschöpfung von Mietpreisspannen den Mietvertragsparteien überlassen bleiben. Auch in ausgehandelten Mietspiegeln sollte die Differenzierung nicht so tief gehen, daß für jedermann offenbar wird, daß billiges Ermessen an die Stelle von empirisch gestützten Erkenntnissen über die Mietpreisstruktur am Ort getreten ist.

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4. Beteiligte an der Mietspiegelerstellung


Nach dem MHRG kann ein Mietspiegel ohne Mitwirkung der Gemeinde im Einvernehmen der Verbände der Mieter- und der Vermieterseite aufgestellt werden. Auch die Gemeinde kann ohne Mitwirkung der Verbände einen Mietspiegel aufstellen. Sie ist dafür nicht auf die Zustimmung der Verbände angewiesen. Dieser Fall ist allerdings in der Praxis noch nicht vorgekommen. Die Akzeptanz der Betroffenen könnte in diesem Fall wohl nur ein empirisch-repräsentativer Mietspiegel erlangen. Der Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft tritt unabhängig von der Art des Mietspiegels für eine gemeinsame Erstellung durch die Gemeinde und die Interessenverbände von Mietern und Vermietern ein. Auf die ausgleichende Moderatorenrolle der Gemeindevertreter könne nicht verzichtet werden.

Wohnungsunternehmen und Makler sind in der Regel nur in Großstädten am Arbeitskreis Mietspiegel beteiligt. F+B Hamburg hat kritisch angemerkt, daß nur sehr wenig Mietrichter an den Arbeitskreisen beteiligt seien. Ihre Teilnahme sei jedoch wünschenswert, um einen möglichst frühzeitigen Informationsaustausch in beiden

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Richtungen zu gewährleisten und auf diese Weise die Rechtsfestigkeit der Mietspiegel zu erhöhen. Der Konflikt um den Münchner Mietspiegel (siehe Abschnitt VII.4) hätte so vermieden werden können. Viele Richter würden sich jedoch mit dem allgemeinen Hinweis auf eine mögliche Gefahr für ihre richterliche Unabhängigkeit weigern, an einem Arbeitskreis Mietspiegel teilzunehmen.

Abb.3: Beteiligte an der Mietspiegelerstellung

Beteiligte Gruppen

Anteil Beteiligungen an der Mietspiegel-
erstellung

Haus- und Grundeigentümer-verein

99

Mieterverein

99

Stadtverwaltung

78

Wohnungsbauunternehmen

23

Gutachterausschuß für

20

Grundstückswerte


Makler

14

Richter

3

Politische Gremienvertreter

2

Quelle: F+B Mietspiegelarchiv

F+B Hamburg sowie der Verband der Haus- und Grundstückseigentümer Sachsen-Anhalt (Haus & Grund Sachsen-Anhalt) warnten vernehmlich vor politisch motivierten Versuchen der Gemeindevertreter mit dem Instrument des Mietspiegels eine Mietdämpfungspolitik zu betreiben. Eine politische Einflußnahme auf die Ergebnisse oder eine politisch motivierte Verhinderung der Veröffentlichung

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eines Mietspiegels wegen unerwünschter Ergebnisse sei nicht akzeptabel. Der rechtlich normierte Anspruch des Vermieters auf einen Mietzins in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete stünde dem entgegen. Der Mieter habe lediglich einen Anspruch darauf, nicht mehr als die ortsübliche Miete zahlen zu müssen.

Die empirische Abbildfunktion der Mietspiegel wurde vom Staatssekretär des zuständigen Landesministeriums in Sachsen-Anhalt sowie von Seiten des Deutschen Mieterbundes unterstrichen. Der Mietspiegel sei weder ein Instrument zur Mietdämpfung, noch sei er ein Instrument zur Ingangsetzung von Mieterhöhungsspiralen.

Nach den Erfahrungen von F+B sollte die Gefahr der politischen Einflußnahme freilich nicht überzeichnet werden. Es könne kein Beleg dafür erbracht werden, daß ausgehandelte Mietspiegel zu wesentlich niedrigeren Mieten führen als empirisch-repräsentative.

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5. Kosten eines Mietspiegels


Zu den Kosten eines Mietspiegels kann man keine allgemein gültigen Aussagen machen. Sie sind insbesondere abhängig von der Art des Mietspiegels (empirisch ermittelte Mietspiegel sind selbstverständlich teurer) und von der Gemeindegröße, beim empirisch-repräsentativen Mietspiegel auch von Art und Umfang der Datenerhebung - etwa davon ob die Befragung telefonisch, schriftlich oder persönlich durchgeführt wird.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht kommt der Aufteilung in 'externe' und 'interne' Kosten der Mietspiegelerstellung keine Bedeutung zu. Maßgeblich für die Kosten sind die

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Anzahl der Arbeitsstunden, die durchschnittliche Produktivität und die durchschnittliche Entlohnung einer eingesetzten Arbeitsstunde. Kosten, die dem Mietspiegel zuzurechnen sind, entstehen auch, wenn Mitarbeiter der Stadtverwaltung oder von Wohnungsunternehmen ihre Arbeitszeit einbringen. Soweit sie bestimmte Leistungen im Vergleich zur internen Erbringung kostengünstiger anbieten können, sollten daher auch externe Anbieter einbezogen werden. Externe Beratung kann auch bei einem ausgehandelten Mietspiegel zur Moderation, zur Sitzungsvorbereitung oder zur empirischen Aufbereitung von vorhandenem Datenmaterial zweckmäßig sein.

Bei den Kosten der Datenerhebung eröffnen sich bei der Erstaufstellung der ostdeutschen Mietspiegel Einsparpotentiale. Die Daten über den preisgebundenen Bestand können zu vergleichsweise geringen Kosten aus den Datenbeständen der Großvermieter (kommunale Wohnungsgesellschaften und große Genossenschaften) abgefragt werden. Der Marktanteil der kommunalen Wohnungsgesellschaften und der Genossenschaften liegt nach Angaben des GEWOS-Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnforschung, Hamburg in Ostdeutschland zwischen 54 und 87 vH. In den alten Bundesländern kommen die im Gesamtverband der Wohnungswirtschaft organisierten Unternehmen nur auf Anteile zwischen 10 und 37 vH.

Es gilt jedoch zu beachten, daß die Wohnungsunternehmen noch Investitionen vornehmen müßten, um die für einen Mietspiegel benötigten Daten wohnungsbezogen bereitstellen zu können. Wegen der Einheitlichkeit der Bauweisen halten sich diese Aufwendungen bei den Plattenwohnungen jedoch in Grenzen. Angesichts des geringen Anteils der frei vereinbarten Mieten würde eine ver-

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gleichsweise kleine Stichprobe zur Erfassung dieser Mieten ausreichen.

Für die Verantwortlichen in kleineren Gemeinden stellt sich die Frage, ob die eigene Gemeinde eigentlich einen Mietspiegel benötigt. Die Frage, ab welcher Gemeindegröße sich ein Mietspiegel lohnt, ist nicht einfach zu beantworten. Nach den Erfahrungen von F+B Hamburg lohnen sich Mietspiegel ab etwa 8.000 Mietwohnungen am Ort. Dies entspricht nach den westdeutschen Verhältnissen einer Gemeindegröße zwischen 30.000 und 40.000 Einwohnern. Wegen des größeren Anteils der Mietwohnungen an den ostdeutschen Beständen sind in Ostdeutschland Mietspiegel schon bei Gemeindegrößen zwischen 20.000 und 30.000 Einwohnern empfehlenswert.

Das GEWOS-Institut hat jedoch Bedenken gegenüber pauschalen Empfehlungen anhand der Einwohnerzahl geäußert. Grundlage der Entscheidung für oder gegen einen Mietspiegel müsse eine Analyse der Struktur des örtlichen Wohnungsmarktes sein. Als Grundregel gelte: Je heterogener der Wohnungsmarkt und die Mieterstruktur seien, desto eher empfehle sich ein Mietspiegel. Daneben sei der Konzentrationsgrad des Wohnungsangebotes zu beachten. Wenn ein Großvermieter 80 vH des Wohnungsbestandes kontrolliere, könne auch dies einen Mietspiegel überflüssig machen. Auch die Struktur des örtlichen Wohnungsbestands sei in die Entscheidung einzubeziehen. Handle es sich überwiegend um Plattenwohnungen könne dies gegen einen Mietspiegel sprechen. Schließlich sei noch die Dynamik des jeweiligen Wohnungsmarktes zu berücksichtigen. Märkte wie der Wohnungsmarkt von Potsdam, die von hoher Fluktuation und einer dynamischen Entwicklung von Mietpreisniveau und

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Mietpreisstruktur bestimmt seien, könnten kaum auf die rasche Einführung eines Mietspiegels verzichten.

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6. Aufwertung der Mietspiegel?


Von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Mietrechts wurde vorgeschlagen, die Mietspiegel als Begründungsmittel bei Mieterhöhungsverlangen wie auch als Beweismittel im Mieterhöhungsprozeß aufzuwerten. In den Gemeinden, in denen Mietspiegel zur Verfügung stehen, sollen andere Begründungsmittel für ein Mieterhöhungsverlangen nicht mehr zulässig sein. Außerdem soll nach dem Vorschlag der Arbeitsgruppe die Beweismittelfähigkeit der Mietspiegel rechtlich abgesichert werden. Der Vertreter des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (BMBau) hat eine solche Aufwertung der Mietspiegel aus seiner persönlichen Sicht als wünschenswert bezeichnet.

Der Staatssekretär des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt lehnt dagegen eine Aufwertung der Mietspiegel als Begründungsmittel ab. Gegen eine solche Aufwertung wird vorgebracht, daß ein herausgehobener rechtlicher Status nicht vorbehaltlos allen Mietspiegeln eingeräumt werden könne. Es müsse eindeutig festlegt werden, welchen Mietspiegeln der besondere Status verliehen werden soll. Damit wären verbindliche Vorgaben für die methodischen Probleme der Mietspiegelerstellung in einer Verordnung des Bundes wohl unumgänglich. Andernfalls wäre der Anspruch der Vermieter auf den ortsüblichen Mietzins gefährdet, da ausgehandelten Mietspiegeln, die sich als Mittel einer lokalen Mietdämpfungspolitik verstehen, nicht

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mehr mit anderen Begründungsmitteln ausgewichen werden könnte.

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7. Mietspiegelpflicht?


Eine Mietspiegelpflicht ab einer bestimmten Gemeindegröße wird gefordert von der Expertenkommission Wohnungspolitik, dem Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW), dem Mieterbund sowie von der SPD. In den zuständigen Bundesministerien (BMBau und Justiz) ist die Meinungsbildung zu dieser Frage noch nicht abgeschlossen.

Der Zentralverband der Deutschen Hauseigentümer (Haus & Grund Deutschland) wendet sich vehement gegen einen Zwang zur Einführung von Mietspiegeln. Erfahrungsgemäß könne man mit auf freiwilliger Basis ausgehandelten Mietspiegeln genauso gut die Eigenwirtschaftlichkeit des Besitzes von Mietwohngebäuden langfristig sichern. Haus & Grund unterstreicht wie der Deutsche Mieterbund die befriedende Funktion der ausgehandelten Mietspiegel im vorprozessualen Raum.

Der Repräsentant von IWU Darmstadt hat sich in dieser Hinsicht weniger optimistisch geäußert. Die Einigungsfähigkeit der Verbände sei in der Praxis schon auf Grenzen gestoßen. Die Konferenz hat gezeigt, daß in Ostdeutschland etwa in der Frage des Mischungsverhältnisses für die Gewichtung der in die Mietspiegel eingehenden Mieten für vergleichbare Wohnungen Konflikte absehbar sind. Angesichts des großen Anteils der derzeit noch preisgebundenen Mieten und der nach der Übergangsvorschrift erhöhten Mieten im Vergleich zu den wenigen frei verein-

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barten Mieten hält Haus & Grund es nicht für zwingend, sich an die empirisch vorgegebene Gewichtung zu halten. Man könne grundsätzlich ein anderes Mischungsverhältnis normativ vorgeben. Auch der Arbeitskreis zur Vorbereitung des Leipziger Mietspiegels hat die Wahl des Mischungsverhältnisses lange diskutiert, bevor ein Kompromiß verabschiedet werden konnte.


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | Januar 2001

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